Die Politik tut, was sie kann

Wir müssen gar nicht Kritik an Baerbock, Habeck oder Scholz üben. Sie machen, was sie machen können. Denn die vermeintliche Krise der Politik ist in erster Linie einer Krise der Medien. Schuldig im Sinne der Anklage: Auch ich personalisiere natürlich den Niedergang dieses Landes. Beliebt bei mir: Annalena Baerbock, Robert Habeck, Olaf Scholz. Es gäbe mehrere Lieblinge des Elends. Und meine Auswahl, ich gebe auch das zu, ist nicht sonderlich originell. Wer Kritik an den Zuständen übt: Die drei Namen fallen unter Garantie. Außer man ist Grüner und völlig dem Fanatismus verfallen. Wenn ich aber darüber nachdenke, drängt sich mir eine Erkenntnis auf: Die drei und andere Regierungsmitgangster machen doch lediglich das, was man sie machen lässt. Sie mögen freilich verantwortlich sein für das, was sie tun – auch wenn das juristisch überhaupt keine Rolle spielt –, aber die eigentliche Schuld tragen andere. Denn was wäre der Schurke ohne seinen Komplizen? Und oft ist der Komplize der, der den Schurken erst zu dem werden lässt, was er ist. Der politische Niedergang jedenfalls: Er ist ein medialer.

Politik, Moral und der Versuch eines Korrektivs

Die Politik ist ein sumpf. Wer von moralisch einwandfreier und integrer Politik träumt, der tut genau das: Träumen eben. Schon auf kommunaler Ebene sind die Interessenlagen so divers – ursprüngliche Bedeutung des Wortes, hier sind keine Männer im Fummel und keine Frauen mit Anhängsel gemeint –, dass von einer moralischen Handhabung eines Amtes nicht auszugehen ist. Die Verlockungen sind zudem nicht zu unterschätzen. Es dem Politiker als Schwäche auszulegen ist nachvollziehbar, aber eben auch ein bisschen einfach. Es ist menschlich, sich locken zu lassen. Das entschuldigt nichts, erklärt aber vieles. Damit ist auch nicht gemeint, dass sich übervorteilende Politiker aus dem juristischen Schneider sind. Was benötigt ein Fach, das per se darauf ausgelegt ist, unterwandert, korrumpiert und missbraucht zu werden? Dem das gewissermaßen in der Natur liegt? Kontrolle – richtig! Und nicht die, die kontrolliert werden müssen, kontrollieren. Das tun andere, welche von Außen. Checks and Balances funktioniert so. Der Journalismus ist der Versuch eines Korrektivs. Er gelingt nicht immer, muss ja auch gegen Widerstände anschwimmen – jedenfalls in einer Welt, die nicht aus den Fugen geraten ist. Wahrscheinlich in einer idealisierten Welt. Denn Medien waren nie völlig frei davon, der Macht etwas zu lax auf die Finger zu gucken. Aber besser als heute war es auf alle Fälle schon mal. Als Andrea Nahles sich vor Jahren aus der Politik verabschiedete, trat sie vor die Mikrofone und bedanke sich bei den Journalisten für die gute Zusammenarbeit. Es sei mal dahingestellt, ob Nahles immer gut wegkam in den Medien. Eine Generalabfuhr erhielt sie indes nie. Aber klar ist doch auch: Was für ein Abschied ist das denn? Wenn sich ein Politiker bei seinem Rücktritt bei der Presse für das gute Zusammentun bedankt, hat nicht der Politiker was falsch gemacht, sondern die Journalisten und die Pressehäuser. Aber kaum jemand hat das damals aufgegriffen, man hat sich daran gewohnt, dass Politik und Presse eine Einheit darstellen.

