Leistungen für „Totalverweigerer“ komplett streichen – das ist die Erzählung, die Deutschland vor dem finanziellen Kollaps retten und die Finanzierung der „Verteidigung vor dem Russen“ sicherstellen soll. Versetzen wir uns mit diesem fiktiven Tagebucheintrag eines sogenannten „Totalverweigerers“ doch einmal kurz in seine Lage.
Montag:
Hab verschlafen. Termin beim Jobcenter wird also nichts. Ist aber egal, ist eh nur Zeitverschwendung. Meine Sachbearbeiterin ist eine Schlampe. Textet mich jedes Mal voll, aber kriegt selbst nichts auf die Reihe. Ich bin schon lange im Maßnahmen-Hamsterrad. Die letzte Maßnahme war ein Bewerbungstraining. Eigentlich sollten wir nur lernen, wie man so tut, als würde man sich bewerben. Vom Jobcenter bezahlt! Die ticken doch nicht richtig.
Donnerstag:
Die kürzen mir das Geld. Weil ich am Montag nicht da war. Dabei hatte mir die Sachbearbeiterin schon vorher gesagt, ich könnte eigentlich gleich zu Hause bleiben. Würde die natürlich nie zugeben. Ich habe Kopfschmerzen, schon seit Tagen, nein, seit Wochen. Und die Bandscheibe tut weh. P. meint, ich soll wieder mit dem Saufen anfangen, aber P. ist ein Arschloch. Ich trinke seit zwei Jahren nichts mehr, die Kopfschmerzen kommen woanders her. Mein Hausarzt meinte, ich sollte mehr Sport machen. Zu einem Facharzt will er mich nicht überweisen, das lohnt sich nicht, meinte er. Wieso soll sich das nicht lohnen? Mir platzt der Schädel und der Rücken brennt wie Feuer.
Freitag:
Hab mit meiner Mutter gesprochen. Sie meinte, ich sollte wieder als Schlosser arbeiten. Echt witzig, die Mama! Beim Jobcenter haben sie mir gesagt, dass ich das vergessen kann, ich muss was anderes machen, sagten die. Aber warum? Hab doch Schlosser gelernt.
Sonntag:
Scheiß Traum gehabt. Meine Sachbearbeiterin hat mir mit Nähnadeln in den Ohren rumgefummelt. Sie meinte, ich höre nicht richtig zu, das wollte sie beheben. Dann lief haufenweise Blut aus meinen Ohren. Die Sachbearbeiterin grinste die ganze Zeit und sagte immer wieder: „Da müssen Sie jetzt durch, das haben Sie selbst verbockt.“ Ob sie recht hat?
Dienstag:
Ich soll jetzt zur Spargelernte. Hab gesagt, dass ich das nicht kann, wegen Rücken, Bandscheibe. Ich mache es mir ganz schön einfach, sagte die Sachbearbeiterin. Auf meinem Kopfkissen war heute Blut, nicht viel, aber es war da. Aber das war doch nur ein Traum, das mit den Ohren. Und es war ja schon vorgestern. Hab ein bisschen Angst, dass ich krank bin oder so.
Donnerstag:
Ich werde das mit dem Spargelstechen wohl machen, sonst kürzen die mir die Kohle noch weiter. Hab im Internet Übungen gesehen, für den Rücken. Bisher bringt es aber nichts, tut heute besonders weh.
Samstag:
Hab mir eine Flasche Wodka gekauft. Ärgere mich jetzt schon, viel zu teuer. Aber die Kopfschmerzen sind weg. Nur der Rücken tut noch weh. Der Käse im Kühlschrank war verschimmelt. Scheiße, hätte ich bloß den Wodka nicht gekauft! Ich leg mich jetzt hin, irgendwie ist mir schwindelig.
Sonntag:
Seit drei Jahren keinen Job, hab schwarz ein paar Schweißarbeiten übernommen, jetzt will der Typ aber nur die Hälfte zahlen, meinte, ich hätte nicht gut gearbeitet. Was für ein Arschloch! Ist kaum noch Wodka da. Neuen kann ich nicht kaufen, müsste zur Tankstelle, aber da kostet er das Doppelte.
Montag:
Hatte heute wieder Termin bei meiner Sachbearbeiterin. Sie meinte, ich sei ein hoffnungsloser Fall. Wieso denn, wollte ich wissen. Als Schlosser hab ich zu lange nicht gearbeitet, sagte sie. Mein Gejammer über die Rückenschmerzen geht ihr auf die Nerven. „Gejammer“ hat sie gesagt. Ich sagte ihr, dass ich den Job mit dem Spargel machen will. Das hätte ich mir früher überlegen müssen, meinte sie. Wieso früher? Hat sie mir doch erst letzte Woche gesagt.
