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Ein kurzer Text über alles und die „Koalition der Killigen“

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Ein Kommentar von Tom J. Wellbrock

Haben wir oder haben wir nicht? Eine neue Regierung, meine ich. Irgendwie ja schon, ich erinnere mich genau, dass die Ampel-Koalition am Abend des Wahlerfolgs Donald Trumps auseinandergebrochen ist. Auch, dass kürzlich gewählt, wurde, ist mir nicht entgangen. Eine neue Bundesregierung kann ich aber nicht sehen.

Wir unterscheiden jetzt zwischen altem und neuem Bundestag. Irgendwie war früher nicht nur mehr Lametta, sondern auch mehr Klarheit. Nach einer Wahl hatte die alte Bundesregierung nichts mehr zu melden, die neue formierte sich. Sicher, das Gebräu war trotzdem dem soeben weggeschütteten nicht unähnlich, eher sogar zum Verwechseln ähnlich. Aber man gab sich irgendwie ein neues Gewand, des Kaisers neue Kleider bedeckten hier und da noch die nackte Haut der Lüge.

Jetzt ist alles anders. Die Grünen sind nach wie vor Objekt der Begierde gieriger Politiker, selbst wenn sie keine Ministerämter mehr bekleiden. Das liegt an diesem merkwürdigem „alten Bundestag“, der ja nun weg ist. Aber der neue unterscheidet sich eben nicht vom alten, das ist das Problem.

Da haben die Kriegstreiber mal eben unbegrenzte Rüstungsausgaben beschlossen, mit vereinten Kräften, Regierung und Opposition Hand in Hand, aber man kann sie eh nicht mehr auseinanderhalten. Das BSW hat es nicht in den Bundestag geschafft, oder es wurde geschafft, dass das BSW es nicht geschafft hat. Ist aber im politischen Betrieb auch egal, Sahra Wagenknecht und ihre Mitstreiter versuchen zwar noch, das Ergebnis neu auszuzählen und zu bewerten. Aber nachdem das Bundesverfassungsgericht den ersten Antrag krachend scheitern ließ, wird sich alles Weitere bis zum Sankt Nimmerleinstag hinziehen, und das ist noch optimistisch betrachtet.

Die AfD sonnt sich in ihren Wahlerfolgen, braucht aber keine schützende Sonnencreme, da sie ohnehin chancenlos ist, mit einer der Parteien neben ihr irgendetwas drehen zu können. Gibt aber Schlimmeres, was soll ich mit einer Partei anfangen, die im Wahlkampf sagt, sie sei der natürliche Partner der CDU? Mein Partner war die CDU nie, also kann es die AfD jetzt auch nicht sein.

Die LINKE hat für den Krieg und für die grenzenlose Aufrüstung gestimmt, sie hat das mit „staatspolitischer Verantwortung“ begründet. Nicht mal Gott dürfte wissen, was die Umkipper um Jan van Aken damit meinen, aber ganz sicher sind die Jungwähler begeistert, weil die Linkspartei ihnen eindrucksvoll bewiesen hat, dass man ihr alles glauben kann, sich danach aber vor dem Spiegel eingestehen muss, dass man verarscht wurde. Mal wieder, diesmal eben von der Linkspartei. Wenn man jungen Menschen die Lust aufs Wählen und das Vertrauen in die Politik nehmen will, stelle man einfach die LINKE für eine Wahl auf, den Rest erledigen die Karrieristen dann selbst.

Die FDP ist raus aus dem Bundestag, aber das spielt auch keine Rolle mehr, weil sich der Rest der Parteien ja sowieso neoliberal und kriegsgeil in die Arme geschlossen hat. War man im Wahlkampf noch bemüht, den Anschein von Konkurrenz und sich unterscheidenden Programmen zu erwecken, ist inzwischen alles im grünen Bereich, der mal rot, mal schwarz und dann wieder in Rot erstrahlt.

Deutschland, Deutschland über alles, über alles, was den Krieg gefährden könnte. Sie singen zusammen das Lied des Krieges, sie suchen sich täglich neue Feinde, die alle böse sind, weil es nicht anders sein kann, schließlich zählt man sich selbst zu den Guten. Es ist schon zynisch, dass ausgerechnet so etwas wie Krieg, der blutig, tödlich, grausam und kompromisslos ist, bei denen, die ihn sich herbeiwünschen, so viel uneingeschränkte Solidarität untereinander auslöst. Man strahlt fast eine gegenseitige Friedfertigkeit aus, weil man sich einig darüber ist, dass man mit Friedfertigkeit nun wirklich nichts am Hut hat.

Nicht weniger zynisch: Umweltschutz, Klimaschutz, diese ganzen Ziele, die Reduzierungen, Einsparungen schlimmer Gifte, sie werden zwar noch mäßig begeistert kommuniziert. Unterm Strich sind sie aber völlig unerheblich, denn es gibt wohl nur wenig menschliche Taten, die dem Klima und der Umwelt weniger zuträglich sind als Krieg. Egal, Krieg muss ja nun mal sein, man muss sich verteidigen, gegen Putin, Trump und all die anderen, die man heute vielleicht noch gar nicht benennt, aber das kommt schon noch, ganz sicher.

Und jetzt wird’s richtig zynisch! Deutschlands Wohlstand befindet sich auf Schussfahrt direkt in den Abgrund. Und schuld sind die Bürgergeldempfänger! Von denen gibt es ein paar, die überhaupt keine Lust auf Arbeit haben. Die erwartet jetzt aber eine ganz besondere Aufgabe: Sie müssen den Krieg, die Aufrüstung, den Klimaschutz und zu gegebener Zeit die Entsorgung der in die Jahre gekommener Windräder bezahlen.

Und in den Talkshows sitzen die, die irgendwann selbst auf staatliche Hilfe angewiesen sind, und klatschen Applaus. Zuvor haben sie Politiker gewählt, die sich nun zusammenrotten und eine „Koalition der Killigen“ bilden.

 

Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Autor, Sprecher, Radiomoderator und Podcaster. Er führte unter anderem für den »wohlstandsneurotiker«, dem Podcast der neulandrebellen, Interviews mit Daniele Ganser, Lisa Fitz, Ulrike Guérot, Gunnar Kaiser, Dirk Pohlmann, Jens Berger, Christoph Sieber, Norbert Häring, Norbert Blüm, Paul Schreyer, Alexander Unzicker und vielen anderen. Zusätzlich veröffentlicht er Texte auf verschiedenen Plattformen und ist für unsere Podcasts der »Technik-Nerd«.

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