Sunshine-News: Immer wieder sonntags …

Das Leben ist hart. Und wir sind es auch, zumindest wenn wir anfangen, über Politik zu schreiben oder zu sprechen. Doch wir alle brauchen hin und wieder einen Ausgleich, etwas Leichtes, das uns ablenkt. Aus diesem Gründe bringen wir immer sonntags an dieser Stelle die „Sunshine-News“. Dabei handelt es sich um satirische Nachrichten, die aus der Feder von Tarek Schwarz stammen. Montags bis samstags bleibt es natürlich dabei, es bleibt hart, wir machen das, was wir bisher auch gemacht haben. Aber der Sonntag … der Sonntag soll ein kleines bisschen Sonne in Eure abgestumpften Nachrichtenherzen bringen.

Viel Spaß!

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#Satire #Nachrichten #News #TarekSchwarz #neulandrebellen #wohlstandsneurotiker #Podcast #Politik #Gesellschaft

LibMod, Prigoschin & Mindestlohn: Die Alternativmedienschau

Putin ist also am Ende. Sein Regime hat keine Chance mehr. Daher zog Prigoschin auch so mir nichts dir nichts ab. Er sah vermutlich, dass der russischen Präsident fertig hat. Wer wirklich fertig hat, das ist der deutsche Gesinnungsjournalismus. Er weiß es nur noch nicht. Oder er weiß es und tut das, was Großvattern seinerzeit tat: Jetzt erst recht. Indes ist Putin vielleicht sogar gestärkt aus dieser Episode gegangen. Interessant ist, dass aber selbst die westliche Politik im Augenblick des vermeintlichen Putsches nicht »Hurra!« schrie: Wer weiß, vielleicht hat man realisiert, dass ein Ende dieses Krieges nur mit Putin geht und nicht, wie Ralf Fücks von LibMod glaubt, ohne ihn. Auch er hält durch: Das ist deutsche Tradition.
  • Gastbeitrag nennt sich ein Schandstück, dass Spiegel Online heute veröffentlicht hat. Es stammt aus der Feder eines Think-Tank-Vorsitzenden und postuliert völkerrechtswidrige Feuchtträume auf Grundlage von Propaganda. (Overton Magazin) Weiterlesen bei Overton Magazin ——–
  • Die Krise um die Wagner-Gruppe ist schneller beigelegt als erwartet. Die russische Gesellschaft und Führung haben diesen Konflikt mit bemerkenswerter Gelassenheit und ohne Blutvergießen gemeistert. Entgegen den Weissagungen sogenannter Experten aus dem Westen gab es keine Schwächung des russischen Präsidenten, keinen Bürgerkrieg, und auch der Zerfall Russlands blieb aus. Russland scheint aus diesem Konflikt gestärkt hervorzugehen. (Rüdiger Rauls) Weiterlesen bei apolut ——–
  • Wo ist die wunderbar entspannte Vielfalt geblieben, die wir vor Jahrzehnten in Deutschland erlebten? Eine Vielfalt, die sich hier und da noch heute im Kleinen offenbart, auf der großen Bühne hingegen als ewiggestrig gilt. (Alex Klopprogge) Weiterlesen bei Hintergrund ——–
  • Die nun zur Schau getragene Überraschung über den Höhenflug der AfD ist heuchlerisch. Viele aktuelle Analysen sind erbärmlich. Das Parlament ist dominiert von einer ganz großen »Kriegskoalition«. Die, die jetzt »die Demokratie« in Gefahr sehen, sind schuld an der Entwicklung, sie haben den Bürgern keinen Ausweg mehr gelassen: Sie haben der AfD die Rolle der politischen »Notbremse« gegen eine grüne Schocktherapie geradezu aufgedrängt. (Tobias Riegel) Weiterlesen bei NachDenkSeiten ——–
  • Die Meldung schlug ein wie eine Bombe und war doch so erwartbar wie nasse Füße nach dem Regenguss: Nachdem der AfD-Landrat die Wahl nicht verlieren konnte und alle Maßnahmen der Einheitsfront gegen Robert Sesselmann scheiterten, wagte die Regierung Ramelow jetzt das Undenkbare: Wieder sollen die Thüringer von oben um ihren Wahlentscheid gebracht werden. (Alexander Wallasch) Weiterlesen bei Alexander Wallasch ——–
  • Ein Buch von Ulrike Guérot und Matthias Burchardt zeigt, wie der wissenschaftliche Meinungsaustausch zur haltungsgesteuerten Hetzjagd gegen Kritiker der Macht verkommen ist. (Holger Platta) Weiterlesen bei Manova ——–
  • Wirtschaftsverständnis in der Frankfurter Allgemeinen lässt sich seit Jahren an einem Namen festmachen: Heike Göbel. Die Redakteurin für Wirtschaftspolitik fungiert lediglich als neoliberale Aktivistin. (Roberto De Lapuente) Weiterlesen bei Overton Magazin ——–
  • Der Mindestlohn wird angehoben, von zwölf Euro auf 12,41 Euro, später auf 12,82 Euro. Die zuständige Kommission hat dies mit der Mehrheit der Arbeitgeber gegen den Widerstand der Beschäftigtenvertreter durchgesetzt – ein einmaliger Vorgang. (Ralf Wurzbacher) Weiterlesen bei NachDenkSeiten ——–
  • Alternativmedienschau der letzten Woche.
Buchempfehlung der Woche: Charles Bukowski hatte in Deutschland eine besonders treue Anhängerschaft, was nicht zuletzt an seinen Übersetzer Carl Weissner lag. Seine Übersetzungen erreichten eine eigene Liga. Wenn man Bukowski auf Deutsch liest, schwingt immer Weissner mit. Bukowski wäre heute nicht mehr politisch korrekt – oder sagen wir: Er ist es nicht. Noch kann man seine Werke kaufen. Eines davon ist »Das Liebesleben der Hyäne«, in dem das Alter Ego des Autors sich durch die Betten der westlichen USA turnt. Frauen kommen dabei nicht immer gut weg. Er allerdings auch nicht. Bukowski erzählt Geschichten voller Verachtung und Niedertracht, in der Männer Frauen und Frauen hin und wieder auch Männer ausnutzen und sexuell ausbeuten. Für den Leser, der sich nicht im zeitgenössischen Moralismus heimisch fühlt, ein absoluter Hochgenuss. Bestellen kann man das Buch bei der Krake – beim kleineren und ehrlicheren Händler offenbar nicht, womit man vielleicht auf John Fante verweisen sollte, von dem Bukowski mal schrieb: »Er war ein Gott für mich.« (Roberto De Lapuente) Bitte folgt uns auch auf Twitter – und auf Telegram. Was noch schön wäre: Eure Hilfe via Steady – oder auf herkömmlichem Wege. Vielen Dank für Eure Unterstützung.

