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„Briefwechsel“: Narzissmus – alle reden nur noch über Narzissmus!

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An dieser Stelle beginnt ein kleiner Briefwechsel zwischen meiner Frau und mir. Wir machen das erstens, weil wir der Meinung sind, dass viel zu wenig Briefe geschrieben werden. Und zweitens, weil wir uns schon seit einiger Zeit mit dem Thema Narzissmus beschäftigen.

Die Tatsache, dass es sich um keine Briefe auf Papier handelt, hängt damit zusammen, dass wir unseren Leser die Möglichkeit geben wollen, sich an dem kleinen Austausch zu beteiligen.

Den ersten Brief hat meine Frau Emmie am 21.11.2025 an mich geschrieben. Er lässt sich hier nachlesen.

Es folgt meine Antwort:

Liebe Emmie,

vielen Dank für deinen Brief!

Ja, tatsächlich habe ich auch den Eindruck, dass wir fast nur noch von Narzissten umgeben sind. Zumindest taucht der Begriff an vielen Stellen auf, wo es gilt, jemanden zu kritisieren. Ich sehe es ähnlich wie du und denke, dass man damit echten Narzissmus relativiert, zumindest aber die unterschiedlichen Variationen dieses Krankheitsbildes – und in seiner extremen Ausprägung muss man natürlich von einem pathologischen Verhalten sprechen – nicht angemessen berücksichtigt, geschweige denn beleuchtet.

Ein großes Problem sind sicherlich die zahlreichen Ferndiagnosen, die fast täglich zu hören und zu lesen sind. Und eine solche Ferndiagnose ist grundsätzlich keine gute Idee, weil sie nicht einmal ansatzweise die vollständige Persönlichkeit mit einbeziehen kann, was aber notwendig wäre, um ein tragfähiges Bild zu erstellen.

Andererseits muss ich selbst da „kleine Brötchen backen“, denn zumindest was Donald Trump und Annalena Baerbock angeht, habe ich auch schon so etwas wie Ferndiagnosen erstellt. Ich konnte einfach nicht anders, weil ich bei diesen beiden Menschen Eigenschaften erkannt habe, die für mein Empfinden stark in die Richtung des krankhaften Narzissmus zeigen. Als Pädagoge kann ich da durchaus das eine oder andere einordnen, aber wenn ich ehrlich bin, fehlt mir natürlich die Kompetenz für die Erstellung einer Diagnose, zumal aus der Ferne die Fehlerquote einfach zu hoch ist, selbst bei Leuten, die mir fachlich haushoch überlegen sind.

Nicht jeder, der nervt, ist ein Narzisst

Es stimmt natürlich, wenn du schreibst, dass wir nicht einfach alle, die uns nicht in den Kram passen, als Narzissten bezeichnen können. Es lässt den wahren Narzissten eine „ruhige Ecke“, in die sie sich zurückziehen können, um bei sich bietender Gelegenheit umso kräftiger – und womöglich sogar unerkannt – losschlagen zu können. Derweil wird dann hier und da Leuten, die wir nicht leiden können, ein Stempel aufgedrückt.

Andererseits erleben wir gerade auf der politischen Ebene meiner Meinung nach starke narzisstische Persönlichkeiten. Baerbock habe ich ja schon erwähnt, und wenn man bedenkt, mit welch einer Skrupellosigkeit und Empathielosigkeit diese Frau während ihrer Amtszeit als deutsche Außenministerin Diplomatie, aber noch viel mehr ein Gespür für die Bedürfnisse, Ängste und Sorgen der Menschen hat vermissen lassen, bleibt einem nicht viel übrig, als Baerbock für eine Narzisstin zu halten.

Allerdings kann man Baerbock auch für einen ziemlich dummen Menschen halten, der leicht beeinflussbar ist und schon früh gelernt hat, wo er in einer bestimmten Hierarchie steht. Diese Attribute sprechen eher gegen Narzissmus, zumindest im Falle von Baerbock, auch wenn ihr Handeln den Verdacht aufkommen lassen konnte, es handele sich um narzisstisches Verhalten.

