MEP Hynek Blaško: „Die Ukrainer sind nicht in der Lage, sich anzupassen“

Vor mehr als einem Jahr reichte die EU Millionen von Flüchtlingen aus der Ukraine die helfende Hand. Was ist daraus geworden? Nach Angaben des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge kamen zwischen dem 24. Februar letzten Jahres und dem 31. Januar 2023 8.046.560 ukrainische Flüchtlinge in Europa an, wobei mehr als die Hälfte in Deutschland und Polen untergebracht wurde und die Tschechische Republik bei der Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge an dritter Stelle steht. „Indem wir der Ukraine helfen, haben wir unseren Teil der Verantwortung für die Sicherheit in der Welt übernommen“, betonte der tschechische Innenminister Vit Rakusan. Doch in der vergangenen Woche eskalierte der interne Konflikt der Tschechischen Republik mit den Flüchtlingen aus der Ukraine aufgrund der Nachricht von der Vergewaltigung einer 15-jährigen tschechischen Staatsbürgerin. Am 8. Juli, „lud“ ein 18-jähriger ukrainischer Staatsbürger ein 15-jähriges Mädchen zu einem Spaziergang zum Fluss ein. Die jungen Leute kannten sich und das Mädchen stimmte der Einladung zu. Während des Spaziergangs brachte der Mann sein Opfer in einen nahe gelegenen Wald, fesselte ihm Hände, klebte ihm den Mund mit Klebeband zu und vergewaltigte es. Danach schlug er das Opfer und raubte es aus. Das Mädchen gab vor, tot zu sein. Der Vergewaltiger wickelte sie in eine Tasche, warf sie von einer Klippe in den Wald und verließ den Tatort. Einige Zeit später gelang es dem Mädchen, sich aus dem Sack zu befreien und auf eigene Faust Hilfe zu suchen. Vor diesem Fall kam es im Juni zu Protesten in der Tschechischen Republik, als Roma demonstrierten, nachdem Ukrainer einen jungen Roma-Mann getötet hatten. Der tschechische Europaabgeordnete Hynek Blaško, dessen Sohn auf tragische Weise von einem Pädophilen getötet wurde, kommentierte den Vorfall in einem Interview wie folgt: Kürzlich hat ein Ukrainer einen Roma-Mann getötet, jetzt hat er eine Minderjährige vergewaltigt und versucht, sie zu töten. Glauben Sie, dass diese Taten ein Zeichen von Systematik sind? Das hat nichts mit dem System zu tun. Ich denke, es sind die Handlungen einzelner Personen, die nicht in der Lage sind, sich anzupassen. Das Schlimmste an der ganzen Sache ist, dass die Regierungsvertreter zur Zurückhaltung mahnen, um keinen Hass auf die Ukrainer zu schüren, es ihnen aber nichts ausmacht, den Hass auf die Russen zu schüren. In der Tschechischen Republik gibt es etwa 200.000 Männer aus der Ukraine im fruchtbaren Alter. Müssen die tschechischen Einwohner mit Gefahren durch Männer aus der Ukraine rechnen? So ist das mit der Liebe zum Land. Die Ukraine ist ihnen egal. Fürchten wir lieber den Moment, in dem der Krieg zu Ende ist und Schläger bekannter faschistischer Gruppen nach Europa strömen und die ohnehin schon fragile Sicherheitslage destabilisieren. Was ist Ihrer Meinung nach die Ursache des Problems? Im Kern geht es um die mangelnde Bereitschaft, für das Land zu kämpfen und deshalb einen einfacheren Lebensstil zu suchen. Wie schlagen Sie vor, das Problem zu lösen? Die ukrainische Regierung muss die Bürger im Ausland davon überzeugen, dass sie zurückkehren und ihr Heimatland aufbauen sollten. Unsere Regierung muss die Einwanderungsgesetze und die Kontrollen für diejenigen, die bereits hier sind, verschärfen. Diejenigen, die kriminelle Handlungen begehen, ohne Gnade abschieben.

Maskenpflicht an Schulen – warum Widerstand fast unmöglich scheint

Die neu eingeführte Maskenpflicht in Schulen ist eine perfide Methode der Angsterzeugung. Sie wird Kinder und Eltern unter massiven Druck setzen. Und wer bislang dachte, dass die betroffenen Eltern auf die Barrikaden gehen würden, könnte sich womöglich täuschen. Die aktuell gestiegenen Covid-19-Fallzahlen – die nichts über die Erkrankungen aussagen und unter anderem mit der Zunahme an Testungen zusammenhängen – wurden genutzt, um bereits im Vorfeld die Demo in Berlin am 1. August zu diskreditieren. In der Hoffnung, dass Diffamierungen und Angst dafür sorgen, die Leute zu Hause zu halten, wurde eine „zweite Welle“ heraufbeschworen, die die Teilnehmenden Demonstranten einschüchtern sollte. Das ist bekanntlich nicht gelungen, auch wenn die Zahlen der Anwesenden politisch und medial heruntergespielt wurden. Doch verwenden lassen sich die aktuellen Fallzahlen trotzdem. Unter anderem, um die Maskenpflicht in Schulen durchzusetzen.

Flieg, Fallzahl, flieg!

In den letzten Wochen ließ sich mit den Corona-Fallzahlen nicht mehr viel Angst erzeugen. Das gute Wetter, Partylaune bei Jugendlichen, eine große Demo gegen Rassismus – all das war möglich, ohne dass eine oder zwei Wochen später die Infektionszahlen nach oben sprangen. Weder Sir Christian Drosten noch die Bundesregierung wollten zwar Entwarnung geben. Doch viele Menschen begannen, Covid-19 nicht mehr als lebensbedrohliche Erscheinung wahrzunehmen. Damit musste dringend Schluss gemacht werden! Also wurde die Zählweise ein wenig geändert. Gezählt wurde nun nach einem neuen Prinzip, zum Beispiel in Österreich:
Jede verstorbene Person, die zuvor COVID-positiv getestet wurde, wird in der Statistik als „COVID-Tote/r“ geführt, unabhängig davon, ob sie direkt an den Folgen der Viruserkrankung selbst oder „mit dem Virus“ (an einer potentiell anderen Todesursache) verstorben ist.
So zu lesen beim österreichischen Gesundheitsministerium, zitiert vom „Anti-Spiegel“. Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) zählt auf diese Weise:
Sowohl Menschen, die unmittelbar an der Erkrankung verstorben sind („gestorben an“), als auch Personen mit Vorerkrankungen, die mit SARS-CoV-2 infiziert waren und bei denen sich nicht abschließend nachweisen lässt, was die Todesursache war („gestorben mit“) werden derzeit erfasst.
Wer weiterführende Informationen zu dieser Thematik haben möchte, möge den verlinken Artikel von „Anti-Spiegel“ lesen und eigene Recherche betreiben. Hier soll es weniger um die irreführenden Zahlen gehen als um die dahinterstehende Motivation.

Schule der Angst

Als „NTV“ Ende April verkündete, dass Österreichs Kanzler Sebastian Kurz auf das Erzeugen von Angst setzte, klang das so:
Als ein Mediziner den Ansatz der britischen Regierung während einer Masernepidemie in den Neunzigern vorstellt, die damals mit der Angst der Bevölkerung gespielt habe, meldet sich der Kanzler erneut zu Wort. Das Protokoll dazu wörtlich: „Kurz verdeutlicht, dass die Menschen vor einer Ansteckung Angst haben sollen bzw. Angst davor, dass Eltern/Großeltern sterben.“
Dann folgt die bange Frage:
Hat die Regierung absichtlich Angst in der Bevölkerung geschürt, um sie zu disziplinieren? Hat sie die Menschen mit Absicht darüber im Unklaren gelassen, was erlaubt ist und was nicht?
An dieser Stelle könnte man über die (gespielte) Naivität von NTV sprechen, darüber, was Rainer Mausfeld über Angsterzeugung geschrieben hat, und darüber, wie wichtig die Erzeugung von Angst für die Mächtigen und deren Machterhalt ist. Aber ein bisschen konkreter wird es vielleicht deutlicher. Einige Bundesländer haben die Maskenpflicht für Schulkinder angeordnet. Die einen drastischer, die anderen weniger streng, aber allen gemein ist die Tatsache, dass diese Sanktion auf Kosten der Kinder geht. Zumal es inzwischen zahlreiche Studien gibt, die aussagen, dass die Maskenpflicht in der Schule nicht zielführend ist und darüber hinaus die Psyche der Kinder massiv beeinträchtigt. Da es aber bekanntlich zu jeder Studie auch eine Gegenstudie gibt, erspare ich uns die Diskussion über deren Evidenz und sage aus der Sicht eines Pädagogen, dass eine Maskenpflicht für Schulkinder fatale Auswirkungen haben kann und in wahrscheinlich unverhältnismäßig vielen Fällen auch haben wird. Doch Eltern, die sich dieser Maskenpflicht nicht unterordnen wollen, werden es schwer haben. Das hat drei Gründe: 1. Mit den neuen Fallzahlen wird bekräftigt, dass die Gefahr nicht vorbei ist, sondern – im Gegenteil – wieder massiv zunimmt. 2. Trotzdem wird wiederholt und geradezu penetrant darauf hingewiesen, wie wichtig die Schule für Kinder ist. Ein Schulverzicht kommt nicht in Betracht. 3. Demzufolge ist die Maskenpflicht für Schulkinder indiskutabel. Diese drei Faktoren bedeuten für Eltern, Kinder und Lehrer eine schier ausweglose Situation. Niemand wünscht sich allen Ernstes Schulschließungen, und Eltern schon gar nicht. In den letzten Wochen wurde die Notwendigkeit des Schulbetriebes auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen diskutiert und als unabdingbar erachtet. Was gesellschaftlicher Konsens war und ist, fällt den Eltern, Schülern (und Lehrern) nun auf die Füße. Denn wer sich jetzt als Elternteil gegen die Maskenpflicht für Schulkinder ausspricht, muss sich zweierlei vorwerfen lassen: • Er schadet dem Nachwuchs bei dem Versuch, eine mehr oder weniger normale Entwicklung zu erfahren. • Er verhält sich verantwortungslos, weil er die Ansteckung anderer in Kauf nimmt, wenn er sich nicht an die Maskenpflicht hält. Damit wird ein möglicher Widerstand, der nur folgerichtig wäre, ausgebremst, denn wer sich verantwortungslos (für mich persönlich ein Favorit für das Unwort des Jahres) verhält, steckt in einer schmerzhaften Klemme. Um den inneren Konflikt noch eklatanter zu machen, sei aus einem Artikel aus dem „Tagesspiegel“ mit der Zwischenüberschrift „Drei zentrale Forderungen der Elternschaft“ zitiert:
Der Landeselternausschuss einigte sich am Sonnabend auf drei Forderungen: 1. In der ersten Schulwoche sollen die Schüler und alle in Schule anwesenden Personen, inkl. der Lehrkräfte auch im Unterricht einen Mund-Nasen-Schutz tragen. 2. Den Schulen ist freigestellt in der ersten bzw. für max. zwei Schulwochen auf den sogenannten Plan B umzuschwenken, also mit reduzierter Klassengröße zu unterrichten. 3. Es soll mehr Testungen für Schüler und Lehrkräfte geben.
Zwar ist im Artikel nachzulesen, dass es sich lediglich um eine einwöchige Maskenpflicht handele, um die Inkubationszeit im Auge zu behalten. Doch von genau dieser allgemeinen Maskenpflicht war offenbar die Rede,
wie es in einer früheren Version dieses Artikels hieß.
Nüchtern betrachtet ist es ohnehin unrealistisch, die Maskenpflicht für Schulkinder auf eine Woche zu begrenzen. Wenn der Zug erst einmal angerollt ist, werden sich Gründe finden lassen, daraus eine Dauerveranstaltung zu machen (ich lasse mich da natürlich gern eines Besseren belehren, glaube aber offen gestanden nicht dran).