Alice Schwarzer, Lügenkanzler & Kirchen: Die Alternativmedienschau

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Nun haben wir es also: Das Selbstbestimmungsgesetz. Wer hätte denn vor zwei Jahren gedacht, dass es in Deutschland nochmal ein Gesetz solchen Namens geben könnte? Selbstbestimmung war ja ausverkauft, der Staat bestimmte, er hatte ein Problem mit denen, die selbst über sich und ihre körperliche Unversehrtheit entscheiden wollten. Jetzt also die Trendwende. Es ist keine, schon klar: Es ist Ideologie, gepaart mit Wahnsinn. Ein Beitrag zur Spaltung der Gesellschaft. Und die, die das lauthals befürworten, sind gefallene Engel, die uns die Hölle bereiten wollen.
  • Das Selbstbestimmungsgesetz wird als historische Reform bezeichnet. Sein Geschlecht mit einem reinen Sprechakt für eine Jahresfrist verändern zu können, gilt vielen als fortschrittliche Idee. Alice Schwarzer sieht das anders. (Roberto De Lapuente im Gespräch mit Alice Schwarzer) Weiterlesen bei Overton Magazin ——–
  • Olaf Scholz ist Kanzler. Und Christ ist er auch: »Ob man die Grundlage unseres friedlichen Zusammenlebens lieber Solidarität nennt oder christliche Nächstenliebe, macht für mich keinen Unterschied.« Nächstenliebe kann es aber nicht gewesen sein, als Scholz auf dem Münchner Marienplatz Kriegsgegner mit verbaler Brutalität attackierte: »Wer als Friedenstaube umherläuft, ist ein gefallener Engel, der aus der Hölle kommt«. (Uli Gellermann) Weiterlesen bei apolut ——–
  • Das Konzept der Kindheit ist geschichtlich betrachtet nicht so alt. Die Kindheit als schützenswerte Periode im Leben eines Menschen erlebt gerade einen Backlash.(Roberto De Lapuente) Weiterlesen bei Overton Magazin ——–
  • Laut dem Finanzexperten Fabio de Masi, der in seiner Zeit als Abgeordneter der Linksfraktion die Aufklärung zur Causa maßgeblich mit ins Rollen gebracht hatte, belegen neue Dokumente »zweifelsfrei«, dass Kanzler Scholz vor dem Untersuchungsausschuss zur Warburg-Affäre im August 2022 gelogen hat. Rücktrittsforderungen werden laut. (Florian Warweg) Weiterlesen bei NachDenkSeiten ——–
  • Im Manova-Exklusivgespräch bewertet der Journalist Patrik Baab die jüngsten geopolitischen Umwälzungen und berichtet über den gescheiterten Versuch der Universität Kiel, ihm wegen seiner Reise in den Donbass den Lehrauftrag zu kündigen. (Flavio von Witzleben im Gespräch mit Patrik Baab) Weiterlesen bei Manova ——–
  • Wer Oskar Lafontaine etwa im Bundeswahlkampf vor bald 15 Jahren erlebt hat, der weiß, wie überaus erfolgreich der Mann einmal darin war, seine Zuhörer mitzureißen. (Alexander Wallasch) Weiterlesen bei Alexander Wallasch
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  • Viele Menschen hadern mit ihren Kirchen. Die jüngsten Austrittszahlen belegen das. Menschen sind gerade auch in der aktuellen Zeit eines nahezu gewaltsam durch politische Kräfte herbeigeführten Umbruchs von ihren Kirchen enttäuscht. Auch, weil sie nicht mit Rückgrat christliche Werte der Nächstenliebe in Gemeinschaft leben in einer Zeit eines übergriffigen Staates. (Markus Langemann) Weiterlesen bei Club der klaren Worte ——–
  • Die Rhetorik gegen Kriegsgegner und Pazifisten hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. Der Kanzler setzt sie mit dem Teufel gleich, was heißt: Es sieht wohl sehr schlecht aus mit dem Gewinn dieses Krieges. (Roberto De Lapuente) Weiterlesen bei Overton Magazin ——–
  • Alternativmedienschau der letzten Woche.
Buchempfehlung der Woche: Mitte der Siebziger war Charles Bukowski auf seinem Höhepunkt. Er veröffentlichte wie eine Maschine Kurzgeschichten und Romane. In deutscher Übersetzung lesen sie sich besonders gut; Übersetzer Carl Weissner war selbst ein ausgezeichneter Autor und veredelte den dirty old man. In jenen Erfolgsjahren schrieb Bukowski »Faktotum«: Die Geschichte seines Alter Egos Henry Chinaski, der sich in den Vierzigerjahren von Job zu Job hangelt, eine Scheißtour nach der anderen erlebt. Bis er bei der Post landet, schrecklich unglücklich ist, aber durchhält: Diese Geschichte erzählte er aber bereits einige Jahre zuvor, Anfang der Siebziger in seinem Erstling »Der Mann mit der Ledertasche«. Bei der Lektüre von »Faktotum« glaubt man, dass die Jahre der Arbeitsmarktliberalisierungen vorweggenommen wurden, deren Auswirkungen wir heute noch erleben. Für viele prekär Beschäftigte wäre Bukowskis Buch eine Art Fibel, geschrieben in der Sprache ganz normaler Menschen. Schon in den Vierzigern erlebte man in den USA, wenn man ganz unten stand, den amerikanischen Traum: Ausbeutung, Gleichgültigkeit, Chancenlosigkeit. Ein halbes Jahrhundert später verkaufte man uns diesen traditionell amerikanischen Liberalismus als großen Wurf. Es war natürlich eine glatte Lüge. Bitte folgt uns auch auf Twitter – und auf Telegram. Was noch schön wäre: Eure Hilfe via Steady – oder auf herkömmlichem Wege. Vielen Dank für Eure Unterstützung.