Mittwoch:
Jetzt werde ich womöglich noch meine Wohnung los. Die ist zu groß, hab gerade ein Schreiben vom Jobcenter bekommen. Zwei Zimmer, Küche, Bad, alles ziemlich alt. Aber zu groß. Hab mal in die Wohnungsanzeigen geguckt. Die Wohnungen sind alle teurer als meine jetzige. Ich muss aber was finden, sonst sitze ich auf der Straße.
Freitag:
Die Rückenschmerzen machen mich wahnsinnig. Keine Ahnung, wie lange ich das alles noch aushalte.
Da hat der „Genosse der Bosse“mit seiner „Arbeiterpartei“ incl. Gewerkschaftern im BT ja ganze Arbeit geleistet.
Das es mehr Arbeitslose als freie Stellen gibt interessiert auch nicht.
Hauptsache Schikane für die von Beschäftigung Abhängigen, um Steuergeschenke und Gewinne der Reichen zu finanzieren.
Man könnte fast bedauern, dass der BT nicht auf einer seismisch aktiven Zone liegt. 😉
Sagen wir mal so: Im Knast werden die Gefangenen besser behandelt als Arbeitslose durch das Jobcenter…
Die Würde des Menschen ist unantastbar? Gilt de facto nicht für (Langzeit-) Arbeitslose!
In diesem Land sollte man möglichst nicht anders sein,
als das Kollektiv.
Wenn dieser Einzelne auch noch das Pech hat, ohne Hilfe des Kollektivs kein menschenwürdiges Leben führen zu können, d.h. wenn er auf Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen ist, trifft ihn die aufgestaute Wut des Kollektivs auf den „Schmarotzer“, und dieser kann froh sein, wenn er mit heiler Haut davon kommt.
Dabei ist der Einzelne enorm wicht. Allzu oft erkrankt er nämlich an einem Problem, das vom Kollektiv erst viel später als solches erkannt wird. Wenn das Kollektiv genau und ohne Vorurteile hinsehen würde, könnte es frühzeitig an einer Lösung des Problems arbeiten.
Aber offenbar braucht jede Gesellschaft ihren Sündenbock, um sich von eigener Schuld zu befreien.
(Der Ursprung des Begriffs liegt in einem religiösen Ritual des Judentums. Beschrieben ist es im dritten Buch Mose (Leviticus 16, 8-10 und 20-22). Am höchsten Feiertag Jom Kippur, dem Versöhnungstag, bekommt ein Ziegenbock vom Hohepriester durch Handauflegen symbolisch die Sünden des Volkes Israels auferlegt. Dann wird das Tier in die Wüste gejagt – um alle Schuld mit sich zu nehmen. Der Sündenbock ist also eigentlich unschuldig.)
Mensch, Tom,
haben wir echt keine anderen Probleme?
Das Arbeitsamt ist kritikwürdig, aber solche arbeitslosen Luschen auch.
Kümmer dich doch bitte um wirklich relevante Themen.
Grüße aus Dortmund
„Die kürzen mir das Geld“.
Na klar, Strafe muß sein!
Mitgefühl is nich.
Hallo Tom,
verträgst du keine kritischen Kommentare?
Oder warum hast du meinen gelöscht?
Ich habe deinen Kommentar eben erst gesehen und veröffentliche ihn selbstverständlich. Inhaltlich finde ich ihn allerdings zum Kotzen. Aber das verträgst du sicher.
Natürlich gibt es Leute, die nicht gerne arbeiten – aber es ist ein falsches System, das sie darin bestärkt. Die Agentur für Arbeit hieß früher Arbeitsamt und hat tatsächlich etwas für Arbeitsuchende unternommen. Agentur klingt nicht nach einem demokratischen Rechtsstaat und auch nicht nach fairer Marktwirtschaft.
Das System aus Bürgergeld und Agentur für Arbeit füttert Menschen durch, bietet aberr zu wenige Chancen, sich durch Fleiß weiterzuentwickeln und selbstverantwortlich zu leben.
Ich kenne genügend Beispiele, die einen bedenklichen Trend der Arbeitsagentur zeigen, nämlich erstens auf unterbezahlte Praktikantenstellen zu vermitteln und zweitens auf Stellen in großer Entfernung.
Ergänzt wird dieses System durch Leiharbeiterfirmen, die einen Großteil des Arbeitsentgelts einkassieren. Die konsequente Weierentwicklung besteht in Leiharbeiterfirmen, die von Konzernen gegründet werden. Dort werden Mitarbeiter, die man gerade aus ihrer regulären Beschäftigung gekündigt hat, aufgefangen. Das spart ganz einfach Lohnkosten.