Die Ausladung russischer Vertreter vom Tag der Befreiung vom Hitler-Faschismus müsste als kollektiver Skandal wahrgenommen werden. Doch stattdessen wird der 8. Mai in Deutschland missbraucht, um Teile der deutschen Geschichte wegzuwischen, und zwar dauerhaft.
Um den 8. und 9. Mai herum geschah in Deutschland Erstaunliches. Der Tag der Befreiung (in Russland als Tag des Sieges begangen) gehörte zu den Top-Themen der medialen Berichterstattung. Mit ermahnenden und belehrenden Worten wandten sich Politiker und Medienschaffende an die deutsche Bevölkerung, um an die Verbrechen des Hitler-Faschismus zu erinnern. Die Aufzählung der Opfer in Deutschland und zahlreichen anderen Ländern gehörte selbstredend zu den Reden dazu. Nur die sowjetischen Opfer gingen weitgehend leer aus. Man las viele Zahlen, doch die 27 Millionen getöteten Sowjetbürger fielen unter den Tisch. Über Russland gesprochen wurde trotzdem umfassend und mit den entsprechenden Emotionen.
Die Klaviatur der Instrumentalisierung
Russland musste draußen bleiben. Bis auf wenige Ausnahmen hielten sich die meisten an die Vorgabe des Außenministeriums – getarnt als „Handreichung“ -, Russen von den Gedenkveranstaltungen an den deutschen Faschismus fernzuhalten. Selbst vom Hausrecht durfte laut Baerbocks Ministerium Gebrauch gemacht werden. Eine verstörende Vorstellung, Russen mit sanfter oder deutlicher Gewalt des Ortes des Gedenkens zu verweisen.
Doch der Wahnsinn hat längst faschistoide Züge angenommen. Auf den NachDenkSeiten erfahren wir:
„Das Zeigen unter anderem von Flaggen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) am Sowjetischen Ehrenmal in Treptow bleibt am 8. und 9. Mai untersagt. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden, wie Medien berichten. Die Berliner Polizei hatte eine Allgemeinverfügung erlassen, wonach am 8. und 9. Mai unter anderem am Sowjetischen Ehrenmal Treptow das Zeigen von Flaggen und Fahnen ‚mit russischem Bezug‘ untersagt sei.“
Und weiter heißt es:
„Die Sabotage der historischen Würdigung findet auf weiteren Ebenen statt, wie Medien berichten. Demnach können ausländische Staatsgäste zum Weltkriegsgedenken in Russland nicht über Lettland, Estland und Litauen fliegen. Die EU- und NATO-Staaten haben ihren Luftraum für alle Staats- und Regierungschefs gesperrt, die zum ‚Tag des Sieges‘ nach Moskau reisen wollen. Das heißt, auch dem slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico wurde keine Überfluggenehmigung erteilt.“
Der offizielle Grund für die Diffamierung und Ausgrenzung ausgerechnet von jenen Menschen, deren Land die historisch größten Verluste hinnehmen musste, war es, „den öffentlichen Frieden zu wahren und ein würdiges Begehen der Gedenktage zu ermöglichen”. Zudem müsse die „Flagge der UdSSR zwar nicht unbedingt eine Nähe zu Russland bedeuten, doch bei verständiger Würdigung sei „eine Sympathiebekundung zum russischen Aggressor naheliegend und eine solche sei gerade an diesen Gedenktagen nicht erwünscht“, sagte eine Pressesprecherin des Verwaltungsgerichts dem Berliner „Tagesspiegel“.
Auch im Bundestag hatten Russen am 8. Mai keinen Zutritt. Russen und Belarussen wurden kurzerhand ausgeladen. Als Begründung wird immer wieder der Ukraine-Krieg herangezogen. Man wollte eine Instrumentalisierung des Krieges durch Russland verhindern, hieß es von offizieller Seite. Die Leser registrieren diese absurde Begründung und begegnen bei der Lektüre der entsprechenden Medien genau diesem Phänomen: der Instrumentalisierung des Gedenkens, allerdings nicht von russischer, sondern von deutscher und EU-euopäischer Seite aus.
Russische Plünderer?