Aussortierter Schmidt, Aiwanger & der Ernstfall: Die Alternativmedienschau

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Harald Schmidt wurde mit zwei Aussortierten abgelichtet. Bei der Weltwoche, auf einer Feier. Wer gleichzeitig in einem Raum oder auch nur Garten zu finden ist, ist ja bekanntermaßen weltanschaulich verbunden. Schmidt, Matussek und Maaßen haben indes mit Gabeln Kartoffelsalat gegessen. Und das, obgleich man weiß, dass der Führer ein ausgesprochener Fan von Gabeln war. Er benutzte sie täglich. Oftmals sogar mehrmals am Tag. Wie tief kann man eigentlich noch sinken? Böhmermann kritisiert das zurecht, obgleich er seine Kritik mit angelegter Krawatte tätigte und man weiß: Auch Himmler trug Schlips. Diese Kontinuitäten sind unübersehbar.
  • Was ist nur aus Harald Schmidt geworden, fragt sich ProSieben-Moderator Klaas Heu… Umlau… – wie heißt der noch? (Roberto De Lapuente) Weiterlesen bei Overton Magazin ——–
  • Die Affäre Aiwanger schien fast erwartbar, nachdem dessen Parolen von der Demonstration in Erding link(s)liberale Köpfe zum Glühen brachte. Und so rollte eine offenkundige Kampagne auf den Politiker herein, die nicht nur allzu offensichtlich jede Ethik im Journalismus vermissen lässt, sondern auch noch US-amerikanischen Schmutzkampagnen in nichts nachsteht. (Sascha Wuttke) Weiterlesen bei Polemica ——–
  • Am Ende wurde Geschichte geschrieben. Die BRICS-Staaten übertrafen selbst die größten Erwartungen und machten mit der Erweiterung der Gruppe auf BRICS 11 einen Riesenschritt in Richtung Multipolarität. (Pepe Escobar) Weiterlesen bei Hintergrund ——–
  • Der Räuberpistole mit der Segeljacht »Andromeda« ist ein weiteres Detail hinzugefügt worden. Die mutmaßlichen Nord-Stream-Attentäter nutzten einen gefälschten Pass. Im übrigen weisen alle Spuren immer deutlicher in die Ukraine, was nützlich wäre, wenn man bereits misstrauisch ist und keine weiteren Waffen liefern wollte. (André Tautenhahn) Weiterlesen bei TauBlog ——–
  • Schon die Titelseite des FOCUS schreit den Leser an: »DER ERNSTFAll Was, wenn Putin uns angreift?« Die Titelschreierei hat zwar noch ein Fragezeichen, macht aber mit dem Titelfoto klar, worum es geht: Ein fetter Stahlhelm ist über den Reichstag gestülpt, und der »Ernstfall« kann nur mit Kriegsfall übersetzt werden. (Uli Gellermann) Weiterlesen bei apolut ——–
  • Nach den jüngsten Entwicklungen um Prigoschins Tod begeben sich Politik und Medien immer mehr in eine Sackgasse. (Stefan Luft) Weiterlesen bei Overton Magazin ——–
  • Wirtschaftskrieg ist wichtiger: Diese Botschaft sendet der aktuelle Umgang mit der Kindergrundsicherung. Vor dem Hintergrund explodierender Ausgaben für die grüne Militarisierung und für die Fortsetzung wirkungsloser Sanktionen ist die geplante Ausstattung für die Kinder ein sozialpolitischer Skandal – vollzogen auch mithilfe von Sozialdemokraten. (Tobias Riegel) Weiterlesen bei NachDenkSeiten ——–
  • Man muss kein Verständnis für den außenpolitischen Kurs Russlands haben – aber verstehen, wie dieses große Land in Osteuropa tickt, sollte man schon. (Roberto De Lapuente im Gespräch mit Gabriele Krone-Schmalz) Weiterlesen bei Overton Magazin ——–
  • Der ostdeutsche Journalist und Universitätsprofessor Michael Meyen rechnet mit dem westdeutschen Hochschulsystem ab. (Susan Bonath) Weiterlesen bei Manova ——–
  • Alternativmedienschau der letzten Woche.
Buchempfehlung der Woche: Als der Ukrainekrieg begann, nahm der Verlag C.H. Beck die Bücher von Gabriele Krone-Schmalz aus dem Sortiment, genauer gesagt: Druckte sie nicht mehr nach. Der Grund, ein meinungsfreiheitlicher Offenbarungseid: Die Bücher seien nicht russlandkritisch genug und könnten Gefühle verletzen. Krone-Schmalz ist seit vielen Jahren Kennerin der russischen Außenpolitik, ihre Betrachtungen stützen sich auf Beobachtungen und lassen sich sachlich nachvollziehen. Aber in einer Zeit, da Expertise Gesinnung meint, ist das natürlich verwerflich. Am Montag erscheint ihr Buch »Russland verstehen? Der Kampf um die Ukraine und die Arroganz des Westens« im Westend Verlag – als aktualisierte Neuauflage. Lesenswert und endlich wieder für jedermann verfügbar. (Roberto De Lapuente) Bitte folgt uns auch auf Twitter – und auf Telegram. Was noch schön wäre: Eure Hilfe via Steady – oder auf herkömmlichem Wege. Vielen Dank für Eure Unterstützung.

Schutzhaft für Gedanken

Safe Spaces sind im Trend – als Bestandteil der woken Agenda begegnen sie uns immer wieder. Mentale Schutzräume sind aber nicht demokratisch. Wir brauchen einen Safe Space für die Demokratie. Gefühl der Sicherheit: Diese Floskel habe ich neulich an anderer Stelle vernommen. Es wurde etwas Unliebsames geschrieben und jemand fühlte sich damit angegriffen und forderte eben jenes Gefühl für sich ein. Nun steckt die Antwort schon in der Formulierung. Gefühl nämlich. Der Brockhaus definiert Gefühl wie folgt: »subjektiver, seel. Zustand des Ichs; die sich unmittelbarer Erfassung entziehende Befindlichkeit der erlebenden Person«. Diese häufig gebrauchte Floskel vom Gefühl der Sicherheit ist kurz und knapp gesagt: Privatsache. Und kann eben nicht als Handlungsaufforderung an eine andere Person gelten. Denn Gefühle hat man eben, man kann sie steuern, hinterfragen und neu ausrichten. Manchmal übermannen sie einen auch. Sie ändern sich aber nicht, wenn man andere dazu auffordert, etwas zu unterlassen, was Gefühle erzeugt. Es ist auch nicht die Aufgabe des demokratischen Diskurses mit seinem Meinungspluralismus, nur wegen subjektiver Gefühle etwas nicht sagen zu sollen. Diese stete Forderung nach Safe Spaces: Sie könnte undemokratischer nicht sein.

