Baldrian aus dem ifo-Reformhaus
Nachdem die Sozialdemokraten so tun, als meinten sie es diesmal mit der Reform ihrer Jahrhundertreform ernst, die verrückterweise mit dem Namen eines Ex-Managers bezeichnet wird, gibt es urplötzlich allerlei Forderungen nach einer Hartz-IV-Reform. Nicht zuletzt aus dem konservativen Lager kommen nun Gegenvorschläge zur Güte.
Die Union zum Beispiel möchte freilich auch hier und da etwas neu arrangieren, aber so grundsätzlich sei Hartz IV ja nicht übel. Die Bundeagentur für Arbeit hält dagegen, »fundamentale Änderungen« erachte sie nicht als notwendig. Und natürlich weiß auch der Godfather aller Think Tanks, das ifo-Institut nämlich, dass sich was ändern muss: Nur halt nichts Grundsätzliches.
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Minimalstaat und Maximalwirtschaft
Nach den Amokläufen in Dayton und El Paso war schnell klar: Walmart verkauft weiter Waffen. Dies empörte auch den hiesigen Journalismus. Das kommt davon, wenn man seit Jahren glaubt, nicht der Staat sei Entscheider, sondern Wirtschaftsunternehmen hätten die Regeln zu diktieren und modifizieren.
Frage an den Suppenpulver-, Chlorhühnchen-, Rohrfrei- und Waffenverkäufer Walmart nach den Tragödien in Dayton und El Paso: Werden Sie weiterhin Schusswaffen im Sortiment belassen? Aber natürlich, antwortete der Supermarktkonzern. Warum denn nicht? Die gesetzliche Lage ist eindeutig, der Zweite Verfassungszusatz erlaube seit 1791 jedermann das Tragen von Waffen. Das ist Tradition. Und einer müsse dieses Recht ja auch mit Leben ausfüllen. Selbst wenn es todbringend ist. Insofern ist der Verkauf von Waffen verfassungskonform, ja geradewegs die krämerische Berechnung wahrer Patrioten. Walmart zeigt sich also uneinsichtig. Medien links und rechts des Atlantiks berichteten darüber. Durchaus empört und brüskiert.
Freiwilligkeit, Selbstkontrolle, Einsicht: Der fromme Wunsch als Ordnungskraft?
Wir haben es an und für sich schon mit einem sehr eigentümlichen Zeitgeist zu tun. Einerseits ist er total menschheitsverdrossen, glaubt dass Meschen engmaschig geführt und überwacht werden müssen. Verfolgungsbetreuung und Kontencheck tun da Not. Sind die Menschen aber nicht einfach ordinäre Bürger, sondern Unternehmer-, Manager- oder Konzernleitungsbürger, dann sieht das ganz anders aus. Dann outen sich Politik und Gesellschaft gerne mal als Laissez-Faire-Fans. Denn diesem Typus Bürger und Rechtsperson Gesetze und Regularien aufzuerlegen, das ist ja schließlich mindestens gefühlte Bevormundung. Leistungsträger aber bevormundet man nicht. Man gibt sich zuversichtlich, dass sie es gut meinen, geht vom Besten aus und glaubt an irgendwelche Selbstheilungskräfte des Marktes durch seine Marktteilnehmer. Es hat sich in den letzten Jahren der Liberalisierung unserer Wirtschaft ein kruder Fatalismus herauskristallisiert, der sich gar keine andere Vorgehensweise mehr vorstellen kann. Zu Anfang, als man noch vor dem Volk predigte, dass Entbürokratisierung und ein schlankerer Staat, die Lösung unserer Probleme seien, hat man ja die Option staatlicher Eingriffe noch im Hinterkopf gehabt. Wenigstens um sie zu diffamieren, um davor zu warnen, sie als falsch zu kennzeichnen. Von etwaigen Alternativkonzepten hat man sich allerdings mittlerweile vollkommen gelöst. Sie sind offenbar kaum noch vorstellbar. Neulich habe ich das beanstandet, als ich den Kundenboykott als eine Folge des allseits verinnerlichten Liberalisierungsprozesses vorstellte. Ich schlußfolgerte: »Der Staat sollte sich [während der Zeit der neoliberalen Reformitis] möglichst aus der Verantwortung stehlen, jeder sollte der Schmied seines eigenen Glückes sein. Mit dem Kundenboykott scheint diese Haltung im Alltag angekommen zu sein. Das Kaufverhalten soll jetzt richten, was der Staat verbockt. Man boykottiert nicht mal die Politik, greift sie nicht an, mahnt sie nicht ab, sondern tut so, als habe sie nichts mit der Sache zu tun.« Diese Denke geht leider noch viel weiter.Gesetzgeber in der Minarchie: Wirtschaftsunternehmen
Ob nun Lebensmittelkonzerne, die die Politik höflichst, allerdings unverbindlich um Mitwirkung bittet oder Automobilhersteller, die ohne Aufsicht und ohne klare Vorgaben die Bereinigung ihrer Betrugsmaschinerie selbstverantwortlich managen, um den eigenen Laden wieder auf Vordermann zu bringen: Stets lauert dahinter ein Gedanke – der Staat kann es nicht. It’s the economy, stupid! Und zwar nur die! Deswegen jetzt auch die brüskierten Meldungen, die über Walmart herziehen. Denn in diesem Weltbild ist Walmart ja kein sich aufgestellten Regeln unterwerfender Player, sondern Entscheider, ein Macher, ja sogar so eine Art politischer Abgeordneter, der qua seines gesellschaftlichen Status‘ Weisungsbefugnis und judikative Kompetenz verinnerlicht. Marktkonforme Demokratie? Ach hör mir doch auf, das ist doch was für Dilettanten! Wahre Profis sind doch viel weiter. Unsere Postdemokratie ist nicht einfach nur marktkonform, dem Sinne nach, dass sie sich der Wirtschaft anpasst. Sie wird vom Markt, von den Marken und den potenten Marktteilnehmern betriebswirtschaftlich geleitet. Richtlinienkompetenz und so. In der Minarchie, dem Minimalstaat, hat die Wirtschaft nun mal maximale Befugnisse. Sie übernimmt das Geschäft von denen, die vormals noch vom Souverän abbestellt wurden, um die Dinge zu regeln. Absatzzahlen sind quasi die Wählerprozente der postdemokratischen Ära. Nicht, dass das neu wäre, seit Jahren streiten wir uns ja um das politische Primat und die Primaten aus der Wirtschaft, die es erfolgreich untergraben. Aber bei Meldungen wie jener vom bösen Supermarkt, der sein Sortiment an Waffen nicht aus den Regalen nimmt, merkt man dann wieder sehr deutlich, wie weit fortgeschritten diese staatsverdrossene Haltung ist. Insbesondere bei den Qualitätsmedien. Nicht Walmart ist das Problem, sondern die US-amerikanische Politik. Es sind eben nicht nur die verprellten Protestwähler, die es aufgegeben haben, an den Staat zu glauben. Es sind auch die Leitartikler und ihr komischer Marktmoralismus, die den Staat je und je aus der Veratwortung entlassen. Zwischen beiden Verdrossenengruppen gibt es freilich einen Zusammenhang: Ohne die marktradikalen Konzernokraten hätten sich viele Wähler vielleicht nicht abgewandt. Hier nicht und in den USA erst recht nicht. Aber diese Geschichte kauen wir wann anders durch …Macron II, ein Ausblick
Ein Gastbeitrag von Jos Schreiner.