Gute Eltern, böse Eltern

So wie wir inzwischen wissen, dass es „gute“ Demos gegen Rassismus gibt und „schlechte“ Demos gegen die Einschränkungen von Freiheitsrechten, so läuft es darauf hinaus, dass künftig auch zwischen „guten“ und „schlechten“ Eltern unterschieden wird. Wenn „sogar“ schon ein Landeselternausschuss für die Maskenpflicht plädiert, können Eltern sich noch schwerer aus der „Verantwortung stehlen“, sie müssen sich der Sanktion fügen, wollen sie nicht riskieren, für neue Fallzahlen zur Rechenschaft gezogen zu werden. Innerhalb der gesamten Elternschaft in Deutschland wird die Maskenpflicht in Schulen sicher zu vielen Diskussionen führen, von denen man nur hoffen kann, dass sie konstruktiv sind und auf gegenseitiger Toleranz basieren. Allzu wahrscheinlich ist das aber nicht, denn es geht hier ja nicht um „Geschmacksfragen“ wie die Erhöhung des Mindestlohnes oder darum, Rüstungsausgaben zu reduzieren. Nein, bei diesem Thema geht es – mal wieder – um „Leben und Tod“, und da hört der Spaß eben auf.

Trennung von Kindern und Eltern

Noch drastischer wirken die Meldungen über Schreiben von Gesundheitsämtern, in denen Eltern aufgefordert werden, Kinder nahezu vollständig zu isolieren, sobald ein Corona-Verdacht besteht. So schrieb ein Gesundheitsamt laut „Focus“ an Eltern, deren Kinder in Quarantäne mussten:
Ihr Kind muss im Haushalt Kontakte zu anderen Haushaltsmitgliedern vermeiden, indem Sie für zeitliche und räumliche Trennung sorgen (keine gemeinsamen Mahlzeiten. Ihr Kind sollte sich möglichst allein in einem Raum getrennt von den anderen Haushaltsmitgliedern aufhalten).
Und dieses Schreiben sei kein Einzelfall. Auch die Unterbringung von Kindern in „geschlossenen Einrichtungen“ sei von Seite der Gesundheitsämter in Aussicht gestellt worden. Aber das sei alles nur ein Missverständnis:
Die Karlsruher Behörde verteidigte auf Anfrage die aufgeführten Vorgaben, machte aber zugleich klar: „An eine Trennung des Kindes von den Eltern ist hier überhaupt nicht gedacht!“ Wenn ein Kind wirklich einmal „zum Schutz anderer zwangsweise“ isoliert werden müsste, wären immer die Eltern dabei.“
Ein Grund zum Aufatmen ist diese Formulierung aber nicht, denn weiter heißt es:
Diese Maßnahme wäre die ultima ratio, wenn die Eltern durch ihr Verhalten nicht dafür Sorge tragen, dass Außenstehende durch das Kind nicht angesteckt werden können.
Wer aber entscheidet darüber, wann und ob Eltern ausreichend „dafür Sorge tragen“, dass eine vollständige Trennung nicht notwendig ist? Sachbearbeiter? Bürgermeister? Landesregierungen? Womöglich der Gesundheitsminister? All das ist Spekulation. Fakt ist jedoch, dass – ähnlich wie bei der Maskenpflicht in Schulen – auch hier massiver Druck auf Eltern ausgeübt wird. Auf den ersten Blick aber erscheint die angedrohte Trennung von Kindern und Eltern so schwerwiegend, dass dieses kaum durchzusetzen sein dürfte. Wir sprechen hier immerhin über eine deutliche Steigerung zur Maßnahme der Maskenpflicht in Schulen. Auf den zweiten Blick ist jedoch die Gefahr, dass es zu solchen zwangsweise eingerichteten Eltern-Kind-Trennungen kommen kann, sehr real. Können Eltern von Schulkindern wenigstens versuchen, sich zusammen zu tun, um gegen die Maskenpflicht vorzugehen, sind von Zwangstrennung betroffene Eltern ziemlich isoliert. Und einmal mehr schwingt das Wort der Verantwortungslosigkeit im Raum. Wird also ein Kind aus dem Elternhaus gerissen, kann das nur einen Grund haben: Die Eltern haben nicht dafür Sorge getragen, dass Außenstehende nicht angesteckt werden. Wer will schon so ein Elternteil sein? Schließlich geht es doch um „Leben und Tod“.

Lagebericht Moskau

Ich bin für einen Monat in Moskau. Ich war vor den Einschränkungen durch die Corona-Maßnahmen ganz regelmäßig und viel in Russland. Als die Maßnahmen aufgehoben wurden, dachte ich, ich könnte diese Gewohnheit wieder aufnehmen. Aber dann kam der 24.02.2022 und mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine die Sanktionen. Reisen zwischen der EU und Russland bleibt weiterhin schwierig. Der Weg dorthin ist kompliziert und teuer geworden. Aufgrund der Sanktionen gibt es keine direkten Flüge mehr. Die EU hat den Luftraum für russische Fluggesellschaften geschlossen. Darauf hat Russland mit spiegelbildlichen Sanktionen für Fluggesellschaften der EU reagiert. Als Möglichkeit bleibt der Umweg über ein Drittland. Ich flog über die Türkei nach Russland. Die Route ist völlig absurd. Von Berlin geht es über Polen, Ungarn, Rumänien und Bulgarien nach Istanbul. Nach einem mehrstündigen Aufenthalt dort geht es mit dem Flugzeug zurück in Richtung Berlin. Man umfliegt die Ukraine, fliegt über Bulgarien, Rumänien und Polen, umgeht den ebenfalls sanktionierten Luftraum Weißrusslands, fliegt über das Baltikum schließlich in den russischen Luftraum und Richtung Moskau. Aus einer Strecke von rund 1.600 Kilometern werden so über viertausend. Ökologisch durchdacht sind diese Sanktionen auf keinen Fall.
Sanktionen und ihre Auswirkungen
Die Sanktionen haben es geschafft, Reisen nach Russland zeitintensiv und teuer zu machen. Was die Sanktionen dagegen nicht geschafft haben, ist einen sichtbaren Mangel in den Supermärkten zu erzeugen. Leere Regale, wie sie in deutschen Supermärkten inzwischen alltäglich sind, gibt es in Russland nicht. Alles ist im Überfluss vorhanden. Auch Marken, die groß angekündigt hatten, sich aus Russland zurückzuziehen, sind nach wie vor vorhanden. Coca Cola steht in den Regalen neben Fanta als wäre nie etwas gewesen. Sie sind nur teurer geworden und werden nun von russischen Nachahmer-Produkten ergänzt. McDonalds wird in Kürze wiedereröffnet. Ein russischer Unternehmer ist in die Lücke eingesprungen und wird den Fastfood-Anbieter mit neuem Konzept wieder an den Markt bringen. KFC und Burger King haben dem russischen Markt nie den Rücken gekehrt. Importiertes Bier ist sehr teuer geworden, aber die hiesigen Marken schmecken sehr gut. Auch Netflix hat den russischen Markt verlassen. Die Serien des Unterhaltungskonzerns sind jetzt kostenfrei und gut synchronisiert im russischen Internet verfügbar. Es wird einfach nur nicht mehr dafür bezahlt. Es besteht in meinem Freundeskreis ein Konsens darüber, dass man Produkte von Unternehmen boykottiert, die den russischen Markt verlassen haben und nun wiederkehren. Dieses opportunistische Zeug kauft man nicht.
Stimmungslage in Russland
Was die Sanktionen noch bewirkt haben ist, dass die russische Sicht auf den Westen sich noch einmal deutlich verschlechtert hat. Besonders betroffen ist davon die Sicht auf Deutschland. Hatte ich bis vor kurzem noch das Gefühl, die Russen seien eigentlich viel zu milde und zu wohlwollend in der Bewertung der deutschen Außenpolitik und auch der deutschen Gesellschaft mit ihrem latenten Russenhass, hat sich diese Haltung inzwischen fühlbar geändert. Inzwischen ist vielen Russen klar geworden, dass Deutschland nicht einfach ein transatlantischer Vasall ist, der nur die Befehle aus Washington ausführt. Die aktuelle Bundesregierung hat den Russen deutlich vor Augen geführt, dass sie treibende Kraft der Eskalation ist. Über die inzwischen zahllosen Aggressionen gegen Russen, russische Einrichtungen und russische Gedenkkultur in Deutschland wurde in russischen Medien ausführlich berichtet. Auch die Niedertracht der deutschen Berichterstattung über Russland ist hier in Russland wohlbekannt. Dadurch wandelte sich das Bild der Russen von Deutschland. Dass deutsche Politik die Aggression gegen Russland nicht nur nach allen Kräften unterstützt, sondern dass die Vernichtung und Zerschlagung Russlands erneut das Ziel deutscher Außenpolitik ist, wurde hier deutlich vernommen. Es hat die russische Illusion von einem lediglich abhängigen Vasallenstaat Deutschland zerstört. Begleitet wird diese zwanghafte Wiederholung der deutschen Geschichte vom immergleichen Russenhass, der in einer gefühlten Überlegenheit des Deutschen und der Deutschen seine Ursache haben mag. Die deutsche Kultur hat sich von der diesem Empfinden zugrundeliegenden Rassenlehre nie wirklich befreit.
Der russische Blick auf Deutschland
Vielen Russen fällt es nun wie Schuppen von den Augen, dass sie sich im Wesen des Westens und auch der Deutschen grundlegend getäuscht haben. Deutschland und die Deutschen haben ihr vorurteilbasiertes Verhältnis zu Russland und den Russen über Generationen nicht geändert. Und das trotz der Tatsache, dass die junge und jüngste deutsche Geschichte ohne das Wohlwollen Russlands nicht möglich gewesen wäre. Russland hat die Deutschen nicht nur vom Faschismus befreit und dafür zahllose Opfer gebracht. Es hat schließlich die Wiedervereinigung ermöglicht und, wie sich nun in aller Klarheit für alle herausstellt, ist der deutsche Wohlstand ohne russische Energie und ohne russische Rohstoffe und Vorprodukte nicht denkbar. All das weiß Deutschland und wissen große Teile der Deutschen nicht zu würdigen, relativieren es und wischen es beiseite. Künftig kaufen wir nicht beim Russen. Der Deutsche, das wird nun für viele Russen deutlich, ist hinterhältig und verschlagen, zur Dankbarkeit und Aussöhnung nicht fähig. Die Hoffnung auf ein geeintes Europa von Lissabon bis zum Ural und auf ein geeintes Eurasien bis hin nach Wladiwostok wurde vor allem von Deutschland zerschlagen. Es sind derartige Gedanken und Meinungen, die sich hier anfangen durchzusetzen. Und es gibt daher Stimmen, welche das Projekt der Entnazifizierung nicht auf die Ukraine beschränken wollen.