Nicht mit Frauenhäuser verwechseln

Mancher wird nun sagen, dass es Safe Spaces immer gab. Und sie waren von demokratischem Geist beseelt. Als Homosexualität noch verpönt war, gab es Establissements, in denen die Sexualität sicher vor äußeren Blicken ausgelebt werden konnte. Obdachlose kehren in Unterkünften ein. Und flüchten oft recht schnell wieder, weil Gewalt und Diebstahl dort an der Tagesordnung sind. Und dann gab es noch Frauenhäuser: Der Safe Space schlechthin. Sie waren der sichere Platz für Frauen, die im Regelfall mit männlicher Gewalt konfrontiert waren. Im Frauenhaus gab es keinen Häscher: Ein Safe Space eben. Aber man sollte sich nicht täuschen lassen, diese aufgeführten sicheren Plätze sind materielle Orte, die man betreten kann. Es sind Plätze im wahrsten Wortsinne. Dort ging man hin, wenn man Angst vor Verfolgung oder Gewalt hatte. Mit einem Safe Space, von dem heute dauernd die Rede ist, hat so ein Ort gar nichts zu tun. Denn dort versammeln sich Opfer körperlicher Angriffe und keine, die nur das Gefühl haben, dass sie vielleicht nicht voll akzeptiert werden. Natürlich kann psychische Gewalt belastend sein. Aber darum geht es die Safe Spacern in den seltensten Fällen. Sie fordern solche Plätze allerorten – und meinen damit kein Zimmer oder Gebäude, sondern eine mentale Brandmauer. Sie streben an, dass die gesamte Gesellschaft ein solcher sicherer Rückzugsort für Menschen gewisser Gesellschaftsgruppen sein soll. Und sie flüchten sich also nicht an einen sicheren Topos, sondern sprechen sich für Gedankenkontrolle aus. Es soll nirgends mehr etwas gesagt werden dürfen, was jemanden ein schlechtes Gefühl bereiten könnte. Diese Denkweise ist die Grundlage für jene Passagen des Selbstbestimmungsrechtes, die unter Strafe stellen, die Geschlechtlichkeit des Gegenüber auch nur zu hinterfragen. Um körperliche Übergriffe geht es denen, die nach solchen »Schutzräumen« rufen in den seltensten Fällen. Sie legen gegenteilige Meinungen als Gewalt aus – und machen die freie Rede zu einem zu unterlassenden Akt.

Demokratie kann kein Safe Space sein

Meinung als gewalttätigen Angriff zu bewerten, hat nichts, aber auch wirklich gar nichts mit demokratischer Debattenkultur zu tun. Man muss gar vom Gegenteil ausgehen. Wer auf diese Weise versucht, andere Meinung zu unterbinden, will Debatte abwürgen und benutzt an sich demokratische Ideen, um seine strikte Haltung als etwas vermeintlich Positives und Progressives darzustellen. Dabei geht es denen nicht nur um Meinungsäußerungen. Jede Regung wird bewertet und skandalisiert. Mikroaggressionen nennen diese Leute es, wenn sie glauben, irgendetwas an einem gefunden zu haben, was sie im Sinne ihrer Agenda als kritikwürdig einstufen können. Mikroaggression wird als gewalttätiger Angriff gewertet – jedes als kränkend zu bewertende Verhalten kann so als Attacke betrachtet werden und wird erst emotionalisiert und dann politisiert. An dieser Stelle ruft man dann wieder nach einem Safe Space, gerade so, als sei ein solcher Ort die letzte Rückzugsmöglichkeit für geschlagene Hunde. Aber geschlagen wird ja keiner, wirklichen Schaden erleidet niemand. Es sind verletzte Gefühle – und Gefühle können mit und ohne Grund verletzt werden. Gemeinhin rät man sensiblen Gemütern, sich nicht stets alles so sehr zu Herzen zu nehmen. Den vulnerablen Gruppen, für die man vorgibt einzustehen und denen man Safe Spaces einräumen möchte, erklärt man das nicht. Sie sollen sich alles zu Herzen nehmen. Jede Meinung, die ihrer Weltsicht widerspricht sowieso – aber eben auch jeden schiefen Blick, jede Regung, die vielleicht darauf schließen könnte, dass da jemand was gegen diese oder jene vulnerable Gruppe hat. Ein Augenzwinkern im Umgang mit einem Schwulen? Da gilt es sofort den Skandal aufzurollen, auch wenn kaum ein Schwuler ein Problem damit hat und den flapsigen Umgang schätzt. Das Problem ist, dass die Jünger der Safe Spaces der Demokratie, dem offenen Umgang miteinander, keinen solchen Schutzraum erteilen wollen. Während man fordert, dass bestimmte Denkweisen nicht mehr verbalisiert werden sollten, um gewissen Menschen ein »Gefühl der Sicherheit« zu ermöglichen, setzt man die Debatten- und Streitkultur der Unsicherheit aus, schon bald als kriminellen Handlung betrachtet zu werden.

Das Gefühl von Sicherheit

Streitkultur ist ohnehin eine Begrifflichkeit, die wir heute kaum noch mit dem demokratischen Usus in Zusammenhang bringen. Dem Streit wird etwas Kontraproduktives, etwas Destruktives nachgesagt. Sich nicht streiten wollen: In unseren biederen Zeiten, die nur so tun, als seien sie innovativ, erhebt man das zur höchsten Güte zivilisatorischen Umganges miteinander. Aber die Gesellschaft besteht nun mal aus vielen Einzelinteressen, es gibt etliche Antriebe, die von diametral entgegengesetzter Natur sind. Schaltet man die aus, unterdrückt man deren Ringen um Deutungshoheit und Kompromisse, unterminiert man also den Streit, erzeugt man einen Burgfrieden: Eine Haltung, die in Kriegen präsent ist und für nicht gerade demokratieförderlich erachtet wird. Vulnerable Gruppen haben natürlich ein Recht auf Unversehrtheit. Niemand sollte körperlich angegriffen werden, weil er etwa transsexuell ist. Und er sollte auch nicht psychisch unter Druck gesetzt werden. Wenn er allerdings mit Menschen konfrontiert wird, die für sich nur zwei Geschlechter sehen, hat der Transsexuelle einfach keinen Anspruch darauf, dass deren Betrachtung verschwiegen werden soll. Denn es tut ihm nicht körperlich weh – und auch psychisch ist die freie Meinungsbekundung eines anderen kein Angriff auf seine Person. Aber hier greift die Masche, immer alles gleich persönlich nehmen zu müssen. Ist man persönlich Betroffener, hat man gleich einen anderen Leumund und viele ziehen aus falscher Rücksichtnahme den Schwanz ein. Sie richten also einen Safe Space ein, der auf Prämissen gründet, die falscher nicht sein könnten. Einen, der aus Bequemlichkeit oder auch aus Angst vor Cancel Culture genehmigt wird – dann wird gezielt geschwiegen und manchmal sogar einschwenkt in den Chor der Aktivisten. Das Frauenhaus war und ist eine demokratische Safe-Space-Einrichtung. Dort wird Unversehrtheit ermöglicht. Es ist ein räumlicher Rückzugsort. Ein mentaler sicherer Platz, wie er gefordert wird, ist allerdings das Gegenteil dessen. Es ist ein Verbot. Und zwar das Verbot eines fundamentalen Rechtswertes: Der Freiheit, seine Meinung zu artikulieren. Die Demokratie hat keinen Schutzraum. Sie ist diesen Häschern der Gleichschaltung schutzlos ausgeliefert. Dagegen gilt es sich zu wehren, wo immer es geht.