Im ersten Teil unseres Beitrags „Hat Macron die Wahl gewonnen?“ hatten wir den Versuch einer Wahlanalyse unternommen und die Reaktionen in Frankreich und Europa auf die Wiederwahl von Macron geschildert. Wir wollen uns im zweiten Teil mit den Folgen beschäftigen, die die Wiederwahl für Frankreich haben wird.
Am Wahlsonntag (24. April) kam es im ganzen Land zu Demonstrationen von Menschen, die über die Wahl zwischen zwei verhassten Kandidaten empört waren. Die Polizei ging gewaltsam gegen die Demonstranten vor, zwei Menschen wurden erschossen. Eine Woche später mobilisierten die Gewerkschaften zum ersten Mai, der dieses Mal ganz im Zeichen der Wiederwahl von Macron und der Empörung über seine angekündigten sozialen Gegenreformen stand. Eine erste soziale Mobilisierung unter Macron II, die auch durch die Frage nach einer Strategie der Linken für die kommenden Parlamentswahlen geprägt war. In den Demonstrationszügen skandierten viele ihre Ablehnung gegenüber Emmanuel Macron und den Angriffen, die in der nächsten fünfjährigen Amtszeit auf sie zukommen werden.
Etwa 50.000 Gegner von Macrons unsozialen Plänen waren in Paris dem Aufruf der Intersyndicale (CGT, UNSA, Solidaires, FSU, UNEF, VL, MNL und FIDL) gefolgt, um diesen Tag zu einem starken Zeichen der Mobilisierung für Löhne, Renten, Sozialschutz, Arbeitsplätze, öffentliche Dienste, Klimaschutz und den Frieden zu machen. Studenten- und Schülerorganisationen, Unef, VL, MNL und FIDL schlossen sich an. Die FO hatte keinen landesweiten Aufruf gemacht, schloss sich aber dem Demonstrationszug an. In ganz Frankreich nahmen mehr als 200.000 Menschen an den Umzügen zum ersten Mai teil.
Nur die reformistische CFDT stand abseits und hatte eine eigene, kirmesähnliche Maifeier in Paris organisiert. Leider ist die CFDT mit ihrem Generalsekretär Laurent Berger, nach der Anzahl ihrer Mitglieder, die größte Gewerkschaft in Frankreich. Laurent Berger fällt durch seinen Willen zum Konsens und zum ständigen Dialog mit den „Sozialpartnern“ auf. Er hat sich von den Gelbwesten distanziert und kennt nur ein Wort: Sozialpartnerschaft und Dialog mit allen Parteien. Er fühlt sich gebauchpinselt, wenn er im Élysée oder Matignon als Gesprächspartner empfangen wird, auch dann noch, wenn es schon lange nichts mehr zu verhandeln gibt. In den Augen vieler radikaler Aktivisten gilt er als Verräter, eine Einschätzung, die der Autor dieser Zeilen teilt. So hat Berger sich bereits in der vergangenen Woche in einem Artikel im französischen Le Monde an Macron mit den Worten gewandt: „Sie werden diese Herausforderungen nicht allein bewältigen können.“ Offenbar will er Macron dabei helfen, die Gegenreformen ohne großen Widerstand von der Straße durchzuziehen.
Kaum wiedergewählt, muss sich Macron nach einer Woche scharfer Kritik an seinen angekündigten Projekten den Franzosen auf der Straße stellen. Es werde keine dreimonatige Schonfrist und keinen Blankoscheck für Macron geben, hatten die Gewerkschaften angekündigt. Und in der Tat, die Gewerkschaften, aber nicht nur sie, haben in den letzten fünf Jahren Macron ausreichend genug kennengelernt, um zu wissen, wo dran sie mit ihm sind. Viele der Baustellen, wie die Rentenreform, die Bildungsreform oder die Reform des Arbeitslosengesetzes und die Krankenhausreform sind noch offen aus der Zeit von vor Corona.
Zwar hatte Macron versichert, er werde sich neu erfinden und in seiner zweiten Amtszeit eine neue Ära schaffen, die nicht in der Kontinuität der vorherigen Amtszeit stehen werde, sondern in der „kollektiven Erfindung einer neuen Methode, um fünf bessere Jahre in den Diensten unseres Landes und unserer Jugend“ zu schaffen. Niemand werde zurückgelassen. Leere Worte, um zu beschwichtigen und um wiedergewählt zu werden. Um seine Gegenreformen durchzusetzen, wird Macron nicht zögern, wie gehabt mit Gewalt vorzugehen. Davon zeugt die Niederschlagung der Demonstrationen, die am Wahlabend gegen seine Wiederwahl durchgeführt wurden. Macron II wird sich von Macron I höchsten durch den Grad seiner Scheinheiligkeit unterscheiden. Sein Programm ist noch immer dasselbe wie 2017, und die Methoden, es gegen den Willen des Volkes durchzusetzen, werden sich in der Praxis nicht ändern. Macron II oder Macron I, in Macrons neoliberalem Frankreich sollen die Arbeitnehmer für die Krise bezahlen. Der Präsident der Reichen wird der Arbeiterklasse keine Geschenke machen
Die Baustellen für Macron
Mit den geplanten Gegenreformen wie die Rente mit 65, eine Arbeitspflicht für RSA-Empfänger (das franz. Hartz 4), die Verdoppelung der Polizeikräfte vor Ort oder die Fortsetzung einer islamfeindlichen Politik wird die nächste fünfjährige Amtszeit explosiv sein. Sinkende Kaufkraft, Wut der Beschäftigten in den Krankenhäusern und in den Schulen, der Klimanotstand, der Krieg in der Ukraine sind weitere brisante Themen, die die Stimmung anheizen. Und am 12. und 19. Juni sind Parlamentswahlen.1.Die Kaufkraft
Die Arbeitnehmer haben schon durch Entlassungen, Kurzarbeit und Betriebsschließungen während des Lockdowns durch die Anti-Corona- Maßnahmen manche Lohneinbußen hinnehmen müssen. Geldspritzen für die Superreichen, und die Nato-Sanktionen gegen Russland heizen die Inflation an und untergraben den Lebensstandard der Arbeiter in Frankreich. Die Löhne können mit der Inflation nicht mithalten. Die Unternehmen bieten im besten Fall ungenügende Lohnerhöhungen in den Tarifverhandlungen an. Nur der Mindestlohn (Smic) ist an die Inflation gebunden und wird jedes Jahr am 1. Januar angepasst. Die Erhöhung ist aber unzureichend, sie betrug dieses Jahr 2,65%, während die Inflation im April bereits auf 4,8% gestiegen ist und noch weiter zu steigen droht. Die Lebensmittelpreise steigen noch stärker. Durch die Erhöhung des Mindestlohnes sind jetzt viele Tariflöhne sogar unter den Mindestlohn gefallen, was zeigt, wie niedrig auch diese oft auch sind. Macron verlässt sich bei diesem Thema auf den guten Willen der Arbeitgeber, anstatt gesetzgeberisch einzugreifen. Es müssten dringend Maßnahmen ergriffen werden, um der Belastung der Haushalte durch die Inflation entgegenzuwirken. Der Treibstoffrabatt läuft am 1. Juli aus, die Deckelung der Gaspreise am 30. Juni. Das am 19. Juni frisch gewählte Parlament soll dann einen Teil der LREM- Wahlkampfversprechen umsetzen, wie die Erhöhung des Indexpunktes für Beamte, oder den versprochenen „Lebensmittelscheck. Auch in Frankreich werden die Arbeitnehmer immer ärmer und viele rutschen sogar in die extreme Armut ab. Eine generelle substantielle Erhöhung der Löhne ist dringend notwendig, wird aber voraussichtlich auf den Widerstand der Arbeitgeber und „ihres“ Präsidenten Emmanuel Macron stoßen. Die Wut der Arbeitnehmer steigt proportional zur Inflationskurve.2. Die Renten