Journalismus: Ein Dilemma

Den Medien kann man gar nicht mehr trauen. Überhaupt nicht. Jede Meldung aus dem Äther ist Lüge und Betrug. Was sie auch bringen: Da stecken Absichten dahinter. Das ist alles gesteuert. Ausnahmslos. So vernimmt man das gar nicht so selten dieser Tage. Wer einmal lügt … wobei, das mit der Lüge, die in der Presse steht, ist ja so eine Sache. Dass Journalismus manipuliert, hat oft weniger mit Lüge als mit dem zu tun, was wir im neoliberalen Zeitalter als Alternativlosigkeit in nuce kennengelernt haben: Den Sachzwang. Anzeigenkunden und ihre Interessen lässt man gut aussehen und ökonomische Interessen dominierten die Suche nach dem, was wir der Einfachheit halber mal Wahrheit nennen können. Die Rezipienten haben indes mittlerweile verinnerlicht, dass die Presse nicht der Ort ist, an dem immer mit Neutralität gehandelt wird. Was mir im Laufe der letzten Monate auffiel, das war diese Extremsituation: Egal ob nun die, die »Lügenpresse« skandierten oder die, die kapitalistische »Systempresse« verteufelten – beide Fraktionen behauptete, man könne den Medien gar nichts mehr glauben. Und zwar wirklich gar nichts mehr. Diese totalitäre Verweigerung ist zwar ein bisschen nachvollziehbar, aber auch gefährlich und ein unausgesprochenes Bekenntnis zur Desinformation. Denn es ist ja nicht so, dass man auf den Journalismus verzichten könnte. Man braucht ihn. Transparenter und weniger skandalisierend als jetzt. Aber man braucht ihn. Kritisieren: Ja! Sich ihm verweigern: Das geht jedoch nicht. Zu welchen Resultaten eine solche Verweigerungshaltung führt, sieht man dann in den Debatten um Trump oder Putin, um den türkischen Präsidenten und anderen Despoten und Despötchen. Berichten die Medien von dunklen Machenschaften solcher Herrschaften, zieht man eine Schnute und sagt: Vielleicht ist es ja ganz anders. Wenn die Leitmedien gegen Trump sind, muss der ja was an sich haben, was ihn adelt. Wenn die Medien ihn zum Feindbild machen und ich mich als Feind der Medien begreife, dann hat man seine Wahlverwandtschaft manifestiert. So war es jedenfalls kurz nach der Wahl dieses Mannes zum US-Präsidenten. Plötzlich raunte es selbst aus dem linken Lager, dass der Mann wahrscheinlich lautere Beweggründe pflege, wenn er von den Medien so traktiert wird. Michael Steinbrecher und Günther Rager, beide Professoren an der TU Dortmund, haben als Herausgeber vierzehn jungen Journalisten der Universität die Chance gegeben, ihren Blick auf die kritische Haltung zum Journalismus kundzutun. »Meinung, Macht, Manipulation: Journalismus auf dem Prüfstand« nennt sich die Anthologie, die eigentlich in allen Einzeltexten zu der Erkenntnis kommt, dass eine grundsätzliche Verdammung journalistischer Tätigkeit und Berichterstattung unhaltbar ist. Zunächst, weil nicht alles Lügen-, System- oder Pinocchiopresse ist. Und dann natürlich auch, weil es wirklich eine einzige Alternativlosigkeit gibt: Die journalistische Berichterstattung. Natürlich leugnet man nicht, dass es neben dem klassischen Journalismus andere neue Angebote gibt. Aber die könne man nur als Ergänzung begreifen. Als nun langjähriger Blogger muss ich das bestätigen. Recherche ist manchmal großer Zeitaufwand – das kann ein privater Blogger nur begrenzt leisten. Das ist auch der Grund, weshalb viele Blogger ihr Projekt monetarisierten. Eine Finanzierung schafft Zeitnischen, erzeugt aber genau bei dem Publikum, das den Journalismus für durch und durch korrupt hält, eine kritische Haltung, die ungefähr so lautet: Jetzt hat der Blogger seine Seele verkauft, macht es für Geld, wird abhängig. Der Kritiker Ideal ist die Romantik einer Bloggerei, die unbestechlich keinen Cent annimmt und dennoch dieselbe qualitativ hochwertige Arbeit abliefert, die ein (meist schlecht) bezahlter Journalist mit ganz anderen Zeitreservoires erledigen darf. Deshalb ganz klar: Die alternativen Medienangebote sind als Ergänzung sinnvoll und mittlerweile notwendig. Einen Bildungs- und Informationsauftrag können sie aber nicht alleine in die Hand nehmen. Das ist romantisierte Vermessenheit und nicht die Alternative zum Problem mit dem Journalismus. Und das haben wir ja. Alle vierzehn Jungautoren nebst zwei Professoren bestätigen in der oben genannten Sammlung diesen Vorwurf. Natürlich gibt es Fehlentwicklungen. Manchmal sind die Lügen, die man unterstellt, einfach nur Schlampereien. Ganz oft geht es um Skandalisierung, ganz schlicht, um Klickraten zu generieren. Dass der Boulevard heute auf alle Ressorts übergreift, erkennen sie auch. Sie kritisieren es, werden aber als angestellte Journalisten diese Mechanismen nicht abstellen können. Jedenfalls nicht kurzfristig. Im Grunde ist es ein Buch, das ein Dilemma beschreibt. Wir brauchen Journalisten – wissen aber aus trauriger Erfahrung, dass deren Arbeit nicht immer ganz unabhängig ist. Und die Journalisten wissen es auch – sind aber trotzdem gerne Journalisten. Dass aber nun jede Meldung, die über die Kanäle zu uns durchflutet, grundsätzlich ein Hirngespinst und eine gezielte Kampagne zur Verschleierung und Vertuschung ist, kann man auf keinen Fall stehen lassen. Vielleicht ist nicht immer jede Nuance einer Nachrichtenmeldung ganz richtig, vielleicht wird eine bestimmte Facette nicht ausreichend betont, aber eine von langer Hand geplante Lüge und vom Zentralrat des kapitalistischen Weltsystems initiierte Propaganda, steckt da keinesfalls dahinter. Wer glaubt, dass Journalismus so gedeutet werden kann, trägt mehr zur Verdummung bei als jene, denen er es unterstellt. [InfoBox]

Corona: Impfzwang ohne Pflicht – ein Ausblick

184
Je näher der Impfstoff rückt, desto leidenschaftlicher wird über die Frage diskutiert, ob es zu einer Impfpflicht kommen wird. Doch eigentlich ist diese Debatte anachronistisch. Denn eine Impfpflicht wird wohl nicht nötig werden. Schlägt man die Zeitung auf oder öffnet die Seite seines Lieblingsmediums im Internet, trifft man in vielen Fällen auf Berichte darüber, wer den Impfstoff zuerst bekommt. Wenn der dann endlich auf dem Markt feilgeboten wird. Nur vereinzelt hört man Stimmen, die auf die Problematik der verkürzten Entwicklungsdauer hinweisen (und auch die hört man oft nicht lange, wie weiter unten beschrieben wird). Diese Teleskopierung, also das Verkürzen durch Ineinanderschieben der verschiedenen Testphasen, ist hochproblematisch. Denn selbst wenn man alles andere noch so gewissenhaft abarbeitet, für die möglichen Langzeitwirkungen sind – das liegt in der Natur der Sache – Langzeitforschungen notwendig. Doch da wir es ja so eilig haben und nicht alle sterben wollen, müssen halt ein paar Verfahren ineinandergeschoben werden. Die böse Bürokratie kommt erschwerend hinzu, also, ran an den Feind, und der ist selbstredend das Virus, nicht etwa die Menschen, die sich der Gefahr aussetzen, sich impfen zu lassen.