Florian Warweg und die BPK: „Man braucht schon positive Rückmeldungen.“

Wenn Florian Warweg für die NachDenkSeiten in der Bundespressekonferenz (BPK) sitzt, verdrehen Regierungsvertreter die Augen. Kein Wunder, werden sie von Warweg doch mit unangenehmen Fragen konfrontiert. In unserem Gespräch spricht Florian über die Einsamkeit seines Jobs, die notwendige Fürsprache seines Umfeldes und darüber, was für einen Sinn die BPK überhaupt hat. Mit Gert Ewen Ungar, Tom J. Wellbrock und Florian Warweg. Inhalt: 01:00 Florian Warweg und die Bundespressekonferenz (BPK): Wie alles begann 03:30 Einreiseverbote 07:00 Wozu die BPK? 08:30 Rudelbildung 10:00 Kognitiv-Test für den Kanzler 12:30 „Diese Implikation will ich mir nicht zu Eigen machen.“ 15:30 Gaza? Keine (weiteren) Fragen! 16:30 Kurzer Rückblick 20:30 Zahmer Journalismus 32:30 (Spekulationen über) Robert Habeck und Annalena Baerbock 35:00 Habeck, der Choleriker 40:00 Wann bricht das System zusammen? 50:00 Sind die deutschen Medien gleichgeschaltet? 53:30 BPK: Eine Frage der Tagesform (die Berufung der BPK im Hintergrund) 58:00 Wie sähe eine bessere BPK aus? 01:00:04 Einschüchterungen 01:04:30 Kommentiert, spendet!

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Wahllos in Europa

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Von Rüdiger Rauls

Die Bedeutung der Europawahlen lag weniger in der Neu-Besetzung des europäischen Parlaments als vielmehr in der Abrechnung mit den nationalen Regierungen. Was sagen die Ergebnisse aus über die politische Lage in der EU und welche Entwicklungen zeichnen sich ab?

Rechts gewinnt

Die Gewichte in Europa haben sich nach rechts verschoben, wie immer „rechts“ auch definiert sein mag. Dieses Etikett wird hauptsächlich von den Parteien der sogenannten Mitte und Linken benutzt. Sie beurteilen als rechte Gesinnung bestimmte Einstellungen zur Migration, Identitätsfragen, Minderheiten, Klimawandel und neuerdings auch dem Verhältnis zu Russland, China und der Unterstützung der Ukraine. Die in diesem Sinne rechten Parteien haben an Stimmen gewonnen. Das ist vordergründig das Offensichtliche, wenn man die Ergebnisse der Europa-Wahl betrachtet.

Besonders das starke Abschneiden der Alternative für Deutschland (AfD) fällt auf. Daran haben selbst die politisch erwünschten und geförderten wochenlangen Demonstrationen gegen Rechts nicht so viel geändert. Wenn vermutlich auch das Ergebnis der AfD darunter gelitten hat, so hat die Wahlanalyse von Infratest Dimap doch ergeben, dass die AfD nicht länger als eine Protestpartei angesehen werden kann. Sie hat sich einen treuen Wählerstamm aufgebaut, ist besonders im Osten Deutschlands zur stärksten politischen Kraft geworden und steht sogar im gesamten Deutschland auf Platz zwei.

Sie dient nicht länger als Denkzettel, sondern ist vielmehr zu einem Benotungssystem für die Politik der anderen Parteien geworden. Die Vermutung, „dass die AfD-Wähler aus einer temporären Unzufriedenheit heraus handelten“(1), wird durch die Wahlanalyse nicht mehr bestätigt. Vielmehr geben 70 Prozent der AfD-Wähler an, „die politischen Forderungen der Partei zu unterstützen“(2). Die Altparteien können sich nicht weiter mit ihren Vermutungen und Hoffnungen vertrösten.

Wenn auch mancher Wähler, wahrscheinlich vornehmlich im Westen, sich hat verunsichern lassen in seiner Wahlentscheidung für die AfD, so muss andererseits aber auch festgestellt werden, dass der Vorwurf des Rechtsextremismus sich immer weiter abnutzt. Die überwiegende Mehrheit der AfD-Wähler hält die Partei nicht für rechtsextrem, aber selbst wenn „dem so wäre, sei es egal, so lange die richtigen Themen angesprochen würden“(3). An dieser Haltung wird deutlich, dass sich der Vorwurf des Rechtsextremismus so weit verbraucht hat, dass daraus sogar ein gefestigtes politisches Bewusstsein entstanden ist, das sich dem herrschenden Denken widersetzt.

Der Aufmarsch gegen die AfD und gegen Rechts hat zum Gegenteil geführt. Die Menschen scheuen den Kontakt zur Rechten immer weniger. Die moralisierende statt einer politisch-inhaltlichen Auseinandersetzung der letzten Wochen hat nicht zur Schwächung der Rechten geführt, sondern hat im Gegenteil die hilflose Argumentation ihrer Gegner offengelegt. Wer nicht argumentieren kann, kann nicht überzeugen. Da hilft auf Dauer auch keine moralische Empörung weiter.

Politische Mitte unter Druck

Ähnlich wie in Deutschland scheint auch die Lage in Frankreich zu sein, wo sich Präsident Macron durch die Gewinne von Marine LePen und ihrem Rassemblement National (RN) zur Ausrufung von Parlaments-Neuwahlen veranlasst sah. Für ihn selbst hat das fürs erste keine Konsequenzen. Fraglich ist, ob sein Plan aufgeht, die französischen Wähler mit dem Gespenst einer drohenden rechten Gefahr wieder auf Linie zu bringen oder ob der Schuss sogar nach hinten losgeht. Durch diesen Schritt sind an den Finanzmärkten „französische Anleihen unter Verkaufsdruck geraten. Die Risikoaufschläge haben sich erhöht“(4). Anleger und Rating-Agenturen scheinen im Gegensatz zu Macron nicht mehr Stabilität zu erwarten sondern weniger.

Darin zeigen sich aber wieder einmal Kurzsichtigkeit und Kopflosigkeit der herrschenden Politik. Ohne analysiert zu haben, was das Ergebnis der EU-Wahl aussagt und was es für die eigene Gesellschaft bedeutet, werden Schüsse aus der Hüfte abgefeuert, die nur einen einzigen Sinn haben: für die eigene Politik Vorteile zu erringen.