Die Politik ist der Spielraum, den die Medien ihr lassen

Der amtierende Bundeskanzler hat nicht nur die Richtlinienkompetenz inne, sondern auch das kaum anfechtbare Recht, von seinem Vergessen Gebrauch zu machen. Natürlich berichten die Medien von einem Olaf Scholz mit Gedächtnislücken. Aber sie machen ihm nicht die Hölle heiß. Also kann er ungeniert den Warburg- und Cum-Ex-Skandal vergessen. Es fragt ja keiner nach. Wo sind die Recherchen, die den Kanzler schlecht schlafen lassen? Kurz und gut: Er kann sich das leisten, nicht weil er ein abgrundtief verschlagener Charakter ist – vielleicht ist er es, vielleicht ist er es nicht –, sondern weil der Journalismus seine Arbeit verweigert. »Die Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt«, hat Dieter Hildebrandt einst erklärt. Dieses Bonmot gilt heute noch immer. Aber die Politik ist noch so viel weniger geworden. Sie ist eben auch nur noch der Spielraum, den die Medien ihr lassen. Und sie lassen ihn mit Wonne. Danke für die gute Zusammenarbeit eben! Natürlich haben die Medien keinen wirklichen Verfassungsrang, die Publikative als vierte Gewalt ist eher so ein Antrieb aus Sendungsbewusstsein gewesen. Der gründete aus der Erkenntnis, dass Demokratie nichts tauge, wenn nicht relativ unabhängige Medien berichten und den Machthabern aus Politik und Wirtschaft auf die Finger schauen. Sie hätten das Zeug, durch Information öffentlichen Druck aufzubauen. Die Mächtigen wissen das natürlich auch und kamen zu dem Zirkelschluss: Medien könnten etwaigen öffentlichen Druck auch entgegenwirken: Sie müssen nur selektiver berichten, aus- und nicht einblenden. Dass das teilweise mit Druck seitens der Mächtigen einhergeht, ist ja nicht zu verleugnen, denn Medien – insbesondere die Staatsmedien – hängen am Tropf des Staates und derer, die sich seines bemächtigen. Es ändert aber auch nichts daran, dass mehr Journalismus auch dort möglich wäre, die Öffentlichkeit kann eine Macht sein, wenn man sie gegen die Mächtigen ins Felde führt.

Gefesselte Medien, entfesselte Politik

Nochmal sei betont: Die Politik ist nicht unschuldig, nicht in dem Sinne, wie ein unbeaufsichtigtes Kleinkind unschuldig ist, wenn es in Abwesenheit einer Aufsicht Dinge treibt, die es nicht soll. Aber da das Wesen der Politik nie unschuldig sein kann, ist es eben auch nicht verwunderlich, dass sie Sachen dreht, die sie nicht sollte oder darf. Der Journalismus ist ein Stück weit auch Nanny und Gouvernante, eine Aufsichtsinstanz, die zwar nicht verbieten oder Einhalt gebieten, die aber Druck durch Veröffentlichung erzeugen kann. Wenn er das nicht tut, entfesselt er die der Politik immanenten Triebe umso mehr. Die Krise der Politik, von der wir häufig lesen und die wir unter verschiedenen Labels kennen, etwa unter jenem des »Demokratieverfalls«, ist an sich keine politische Krise. Sie ist eine Krise der Medien. Die politische Kaste wandelt tendenziell immer am Rande des Demokratieverfalls, weil sie von Figuren umrankt wird, gemeinhin aus der Wirtschaft, die von Demokratie wenig bis gar nichts halten. Es liegt im Wesen der zeitgenössischen Politikerzunft, sich verleiten, bedrängen, abdrängen und manipulieren zu lassen – und wegzublicken oder zuzugreifen, wo sich Opportunitäten auftun. Das ist keine Kleinigkeit, denn das widerspricht der Abordnung, als die sie ja gewählt wurden. Aber das System war nie rund, es bot immer Ausflüchte. Die demokratischen Instanzen sind nicht geeignet, abwegige Politiker einzufangen – wenn sie es denn wollten, was sie aber regulär nicht tun. Das können nur Außenstehende, die die Potenz haben, ihre Beobachtungen weiterzugeben. Diese Außenstehenden nannte man mal Journalisten. Heute sind sie Mitverschworene. Und sie sind Insider, keine Outsider mehr. Die Politik tut, was sie kann. So lange sie es kann. So oft sie kann. Und so drastisch sie kann. Sie ist entfesselt und der Grund ist lapidar: Weil. Sie. Es. Kann. Und warum kann sie es? Weil es der Journalismus nicht mehr kann. Nicht mehr können will. Weil er es vorzieht, nicht zu hart zu recherchieren, zu direkt zu konfrontieren, weil er dazu übergangen ist, Teil des politischen Apparates zu werden – und weil er nicht mehr Teil der Gewaltenteilung sein möchte. Aus dem Versuch eines Korrektivs, das die Zustände durchleuchtet, aus der Publikative, ist eine Affirmative geworden. Eine Instanz, die Missstände bejaht, indem sie sie nicht mehr aufs Tapet bringt.