Während des Wahlkampfs 2017 hatte Macron seine Wähler getäuscht, indem er versprach, das Renteneintrittsalter, das bis dahin bei 62 Jahren lag, unverändert zu lassen. Dieses Mal hat der Präsidentschaftskandidat klar zum Ausdruck gebracht, dass er das gesetzliche Renteneintrittsalter um drei Jahre anheben will. Das Vorhaben ist Teil eines Pakets von „Arbeitsmarktreformen“, die Menschen sollen immer mehr arbeiten und am Lebensabend weiterhin arm bleiben. Die Rentenreform benachteiligt vor allem Menschen in prekären Situationen, die nicht die erforderlichen Versicherungsjahre sammeln können, insbesondere die Frauen. Das Thema Renten war bereits während der vorherigen Amtszeit von Macron Gegenstand harter Diskussionen und hat monatelang zu großen Protesten auf der Straße geführt. Das Projekt musste jedoch wegen der Covid-19-Pandemie ausgesetzt werden. Aber die Rentenreform war und ist das wichtigste Projekt von Macrons Wirtschaftsplan. Im Zuge der Reform soll auch die Rentenkasse privatisiert und an Rentenfonds wie Black Rock ausgehändigt werden, damit diese das Geld auf den „Märkten“ anlegen sollen. Um seine Rentenreform durchzusetzen, die er bis zum Jahresende bereits auf den Weg bringen will, will Macron erst einmal beschwichtigen und hat eine „Sozialkonferenz“ zur Rentenreform angekündigt und erst einmal ein paar Süßigkeiten versprochen, wie die Erhöhung der Mindestrenten. Um die bittere Pille der Rentenreform zu versüßen, soll bereits im Juli über Maßnahmen abgestimmt werden, um die Kaufkraft wenigstens minimal für Alle zu erhöhen. Indexierung der Renten an die Inflation, Lebensmittelscheck, Beibehaltung der Deckelung für Gas- und Strompreise, um später bei der Rentenreform einen „Kompromiss“ fordern zu können. Zur angekündigten Sozialkonferenz für die Renten meinte Philippe Martinez, der Führer der CGT: „Während des ersten Fünfjahreszeitraums lautete die „Konzertierung“ wie folgt: Sagen Sie Ihre Meinung, aber ich mache, was ich will“ und fügte hinzu, man habe bereits genug palavert. Sollte die „Sozialkonferenz“ zu keinem Kompromiss kommen, schloss Wirtschaftsminister Bruno Le Maire nicht aus, das Gesetz durch Präsidialerlass (Art. 49-3, siehe dazu weiter unten) zu erlassen. Ausnahmslos alle Gewerkschaften und Sozialverbände und auch die Gelbwesten sind gegen die Rentenreform. Es wird demnach noch zu größeren Auseinandersetzungen um das Thema kommen.3. Die Arbeitsgesetzgebung
Emmanuel Macron will die mit den Verordnungen von 2017 eingeleitete „Modernisierung des Arbeitsgesetzbuches“ im Namen einer angeblichen Wettbewerbsfähigkeit fortsetzen. „Modernisierung“ heißt im neoliberalen Neusprech stets Verschlechterungen für die Arbeiterklasse und Umverteilung nach oben. Die Reform der Arbeitslosenversicherung ist die Arbeitslosen bereits teuer zu stehen gekommen, nun sollen Regeln eingeführt werden, die mehr „Anreize für die Rückkehr in die Beschäftigung“ bieten. Das heißt weniger Rechte für die Bezieher von Arbeitslosengeld. Für die Empfänger von Sozialhilfe (RSA) möchte Macron das RSA an die Bedingung knüpfen, „15 bis 20 Stunden pro Woche“ zu arbeiten, unter dem Vorwand, „die Würde eines jeden anzuerkennen“. Sein Vorschlag, das RSA von einer wöchentlichen Arbeitszeit abhängig zu machen, kommt bei der Rechten gut an, stößt aber bei den Gewerkschaften auf Ablehnung. Im selben Atemzug sollen auch die Arbeitsämter reformiert und zentralisiert werden und künftig „France Travail“ heißen.4. Die Löhne der Beamten
Die letzte Erhöhung des Indexpunktes für Beamte war im Frühjahr 2016 angekündigt worden. Sie belief sich auf magere 1,2 %. Zuvor hatte sich der Indexpunkt sechs Jahre lang nicht bewegt. Nachdem Macron eine allgemeine Erhöhung strikt ausgeschlossen hatte, schwenkte er schließlich um, zweifellos um Stimmen für seine Wiederwahl zu fangen. Die Situation für etwa 5,7 Millionen Beamte wird, angesichts der Inflation, so langsam unhaltbar. Eine Erhöhung des Indexpunktes wurde für noch vor dem Sommer versprochen und soll dem neuen Parlament nach den Parlamentswahlen vorgelegt werden. Die CFDT fordert eine Erhöhung um „mindestens 3 %“, die CGT hingegen eine Erhöhung um 10 %. Selbst 10% empfinden die Beamten aber als ungenügend. „Seit 2011 liegt der Preisanstieg bei über 13%. Seit Beginn des aktuellen Fünfjahreszeitraums liegt er bei 7,5 %. Für Juni 2022 wird eine jährliche Inflationsrate von fast 6 % prognostiziert. Es geht also sowohl darum, aufzuholen, als auch vorzugreifen“, so die Unsa, die Lehrer- und Beamtengewerkschaft. Bei einer Lohnanpassung, die zumindest die Inflation ausgleichen würde, sind die Löhne der Beamten damit zwölf Jahre im Rückstand!5. Das Gesundheitssystem