Denn das Ergebnis der Wahlanalyse ist ein ganz anderes als der Kurzschluss, dass die Rechte gewinnt. Besonders die Zahlen aus dem Norden Europas zeigen eine entgegengesetzte Entwicklung. Hier verlieren rechte Parteien, soweit sie an der Macht beteiligt waren. Die erfolgsverwöhnten Schwedendemokraten büßten gegenüber der Europawahl von 2019 zwei Prozentpunkte ein, wohingegen Sozialdemokraten und Grüne zulegten.

In Finnland verloren die Basisfinnen fast sieben Prozentpunkte und stürzten auf den sechsten Platz ab. Sie haben sich an der Macht entzaubert, weil sie sehr unpopuläre Entscheidungen wie die Rentenkürzungen mitgetragen haben. Die dänische Volkspartei erhielt nur noch sechs Prozent, vier Punkte weniger als vor fünf Jahren. Sieger waren die Sozialisten mit Umweltthemen, die den Grünen sonst im Rest Europas zum Verhängnis wurden. Selbst in Ungarn, nach europäischer Sicht das Mutterland des rechten Populismus, hat Orbans Fidesz „mit 44 Prozent eher schwach abgeschnitten“(5). Ein solch schlechtes Ergebnis hatte die Partei noch nie gehabt seit Ungarns EU-Beitritt vor zwanzig Jahren.

Wenn auch die bürgerlich-linken Parteien insgesamt in Europa verloren haben, so kann nicht allgemein von einem Sieg der Rechten als Ausdruck einer Zunahme rechten Denkens gesprochen werden. Dass Rechts gewinnt, liegt daran in erster Linie daran, dass die Wähler mit der Politik der Regierungen in Europa insgesamt unzufrieden zu sein scheinen. Weil diese aber derzeit eher von bürgerlichen Parteien des links-grünen Milieus gestellt werden, trifft es diese vornehmlich.

Angesichts eines Mangels an vertretbaren linken Alternativen bleibt den Bürgern nichts anderes übrig, als rechts zu wählen, wenn sie ihren Unmut zum Ausdruck bringen wollen. Dort wo sich linke Alternativen als wählbar anbieten, wird dieses Angebot angenommen, wie das Ergebnis für Wagenknechts BSW zeigt, die immerhin aus dem Stand sechs Prozent erringen konnte. Das ist Wagenknechts Popularität zu verdanken, nicht der Politik dieses Bündnisses, das ja bisher noch gar keine gefestigte Organisation, geschweige denn gar eine praktische Politik vorweisen kann.

Gegenüber dem letzten Urnengang in Europa ist die Wahlbeteiligung gleich von 50,6 auf 51,1 Prozent(6) angestiegen. Es kann nicht gesagt werden, ob sich darin ein Bedeutungszuwachs der Wahlen zum Europäische Parlament in der Sicht der europäischen Bürger ausdrückt. Mancherorts fanden wie in Deutschland gleichzeitig auch Wahlen zu nationalen Vertretungen statt, sodass die Wahlbeteiligung dadurch verzerrt worden sein kann. Die höhere Wahlbeteiligung kann aber auch zum Ausdruck bringen, dass mehr Menschen diese Gelegenheit genutzt haben, um in dem Rahmen, den das herrschende System ermöglicht, ihren Unmut auszudrücken?

Es bleibt festzustellen, dass die Wähler sich weiterhin im Hamsterrad der Regierungswechsel um Veränderung bemühen. Dennoch scheint die Hoffnung zu schwinden, durch neue Regierungen mit neuen Parteien unter gleich bleibenden Bedingungen Verbesserungen für das eigene Leben zu erzielen. Denn wenn auch die Umfragewerte von Bundeskanzler Scholz katastrophal sind, so hat die größte Oppositionspartei, die CDU, mit einem Zuwachs von 1,1 Prozentpunkten kaum einen Vorteil aus dem schlechten Ansehen von Kanzler und Regierung ziehen können. Zweifelhaft ist, ob sie verhindern kann, „dass die Schockwellen aus Ostdeutschland im Rest Deutschlands ein noch größeres Beben auslösen“(7)

Herausforderer Friedrich Merz trauen noch weniger Bürger zu, ein guter Kanzler zu sein, als dem in Umfragen so schwachen Scholz. „Selbst innerhalb der Anhänger von CDU/CSU hätte ein Kanzlerkandidat Merz keine Mehrheit hinter sich“(7). Das ist der Zustand der politischen Mitte in Deutschland und vermutlich auch in Europa. Sie kann die Wählerschaft immer weniger an sich binden. Dass die Rechte siegt, ist nicht unbedingt Ausdruck eigener Stärke und Nachweis von Überzeugungskraft. Sie nährt sich aus Zerfall und Inhaltsleere der Politik der bürgerlichen Mitte. Ihr Aufstieg ist zudem begünstigt durch den Mangel an überzeugender linker Alternative.

Grün verliert

Die Kernwählerschaft der Grünen setzt sich ab. Erste Untersuchungen zeigen, dass „junge Leute unter dreißig der Partei in Scharen davon gelaufen sind“(9). 2019 erreichten die Grünen noch 20,5 Prozent, denn insgesamt „schien grün in Europa gewaltig auf dem Vormarsch“(10), heute sind es acht Prozentpunkte weniger. Grün stand nicht nur für Umweltschutz und Klima, das damals durch Bewegungen wie Fridays for Future ordentlich für Furore sorgte. Grün stand auch für Werteorientierung schlechthin.

Wer grün war, sich grün gab oder grün wählte, stand auf der richtigen Seite, war unangreifbar. Grün stand für moralische Überlegenheit und versucht es heute immer noch. Aber angesichts der Auswirkungen grüner Politik und Wertemission sowie der Kosten, die den meisten Menschen dadurch aufgebürdet wurde, hat dieses Denken an Anziehungskraft verloren. Im Gegenteil schlägt es um in Aggression besonders gegenüber dieser Partei. Je mehr Grün in Verruf kommt, umso schneller ziehen sich jene zurück, deren grüne Selbstdarstellung nichts weiter war als Lippenbekenntnisse.

Die Proteste der Gelbwesten und Bauern hatten sich an grünen Kernthemen entzündet. Auch die sogenannten populistischen Bewegungen auf der rechten Seite des politischen Spektrums haben in ihrem Kern die Ablehnung all dessen, wofür grüne Ideologie in den letzten Jahres stand. Das ist so beim Thema Migration, der Energie- und Verkehrswende, der Bedrohung der Lebensgrundlagen durch Preissteigerungen, aber auch bei der Frage der herkömmlichen Werte und Normen.