Eine (ermüdende) Klarstellung

Wir leben in stürmischen Zeiten. In Zeiten also, in denen man sich erklären muss, wenn man Kritik an den derzeitigen Verfahren zur Impfstoffentwicklung äußert. Das will ich hier in aller Kürze tun. Ich bin kein genereller Impfgegner.

Jens Spahn und die Impfpflicht

Der Bundesgesundheitsminister, Wächter über alle Maßnahmen und Freund aller Patientendaten, die man kriegen kann, wenn sie nicht bei drei auf den Bäumen sind, hat sich zur Impfpflicht sehr eindeutig zweideutig geäußert:
Es braucht keinen Zwang, da bin ich fest von überzeugt, weil nach allem, was ich wahrnehme, es eine hohe Bereitschaft gibt, sich impfen zu lassen.
Selbst das ZDF äußerte, „eine klare Absage an eine Impfpflicht“ sei das nicht. Aber es zeichnet sich ab, das Jens Spahn mit seiner Uneindeutigkeit doch recht behalten könnte. Allerdings weniger wegen der „hohen Bereitschaft“, sich impfen zu lassen. Sondern wegen der hohen Bereitschaft, Kritiker einer Impfung mit einem mit heißer Nadel gestrickten Impfstoff gesellschaftlich unter erheblichen Druck zu setzen.

Die Kanzlerin und die Maßnahmen

Auf den NachDenkSeiten war am 11. November 2020 nachzulesen:
So hat sich die Kanzlerin selbst bereits festgelegt, dass die „Auflagen in ihrer Gesamtheit erst aufgehoben werden könnten, wenn 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung gegen das Virus immun seien.“ 60 Prozent von 80 Millionen Einwohnern sind 48 Millionen. Bei zwei Impfdosen pro Person – die sowohl beim Pfizer-BioNTech-Impfstoff als auch beim Impfstoff von AstraZeneca nötig sind – sind dies stolze 96 Millionen Impfdosen, die verabreicht werden müssen.
Nun dachten wir ja bis vor Kurzem noch, dass die Pandemie beendet sei, wenn es einen Impfstoff gibt. Aber gut, ok, so einfach ist das nicht. Die selbstlosen Unternehmen, die mit der Produktion der Impfdosen beschäftigt sind, können auch nicht hexen, es braucht eben seine Zeit, bis so viele Spritzen aufgezogen werden können, dass nicht nur alle bis ans Ende ihrer Tage (wie lange das dann auch nach der Injektion sein mag) glücklich und zufrieden leben können. Da auch noch zwei Schüsse nötig sind, zieht es sich eben ein bisschen mehr in die Länge. Und bis zu diesem in der Zukunft sicherlich als staatlicher Feiertag in die Kalender eingetragenen Moment müssen eben die Maßnahmen auch noch gelten. Sicher ist sicher.

Eine Millionen-Minderheit gerät unter Druck

Die Rechnung, die die NachDenkSeiten aufmachen, läuft auf einen recht einfachen Punkt hinaus. Wenn tatsächlich ein Teil der von Merkel genannten 60 Prozent geimpft sind, wird dieser Teil Druck auf die Verbleibenden ausüben. Es wird in Familien beginnen und über Freundschaften und Vereine bis hin zu Berufskollegen gehen. Man kann davon ausgehen, dass es zu Beginn vielleicht noch Diskussionen geben wird, aber es ist eine Frage der Zeit, bis die Stimmung kippt. Denn wenn Merkel und ihre Mitstreiter diese Sache durchziehen und die Maßnahmen tatsächlich erst beenden, wenn jene 60 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, wird jeder Kritiker dieser Maßnahmen als ein „unsolidarisches Arschloch“ bezeichnet werden, selbst, wenn die Wortwahl anders ausfallen wird. Und wir können davon ausgehen, dass diese Sau so lange durchs Dorf getrieben wird, bis so etwas wie sozialer Zusammenhalt (ein ohnehin schon fast utopischer Begriff geworden) endgültig aus den Fugen gerät. Steinmeier würde wohl sagen, dass es das dann war mit dem „Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält“. Man sieht es bereits jetzt am Umgang mit der Maskenpflicht und den sozialen Spannungen, die damit einhergehen.

Maskenpflicht, Impfpflicht … wen interessiert’s?

Es ist noch nicht lange her, da zogen die Medien die Lefzen hoch, wischten sich kurz den Speichel aus den Mundwinkeln und begannen, über gefälschte Atteste zu berichten. Ärzte, so war immer wieder nachzulesen, würden Atteste ausstellen, obwohl die Notwendigkeit gar nicht bestehe. Die Folgen sind effektiv und gravierend: Faktisch kann jeder Mensch, der ein Attest hat, das ihm bescheinigt, keine Maske tragen zu können, damit nicht (mehr) argumentieren. Unternehmen, Restaurants oder Geschäfte schreiben einfach in ihre Hausordnung, dass ein Besuch ohne Maske nicht möglich ist. Die anfangs noch durchdachte Frage, ob man sein Attest überhaupt vorzeigen muss, hat sich in der Zwischenzeit erledigt, weil kaum noch jemand ein Interesse daran hat, das Ding vor die Nase gehalten zu bekommen.
Auch wenn Sie ein Attest haben, kommen Sie hier nicht rein. Hausrecht, Sie verstehen.
Jene Medien, die diese Diffamierung von Ärzten und Patienten befeuert haben, werden auch künftig einen „ordentlichen“ Job machen. Dabei spielt es übrigens keine Rolle, ob es tatsächlich gefakete Attests gab, denn die Richtung war klar die, alle Menschen mit einem Attest als potenzielle Lügner und Betrüger zu brandmarken. Im Falle der Impfungen wird das auf eine neue Stufe gestellt werden. Jeder einzelne kritische Mensch, der – aus welchen Gründen auch immer – die Impfung ablehnt, wird zu einem Verbrecher erklärt werden, der persönlich dafür verantwortlich zeichnet, das Ende der „Maßnahmen“ zu behindern. Erschwerend hinzu wird kommen, dass der Impfverweigerer für mögliche neue Infektionen verantwortlich gemacht wird, die andere treffen könnten. Die Betonung liegt auf „könnten“, denn Belege wird es dafür nicht brauchen, der Verdacht allein ist bereits der Schuldspruch. Was bei der Maskenpflicht und dem Hausrecht von Restaurants, Geschäften und sonstigen Einrichtungen gilt, gilt erst recht für den Beleg über die erfolgte Impfung. Liegt der nicht vor, werden künftig nur noch die Auserkorenen uneingeschränkt am Leben teilnehmen können. Das gilt freilich für das berufliche wie für das private Leben.

Widerstand zwecklos?

Zu den beiden Instrumenten des sozialen Drucks und der eingeschränkten Teilnahme am Leben als solches kommt ein weiterer Punkt, der uns in eine düstere Zukunft blicken lässt: die Kinder. Was wir bei der Werbung schon seit Jahrzehnten erleben, kommt jetzt auch bei der „Werbung“ für einen Corona-Impfstoff zum Tragen. Kinder werden gnadenlos instrumentalisiert, um anderen Kindern die frohe Kunde zu überbringen. Ein Beispiel sind die „Kindernachrichten“ auf ndr.info. In dieser Folge – und sie ist keine Ausnahme – wird „kindgerecht“ für einen Impfstoff gegen Corona getrommelt. Die Kinder selbst stellen ein Leben ohne Maske, das Treffen mit Freunden und Aktivitäten ohne Einschränkungen in Aussicht. Die Redakteurin Caren Busche, die für die Sendung verantwortlich zeichnet, verzichtet auf jeden kritischen Ton und vermittelt den Kindern so den Eindruck, als sei alles in bester Ordnung. Man müsse eben nur noch ein bisschen warten. Ein Bild vom „Kinderkanal“ (KIKA) macht deutlich, dass die Propaganda bei Kindern auf besonders fruchtbaren Boden fällt: Kinder brauchen Unterstützung, um Botschaften – welcher Art auch immer – einordnen zu können. Sie brauchen Hilfe bei der Bewertung, und wenn sie die nicht bekommen, sind sie bereit, nahezu alles zu glauben. Das ist kein Defizit, sondern der kindlichen Entwicklung geschuldet. Aus diesem Grund ist die Werbeindustrie auch so versessen darauf, Kinder als Zielgruppe besonders heftig zu umgarnen. Es liegt nahe, dass das auch mit Propaganda funktioniert, und so werden auch und ganz besonders Kinder massiv in die Impfstoff-Diskussion mit „einbezogen“, oder besser: indoktriniert. Längst ist die politische Bildung von Kindern vom Zug abgesprungen, auf dem sie darauf vorbereitet wurden, später kritische, eigenständige Bürger zu werden, die nicht alles sofort glauben, was man ihnen vorsetzt. Heute werden sie mit Informationen gefüttert, um sie zu unkritischen und duckmäuserischen Untertanen zu machen, die nichts mehr hinterfragen, sondern das Vorgesetzte akzeptieren und – schlimmer noch – gedanklich übernehmen. Diese Entwicklung wird übrigens auch das Bild kommender Generationen von Russland maßgeblich prägen. Während heute noch die meisten Bundesbürger kein Interesse an einem Konflikt mit Russland haben und das medial und politisch aufgebaute Feindbild nicht übernehmen, wird das in wenigen Jahren vermutlich ganz anders aussehen. Und das wird Folgen für den schon jetzt ohnehin brüchigen Frieden mit Russland haben. Kinder sind eben breitflächig einsetzbar.