Die „Welt“ beschäftigt sich in einem Stück mit dem Begriff der „Befreiung“ der Deutschen vom Hitler-Faschismus. Sie zitiert am Ende des Textes den Historiker Peter Hoeres mit den Worten:
„Der 8. Mai markiert die endgültige, von außen kommende Befreiung vom Nationalsozialismus. Undifferenziert feiern kann man aber diesen Tag nur, wenn man wie Gerhard Schröder, Tino Chrupalla, Egon Krenz und Klaus Ernst am 8. Mai 2023 in der russischen Botschaft nicht nur von den folgenden Verschleppungen, Vergewaltigungen, Morden und Willkürherrschaften in Osteuropa und Ostdeutschland, sondern auch vom laufenden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine absieht.“
Für einen Historiker versteht Hoeres recht wenig von Geschichte. Der 8. bzw. 9. Mai ist für die Deutschen der Tag der Befreiung, der Befreiung vom deutschen Faschismus durch die Alliierten, in erster Linie jedoch durch die Sowjets, die ihrerseits folgerichtig die Befreier sind. Aber gerade das passt vielen Deutschen Meinungsmachern überhaupt nicht, weshalb sie solchen Unsinn wie Hoeres von sich geben oder zitieren.
Zwischenbemerkung
Der Autor dieses Textes war 2022 zum Tag des Sieges und zum „Marsch des unsterblichen Regiments“ nach Moskau eingeladen worden. Er war sowohl beim Marsch der fast eine Million Russen durch Moskau dabei als auch zur Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin vor Ort. Es war bis heute das letzte Mal, dass der Marsch durch Moskau stattfand, und auch die Parade auf dem Roten Platz war 2022 noch relativ problemlos durchführbar. Aus Sicherheitsgründen mussten die Feierlichkeiten nach 2022 entweder ausfallen oder unter erheblichen Sicherheitsvorkehrungen abgehalten werden.
Der aktuelle Ukraine-Krieg hatte bekanntermaßen damals, also im Jahr 2022, gerade erst begonnen, und aus Berlin, Brüssel und anderen Städten hatte die Instrumentalisierung des Krieges längst eingesetzt. Und sie dauert bis heute an. Erst am 5. Mai war bezüglich des 8. bzw. 9. Mai in der „taz“ nachzulesen:
„Putin nutzt den lang als stillen Gedenktag gefeierten 9. Mai für Sowjetpropaganda, Stalinverklärung und Militarismusshows.“
Geschrieben hat den Artikel dazu Irina Scherbakowa, Russin und seit 2022 in Deutschland lebend. Sie taugt ebenso wie die Ukrainer in deutschen Talkshows, um herzzerreißend und natürlich mit ordentlichem Opfer-Status russische Grausamkeiten anprangern zu können. Das auch in diesem Fall übliche und offen dümmliche Argument lautet im Allgemeinen: „Die ist doch Russin, die weiß, wovon sie spricht.“ Treffer, versenkt, könnte man denken. Allerdings macht ein Vergleich die Absurdität dieser Argumentation überdeutlich, denn fragt man einen Deutschen nach dem Hitler-Faschismus, dem Ukraine-Krieg oder möchte von ihm wissen, welche Rolle Deutschland im Israel-Gaza-Krieg spielt, sollte man nicht automatisch davon ausgehen, dass er dazu eine politisch-fachlich seröse Einordnung abgeben kann. Es gibt auch Deutsche, die zu blöd sind, sich die Schnürsenkel zu binden, warum also sollten sie politische und/oder historische Zusammenhänge herstellen können, allein, weil sie Deutsche sind? Und warum sollten (Exil-)Russen oder Ukrainer das besser können? Blickt man auf die Auftritte von Ukrainern in deutschen Talkshows seit 2022 zurück, kommt man eher zum Schluss, dass hier reihenweise die Schule vorzeitig verlassen wurde, um geschichtsvergessenen Blödsinn abzusondern.