Das Krankenhaus steht im Mittelpunkt der Forderungen im Gesundheitsbereich. Viele Mitarbeiter sind nach zwei Jahren Covid-19 aus dem bereits vorher schon unterbesetzten Bereich ausgeschieden. Schließung von Betten oder sogar ganzer Abteilungen aufgrund von Personalmangel sind zu einem großen Problem geworden. Viele freie Stellen in den Krankenhäusern finden angesichts schlechter Löhne und Arbeitsbedingungen keine Bewerber mehr. Eine Aufbesserung der Gehälter und Investitionen in die Infrastruktur ist dringend erforderlich. Nun soll das Einführen von „Gesundheitsreferenten“ es richten. Krankenpfleger, Apotheker, Physiotherapeuten und andere sollen in unterversorgten Gebieten ermächtigt werden, einfache medizinische Handlungen vorzunehmen. Macrons im Wahlkampf gegebenes Versprechen, massive Investitionen in das Gesundheitssystem zu tätigen, beruht in Wirklichkeit auf Entscheidungen, die bereits im Juli 2020 beim Ségur de la santé getroffen wurden: Aufwertung der Gehälter und Laufbahnen der paramedizinischen Fachkräfte und Investitionen von 19 Mio. € über die nächsten 10 Jahre. Die Gewerkschaften fordern dagegen einen wirklichen Plan zur Bekämpfung des Notstandes im Gesundheitsbereich. Die Zeit drängt.6. Die Bildung
Auch die Lehrer haben in den letzten 20 Jahren zwischen 15 und 25 % ihres Gehalts verloren und fordern von der Regierung eine Erhöhung ihrer Gehälter. Nachdem Emmanuel Macron zuerst gesagt hatte, dass es Erhöhungen nur im Austausch für zusätzliche Aufgaben gäbe, sagte er eine Erhöhung um 10% zu. Seine Äußerungen sind jedoch vage. So ist nicht klar, ob auch alle Lehrkräfte betroffen wären. Eine Erhöhung auf 20%, wenn die Lehrer die Vertretung abwesender Kollegen, Hausaufgabenhilfe usw. annähmen, soll Gegenstand der Verhandlungen sein. Macron will auch die Schulen dazu ermutigen, Projekte zu entwickeln und ihnen die Möglichkeit geben, die Unterrichtsmethoden anzupassen. Die Direktoren und Direktorinnen würden damit bei der Einstellung von Lehrkräften ein Mitspracherecht erhalten und könnten bestimmte Profile ablehnen. Die Gewerkschaften und viele Lehrer halten diese Maßnahme für ungerecht und sehen den Gleichheitsgrundsatz gefährdet.7. Umwelt & Klima
Der nächste Premierminister, der in Frankreich vom Präsidenten ernannt wird, soll „direkt für die ökologische Planung zuständig“ sein. Das Pariser Verwaltungsgericht hatte festgestellt, dass Frankreich durch seine schlechte CO2-Bilanz mit Schuld an der Klimakrise sei. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Macron hatte sich im Wahlkampf ein grünes Mäntelchen umgehängt, um auch bei den Umweltschützern auf Stimmenfang zu gehen. Jetzt erwarten diese, dass die Versprechen eingehalten werden und endlich gehandelt wird. Macron will den Klimaschutz seinem künftigen Regierungschef anvertrauen und ihm zwei Minister zur Seite stellen, die für die Energieplanung zuständig sein sollen. Auf lokaler Ebene sollen über mehrere Monate hinweg Gespräche mit „allen Beteiligten“ organisiert werden. Nichts Konkretes bis jetzt also. Anstatt Posten zu verteilen, müsste die neue Regierung und ihr Präsident vor Allem endlich die nötigen personellen und finanziellen Mittel zur Umsetzung von Maßnahmen bereitstellen und auf die Einhaltung der bereits bestehenden Gesetze achten und Verstöße dagegen konsequent ahnden. Auch in Frankreich merkt man kaum, dass es so etwas wie ein Umweltstrafrecht gibt. Verstöße werden nur in Geldform an die Firmen geahndet, die die verhängten Bußgelder dann aus der Portokasse bezahlen. Kein Geld, zu teuer, wettbewerbsschädlich sind die Kriterien für Umweltschutzmaßnahmen, so wie es auch beim Bürgerkonvent gegen Klimaschutz ans Tageslicht kam (siehe dazu den ersten Teil: „Hat Macron die Wahl gewonnen?“) „Der 1. Mai ist ein Kampf zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, der auf der Aufteilung des Reichtums aus der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen beruht, die unter Beachtung der Grenzen der Ökosysteme und der Bevölkerung erfolgen muss“, so Arnaud Schwartz, Präsident von France Nature Environnement, und weist auf den Zusammenhang zwischen den Kämpfen für soziale und ökologische Verbesserungen hin.8. Justiz und Sicherheit
Die für Ende Februar erwarteten Schlussfolgerungen der Generalstände der Justiz, einer breit angelegten Konsultation, die von Emmanuel Macron im Oktober eingeleitet wurde und an der 50.000 Personen teilgenommen haben, werden noch vor dem Sommer bekannt gegeben. Der Ausschuss, der mit der Bearbeitung der gesammelten Vorschläge beauftragt wurde, wird seinen Bericht voraussichtlich Ende des Monats vorlegen. Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Neufassung der Strafprozessordnung, Verkürzung der Fristen… Auf der Grundlage dieser Ergebnisse wird der Präsident ein Fünfjahresprojekt für die Justiz aufbauen. Macron hat sich verpflichtet, die finanziellen und personellen Mittel im Bereich Justiz und Sicherheit zu erhöhen. Er will die Schaffung von 8500 Stellen in den nächsten fünf Jahren vorantreiben, ohne jedoch bisher Einzelheiten genannt zu haben. Es sollen mehr Polizisten und Gendarmen eingestellt werden. 200 neue Gendarmerie- Brigaden sollen entstehen. Schließlich plant Macron die Erhöhung der Geldstrafen für Straftaten.9. Frieden und der Krieg in der Ukraine
Frankreich unterstützt den Kurs der Nato gegen Russland. Der Krieg in der Ukraine wird für Frankreich in naher Zukunft weiterhin außenpolitische Priorität haben. Am 30. und 31. Mai werden die EU-Staaten auf Wunsch von Macron, der noch bis zum Juni die Präsidentschaft in der EU innehat, zu einem Sondergipfel zusammenkommen. Normalerweise wird es dort um die europäische Verteidigung und um den Krieg in der Ukraine gehen. Macron möchte die Verpflichtungen für eine größere strategische Autonomie Europas konkretisieren und weitere Sanktionen der EU gegen Russland, die auch ein Ölembargo einschließen. Die Gaslieferungen aus Russland sollen so weit wie möglich eingeschränkt werden. Es ist klar, dass das Thema Krieg eng mit der Sozialpolitik verbunden ist. Die mit der Kriegstreiberei, nicht nur von Macron allein, verbundenen Rüstungsausgaben und die Sanktionen gegen Russland kosten ein Heidengeld. Die Arbeiter sollen es bezahlen, sei es über Steuern, Kürzungen von Sozialleistungen oder nicht getätigte Investitionen in die Infrastruktur.Nach der Wahl ist vor der Wahl