Damit sind wir aber bei deinen Worten über die Täter und Opfer. Ich bin der festen Überzeugung, dass man als Opfer eines Narzissten nur eines machen kann: verschwinden! Der emotionale und auch pragmatische Kampf von Opfern des Narzissmus wird immer der Täter gewinnen. Er hatte lange Zeit, sich in seinem Narzissmus einzurichten und Strategien zu entwickeln, die ihn – zumindest seiner eigenen Wahrnehmung nach – immer als Sieger aus dem Konflikt hervorgehen lässt.

Du kennst ja diesen berühmten kurzen Dialog, von dem ich dir mal erzählt habe. Er stammt von einer Therapeutin, die in einem Gespräch erklärte, warum sie selten bis nie mit Narzissten arbeitet:

Therapeutin: „Guten Tag, schön, dass Sie zu mir in die Praxis gekommen sind. Wollen wir damit beginnen, dass Sie Ihr Problem einmal kurz schildern?“

Klient: „Wieso Problem? Ich habe kein Problem, die anderen um mich herum spinnen eben alle.“

Natürlich hat der Narzisst ein Problem! Auch er war mal Opfer. Aber wie soll man mit ihm umgehen, wenn er sich weigert, diese Tatsache anzuerkennen?

Was tun?

Und noch einmal zum Thema Täter und Opfer. Ich könnte mir vorstellen, dass es Leser gibt, die zusammenzucken, wenn sie lesen, dass Du auch den Narzissten für ein Opfer hältst. Für Opfer ist es schwer, den Täter als etwas anderes als einen Täter zu sehen, und wenn sie es doch einmal schaffen, sich in die Opferrolle ihres Peinigers hineinzuversetzen, besteht die Gefahr, dass sie selbst noch verletzlicher werden, den Täter durch ihre eigene Empathie nur noch größer werden lassen und ihn letztendlich sogar motivieren, sein Verhalten noch brutaler, noch rücksichtsloser zu zeigen.

Ich glaube fest daran, dass die Arbeit zwischen Täter und Opfer nicht nur schwierig, sondern fast unmöglich ist. Trotzdem denke ich, dass am Ende das Ziel nur sein kann, die Stärke des Opfers herauszuarbeiten, denn sie ist es, die systematisch vom Narzissten unterdrückt wurde, es entspricht seinem narzisstischen Wesen, so zu agieren.

Ratlos bin ich bei der Frage eines Ansatzes beim Narzissten selbst. Reagiert er auf Angebote so, wie es die Therapeutin oben beschrieben hat, dürfte das der „Ritt auf einem toten Pferd“ sein. Vermutlich meinte sie das auch, als sie sagte, dass sie die Arbeit mit Narzissten möglichst unterlässt.

Wie denkst du darüber?

Was mich aber eben auch umtreibt, ist die Frage, inwieweit wir es bei unseren politischen Vertretern mit Narzissten zu tun haben. Ich würde da schon trennen wollen zwischen Privatpersonen und öffentlichen Vertretern eines ganzen Volkes, auch und gerade im Umgang mit ihnen. Einfach verschwinden können die Menschen, die von politischen Narzissten reagiert werden, ja nicht. Therapieren können sie sie aber logischerweise auch nicht, und selbst der Ratschlag, sich doch jemanden zu suchen, der behilflich sein könnte, ist zum Scheitern verurteilt, weil der Narzisst ja überhaupt nicht die Notwendigkeit sieht, Hilfe zu bekommen.

Was also machen wir mit Persönlichkeiten wie denen, die unser Land regieren? Ist es überhaupt sinnvoll, sie als narzisstische Menschen zu sehen? Ist die Gefahr einer falschen Diagnose nicht zu groß? Und selbst, wenn die Ferndiagnose stimmen sollte – was für Optionen ergeben sich daraus?

Mit diesen Fragen schließe ich heute und bin gespannt auf deinen nächsten Brief.

 

 

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Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrockhttps://neulandrebellen.de/
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Autor, Sprecher, Radiomoderator und Podcaster. Er führte unter anderem für den »wohlstandsneurotiker«, dem Podcast der neulandrebellen, Interviews mit Daniele Ganser, Lisa Fitz, Ulrike Guérot, Gunnar Kaiser, Dirk Pohlmann, Jens Berger, Christoph Sieber, Norbert Häring, Norbert Blüm, Paul Schreyer, Alexander Unzicker und vielen anderen. Zusätzlich veröffentlicht er Texte auf verschiedenen Plattformen und ist für unsere Podcasts der »Technik-Nerd«.
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