In nichts nach steht der „taz“ übrigens „t-online“, ein deutsches Propagandablatt in Reinkultur. Der Text vom 4. Mai 2025 trug die Überschrift „Sie plünderten alles, was möglich war“, und der geneigte Leser ahnt, dass es sich bei diesen Plünderern nur um Russen handeln konnte. „t-online“ schreibt:
„Als 13-Jähriger hat Axel Gebhard in Berlin-Zehlendorf das Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt. Damals eroberten sowjetische Truppen die deutsche Hauptstadt. Im ‚Tagesanbruch‘-Podcast berichtet der heute 93-Jährige von dieser Zeit: von Plünderungen und Vergewaltigungen – aber auch von Menschlichkeit und Hilfe. Als im Juli 1945 die Amerikaner nach Berlin kamen, veränderte sich die Lage. Gebhardt schildert, wie amerikanische Soldaten ihm das Leben retteten.“
Instrumentalisierung? Geschichtsvergessenheit? Fälschung der historischen Fakten? Ganz eindeutig, ja. Aus den sowjetischen Befreiern wurden im deutschen politischen Raum und Blätterwald russische Plünderer gemacht, die eigentlichen Lebensretter waren die US-Amerikaner, während die Sowjets raubten, mordeten, vergewaltigten und heute durch ihre russischen Nachfolger unschuldige Länder angreifen.
Übrigens: Sowohl auf dem Marsch des unsterblichen Regiments als auch auf dem Roten Platz wurde kein Wort über die Ukraine verloren. Die Menschen gedachten den Opfern des Zweiten Weltkriegs, sie differenzierten ganz selbstverständlich und instrumentalisierten den aktuellen Ukraine-Krieg nicht, weil beides nichts miteinander zu tun hat.
USA – Mörderstaat?
Als die USA im Jahr 2003 den Irak angriffen, war sich die „Koalition der Willigen“ einig: Der Irak habe Massenvernichtungswaffen, der Angriff auf das Land und der folgende Sturz von Saddam Hussein forderten unzählige Opfer, die USA feuerten in der Nacht vom 19. auf den 20. März 2003 40 Raketen auf das Regierungsviertel von Bagdad ab, es folgten Bombardements, die zwischen 200.000 und einer Million Tote zur Folge hatten. Die Massenvernichtungswaffen – das ist längst bekannt – gab es nicht, sie waren das Ergebnis US-amerikanischer Lügen, Lügen, die zu unermesslichem Leid führten.
Hat irgendwer auf der politischen oder medialen Entscheiderebene in Deutschland jemals die USA sanktioniert, kritisiert oder sie von Gedenkveranstaltungen ausgeschlossen? Nichts dergleichen geschah, die Amerikaner waren und sind vor derlei Vorwürfen oder praktischen Auswirkungen aufgrund ihres völkerrechtswidrigen Krieges (der nur einer von vielen war!) vor derlei Dingen gefeit. Und man muss sich bewusst machen, dass die Motivation der USA im Irak ein Regime Change war, also die Vernichtung eines Landes wegen eigener Interessen. Die Geschichte des aktuellen Ukraine-Kriegs ist deutlich komplizierter, und die Unterstellung eines „unprovozierten Angriffskrieges“ durch Russland ist faktisch bei Betrachtung der historischen Zusammenhänge schlicht nicht haltbar.
Doch wir haben ja gerade gelernt, dass die Sowjets nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs plünderten und vergewaltigten, während die US-Amerikaner die wahren Befreier waren.
Deutschland ist dabei, an seiner Befreiung zu arbeiten. An seiner Befreiung von der Schuld an den Schrecken des deutschen Faschismus, die nach und nach den Sowjets und Russen in die Schuhe geschoben wird. Bei dieser Auslegung des Begriffs haben die Deutschen dann irgendwann auch mit dem Wort „Befreiung“, mit dem sie sich lange so schwertaten, ihren Frieden gemacht und können guten Gewissens in einen neuen Krieg mit Russland eintreten.
Klasse Artikel, aber es muß heissen „BRUTALER, unprovozierter russischer Angriffskrieg“!
Wo soll man bloß hin? Dieses Land und seine Politikierenden sind schlichtweg unerträglich.
Die Vielen, welche tatenlos zusehen, ohne zu protestieren, aber nicht minder.
Stimmt.
Da fällt mir spontan die Bahnsteigkarte ein.
Aber im Zehnerpack. 🙂
Guter Text.
Alles dargestellt.