Gelöscht, gespritzt, getötet

Es ist kein Zufall, dass wir in einer Phase des massiven Löschens impfkritischer Beiträge auf YouTube und anderer sozialer Medien sind. Weil wir uns längst in einer Entweder-Oder-Gesellschaft befinden. Kritik an der „richtigen“ Sache wird als Leugnung und vollständige Ablehnung interpretiert. Sie wird daher als subversiv, gesellschaftsschädigend und verantwortungslos eingeordnet. Und weil keine Zwischentöne mehr zugelassen werden, kann es nur ein Richtig oder Falsch, ein Verantwortungsvoll oder -los geben, solidarisches oder egoistisches und schädigendes Verhalten. Wir müssen davon ausgehen, dass dieses oberflächliche und – auf den menschlichen Verstand bezogen – dumme Herangehen in naher und fernerer Zukunft Ausmaße annehmen wird, von denen wir uns heute noch gar kein Bild machen können. Das Löschen kritischer Beiträge wird weiter Fahrt aufnehmen, und wenn der Impfstoff dann erst einmal zugelassen ist und produziert wird, werden die Impfaktivitäten um einen erschreckenden Faktor in die Höhe schnellen. Aufgrund des oben angesprochenen Verfahrens der Teleskopie bei der Impfstoffentwicklung müssen wir mit Nebenwirkungen rechnen, die auch Todesfälle bedeuten oder schwerste Formen annehmen und trotzdem nicht geahndet werden, weil die Frage der (Nicht-)Haftung längst geklärt ist. Schon heute gibt es Wissenschaftler, die davor warnen. Doch genau diese Wissenschaftler werden künftig eine immer kleinere Rolle in der Debatte spielen, die schon jetzt vergiftet und zutiefst eingeengt ist. Ebenso wenig wie alternative Medien mit einer gewissen Reichweite, auch sie werden, sofern sie nicht impfkonform argumentieren, weiterhin verwarnt, gesperrt und gelöscht werden. Bei diesen Entwicklungen wird es tatsächlich keiner Impfpflicht bedürfen. Der aufgebaute Druck wird auf die der Corona-Impfung gegenüber kritisch eingestellten Menschen von allen Seiten einprasseln, er wird sie beruflich einschränken, in Reisetätigkeiten, im privaten Bereich, in der Freizeit oder der Bildung. Am Ende werden Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, nicht mehr viel mehr als eine Ausnahme sein. Eine Ausnahme, die geächtet wird, medial verurteilt und gesellschaftlich bestraft. Wer braucht da schon eine Impfpflicht?

Das Ende (m)eines Weltbildes

184
Ein Kommentar Jetzt also auch Noam Chomsky. Der große Denker hat sich in einer Art und Weise über nicht geimpfte Menschen geäußert, die mich verstört zurücklässt. Und das Schlimme daran: Er ist nicht der Erste, der mir einen tiefen Schnitt versetzt hat. Viele andere waren schon vor ihm bereit, Freiheit und Demokratie dem Totalitarismus zum Fraß vorzuwerfen. In einem Interview sagte Chomsky deutlich, was er von Menschen hält, die sich nicht gegen Corona impfen lassen wollen. Man solle
darauf bestehen, dass sie vom Rest der Gesellschaft isoliert werden.
Auf die Frage, wie denn im Zuge dieser Isolation sichergestellt werden könne, dass auch diese Menschen mit Nahrung versorgt werden, sagte Chomsky:
Nun, das ist eigentlich deren Problem.
Ich saß da, schluckte, las es erneut. Und konnte es nicht fassen. Kann es noch immer nicht fassen. Ich erinnere mich an die großartigen Gespräche und Interviews, die ich mit Chomsky gesehen und gelesen habe, denke daran zurück, wie präzise er analysierte und unaufgeregt Probleme und Zusammenhänge ansprach wie kein anderer. Und nun das. In den sozialen Medien waren schnell jene zur Stelle, die meinten, es schon immer (oder zumindest lange) gewusst zu haben. Chomsky sei nicht ehrlich, habe ohnehin keine eigenen Gedanken formuliert, sondern immer nur nachgeplappert, was andere ihm vorgekaut hätten. Sollte das stimmen, habe ich es nicht mitbekommen. Ich drehe jedenfalls die Uhr nicht zurück und beginne nun auch nicht, Chomskys Werk zu zerpflücken oder ihm gar seine Berechtigung abzusprechen. Aber auf meinem fast zwei Jahre andauernden Weg der Enttäuschungen nimmt Chomsky einen traurigen ersten Platz derer ein, die mich enttäuscht haben. Ich nenne keine Namen, aber es waren viele, sehr viele. Helden meiner Jugend waren dabei, aber auch solche, die ich erst später kennen gelernt habe. Plötzlich sah ich sie in Interviews, las Statements von ihnen, die mich schockierten, verwirrten und oft genug auch wütend machten. Scheinbar hat Corona eine Wirkung auf Menschen, die lange Zeit unvorstellbar war. Obwohl, nein, es ist ja nicht dieses Virus, das unsere Gesellschaft in ihre Einzelteile zerlegt. Es sind Politik, Medien und ausgewählte Wissenschaftler, die sich gern in den Dienst des Zerlegens stellen. Das allerdings ist ja nicht überraschend. Sie tun das, was ich von ihnen erwartet habe. Lediglich die Radikalität, die sie dabei an den Tag legen, hat mich (anfangs noch) überrascht. Inzwischen erlebe ich von diesen Damen und Herren eigentlich nichts mehr, was für mich nicht vorstellbar ist. Nein, es sind die Künstler, die kritischen Geister, die, die jahre- und jahrzehntelang die Freiheit auf ihren Fahnen stehen hatten und wild damit wedelten. Sie sind es, die mich verzweifeln lassen. Weil so vieles von dem, was sie früher scheinbar voller Überzeugung kundtaten, heute scheinbar einfach nicht mehr gilt. Oder eben – und auch das ist eine schmerzliche Vorstellung – nie wirklich galt. Immer wieder während dieser Krise war ich an einem Punkt, an dem ich dachte: Liege ich womöglich falsch? Muss das alles so sein, wie es jetzt gemacht wird? Ist die Gefahr womöglich so groß, dass jedes Mittel recht sein muss, um das Überleben zu gewährleisten und so die Freiheit zurückzubekommen, wenn alles vorbei ist? Ich muss gestehen, dass ich diese Zweifel oft hatte, zumindest etwa ein knappes Jahr lang. Doch mittlerweile bin ich mir meiner Überzeugung sicher, glaube fest daran, dass wir auf einem zutiefst destruktiven Weg sind, der unzählige Traumata hervorrufen wird, viele Beziehungen und Familien zerstört hat und weiter zerstören wird, der Menschen in die wirtschaftliche Katastrophe, in Depressionen und in den Tod treiben wird. Der den weltweiten Hunger in einem Maß gesteigert hat, der dieses ohnehin schon schreckliche Faktum um weitere Ebenen schlimmer werden lässt. Der weltweit Existenzen zerstört, weil die Wirtschaft global ist, aber auch weil sie lokal ist und kleine Bauern und Arbeiter dem Abgrund entgegen schieben wird. Ich bin inzwischen sicher, dass der Preis zu hoch ist, viel zu hoch. Und da ist sie wieder, die Frage der Verhältnismäßigkeit. Ich glaube auch schon lange nicht mehr, dass es um die Gesundheit der Menschen geht. Die politisch Verantwortlichen haben sich nie sonderlich für die Gesundheit der Bevölkerung(en) interessiert. Sonst hätten sie sich längst um gesunde Ernährung kümmern müssen, um die Luftverschmutzung, auch um die gesundheitlichen Schäden, die von Alkohol, Zigaretten und Medikamenten ausgehen. Das taten sie nicht. Weil dafür jeder selbst verantwortlich ist oder es eben Dinge gibt, die man nicht einfach so beheben kann. Aber jetzt, plötzlich, soll es anders sein? Wegen eines Virus’, das – zumindest in Deutschland – im Jahr 2020 nicht einmal zu einer Übersterblichkeit geführt hat? Auf einmal ist Eigenverantwortung eine unerwünschte Eigenschaft? Das ergibt einfach keinen Sinn. Aber all das ist längst bekannt, jeder kann es wissen, sogar, wenn er sich mühevoll durch die Mainstreammedien wühlt, bis er die entsprechenden Meldungen gefunden hat. Ich kann die, die nach wie vor davon ausgehen, dass wir einer die Existenz bedrohende und lebensgefährlichen Gefahr durch Corona ausgeliefert sind, nicht mehr überzeugen. Ich habe da auch keinen missionarischen Eifer mehr, es nagt an der Kraft und der Energie. Und Chomsky? Ich weiß es nicht. Der Mann ist über 90, vielleicht wurde das Interview auch manipulativ geführt. Vielleicht hat er etwas missverstanden. Oder er ist in der einen oder anderen Form gesundheitlich angeschlagen und hätte das Interview zu diesem Zeitpunkt besser nicht geführt. Ich weiß es wirklich nicht. Es fällt aber schwer, seine Aussagen nicht als das einzuordnen, was sie zu sein scheinen: Menschenverachtung und eine politische Tendenz, die ich erschreckend und bedenklich finde. Mir würden zahlreiche Attribute einfallen, mit denen ich Chomsky jetzt versehen könnte, aber ich lasse es. Fakt scheint mir aber zu sein, dass der unbedingte und allgemeine Wille, die Freiheit wiederherzustellen, nur übersichtlich ausgeprägt ist. Vielleicht liegt das auch daran, dass wir sie schon vor langer Zeit verloren haben und gar nicht mehr erkennen, wie wir stetig gehorchend daran mitwirken, sie weiter abzubauen. Man hat uns gesagt, dass der Tod lauert, dass wir ersticken, unsere Mitmenschen in den Tod schicken. Man hat intern unverblümt darüber gesprochen, eine „Schockwirkung“ zu erzielen, an die Urängste der Menschen zu gehen, sie in einen Panikmodus zu bringen, eine dauerhafte Angst einzurichten, die über allem steht, was uns lieb und teuer war. Es ist geglückt. Wir denken nicht mehr eigenständig, fühlen nicht mehr autark, entscheiden nicht mehr nach Fakten, sondern nach Fiktionen und Storys und Bildern und Zahlen, die uns als Realität verkauft werden. Wir haben unsere Skepsis abgelegt, zumindest, wenn es um Corona geht, hier glauben wir alles, was uns präsentiert wird, selbst, wenn es kurze Zeit später evidenzbasiert widerlegt und trotzdem weiterhin erzählt wird. Ich bin – das lässt sich nicht leugnen – ebenso beratungsresistent geworden wie die, denen ich Beratungsresistenz vorwerfe. Ich bin nicht mehr bereit, mich von den Argumenten überzeugen zu lassen, die mir seit fast zwei Jahren wiederkäuend um die Ohren gehauen werden. Ich behaupte, dass diese Argumente nahezu alle widerlegt sind, es bleiben nur noch wenige über, denen ich auch nur im Ansatz traue. Vielleicht sind wir alle „Covidioten“ – die einen auf dieser, die anderen auf jener Seite. Und das Traurige daran ist die Tatsache, dass diese groteske Gemeinsamkeit zu immer mehr Spaltung führt. Ich gebe zu, gar nichts mehr dagegen tun zu können. Die Argumente der Gegenseite sind in meinen Augen hohl, absurd, gegen jede Vernunft. Und die Gegenseite unterstellt mir das gleiche. Damit muss ich leben, damit müssen wir alle leben. Aber gerade wegen dieser Widersprüche, wegen dieser Spaltung, ist es umso wichtiger, Leute in der Nähe zu wissen, die ähnlich denken und fühlen wie man selbst. Leute zu kennen und zu schätzen, die sich ihre kritische Haltung bewahrt und ihren Freiheitswillen nicht unter einer Maske begraben haben. Es gibt nicht mehr viele von diesen Menschen, ich bin aber froh und schätze mich glücklich, einige von ihnen zu kennen. Und ich dachte, Noam Chomsky gehört auch dazu. Doch ich muss mich wohl – einmal mehr in dieser Krise – eines Besseren belehren lassen.