Nach ihrer Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen versucht die Linke nun, sich für die Parlamentswahlen am 12. und 19. Juni zu einigen. Mélenchon, der die meisten Stimmen von allen linken Kandidaten bekommen hatte, möchte nun als Kandidat einer Volksunion Premierminister werden und auf diesem Posten ein Gegengewicht zu Präsident Macron darstellen. Es soll eine Cohabitation erzwungen werden, eine Konstellation, in der die Mehrheit im Parlament nicht aus dem gleichen politischen Lager wie der Präsident kommt, es wird eine geeinigte linke Mehrheit im Parlament angestrebt. Die France Insoumise hat Verhandlungen für eine Sammlungsbewegung zusammen mit den Sozialisten, den Kommunisten und den Grünen begonnen. Die Grünen haben bereits am Sonntag zugestimmt, am Dienstag sagten auch die Kommunisten zu, am Mittwoch taten es die Sozialisten. Die Koalition steht also. Laut Umfragen will auch die Mehrheit der Franzosen dem Präsidenten eine Cohabitation aufzwingen. Grob gesagt, ist Frankreich zurzeit in etwa gleich große drei Lager geteilt: die liberale Rechte, die extreme Rechte, und die Linke, die nur knapp aus dem zweiten Wahlgang verdrängt wurde. Wenn die Linke eine gemeinsame Basis findet, könnte sie bei den Parlamentswahlen durchaus eine absolute Mehrheit erzielen, eine Vorbedingung für eine Cohabitation, da der Präsident alle Minister, auch den Premierminister ernennt. Ohne eine Mehrheit im Parlament, der Assemblée nationale, schrumpft die Macht des Präsidenten deutlich. Für den Kampf der Sitze im Parlament kann die LREM auch nicht, so wie Maron in der zweiten Wahlrunde, auf die fremden Stimmen zählen, die seine Partei (oder eine andere Partei aus dem bürgerlichen Lager) nur deshalb wählen, um gegen Le Pen zu stimmen. Viele Fragen wirft der plötzliche Sinneswandel von Mélenchon auf, zu versuchen auch die Sozialdemokratische PS (Parti Socialiste) mit ins Boot zu holen. Die Verhandlungen mit de PS sind in Mélenchons eigener Partei heftig umstritten und auch Mélenchon selber hat bis vor noch nicht langer Zeit eine Zusammenarbeit mit der PS abgelehnt. Die PS ist verantwortlich für die arbeiterfeindlichen Gesetze unter Präsident Hollande, für die Gegenreform der Arbeitsgesetze und für zahlreiche Privatisierungen kommunaler und staatlicher Betriebe. Die Arbeiterklasse betrachtet die PS als Verräter und hat sie dementsprechend abgestraft. Die Kandidatin des PS, Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris, bekam bei den Präsidentschaftswahlen gerade mal 1,7%, in der Assembée nationale hat die PS nur noch 30 Sitze von insgesamt 577, Tendenz fallend. Es soll auch nicht vergessen werden, dass es Hollande war, der den Investmentbanker Macron aus der Privatwirtschaft heraus in sein Kabinett holte, um mit ihm gemeinsam neoliberale Reformen durchzusetzen, oft diktatorisch per Präsidialerlass und ohne Mehrheit im Parlament. Die Basis der PS befürwortet ein Abkommen mit LFI. Aber einige (unverbesserliche) Parteibonzen aus den Zeiten, als aus der PS eine „Partei der Mitte“ gemacht wurde, treten auf die Bremse. Expräsident François Hollande etwa hat vor einem solchen Bündnis gewarnt. »Das würde heißen, dass die nächste Regierung dazu gebracht würde, die europäischen Verträge in Frage zu stellen? Die NATO zu verlassen? Den Ukrainern nicht mehr zu helfen?« Eine Beteiligung der PS am Wahlbündnis der „nationalen Einheit“ wird von vielen als eine Rehabilitation der Sozialistischen Partei angesehen. Auf der Kundgebung zum 1. Mai von letztem Sonntag hat Mélenchon Olivier Faure, dem ersten Sekretär der PS, demonstrativ in aller Öffentlichkeit die Hand gegeben, demselben Olivier Faure, der das El-Khomri-Gesetz (benannt nach der damaligen Arbeitsministerin El Khomri, PS) zur „Reform“ der Arbeitsgesetze federführend mit auf den Weg gebracht hatte. Die PS steht nicht auf der Seite der Arbeiter, sie steht auf der Seite des Kapitals. Es ist ein Hohn, dass gerade sie sich ausgerechnet auch noch „Sozialistische Partei“ nennt. Da liegt ein faules Ei im Nest der Koalition. Mélenchon hat sich bereit erklärt, unter Macron als Premierminister zu dienen. Hauptsächlich will er, nach seinen Angaben, damit verhindern, dass Macron seine Gesetzesprojekte per Präsidialerlass (Art. 49-3 der Verfassung) durchsetzen kann. Laut Art. 49-3 der französischen Verfassung kann nämlich nur der Premierminister (nicht der Präsident!) ein Gesetzesprojekt auch dann zum Gesetz erheben, wenn es nicht die erforderliche Mehrheit im Parlament bekommen hat. Ein Premierminister, der nicht dem bürgerlichen Lager von Macron angehört, würde sich wahrscheinlich weigern, den Präsidialerlass auszulösen. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass Macron, selbst bei einer Mehrheit der Stimmen für Mélenchon, ausgerechnet ihn zum Premier küren würde. Im Falle des Falles wird sich schon ein Quisling aus „linken Reihen“ finden, den Macron relativ gefahrlos zum Premierminister ernennen kann. Die Reihen der PS bestehen fast nur noch aus Verrätern und bei denen ist Mélenchon gerade dabei, sich lieb Kind zu machen. Es gibt aber noch andere Institutionen, die nicht immer nach der Pfeife des Präsidenten tanzen und das sind die lokalen Gebietskörperschaften. In der Tat konnte die LREM bisher nie richtig in den Regional- und Kommunalverwaltungen Fuß fassen. Die LREM stellt relativ gesehen nur wenige Bürgermeister und Räte in den Gemeinden. Sie ist erst 2016 gegründet worden. Die Verwaltung in den Gemeinden ruht aber meist auf langen Traditionen von Lokalpolitikern. Lokale „Barone“, besonders die, die es nicht nach Paris treibt, bringt die Opposition zur offiziellen Regierungspolitik oft mehr Wahlkredite als den Vorgaben aus Paris Folge zu leisten. Sie könnten für eine Unterstützung für Paris mehr verlieren als das was sie sich lokal in langen Jahren erarbeitet haben. Wir werden gleich nach dem 19. Juni eine Bilanz der Parlamentswahlen ziehen.Redaktionssitzung vom 15. Juni 2022
Nachdem unsere erste Redaktionssitzung – für uns ein wenig überraschend – ziemlich gut ankam, haben wir uns entschieden, eine zweite aufzunehmen.