BRICS wird Aufnahme neuer Mitglieder für einige Zeit aussetzen

An dieser Stelle werden wir hier regelmäßig Nachrichten aus Russland veröffentlichen. Die Quelle wird meist die Nachrichtenagentur TASS sein. Wir werden hier keine Meinungsartikel veröffentlichen, sondern lediglich Meldungen der TASS in unseren Worten wiedergeben. Hintergrund dieser Idee ist der Versuch, die russische Perspektive in Deutschland präsenter zu machen. Wir kommentieren die Meldungen bewusst nicht, sondern geben nur ihren Inhalt wieder. Wir hoffen, auf diese Weise die deutsche Berichterstattung mit unseren begrenzten Möglichkeiten etwas zu verbreitern.

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MOSKAU, 25. Juni. / Der russische Außenminister Sergej Lawrow erklärte, die BRICS-Staaten hätten beschlossen, bei der Aufnahme neuer Mitglieder eine „Pause“ einzulegen. Russland hat am 1. Januar 2024 die einjährige Präsidentschaft der BRICS übernommen. Die russische Präsidentschaft sieht mehr als 250 verschiedene Veranstaltungen vor, wobei ein BRICS-Gipfel in Kasan im Oktober 2024 im Mittelpunkt steht. Am 10. und 11. Juni fand in Nischni Nowgorod ein Treffen der BRICS-Außenminister statt. Es war das erste Ministertreffen nach der BRICS-Erweiterung im Jahr 2023. Inzwischen haben sich Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate BRICS angeschlossen. Sie wurden durch Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika als vollwertige BRICS-Mitglieder anerkannt Etwa 30 weitere Länder sind an einer Zusammenarbeit mit dem Verband in der einen oder anderen Form interessiert. Dennoch kündigte der russische Außenminister eine temporäre Unterbrechung neuer Aufnahmen an und begründete dies auch:
„Mit überwältigender Mehrheit haben die zehn Staaten beschlossen, eine ‚Pause‘ mit neuen Mitgliedern einzulegen, um die neuen Mitglieder ‚aufzunehmen‘, die den Verband verdoppelt haben“,
sagte er bei einem Treffen mit der Sprecherin des belarussischen Oberhauses, Natalia Kochanowa. Lawrow fuhr fort:
„Gleichzeitig arbeiten wir an Kategorien von Partnerländern als Vorstufe zu einer vollwertigen Mitgliedschaft. Wir werden unsere belarussischen Freunde wie auch eine Reihe anderer gleichgesinnter Nationen unterstützen“,
sagte Lawrow, der sich zu einem offiziellen Besuch in Minsk aufhält. BRICS wird sich also weiterentwickeln und das Tempo an die Gegebenheiten anpassen.            

Populismus? Na logo!