Die Politniks spielen gerade Vabanque.
Es ist mittlerweile egal ob die EU/ NATO tatsächlich einen Krieg mit der Russischen Föderation provozieren kann oder will.
Deutschland und damit auch die EU ist im freien Fall. Ohne einen einzigen „Schuss“ des „Russen“.
Wenn der Zweite Wahl- Kasper sich schon Sorgen um seinen Wohlstand macht, und deshalb die „Deutschen“ zu mehr Fleiß auffordert.
Wenn irgendwelche Blitzbirnen aus der „Wirtschaft“ die Abschaffung eines Feiertages fordern, wegen der Erhöhung der Produktivität.
Dann muss der Fallwind nun schon in den höheren Etagen zu hören sein.
Des Resultat dieser kriminellen Politik wird ein Elend sein, das dem nach dem 8. Mai 1945 in Nichts nachsteht. Und das ohne eine einzige Ruinenstadt.
Drecks Atlantiker…
Ich reiße vermutlich gerade den Rahmen heraus.
Ich stricke ab sofort Wollstrümpfe aus Bio- Schafswollle für unsere Landser!
Mache ich natürlich nicht. Ich kaufe das Zeug in China.
Aber den Militarismus- Affen verkloppe ich den Satz Strümpfe für 17,80 €. Bei einem Einkaufspreis von 0.30 Cent.
Endlich bin ich vor der Welle.
Was bei „Staubschutzmasken“ während „Corona“ ging. Klappt auch mit Strümpfen!
Von Jens Spahn lernen, heißt Siegen lernen.
Ja, das ist die richtige Art, in einer irrationalen, komplett desorientierten Welt zu kommentieren – mit Ironie und Humor. Das Motto lautet, „nicht links, nicht rechts und schon gar nicht zur opportunistenbeherrschten politischen Mitte zu rechnen – sondern darüber.“ Generell aus der Geschichte lernen, heißt sich weiterntwickeln, noch weiter nach oben, wo eine wohlbedachte Auswahl lnker Positionen (siehe Sahra Wagenknecht) und ebenso ein rational selektierter Set gemäßigter rechter Positionen harmonisch zusammenpassen.
Treffender Text.
„Der Faschismus befreit sich gerade vom Befreieungstrauma.“
Ein interessant geschriebener und wohlrecherchierter Artikel!
Zu dem Thema kann man ein Buch schreiben. Ich habe nur einen Artiekl dazu veröffentlicht https://www.frieden-freiheit-fairness.com/blog/lehren-aus-zwei-bruderkriegen.
Der hier auf Neulandrebellen veröffentlichte Artikel ergänzt sich hervorragend zu diesem genannten. In der Zusammenschau von beiden werden zwei Fakten glasklar:
„to keep the Russians out, the Americans in and the Germans down.“
Selbst noch diesem Ziel übergeordnet kommt der eigentliche Kern jetzt schrittweie ans Tageslicht: Ja, Deutschland soll so tief wie möglich unten gehalten werden und ja, Russland soll ebenso in eine Rolle des ewigen Bösewichts überführt werden. Aber schon mit dem Ausgang des 1. Weltkrieges, in welchen die USA 1917 mit eingetreten sind, musste ‚eigentlich‘ klar geworden sein, dass es damals und auch bis heute nie um die authentische Interessenwahrnehmung der amerikanischen Nation und ihres freiheitliche-demokratischen Konzepts gegangen ist, sondern ganz im Gegenteil darum, alle freiheitlichen Nationen und Gruppen, zugleich die des gesamten judeo-christlichen Kulturraumes, gegeneinander aufzuhetzen, zu militarisieren und in Kriegen gegeneinander aufzureiben.
Wahre Ziele bestätigen sich bei ‚Erfolg‘ in historischen Resultaten: Die demographischen Eregebnisse der letzten 110 Jahre lauten: Juden, Deutsche und Russen sind die einzigen Gruppen bzw. Nationen, die währed dieser Zeitspanne so gut wie keinen oder keinen Bevölkerungszuwachs verzeichnet haben, während sich alle anderen verdoppeln bis verzehnfachen konnten, die Palästinenser sogar verzweiundzwanzigfachen.