Im Grunde ist für Außenstehende langweiliger Kram dabei, aber das eine oder andere dürfte euch interessieren.
Wer sich beispielsweise nicht für Suchmaschinenoptimierung interessiert, sollte einfach zu den Sex Pistols springen.
Inhalt:
00:30 Stille Mäuse und Leserbetreuung
05:30 Support für Gert
08:00 Anglizismen
10:00 Die Kalenderfunktion
15:00 Twitter-Hass (I)
19:30 Luther
20:00 Twitter-Hass (II)
25:30 Suchmaschinenoptimierung
31:00 Gladbeck
34:00 Sex Pistols
35:00 The Who (Tommy“)
36:30 Blöder Witz
37:00 Kontrafunk
40:00 Der bayerische kana … en Sound
41:00 Das nächste Podcast-Thema
44:00 Anzeige muss raus!
Spenden – Per Überweisung oder Dauerauftrag – Kontoinhaber: Jörg Wellbrock – Kontobezeichnung: neulandrebellen – IBAN: DE10 2305 2750 0081 6124 26 – BIC: NOLADE21RZB – Via PayPal: neulandrebellen@gmail.com
Spreaker
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Weitere InformationenDas Böse im Spiegel
Die Ära der vermeintlichen Alternativlosigkeit hat bewirkt, dass wir die jeweils herrschende Politik als ein Naturgesetz akzeptieren, dem man nicht entgehen kann. Aber die Herrschaften Habeck, Baerbock und Scholz sind keine Naturgesetze — auch wenn sie das suggerieren.
Über sieben Monate sind wir jetzt die Alternativlose los. Weit mehr als ein Jahrzehnt hatte sie uns vermittelt, dass neben dem Kurs, den sie wirtschaftspolitisch fuhr, keine anderen Möglichkeiten bestanden. Zugegeben, dass der Neoliberalismus alternativlos sei, das hat sie nicht erfunden. Schon unter Schröder hat man das behauptet. Das Kunststück, sich als letzte verbliebene Option zu verkaufen, hatten die Marktliberalen geschickt eingefädelt: Bereits die »Chicago Boys« hausierten mit dieser wahnwitzigen, antidemokratischen Theorie. Dummerweise wurde sie fast überall auf der Welt hingenommen.
Aber womöglich wurde es außerhalb der angelsächsischen Welt nirgends so aggressiv und ideologisch verfochten wie im Herzen Europas, in good old Germany. Hier schaffte es die Theorie zu einem Naturgesetz. Unangefochten. Von Gott gegeben. Natürlich genauso physisch begründbar und so sicher wie der Umstand, auf den Boden und nicht an die Decke zu fallen, wenn man stolpert. Die Deutschen haben also Erfahrung mit der Schaffung ganz eigener Naturgesetzlichkeiten. Sie haben auch während der letzten Zombieapokalypse eigene Naturgesetze kreiert, Hygienepläne genannt. Und jetzt ganz aktuell ist schon wieder eines etabliert worden: nämlich jenes, wonach uns spätestens im Herbst die Hände gebunden sein werden.
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Infantile Politik: Eine deutsche Regierung gefangen im Jetzt
Wirft man einen Blick auf die Bewertungen und Handlungen der Politik, kommt man nicht drumherum, ein verheerend eingeschränktes Sichtfeld zu erkennen. Gelebt und entschieden wird anhand der Gegenwart, und zwar nur der Gegenwart.
Einem unter vier Jahre alten Kind zu erklären, dass es morgen in den Zoo geht oder das Abendessen in fünf Minuten auf dem Tisch steht, ist ein ziemlich sinnloses Unterfangen. Da Kindern dieser Altersgruppe das Zeitgefühl noch fehlt, können sie mit solchen Aussichten – und seien sie noch so reizvoll – wenig bis gar nichts anfangen. Bis etwa zum vierten Lebensjahr können Kinder ihre Bedürfnisse nicht hintanstellen. Aus ihrer Sicht ist eine sofortige Erfüllung derer der einzig gangbare Weg.
Schwenken wir jetzt zur Politik unserer Bundesregierung herüber, stellen wir geradezu erschreckende Parallelen zu Kleinkindern fest.
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Bolschewoke, Aufklärung reloaded & ohrknopfgesteuerter Biden: Die Alternativmedienschau
Was hat sich dieses Land doch von Putin und seinem Militär gefürchtet, das, sobald es Kiew gestürmt, auch gleich Warschau und Berlin in einem Handstreich nehmen wird, um Deutschland dann zu ruinieren, zu zerstören und darben zu lassen. Nun kommt es genau so: Ohne Putin, ohne Militär. Das bestellen Scholz, Baerbock, Habeck, Faeser und die restlichen Chargen, die sich in einer Konspiration namens Bundesregierung versammelt haben, ganz alleine. Über ein Land, das sich abschafft, kann man an vielen Stellen lesen. Zum Beispiel hier:
- Ein Bundeskanzler, der auf Kriegsgerät herumsteigt – und niemand, schon gar nicht die Medien, regen sich wirklich darüber auf. Dabei wickelt er mit solchen Bildern das Erbe von Land und Partei ab. (Roberto De Lapuente) Weiterlesen bei Overton Magazin ——–
- Das Land Niedersachsen schreibt die Coronaverordnung, die seit dem 22. Juni gilt und morgen ausläuft, einfach bis zum 30. September fort. Begründung keine. Einfach so, weil man es kann, aber eigentlich nur, weil man einen Zeitraum überbrücken muss, bis zur angekündigten Winterreifen- und Schneekettenregelung des Bundes, die in das Infektionsschutzgesetz geschrieben werden soll. Eine Normalität ohne Maßnahmen ist für den Verordnungsgeber offenbar überhaupt nicht mehr vorstellbar. (André Tautenhahn) Weiterlesen bei TauBlog ——–
- Wir befinden uns in einer neuen Phase der Aufklärung. Neu ist sie, weil uns im Zuge der Corona-Krise bewusst wurde, dass wir eigentlich nie aufgeklärt waren. Im Gegenteil: Teilweise sind wir in die Zeit der Voraufklärung zurückgefallen. So manche zivilisatorische Errungenschaft existiert nur noch als Phantom, irgendwo im Raum herumwabernd, aber mit den Händen nicht zu greifen. (Eugen Zentner) Weiterlesen bei apolut ——–
- Wir haben jetzt einen US-Präsidenten, der nur mehr ohrknopfgesteuert funktioniert und nix mehr checkt. Das Netz ist voller Belegvideos. Einen deutschen Kanzler, der Diverses nicht checken will und bei Cum Ex & Hopp an vorgeschützter Demenz leidet – und nur grinst, wie weiland Laschet bei der Flut, der sich ins AUS gelacht hat… (Lisa Fitz) Weiterlesen bei NachDenkSeiten ——–
- Seit Einführung der Maskenpflicht sind zahlreiche Menschen in Deutschland wegen Maskenattesten ins Visier von Polizei und Justiz geraten. In vielen Fällen haben die bislang völlig unbescholtenen Bürger bis heute mit den Behörden zu tun. Strafbefehle, Hausdurchsuchungen oder Gerichtsverfahren belasten die Betroffenen finanziell und psychologisch. (Paul Kommod) Weiterlesen bei multipolar ——–