Das bürgerliche Lager glaubt schon wieder an einen Betriebsunfall. Jetzt hat es wie aus dem Nichts mit Populisten zu tun. Wie aus dem Nichts? Immer dasselbe: Die haben doch nichts gewusst! Und plötzlich waren die Populisten da. Rechtspopulisten. Linkspopulisten. Leute, die ohne Fakten auf Emotion trimmen. Bis kürzlich war noch alles im Rahmen. Da waren Fakten Fakten. Populisten gab in jenen Tagen auch. Aber sie standen seitlich, meldeten sich hin und wieder zu Wort, konnten aber politisch kaum punkten. Bis zu einem Moment, den das Bürgertum noch nicht konkret definiert hat. Ab da kamen diese Populisten über die Gesellschaft. Man konnte sich nicht wehren, sie belagerten alle Kanäle, eingeladen hat sie aber niemand. Jetzt heiße es die Populisten wieder zu vertreiben. Die Bürgerlichen können sie sich nur als kurzen Betriebsunfall denken. Exemplarisch für diese Denkart ist ein Buchempfehlung im Feuilleton der FAZ. Der Philosoph Daniel-Pascal Zorn hat mit »Logik für Demokraten« eine Anleitung gegen den Populismus geschrieben. Der Titel sei hierbei Programm. Man kann was gegen Populisten machen? Na logo! Mit Logik. Ich stelle an dieser Stelle die Frage hintan, ob das Buch was taugt oder nicht. Dazu sollte ich es zunächst lesen. Die Damen und Herren von Klett-Cotta dürfen sich an dieser Stelle einen Ruck verpassen. Meine Adresse für eine etwaige Büchersendung entnehmen Sie dem Impressum. Um was es mir eher geht, das sind die Denkansätze, die der Rezensor der Buchempfehlung offenlegt. Kurzer Einwurf: Bezeichnenderweise flankierte man den Text mit einem Foto Lafontaines. Des Populisten schlechthin – wenn man bei der FAZ arbeitet. Ob nun von links oder von rechts der Populismus bedient wird, da macht man bei jenem Laden wenig Unterschiede. Die Extremismustheorie um Backes und Jessen ist weit gekommen. Erst durchdrang sie den Verfassungsschutz und trichterte dem ein, dass »politischer Extremismus« unabhängig von seinen Inhalten und mittels formaler Gemeinsamkeiten bestimmt werden könne. Und nun rekrutiert man diese Gleichmacherei gleich noch bei populistischen Strömungen. Als ob die Forderung nach einen Reichensteuer dasselbe wäre, wie Rückführungskonzepte für ausländische Bürger, die sich hier schon vor Jahren ein Leben aufgebaut haben. Eines kommt bei der Rezension und womöglich im Buch zu kurz. Vielleicht kommt es auch gar nicht vor. Wir sollten uns über die Grundsätze unterhalten. Der Populismus ist eben gar nicht größer geworden in den letzten Monaten. Er hat sich nur gewandelt. Es ist eben verdammt nochmal nicht so, dass Populisten jetzt am Ruder wären – das waren sie schon seit Jahren. Sie haben nur andere Themen populistisch ausgeschlachtet. Der Sozialabbau der letzten Jahrzehnte: Er baute auf populistische Kampagnen gegen die angebliche Faulheit und Verschlagenheit von Leistungsberechtigten. Florida-Rolf, der Kanzler, der sagte, es gäbe kein Recht auf Faulheit oder Wolfgang Clement, der was über Legionen nicht greifbarer Arbeitsloser nuschelte: Was bitte war das? War das etwa der Logos, der jetzt wieder Einzug halten soll in die Debatte? Was ist mit der Austeritätspolitik, die die Interessen deutscher Firmen in Griechenland sicherstellte? Hat man die mit logischen Argumenten begründet? Ist es das: Sparzwang als Ausdruck höchster Logik? Es waren diese frechen Linkspopulisten, die mit logischen Begründungen klarstellten, dass man so keine Volkswirtschaft rette. Und diese Logikpopulisten von links, die könne man jetzt nur mit der Reaktivierung der Logik eindämmen? Mit einer Superlogik, einer Überlogik? Das ist vermutlich der Moment, in dem Aristoteles Gottlob Frege zuzwinkert und auf die degenerierte Nachwelt anstößt: Musste so kommen, ruft er ihm zu, war nur zu logisch! Daran mangelt es ganz grundsätzlich, wenn man im bürgerlichen Lager nach Einschätzungen der aktuellen Situation fischt. Zunächst werfen sie Populisten aus allen Lagern zusammen und erzählen einem etwas davon, dass sie umstellt sind von postfaktischen Extremisten. Und daraus filtern sie dann, dass diese Gestalten wie ein Betriebsunfall plötzlich geschehen sind. Vorher war die Welt noch in Ordnung. Wie konnte es denn nur so weit kommen? Mit postfaktischen Populisten haben wir es allerdings schon weitaus länger zu tun, wie oben im populistisch und polemischen Ton angerissen wurde. Die Sache war nur die: Es waren die Populisten des bürgerlichen Lagers. Die eigenen Leute quasi. Haftet einem der Stallgeruch an, dann merkt man nicht gleich, wenn etwas stinkt. Der Populismus gegen faule Arbeitslose war ja nun für das Bürgertum gar nicht populistisch, sondern eher eine höhere Wahrheit. Für die Linkspopulisten, vor denen man sich dann sogar noch mehr fürchtet unter Bürgerlichen, ist die Situation gar nicht neu. Sie leben seit Jahren mit und unter Populisten, die als Meinungsmacher fungieren. Die vermeintlichen Linkspopulisten hatten auch Lösungsansätze parat: Denkt doch mal logisch nach, rieten sie den Menschen, die den Reformerpopulisten in die Netze gingen. Auch hier postulierte man Logik als Mittel gegen Populismus. Hat es geholfen? Schön wäre es ja. Aber die Logik hat gegen den neoliberalen Populismus leider auch nichts bewirkt.