Der europäische Green-Deal und die links-grüne Politik vieler europäischer Regierungen waren eine Reaktion auf die Proteste der Mittelstands-Kids um Fridays for Future gewesen. Deren Forderungen waren nichts weiter als die Fortsetzung westlicher Werteorientierung, verstärkt durch pubertäre Vorwurfshaltung und kopflose Panik.

Unter dem Eindruck der Bauernproteste in ganz Europa, dem Murren gegen die Zumutungen des Gebäudeenergiegesetzes, des Verbrennerverbots und andere grüner Umerziehungsversuche wächst die Ablehnung in der Bevölkerung gegenüber den Grünen und ihren Anhängern. Deren ideologisch verblendetes Denken, dem die Interessen der einfachen Leute gleichgültig zu sein scheinen, weckt zunehmend auch Aggressionen besonders gegenüber grünen Politikern.

Grün scheint unten durch zu sein. Das zeigt sich in den Wahlergebnissen. Für die einfachen Leute bedeutet der grüne Einflussverlust aber noch keine Entwarnung. Zwar hat man den Regierenden mit den Ergebnissen der Europawahl gezeigt, wo der Hammer hängt und wer entscheidend ist für das Funktionieren der Gesellschaft. Aber das Hamsterrad der Regierungswechsel dreht sich trotzdem weiter.

Wie die Schwedendemokraten, die Basisfinnen und andere Rechtspopulisten an der Macht deutlich gemacht haben, ändert die Drehrichtung dieses Hamsterrades nichts an den Lebensverhältnissen. So lange sich die einfachen Leute keine Partei schaffen, die alleine ihren Interessen verpflichtet ist, haben sie eigentlich keine wirkliche Wahl. Jede neue Regierung bringt nur weitere neue Enttäuschungen, so lange diese nicht verbunden ist mit einer neuen Ordnung.

(1) Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 11.06.2024: Auch die Jugend rückt nach rechts

(2) ebenda

(3) ebenda

(4) FAZ vom 13.6.24: Frankreich muss wegen Neuwahlen mehr Zinsen zahlen

(5) FAZ vom 11.6.24: Ein Konkurrent für Orban

(6) Wahlbeteiligung EU nach Ländern

(7) FAZ vom 11.6.24: Das Beben im Osten

(8) FAZ vom 11.06.2024: Auch die Jugend rückt nach rechts

(9) FAZ vom 10.6.2024: Koalition ohne Fortschritt

Rüdiger Rauls ist Reprofotograf und Buchautor. Er betreibt den Blog Politische Analyse

CEO, der Wirtschaftsforschungsmann mit dem Koks ist da

Wer will diese deutsche Wirtschaft noch stoppen? Wieder ein Rekordwert – beim ifo-Geschäftsklimaindex. Party unter Führungskräften: Für sie ist die Welt nur noch ein einziges Aufwärts. Dabei wird hier nicht mit Kennzahlen dokumentiert, sondern mehr so vom Gefühl her Verblendung zementiert. Bauchgefühle: Wie geht es uns denn heute? Nie war er so gehaltvoll wie heute: Der ifo-Geschäftsklimaindex. Letzte Woche handelte er sich einen Rekordwert ein. Wirtschaften wir noch oder feiern wir schon? Das ifo-Institut sprach jedenfalls von euphorischen Zuständen, die Wirtschaft stehe unter Volldampf und die Führungskräfte seien zuversichtlich wie nie zuvor. Dieser letzte Einwurf ist die Crux an der Sache. Der Geschäftsklimaindex ist keine harte Kennzahl, keine berechenbare Größe oder eine mathematisch nachvollziehbare Einheit. Er ist schlicht und ergreifend eine kollektive Laune, so gut oder so schlecht wie die Summe der Befindlichkeiten aller befragten Führungskräfte. Das ifo-Institut schreibt nämlich monatlich Manager und Unternehmensleitungen an, die dann per Multiple Choice ihre persönliche Einschätzung der Geschäfts- und der Nachfrageerwartungen abgeben sollen. Der Geschäftsklimaindex rekrutiert sich also rein auf persönliche Meinungen und Befindlichkeiten und hat mit konkretem Zahlenmaterial nichts am Hut. Ökonomische Indikatoren sind völlig irrelevant für die Auswertung – sie fließen nur hinein, wenn sich einige Befragte die Mühe machten, ihre Bewertung mit solchen Werten zu begründen oder zu unterfüttern. Ansonsten wirken eher persönliche und private Faktoren auf das Resultat ein: Gute oder schlechte Laune, das schwüle Klima, verschiedene Frustrationen, sexuelle Defizite oder Abenteuer, Durchfall oder das nächste Level bei Candy Crush, das man einfach nicht erreicht. Tautologisches Orakel: Abbild der Wirklichkeit, das sich auf einem Abbild der Wirklichkeit gründet Ob nun CEO oder COO: Tageszeitung lesen Führungskräfte allemal. Wenn sie dann bei Spiegel oder in der Bildzeitung lesen, dass die Wirtschaftsweisen dolle Wachstumsraten ansetzten, dann färbt das natürlich auch auf deren ifo-Geschäftsklimaindex-Entscheidung ab. Da liegt dann der Spiegel offen auf dem Schreibtisch und daneben der Fragebogen von ifo. Und wo es heißt »Ihre Erwartungen für das kommende halbe Jahr« überlegt der Befragte kurz, überfliegt die Punkte, die er ankreuzen kann und sagt sich: »Hm, gerade eben noch gelesen, die Wirtschaft wächst – na dann dürfte wohl ›günstiger‹ die richtige Antwort sein.« Wenn er natürlich vorher ein Interview mit einem kapitalismuskritischen Ökonomen in der Frankfurter Rundschau gelesen hat, dann nimmt er eventuell eine latente Verstimmung mit in die Bewertung auf. Aber unter uns: Wer liest im Führungskader schon die Rundschau? So betrachtet ist dieser in den Medien allseits beliebte Index eigentlich nur das Abbild einer Wirklichkeit, die sich aus jenem Abbild einer Wirklichkeit manifestiert, wie man es in Zeitung und Broadcast ausgestaltet. Der durch große Think Tanks unterstützte (und finanzierte) Jubeljournalismus, der ganz ungeniert berichtet, aber eigentlich PR ausgestaltet, dient wahrscheinlich vielen Führungskräften zur Untermauerung ihrer Einschätzung. So steigert sich die deutsche Wirtschaft in einen Vollrausch, in eine Euphorie, die mit der Realität nichts mehr gemein hat. Wie im Rausch: Champagner, Koks, ifo-Geschäftsklimaindex Nun also der Rekord auf oben genannten Grundlagen. Es geht immer weiter, wird immer besser, höher, schneller. Die Exportlastigkeit bringt massive kontinentale wie globale Verwerfungen mit sich; die deutsche Wirtschaft gründet in ihrem Kern auf folgende Umstände: Sie hat sich durch einen exzessiven Ausbau des Niedriglohnsektors, durch gezielt herbeireformierte Prekarität und strikt verinnerlichte Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger, die sich auf dem Arbeitsmarkt feilbieten müssen, zu einem Unterbietungswettbewerb gemausert, von dem Unternehmen profitieren. Die Regierung stützt diesen Kurs damit, dass sie diese Rekordwert-Wirtschaft durch kreditbasierte Verschuldung des südlichen Europa stützt. An allen Ecken lugen die Probleme hervor: Die Binnennachfrage stagniert, eine Immobilienblase reift heran, Europa bröckelt unter dem Diktat der Austerität – aber hey, es gibt noch Champagner! Nehmt euch einen Schluck, es wird schon immer so weiter gehen, der Aufschwung ist für alle da. Wo dieser deutsche Erfolg inmitten von brüchigen Volkswirtschaften herkommt, da gibt es doch noch mehr davon. Diese Leute kennen die letzten Jahre als ein Szenario allgemeiner Systemkrise, von der sie innerhalb der Grenzen der Republik aber verschont blieben. So gesehen haben sie keinen Sinn mehr für Rücklaufszenarien, für etwaige neue Krisen, die dann eben nicht mehr geoutsourct werden können. Für sie ist alles eine einzige Aufwärtsbewegung, ein Zyklus ohne Fallkurven. Das war hier jedoch gefeiert wird, das ist nicht die Wirtschaft, die ohnehin für die meisten Protagonisten am Arbeitsmarkt gar nicht so rund läuft und die sie mit Entbehrungen auffangen und besser dastehen lassen, als sie eigentlich ist. Das ifo-Institut ist der Dealer, der Verblendung serviert und ausgelassene Partystimmung auf Grundlage eines Vollrausches nachreicht. Ein Rausch, der sich an der guten Hoffnung ergötzt und nicht an harten Zahlen. Waren das noch Zeiten, als man sich auf der Führungsebene einen solchen Zustand mit Koks ins Hirn schoss …