- »Whataboutism« ist der Vorwurf, Dinge zusammenzubringen, die scheinbar nicht zusammengehören. Für diesen Vorgang gab es schon mal ein Wort: Denken nämlich. (Kai Preuß) Weiterlesen bei Overton Magazin ——–
- Was für ein entspannter Regierungsflug nach Kanada das war. Konzentriert wirkten alle, einige auch erschöpft, aber immerhin ohne Maske. Ein Hauch von Eigenständigkeit und Evidenz erfüllte das Fluggerät. Bis die Sache bekannt wurde und die Diskussionen begannen. (Tom Wellbrock) Weiterlesen bei RT DE ——–
- Es kommt schlimmer als befürchtet: Eine Anfrage bei der Arbeitsagentur ergab, dass man dort immer noch keinen Plan hat, wie man die durch die Energiepreisexplosion zu erwartenden finanziellen Katastrophen in Millionen deutschen Haushalten auffangen will. (Alexander Wallasch) Weiterlesen bei Alexander Wallasch ——–
- Wer seine gesamte Empörung über Weiße, die sich Dreadlocks filzen, in ein Mobiltelefon tippt, um so die sozialen Netzwerke anzuheizen, macht sich eines schlimmeren Vergehens als kultureller Aneignung schuldig, liebe Bolschewoken!(Roberto De Lapuente) Weiterlesen bei Overton Magazin ——–
- Alternativmedienschau der letzten Woche.
Goldene Zeiten der Finsternis
Die Pandemie war eine Bewährungsprobe. Für Freundschaften, zwischen Kollegen – aber auch für Beziehungen. Manche ging in die Brüche. Unser Gastautor Jochen Hummel über dunkle Zeiten, die ihm heller schienen als sie waren.
Da haben wir die schlimmste Zeit überstanden: Corona und die Maßnahmen, die uns verordnete Enge der Bude, das Verdammtsein zur Untätigkeit, die Ausgrenzung als Menschen ohne Stich. Wir haben die Finsternis überdauert, der Hysterie widerstanden. Zusammen waren wir stark. Erinnerst Du Dich noch, wie wir uns zu uns gratuliert haben? Was hatten andere für ein Pech, alleine allein zu sein. Wir waren zu zweit alleine. Zu zweit waren wir Tausende.
Wir weinten in dieser Zeit zusammen, trösteten uns und wir lachten – nämlich jene aus, die drei Masken trugen und einen Mindestabstand von 15 Meter einhielten, sich achtmal am Tag und viermal bei Nacht testeten. Wir hatten Gäste, auch als es nicht erlaubt war. Umschifften die Fallstricke, die eine hemmungslose Regierung uns auferlegte. Paare gingen in diesen Zeiten auseinander – wir aber wuchsen an den Fährnissen. Wir hatten uns, schmiegten uns aneinander. Die Welt um uns ging unter, nur das kleine Fleckchen Boden, auf dem wir standen und auf dem wir uns aneinanderschmiegten, brach nicht ein.
Mach es gut, Pandemie! Mach es gut, altes Leben! Es wird nie wieder Normalität geben, hatten die ersten Panikmacher schon recht früh geschrien. Jetzt weiß ich, was sie meinten. Ich habe meine Normalität verloren. Sie wollten unsere Leben retten, sagten sie. Meines haben sie fürs erste zerstört.
Wir dachten, wir seien immun
Es schien uns, als habe man uns eine Reifeprüfung auferlegt: Einen Umstand, an dem wir reifen konnten. Als zwei Menschen, die zusammengehörten. Was sollte jetzt noch passieren? Corona war unser Führerschein, wir attestierten uns die Beziehungsfähigkeit unter besonders erschwerten Bedingungen. Und das mitten in dieser Bundeshauptstadt kleiner Wohnungen, wo Schuhkartone als großräumig deklariert werden. Was sollte uns also entzweien? Die Corona-Krise neigte sich dem letzten Ende zu, der finalen Aufhebung von Regeln, die andernorts schon längst gefallen waren: Und auch wir fielen. Auseinander. Das Siegerteam von einst, es brach. Wir kehrten uns die Rücken zu, zu eng wurde es dir. Es war, als ob die Maßnahmen ein spätes Resultat zeitigten: Mitten in meinem Herzen. Auf der Ziellinie hat es uns ereilt. Wie viele vor uns. Wir dachten, wir seien immun. Unantastbar. Wir standen in Stahlgewittern, ein bisschen Nieselregen würde uns nichts mehr anhaben können. Als es nur noch nieselte, stürmte es bei uns. Es riss uns auseinander. Alleinsein: Das war jetzt dein Thema. Vielleicht ist es unfair, die äußeren Umstände haftbar machen zu wollen. Paare trennten sich zu allen Zeiten, es gab immer Gründe, weshalb sie das taten. Aber ich spüre es doch an mir: Ich bin müde, es war so schrecklich anstrengend. Vermutlich hat man uns mürbe gemacht, weichgeklopft und zerschlissen. Was war ich froh, dass du an meiner Seite warst. Zur Pandemie. Auch vorher. Ohne dich, wäre ich nicht, was ich heute bin. Ich wäre gerne noch mehr geworden durch Dich. Du fehlst.Die Pandemie hat uns zerstört
Was jetzt? Das Virus hat mich nicht getötet, doch sterbe ich im virologischen Nachlass tausend Tode. So hatten wir nicht gerechnet! So hatte ich nicht gerechnet. Aber rechnen war noch nie meine Stärke. Sterben auch nicht. Dabei haben sie uns versprochen, dass wir zu Tode kommen werden, wenn wir nicht mitziehen. Wie gerne säße ich jetzt wieder mit dir im Lockdown, mit dir zusammen auf dem Sofa. Einfach die Uhr zurückstellen. Es waren grausame Zeiten – aber auch so viel bessere Zeiten als jetzt, wo du mir verlorengegangen bist. Es waren goldene Zeiten der Finsternis. Da, wo jetzt die Leere gähnt, hast du gesessen. Du warst wie ich erzürnt und verzweifelt. Aber eben da, bei mir. Es war unser Zürnen, unser Verzweifeln. Nun soll ich alleine zürnen und zweifeln? Die Pandemie, das was sie uns dafür verkauften, hat uns zerstört. Vielleicht würdest du was anderes behaupten, vielleicht würden andere darlegen, dass es nicht unbedingt so gewesen sein muss. Aber ich spüre es, das Erbe dieser bald drei Jahre, es hat uns ereilt. Uns verändert. Mich haben sie zu einem Schwarzseher gemacht. Mit so einem muss man es erstmal aushalten. Ich war stets bemüht, nicht zu schwarz zu sehen: Aber man kann sich mühen so viel man will – aus seiner Haut kann man nicht.Friedensmanifest, Ganser & ZDF-Twitter: Die Alternativmedienschau
In einem täuscht sich der Volksmund: Reden ist nicht nur Silber, während Schweigen Gold sein soll. Reden ist Gold. Besonders in so einer Situation. Aber wer heute reden möchte, sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert: Reden ist Terror, liest und hört man dann. Denn reden könne man nicht mit jenem Präsidenten aus dem Osten Europas. Dabei hat der lange Gespräche angeboten. Wer jetzt noch glaubt, dass Schweigen Gold ist, der wird wohl bald einsehen müssen, dass Panzer Rost, Kampfjets Matt und Krieg Scheiße ist: Und das nicht irgendwo in Osteuropa, sondern vor unser aller Fenster.
- Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht werben für ein Friedensmanifest und werden daher als Propagandisten Putins diskreditiert: Von Leuten, die nicht ganz bei Trost sind. (Roberto De Lapuente) Weiterlesen bei Overton Magazin ——–
- Die Expertenexperten sind genervt, weil eine Petition für den Frieden nicht nur immer mehr Aufmerksamkeit, sondern auch immer mehr Unterstützung erfährt. Carlo Masala wirkt inzwischen wie der Nachfolger von Karl Lauterbach bei seiner Tour durch die Fernsehstudios. Er verkörpert eine Gattung gefragter intellektueller Kleingeistigkeit, die, wenn sie nicht gerade in irgendwelchen Talkshows herumsitzt, den ganzen Tag auf Twitter herumdödelt. Gehört das eigentlich zum Lehrauftrag eines Professors? (André Tautenhahn) Weiterlesen bei TauBlog ——–
- Nach Recherchen des Journalisten Seymour Hersh wurde die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines von US-Präsident Joe Biden persönlich angeordnet. Amerikanische Marinetaucher hätten sie mit Hilfe des norwegischen Militärs durchgeführt. Große Medien zweifeln diese Darstellung an. Hershs Schilderung wird jedoch durch weitere Belege und Indizien gestützt. Die AfD bringt nun den »Abzug aller US-Truppen« aus Deutschland ins Gespräch. (Paul Schreyer) Weiterlesen bei multipolar ——–
- Eine grüne Kulturstaatsministerin, die zum Boykott eines ihr nicht genehmen Künstlers aufruft und Medien, die bei der Diffamierung Andersdenkender kaum noch Grenzen und Regeln kennen, weil sie argumentativ nicht mithalten können. Inhalt ist zweitrangig: Für ein »hohes Gut« kann man nun fast alles behaupten. Hier einige aktuelle Vorgänge zu Waters, Ganser oder Netrebko. (Tobias Riegel) Weiterlesen bei NachDenkSeiten ——–
- Keine der zuständigen Behörden ist derzeit willens, die Grenzwerte von Impfschadensfällen preiszugeben, ab deren Erreichen das Präparat zurückgezogen werden muss. (Bastian Barucker) Weiterlesen bei Rubikon ——–
- Dieser Tage heißt es oft, dass die Grünen sich selbst verraten hätten. Aus einer linken Partei seien Erzreaktionäre geworden. Stimmt das so? Nur bedingt, die Grünen stammen nur bedingt aus dem linken Lager. (Roberto De Lapuente)
Weiterlesen bei Overton Magazin
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- Die Öffentlich-Rechtlichen wollen einen Twitter-Ersatz schaffen, den man jederzeit »schützen und kuratieren« kann. Ersatz? Na klar, schon Ende letzten Jahres wurde Elon Musk auf EU-Ebene gedroht, man könne sein Portal auch jederzeit mit hohen Bußgeldern belegen oder gleich ganz abschalten. (Alexander Wallasch) Weiterlesen bei Alexander Wallasch ——–
- Eines wissen wir ganz sicher: Die Chinesen werden überwacht, haben Angst vor der Staatsmacht und leiden. Ist das wirklich so? (Bernhard Hommel & Lorenza Colzato) Weiterlesen bei Overton Magazin ——–
- Rot-Rot-Grün wird trotzdem weiter machen, frei nach dem Motto von Annalena Baerbock: Wir behalten die Macht, egal was die Wähler gewählt haben. (Vera Lengsfeld) Weiterlesen bei tabularasa ——–
- Alternativmedienschau der letzten Woche.
Die Hochschule des Moralismus
Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel lässt Kriegsapologeten unter ihrem Dach lehren, schließt aber Kriegsberichterstatter aus: Das hat Tradition an der Kieler Förde.
Das Wort »Eskalationsphobie« ist neu. Wer es bei Google eingibt und die Suche vor den 11. Februar 2023 datiert, findet dann: Nichts. Schöpfer dieses unschönen Begriffes ist Joachim Krause, Professor am Institut für Sicherheitspolitik an der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel. In einem Artikel für die Frankfurter Allgemeine kam das Wortungetüm erstmals vor. Eskalationsphobie, so schrieb er, sei offenbar eine deutsche Krankheit. Anders gesagt: Schade, dass die Deutschen nicht mit Hurra ins Gefecht ziehen, so wie damals ab 1914 – übrigens dieser Tage beeindruckend nachgezeichnet im Oscar gekrönten Erfolgsfilm »Im Westen nichts Neues«.
Dieselben Kommentatoren, die einem Apologeten der Eskalation ein Forum bieten, freuen sich jetzt über den Preis für den Antikriegsfilm aus deutscher Produktion. Deutschland ist wirklich ein reichlich schizophrenes Land. Ebenfalls an der CAU lehrte bis kürzlich Patrik Baab. Bis er etwas Dreistes anstellte: Er wollte vor Ort prüfen, ob es vielleicht im Osten auch nichts Neues gibt. Er ging als Journalist auf Recherchereise und kam als Geächteter zurück: Hier lässt sich mehr über seinen Fall nachlesen. Hätte er nur in der FAZ ein bisschen Öl ins Feuer gegossen. Dann wäre er weiter Lehrbeauftragter in Kiel, hoch oben im Norden, wo man immer milde mit denen war, die sich der Obrigkeit andienten.
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