Nennt es „kreative Zerstörung“

Bei zahlreichen Menschen hat der Begriff des „Great Reset“ erhebliches Spaltungspotenzial. Während die einen ihn für die Vorbereitung auf eine neue Gesellschaftsordnung sehen, verstehen ihn die anderen eher als neues Etikett für etwas, das es ohnehin schon lange gibt: die flächendeckende Privatisierung des gesellschaftlichen Lebens. Vermutlich ist an beidem etwas dran. Ich will an dieser Stelle keine sich widersprechenden Annahmen kommentieren oder Thesen über den „Great Reset“ interpretieren. Vielmehr möchte ich schildern, was ich erlebe, wie ich es einordne und zu welchen Schlüssen ich dabei bezüglich dessen komme, was uns vielleicht erwarten könnte. Zumal der Begriff „Great Reset“ meiner Meinung nach einen falschen Eindruck erweckt. Aber dazu weiter unten mehr.

Das Fest der Liebe …

… fällt aus. Wieder einmal. Sogar noch schlimmer als im letzten Jahr. Inzwischen werden Menschen ohne Impfung – so sie es denn mitmachen – in Umläufen um Weihnachtsmärkte herumgeführt, getrennt von den anderen durch einen Zaun. Sie sehen, was auf der anderen Seite passiert, doch teilnehmen können sie nicht. Ich für meinen Teil hoffe, dass all diese Trampelpfade nicht betreten werden, weil die für sie vorgesehenen Menschen sich diese Demütigung nicht antun wollen. Und damit sind wir beim ersten Punkt: der Demütigung. Die hat in den letzten beinahe zwei Jahren erheblich zugenommen. Gepaart mit Beschimpfungen, Schuldzuweisungen und Diffamierungen hat die Demütigung von Menschen inzwischen ein Niveau erreicht, das man nur noch als schockierend bezeichnen kann. Und es geht nicht (mehr) „nur“ um Menschen ohne Impfung. Auch jene, die sich „alles in den Arm“ haben spritzen lassen, stehen ziemlich ratlos vor dieser unsäglichen Situation. Die Impfung hält in weiten Teilen nicht, was sie verspricht bzw. was uns von der Politik versprochen wurde. Also gelten auch für geimpfte Menschen weiter und/oder wieder Einschränkungen, von denen sie dachten, dass sie sich von genau diesen „wegspritzen“ lassen können. Die Menschen, die sich haben impfen lassen, wurden betrogen, wir alle wurden betrogen. Das beweist die Diskussion – die schon abgeschlossen zu sein scheint – über die allgemeine Impfpflicht. Ich gehe an dieser Stelle bewusst nicht auf die Widersinnigkeit einer solchen allgemeinen Impfpflicht ein, denn es geht um etwas anderes. Es wird ein tristes „Fest der Liebe“, das steht schon heute fest. Und man kann davon ausgehen, dass die wenigsten Treffen (in welcher erlaubten Konstellation auch immer) fröhlich verlaufen, liebevoll, vielleicht mit alltäglichen familiären Streitereien, wie es sie früher einmal gab. Sollten Menschen die Voraussetzungen erfüllen, sich überhaupt treffen zu können, laufen sie Gefahr, in Grundsatzdiskussionen über Corona zu landen, die im schlimmsten Fall den letzten Rest des Versuches, ein einigermaßen normales Weihnachten feiern zu können, vom gedeckten Weihnachtstisch wischen. Es wird in diesem Jahr übermäßig viel gelebter Liebe brauchen, um zu verhindern, dass Weihnachten in einem emotionalen Desaster endet.

Der Umsatz, der über Existenzen entscheidet

Der Einzelhandel. Er hat wohl – gleich nach den unsäglichen Qualen der Kinder – am stärksten leiden müssen unter den Corona-Maßnahmen. Für viele war der Wasserstand schon eine ganze Weile im Bereich des Halses angesiedelt, und für die meisten wahrscheinlich das Weihnachtsgeschäft einer der letzten Strohhalme, an denen sie sich festgeklammert haben. Ich kenne die konkreten Zahlen nicht, aber es liegt nahe, dass wegen sämtlicher „G’s“ die Umsätze weit hinter den Erwartungen bzw. Hoffnungen zurückbleiben werden. Auch das ist Teil der Weihnachten 2021: Einzelhändler, die im besten Fall ein mieses Fest erleben, im weniger guten Fall ihre wirtschaftliche Existenz begraben müssen und im schlimmsten Fall in ihrem Leben an sich keinen Sinn mehr sehen. Das ist nicht dramatisierend, sondern nüchtern realistisch. Eine fürsorgliche Politik hätte alles getan, um dieses Weihnachten für die Menschen im Land und für den Einzelhandel als Licht am Ende des Tunnels zu organisieren. Eine fürsorgliche Politik hätte begriffen, dass gerade der Dezember im Jahr 2021 eine besondere Bedeutung hat, extrem wichtig für die Psyche und die wirtschaftliche Situation der Menschen ist. Eine fürsorgliche Politik hätte verstanden, dass die leidgeplagten Kinder ein Fest brauchen, das ihnen Freude bereitet, sie für ein paar Tage glücklich sein und mit ein wenig mehr Hoffnung ins neue Jahr blicken lässt. Nichts davon ist geschehen. Und es ist davon auszugehen, dass genau das so gewollt ist.

„Kreative Zerstörung“

Ich hatte darüber nachgedacht, von einer „destruktiven Zerstörung“ zu sprechen, aber letztlich kam ich zu dem Schluss, dass die Form der Zerstörung, die wir erleben, auf eine verstörende Art durchaus kreativ ist. Schließlich geht es bei der Kreativität darum, etwas zu erschaffen, und ob das Auge des Betrachters das Ergebnis dann als positiv oder negativ empfindet, ist eine ganz andere Frage. Trotzdem steckt in dem, was wir erfahren, auch eine Menge Destruktivität. Denn wir erleben einen bisher kaum gekannten Zerstörungswillen, der in seiner destruktiven Art und Weise an einen Alptraum erinnert. Was aber wird im Wesentlichen derzeit zerstört? • Die zwischenmenschliche Nähe, die für ein gutes Zusammenleben unverzichtbar ist. • Der freie Wille (über den Körper), der durch eine Impfpflicht gebrochen werden soll. • Die demokratischen Grundrechte, die uns bisher einen grundlegenden Schutz boten. • Die freie Meinungsäußerung, die nur oberflächlich vorhanden ist, aber im Falle einer „falschen“ Meinung sanktioniert wird. • Das Recht auf den Datenschutz. Der ist zwar schon lange aufgeweicht, dehnt sich nun aber auf gesundheitliche Daten in einem Ausmaß aus, das es bislang nicht gab. • Das Recht auf kindliche Entwicklung in Bezug auf Bildung, soziale Kontakte und die Entwicklung eines eigenständigen resilienten Menschen. • Die soziale Arbeit erfährt einen Bruch, der wohl nie mehr gekittet werden kann. Das sind nur einige Punkte, wichtig ist selbstverständlich auch die Wirtschaft, wie wir sie bisher kennen.

Verraten und verkauft

Wie schon oben erwähnt, ist die derzeitige Corona-Politik ein Schlag ins Gesicht des Einzelhandels. Die Weihnachtszeit ist bekanntlich von enormer Bedeutung, für einige Unternehmen sogar die jährliche Haupteinnahmequelle, ohne die sie auf dem Markt chancenlos sind. Die so drastischen Maßnahmen, die wir heute erleben, können nicht aus der Not heraus geboren sein. Ich erspare den Lesern die schon so oft wiederholten Aspekte wie den Abbau von Intensivbetten, die Privatisierung von Krankenhäusern, die desaströse Bezahlung von Pflegekräften (einhergehend mit einer kaum vorhandenen Wertschätzung ihrer Arbeit), die schwache bis falsche Datenlage und so weiter. Denn wir sind leider über den Punkt hinaus, an dem solche Debatten zu etwas führen würden. Breitflächige Propaganda hat dafür gesorgt, dass die altbekannten, aber zumeist wenig überzeugenden Argumente weiter und weiter benutzt werden, um die Stimmung, wie sie ist, zu erhalten. Das hat weder etwas mit Gesundheit noch mit staatlicher Fürsorge zu tun. Es geht um etwas anderes. Wir erleben eine drastische psychologische Kriegsführung, die auf die Kernelemente zwischenmenschlichen Lebens abzielt. Die oben aufgeführten Punkte greifen durchweg die Psyche des Menschen an. Sie schwächen ihn, gesellschaftlich, beruflich und in seiner Resilienz. In Kombination miteinander sind sie ein Garant für die schrittweise Schwächung nahezu aller Charaktere, selbst der vermeintlich stärksten, denn jeder hat einen schwachen Punkt. Und mit den durchgeführten Maßnahmen wird früher oder später jeder erwischt.