Neues Lügenpresswerk in Betrieb genommen

Die Absprache der Autokonzerne zur Täuschung von Kunden und Öffentlichkeit ist mehr als nur ein Skandal: Sie ist Beleg dafür, dass die deutsche Wirtschaft in vielen Bereichen mehr scheint als sie ist. Im gewaltigen Maschinenpark deutscher Industrie lärmen allerhand Anlagen: Allen voran das Lügenpresswerk. Die deutsche Wirtschaft boomt. Alleine dieser Satz – oft gehört, oft gelesen – beinhaltet so eine Aussage des schönen Scheins. Klar doch, die deutsche Wirtschaft darbt nicht in Agonie, wie es ihre griechische Schwester tut. Sie schrumpft nicht. Ein bisschen Wachstum geht noch. Aber muss man deshalb gleich vom Boom sprechen? Ja, das muss man wohl – denn es geht bei vielen Aussagen, die rund um die deutsche Wirtschaft getroffen werden, niemals nur um den Wahrheitsgehalt. Alles was das Thema flankiert, wird hierzulande als etwas fast schon Transzendentes behandelt: Die Wahrheit liegt nämlich im Glauben. Trotz systemischer Krisenszenarien gibt es in Deutschland mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte als sonst, heißt es. Die Zahl der Arbeitslosen sei zudem gesunken, sagt man. Das ist nicht ganz die Wahrheit, auch wenn darin ein wahrer Kern steckt. Es ist mehr so ein Glaubenssatz. Natürlich lassen sich die Zahlen belegen. Nur dass heute mehr Teilzeitstellen denn je besetzt sind, dass Arbeitslosigkeit im Niedriglohnsektor mit geringfügiger Bezahlungen abgefangen wird, das muss man selbst recherchieren, so man denn überhaupt zweifelt. Nun also ein Skandal, der die Autoindustrie und ihre Zulieferer betrifft – vielleicht sogar das Verkehrsministerium, man munkelt noch. Der Ausstoss von eigentlich umweltfreundlichen Automobilen war demnach doch wesentlich höher. Eine Verabredung zur Schadstoffminimierung in Wort und Bild, aber nicht in Teil und Tat, sollte die deutsche Autoindustrie in der Welt festigen, ihr einen Ruf von Technologie und Ökologie verleihen. Marx hatte unrecht: Es ist der Schein, der das Bewusstsein prägt. Und nicht etwa das Sein. Ganze zwei Buchstaben ist er an der Wahrheit der heutigen Berliner Ökonomie vorbeigeschrammt. Was aber tatsächlich der Wahrheit entspricht, das sind die modernen Maschinen, mit denen in der deutschen Wirtschaft hantiert wird: 3-D-Drucker, Lasertrenner, Roboteranlagen, der Rentner Herr Mayr, der sein Knowhow weitergibt, um seine Rente aufzustocken, der Kerl mit der Vollzeitstelle, der für Netto 980 Euro unseren Wohlstand garantiert – und natürlich ist da noch dieses Presswerk, das Lügen ausstanzt. Oder nennen wir es mal nicht vulgär »Lügen«, das wäre ohnehin viel zu einfach. Nein, man stanzt Ösen aus, an denen man die tatsächlichen Sachverhalte aufhängen kann, um sie mit matten Lack zu übersprühen. Absprache unter den Automobilherstellern: Nicht mehr als ein bedauerlicher Einzelfall, oder? Ach was! Diese ganze deutsche Wohlstandssphäre ist mehr oder weniger bloß eine Absprache zur Beugung der tatsächlichen Vorgänge auf dem Arbeitsmarkt.

Erdöl, Kaffee, Victoriabarsch: Was für ein Lebensgefühl!

Nach dem Anschlag in Barcelona hat auch FDP-Chef Christian Lindner die sozialen Netzwerke mit eine Stellungnahme beglückt. Wenn auch der Terror »der freien Welt den Krieg« erkläre, so seien wir doch stärker, beteuerte er per Meme und leitete das Bildchen mit den Worten ein, dass es eine Verpflichtung sei, »unsere Lebensweise zu verteidigen«. Da ist sie wieder, die Floskel von der Lebensart, die die US-Amerikaner schon vor Jahrzehnten anwandten, um Kriege fernab der Heimat als einen Kampf um den »way of life« zu deklarieren. Schon in Vietnam ging es angeblich nur darum. Von wegen Eindämmung des Dominoeffektes und so – Vietnam war der erste aller Lebensgefühlskriege. Weiterlesen im Neuen Deutschland