Der Plan, der kam

Andere mögen es anders sehen, aber meiner Meinung nach hat es – zumindest hier in Deutschland auf nationaler Ebene – keinen Plan gegeben, nach dem von Beginn der Krise an agiert wurde. Wenn es ihn in größerem Maßstab gab – und das schließe ich keineswegs aus, dazu weiter unten mehr -, ist er an der deutschen Bundesregierung wie ein kalter Hauch vorbeigezogen. Immerhin begann eben diese Bundesregierung zunächst damit, das Virus kleinzureden und von einem chinesischen Problem zu sprechen. Wäre das Erzeugen von Angst und Panik von Anfang an als Ziel ausgegeben worden, wären die Beschwichtigungen unsinnig gewesen. Doch die Stimmung in der Bundesregierung kippte bekanntlich recht schnell. Spekulativ könnte man annehmen, dass dies nicht ohne äußere Einflussnahme geschah, von wem konkret auch immer. Aber man muss den Boden der Spekulation gar nicht betreten, sondern nur beobachten, um zum Schluss zu kommen, dass die Bundesregierung und die Landesregierungen bald Blut geleckt hatten. Aus diesem Blutrausch sind die politisch Verantwortlichen nicht mehr herausgekommen, und es sagt viel über das demokratische Selbstverständnis aus, dass das nicht passiert ist. Mittlerweile befinden wir uns an einem Punkt, an dem es ohne äußere Einwirkung auf die Politik kein Entrinnen mehr gibt. Auch die faktisch letzte Instanz, das Bundesverfassungsgericht, hat alle Hüllen fallen lassen und beschränkt sich auf die Verwaltung des Unrechts. Doch was soll das alles?

Spaltungspotenzial nutzen, Untätigkeit ignorieren

Es mag hier nicht hingehören, aber es passt ins Bild: Ausgerechnet am „Internationalen Tag der Menschenrechte“ gab die britische Justiz bekannt, dass sie das Auslieferungsverfahren von Julian Assange nicht mehr länger blockiert. Damit verbunden sind für Assange Konsequenzen, die seine Lage weiter verschlimmern, und zwar in einem Ausmaß, das gewaltig sein dürfte. Kurz zuvor hatte der neue Bundeskanzler Scholz hierzulande bekanntgegeben, dass ausgerechnet Karl Lauterbach neuer Gesundheitsminister wird. Angeblich, weil „die Menschen“ es so wollten. Davor wiederum hatte Olaf Scholz sich für eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen und betont, dass es für die Bundesregierung „keine roten Linien“ mehr gebe und sie alles tun werde, um der Lage Herr zu werden. Währenddessen ist der Druck auf Menschen ohne Impfung gegen das Coronavirus in den letzten Wochen in einem Maße angestiegen, dass man von faschistoiden Entwicklungen sprechen kann, sprechen muss. Unter zahlreichen Aussagen der politischen Akteure sei eine herausgegriffen:
Es ist wichtig, den Ungeimpften eine klare Botschaft zu senden: Ihr seid jetzt raus aus dem gesellschaftlichen Leben.
Das sagte Tobias Hans, Ministerpräsident vom Saarland. Es fällt also einiges zusammen, und alles läuft darauf hinaus, das eigene politische Versagen zu kaschieren und die seit fast zwei Jahren andauernde Untätigkeit im Umgang mit der Krise auf andere Akteure zu verteilen. Aktuell sind das ungeimpfte Menschen. Zudem wird durch Scholz‘ Betonung, es gebe keine „roten Linien mehr“, die Ernennung von Karl Lauterbach zum Gesundheitsminister, die Ankündigung einer Impfpflicht und die immer aggressivere Rhetorik der Politik eine Atmosphäre aufrechterhalten, die eine klare Botschaft vermittelt: Wir machen, was wir wollen! (Auf nicht nationaler Ebene gehört auch der Umgang mit Julian Assange in diese Aufzählung.) Die Verantwortungsträger haben mit unüberlegten und meist auch unbelegten Maßnahmen das gesellschaftliche Leben völlig aus den Angeln gehoben, Kinder auf Jahre traumatisiert und Existenzen zerstört. Darüber hinaus haben sie Spaltung und Hass geschürt (und tun es noch). Und sie zeigen mehr und mehr ihre autoritäre Seite. All das ist das Gegenteil einer verantwortungsvollen und versöhnenden Politik, es ist eine beabsichtigte Zerstörung bisher geltender gesellschaftlicher Regeln. Und als Sündenbock dafür Menschen ohne Impfung verantwortlich zu machen, muss man als propagandistisches Meisterstück bezeichnen. Doch noch einmal sei gefragt: Wozu das alles?

Es wird spekulativ

Immer wieder steht die Frage im Raum, was für ein Interesse die Politik an der massiven Schwächung der deutschen Wirtschaft haben könnte. Die Antwort könnte durchaus lauten: keins. Andererseits kann man auch vermuten, dass politische Entscheidungen längst nicht mehr in erster Linie von der Politik getroffen werden. Ein Eintrag auf Wikipedia, der das Weltwirtschaftsforum betrifft, zeigt auf, wohin die Reise gehen könnte (zum Vergrößern aufs Bild klicken):

Hört man sich die Vorträge von Ernst Wolff an, kommt dieser zum Schluss, dass unser Finanz- und Wirtschaftssystem durch zahlreiche Faktoren vor dem Ende steht. Wolff macht dafür mit einem großen Anteil den digital-finanziellen Komplex verantwortlich. Unternehmen wie Google, Amazon und Facebook sieht er ebenso beteiligt wie den Vermögensverwalter BlackRock und einige andere, die in „der gleichen Liga“ spielen. Je digitalisierter unsere Welt wird, desto problematischer wird die prinzipielle Verwendung des Geldes, das ja auf einem materiellen Gegenwert beruht. Ist dieser Gegenwert nur in digitalisierter Form vorhanden, kann es zu einem veränderten Verhalten der Konsumgesellschaft führen. In einem von unterschiedlichen Szenarien geht Wolff von der Einführung eines universellen Grundeinkommens aus, das ausschließlich durch die Zentralbanken ausgezahlt wird. Das Bargeld existiert in diesem Szenario ebenfalls nicht mehr. Das besagte universelle Grundeinkommen dient nach Wolff im Wesentlichen dazu, überhaupt noch Konsum zu ermöglichen. Da er mit in diesem Zuge stark ansteigenden Preisen rechnet, muss auch das universelle Grundeinkommen immer wieder erhöht werden. Abgesehen von der massiven Inflation, die Wolff unterstellt, hat das universelle Grundeinkommen aber einen anderen Zweck: Es soll die Menschen von ihm abhängig machen. Es mag also universell sein, steht aber nur dem zu, der sich entsprechend „korrekt“ verhält. Vergleichbar ist das mit dem Punktesystem in China, an das Sanktionen und Belohnungen gleichermaßen gekoppelt sind. Das Zitat aus der Wikipedia lässt ein klares Ziel erkennen: Die Politik soll mittel- und langfristig eingebunden werden in den Einflussbereich von Unternehmen, den Vereinten Nationen und „ausgewählten zivilgesellschaftlichen Organisationen“ – was auch immer das bedeuten mag und wer auch immer die Auswahl treffen mag. Der Bericht des Weltwirtschaftsforums – „Global Redesign“ – stammt schon aus dem Jahr 2010 und stellt fest, dass die Regierungen nicht mehr „die überwältigend dominierenden Akteure auf der Weltbühne“ seien, es werde also Zeit für eine neue Organisation der Gesellschaftsordnung. Wie gesagt, all das ist spekulativ. Aber es scheint mir nicht mehr so unwahrscheinlich wie zum Beispiel noch vor zwei Jahren. Wie auch immer wir das, was wir erleben und was sich scheinbar nicht aufhalten lässt, nennen wollen, der Begriff des „Great Reset“ scheint verfehlt. Denn wir befinden uns in einem Prozess der Neuausrichtung von Wirtschaft und Politik. Ein Neustart würde bedeuten, dass das System als solches bleibt, wie es ist, aber an einem gewissen Punkt zurück auf Anfang gesetzt wird. Doch das ist hier nicht der Fall. Es ist kein Neustart, den wir erleben oder auf den wir zusteuern. Es ist ein systematischer Wechsel grundlegender Annahmen. Sollten künftig tatsächlich Regierungen nur noch „Beiboote“ von Unternehmen und anderen Organisationen sein, kann von einem neuen Starten nicht die Rede sein, man muss von einem Systemwechsel sprechen. Ohne Frage spielt bei all dem, was jetzt umgestoßen und in anderer Form mit anderen Machtverhältnissen aufgebaut wird, der digital-finanzielle Komplex eine entscheidende Rolle. Da in entsprechenden Konzernen inzwischen Unmengen an Geld zirkuliert und diese weltweit erheblichen Einfluss haben (der nahezu täglich wächst), ist die Befürchtung, dass die Machtzunahme systematische Konsequenzen hat, keine gewagte These, sondern eher die folgerichtige Annahme. Im Moment für jeden erkennbar ist die Demontage dessen, was jahrzehntelang im Einzelhandel funktionierte. Die Kombination aus Corona-Maßnahmen und digitalen Verkaufsplattformen wie Amazon stürzt genau diesen Einzelhandel in eine so tiefe Krise, dass sich schon abzeichnet, dass nach der Krise (wenn es denn ein solches Danach geben würde) vom klassischen Einzelhandel nicht mehr viel übrigbleibt. Und selbst die größten Verbände und Lobbyorganisationen werden nicht in der Lage sein, die Verlagerung auf den digitalen Bereich zu verhindern. Man wird sehen, was und wer nach dem Einzelhandel folgt. Und wann es so weit ist.

Zum heutigen Gedenktag des nationalen Hasses

Heute vor zwei Jahren begann der Spießrutenlauf endgültig. Helge Braun erklärte, dass die Diskriminierung ungeimpfter Bürger ein legitimes Mittel sei. Corona mag vorbei sein, aber das kann man nicht vergessen – und vielleicht auch nicht verzeihen. Genau heute vor zwei Jahren nahm das Elend endgültig seinen Lauf. Es war ein sommerlicher Sonntag, Kanzleramtsminister Helge Braun hatte der Bild am Sonntag ein Interview gegeben, in dem er sagte, dass Ungeimpfte mit mehr Ausschluss und mehr Druck rechnen müssten. Alle Medien sprangen darauf an, das Wort von der Legitimierung der Diskriminierung machte die Runde. Überall vernahm man, dass ein solcher Akt zulässig sei, weil jetzt selbst Merkels Terrier recht deutlich wurde. Im Interview holte er den Taschenrechner hervor und berechnete eine Inzidenz von 850 – alles wegen der Ungeimpften. Surreal wirkt das heute alles nur noch. Ab jenem Tag waren alle Dämme gebrochen, spätestens zu dem Zeitpunkt gehörte es zum guten Ton, das Leben derer, die sich nicht impfen lassen wollten, zu einem Höllenritt zu transformieren. Unzählige verfielen in Angst, bekamen psychische Probleme, verloren Freunde und Familie, teilweise auch Arbeitsplätze und Vereinsmitgliedschaften. Sie mussten sich öffentlich verantworten, wurden gebrandmarkt und kriminalisiert. Am Ende knickten viele ein, manche kämpfen bis heute mit den Folgen – andere sind nicht mehr unter uns.

Hass aus dem Kanzleramt

Wir sollten den 25. Juli als einen Tag in Erinnerung behalten, der eines klarmachte: Faschismus ist nicht einfach nur dann, wenn uniformierte Herrenmenschen mit Logo und Parteimystik die Geschicke des Staates in Hände nehmen. Er kann jederzeit ausbrechen – und findet willige Vollstrecker, gerade unter Zivilisten. Er ist nicht etabliert, wenn eine Partei, der man Rechtsextremismus unterstellt, sich zu einem attraktiven Wahlangebot für Millionen von enttäuschten Wählern mausert – er wird Wirklichkeit, wenn Verantwortliche egal welcher Färbung ihre Grenzen nicht mehr kennen und sie immer weiter ausbreiten. Der Hass kam direkt aus dem Kanzleramt, dort erfolgte der Startschuss zum Sittlichkeitslimbo. Der 25. Juli 2021 zeigte uns, wie schnell ein Land in Pogromstimmung abgleiten kann. Wir sollten uns jenen Tag als Gedenktag bewahren. Als Erinnerung daran, dass Diktatur und Menschenhass eben nicht in Geschichtsbücher gebannt sind, als sterile Erinnerung quasi, sondern jederzeit über uns kommen können. Helge Braun hat Geschichte lebendig gemacht: Sein Name war nicht nur Schall und Rauch, sondern Teil eines Programmes, das man längst als historisch überkommen betrachtete und dem man in Sonntagsreden abschwor. Der 25. Juli ist der Gedenktag des nationalen Hasses. Alle Demokraten im Lande, die ihn miterlebt haben, sollten seiner in den kommenden Jahren wieder und wieder gedenken. Es war in der kurzen Geschichte des Virus der vielleicht fatalste Tag; es waren wegweisende 24 Stunden, der Eingang in eine bürgerrechtliche Katastrophe und einen antidemokratischen Super-GAU. Man darf diesen Tag einfach nicht vergessen. Man kann ihn womöglich noch nicht mal verzeihen. Heute vor zwei Jahren waren wir endgültig am Ende letzter Zurückhaltung angekommen – und auch wenn seither viel geschehen ist, Impfungen nicht mehr als unbedingt notwendig thematisiert werden: Einen Ausgang aus jenem Ende haben wir bislang nicht gefunden.

Bodo Schiffmann weint – authentisch oder inszeniert?

179
Nennen wir ihn „Episode 0“. Denn das hier ist unser erster Podcast im Videoformat. Und eigentlich sollte es auch nur ein kurzer technischer Test werden. Aber dann haben wir uns entschieden, ein bisschen über Bodo Schiffmann, Angela Merkel, die Corona-Maßnahmen und Restaurantbesuche zu sprechen. Bodo Schiffmann hatte auf Twitter ein Video hochgeladen (das inzwischen nicht mehr verfügbar ist), in dem er weinte, als er über zwei bzw. drei gestorbene Kinder sprach. Vermeintlich gestorben, muss man hinzufügen, denn zum Zeitpunkt unseres Podcasts lagen dafür keine Belege vor. Schiffmann forderte uns (also quasi uns alle) auf, alles stehen und liegen zu lassen, auf den Job und Kredite zu pfeifen und aktiv Widerstand zu leisten. Zugegeben: Wir konnten mit diesem Video nicht wirklich viel anfangen. Die demnächst folgende Episode 1 der „mehrwutstropfen – der podcast“ wird dann strukturierter, denn ich bereite mich gerade auf ein Gespräch mit Paul Schreyer zu seinem neuen Buch „Chronik einer angekündigten Krise“ vor. Nachtrag: Hier ist das Video von Bodo Schiffmann:
 

Kurz vor dem Aus: Strafe ohne Tat

Kürzlich war ich wegen eines neuen Reißverschlusses in der Änderungsschneiderei. Sie liegt am Anfang der Fußgängerzone, weil dort die Mieten etwas niedriger sind als mitten in der City. Brav, wie ich bin, wollte ich die Rechnung mit Karte zahlen. Aber der Inhaber der Schneiderei musste wegen der monatlichen Gebühren sein Kartenlesegerät abschaffen. Und das ist noch längst nicht alles. Wir kamen ins Gespräch. Der Inhaber erzählte mir, dass er die Schneiderei vor fast 20 Jahren eröffnet hat. Damals mit Krediten aufgebaut und mit gnadenlos niedrigen Preisen bei schneller Fertigstellung. Alles, um die ersten Kunden an Land zu ziehen. Es war hart, erzählte er mir, aber es hat funktioniert. Nach und nach nahm der Laden Fahrt auf. Nicht so, dass der Inhaber sich Porsche und Privatjet kaufen konnte, aber doch genug, um die Kredite abzubezahlen und sich eine hübsche Stammkundschaft aufzubauen. Dann kam Corona.

Schuldlos in die Krise

Der Inhaber der Schneiderei sagte mir, dass er inzwischen 60 Prozent weniger Umsätze hat. Und er erklärte auch, warum. Sein Schwerpunkt sind feierliche Kleider und Anzüge. Aber die Leute, sagte er, feiern ja nicht mehr. Die Kunden bleiben zu Hause, ziehen sich Jogginghosen an und schauen Netflix. Auch ältere Menschen, die früher oft seine Kunden waren, bleiben inzwischen weg. Sie machen sich für Spaziergänge und Besuche in Cafés nicht mehr schick, haben Angst, bleiben zur Sicherheit lieber daheim. Nach fast 20 Jahren weiß der Mann mit seiner Schneiderei nicht mehr, wie lange er noch durchhält. Er befürchtet, dass er in spätestens drei Monaten seinen Laden schließen muss. Falsch gemacht hat er eigentlich nichts. Bestraft wird er trotzdem.

Rücksicht und Selbstlosigkeit

Wir müssen rücksichtsvoll sein, vernünftig, müssen andere schützen, uns solidarisch verhalten. Aber der Inhaber der Schneiderei war schon vorher nicht rücksichtslos, er hat jahrelang vernünftig seine Existenz aufgebaut, er hat andere solidarisch geschützt, indem er keine Mondpreise genommen und auch mal anschreiben lassen hat. All das nützt ihm jetzt nichts mehr. Ich will nicht diesen unsäglichen Vergleich zwischen Covid-19 und der Grippe aufmachen. Wahrscheinlich ist Covid-19 schlimmer, sehr wahrscheinlich sogar. Trotzdem konnte ich nichts Sinnvolles entgegnen, als der Schneider mich fragte, wo genau denn der Unterschied zwischen der Grippewelle 2017/2018 und heute sei. Damals starben mehr als 25.000 Menschen an der Grippe. Ich hätte über Ansteckungsraten sprechen können, Beatmungen, Todesfälle, unzählige Infektionen, schwere Verläufe, Langzeitwirkungen. Aber mir fehlte die innere Überzeugung dafür. Denn wissen wir denn, wie schlimm es wirklich war, als damals, 2017/2018, die 25.000 Menschen starben? Wissen wir etwas über die tatsächlichen Infektionszahlen von damals? Kennen wir die Langzeitwirkungen der damals grassierenden Grippe? Ich konnte ihm diesbezüglich nichts Überzeugendes sagen.

Eins im Sinn, Millionen dahin

Wir sind in einem Labor. Weil wir von Laborexperten beobachtet werden. Sie messen, was sie halt messen, erstellen Tabellen und Diagramme, nach denen sie die Welt und ihre neuerliche Bedeutung vermessen. Die Laborexperten interessieren sich auch für den Schneider. Als Infizierter, als Risiko, als Genesener oder Verstorbener. Sie wollen wissen, ob er ein Intensivbett braucht, wie ansteckend er ist, ob er als Fallzahl mit oder ohne Symptomen betrachtet werden muss. Seine Existenz ist wichtig für die Laborexperten, aber nicht seine wirtschaftliche oder psychische Grundlage. Das müssen andere beurteilen, aber die werden nicht gefragt. Also machen die Laborexperten weiter, wie es ihnen aufgetragen wurde. Sie entscheiden zwar nicht, ob der Schneider stirbt oder lebt, aber sie sind es, die darüber entscheiden, wie er zu leben hat, bis er irgendwann einmal stirbt. Die Laborexperten kennen auch die Mutter des Schneiders nicht. Sie wissen nicht, dass sie im Krankenhaus liegt, alt, krank, gebrechlich und dem Tode geweiht. Sie wissen nur, dass sie diesen Zustand nicht akzeptieren können. Sie müssen die Mutter des Schneiders retten, weil der Schneider es nicht kann. Denn er darf nicht zu seiner Mutter. Die Laborexperten haben den einen Kranken im Sinn, mit dem sie sich gerade beschäftigen. Sie haben im Sinn, was dieser Kranke mit den anderen macht, inwieweit er eine Gefahr darstellt, daher müssen sie den Kranken unter Quarantäne stellen. Um die Millionen anderen zu schützen. Vor dem Virus, vor sonst gar nichts. Der Schutz vor dem Virus steht über allem, und wenn alle am Virus sterben, ohne infiziert zu sein, dann ist das nicht der Tätigkeitsbereich der Laborexperten. Dazu müssen sich andere äußern. Aber die werden nicht gefragt. Genau wie der Schneider. Auch er wird nicht gefragt.