Im Schulz-Endeffekt: Festgefahren!

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Schulz-Effekt: Vor einigen Monaten war das der Moment, an dem die Sozis glaubten, sie zögen sich am eigenen Schopf aus der Misere. Heute meint er etwas anderes: Die Verfestigung der Sozialdemokratie in politischer Bedeutungslosigkeit. Alter Schulz-Effekt (Stand: I. Quartal 2017) Am Anfang dieses Jahres gab es ein neues Wort im Duden des politischen Feuilletons: Den Schulz-Effekt. Damit waren die verbesserten Zahlen bei den Demoskopen gemeint, das prozentuale Gleichziehen mit der Union und die Hoffnung der Sozialdemokraten, als Partei doch wieder eine Rolle in diesem Lande zu spielen. Nicht als Steigbügelhalter, sondern als diejenigen, die in den Sattel steigen. Der Schulz-Effekt meinte eine Dynamik, die in Gang kam und von der man vermutete, sie hänge entweder mit dem rhetorischen Talent des Namensgebers zusammen oder aber mit dessen Glaubhaftigkeit – wahrscheinlich aber mit beidem. Er sprach ja auch viel von Gerechtigkeit, sozialer Gerechtigkeit genauer gesagt. Davon Menschen nicht mehr aufzugeben, sie wieder ins Boot zurückzuholen. Besonders die hart arbeitenden Menschen sollten nicht die Zeche zahlen müssen. Recht viel mehr kam da nicht, konkreter wurden seine Absichten selten formuliert. Seine Taten jedoch, oder besser gesagt seine Pläne, unterstrichen dann nur eines: Da passen Reden und Vorhaben nicht so richtig zusammen. Kaum hatte er beispielsweise die neoliberalen Zwänge auf einem internationalen Treffen von sozialdemokratischen Parteien thematisiert und so die Sozis zu Getriebenen stilisiert, segnete man ohne Not die ersten Schritte zur Privatisierung der Autobahn ab. Neuer Schulz-Effekt (Stand: III. Quartal 2017) Vom Schulz-Effekt spricht heute keiner mehr. Dabei gibt es einen neuerlichen Schulz-Effekt, der mit dem Begriff von vor sechs Monaten gar nichts mehr Qualitatives gemein hat. Der heutige Schulz-Effekt ist ein Zustand der Agonie, der Verfestigung einer Partei in ihrer eigenen Unzulänglichkeit – und das in einem Klima des gekünstelten Aufbruchs. Schulz war nicht der messianische Retter, die eschatologische Oase nach langen Wüstenjahren, sondern er hat sich im Laufe dieses Jahres als unvorstellbares Missverständnis erwiesen. Der mit 100 Prozent ausgestattete Aufbruch war ein hundertprozentiger Einbruch, der sich gut als etwas Gegenteiliges verkappt hat. Der Schulz-Effekt war ein fataler Höhenrausch ohne Karabiner. Er ist so heimtückisch, weil er mit der Aussicht auf eine Erfolgsgeschichte in noch tiefere Agonie stieß. Jetzt läuft die SPD Gefahr, bei der Bundestagswahl in knapp vier Wochen, schlechter abzuschneiden als 2009. Damals erreichten die Partei gerade mal 23 Prozent der Stimmen – das war das schlechteste Ergebnis aller Zeiten. Mittlerweile verstetigt der Schulz-Effekt die SPD bei Umfragen bei 22 Prozent. Aus dem prognostizierten »So-gut-wie-lange-nicht-mehr« ist ein »So-schlecht-wie-nie-zuvor« geworden. Im Schulz-Endeffekt Die SPD hat sich festgefahren. Natürlich war sie das vor Schulz bereits, auch ein Kanzlerkandidat Gabriel hätte keine Wahl für sich entscheiden können, wäre aber auch nie der Abklatsch eines Hoffnungsträgers gewesen, womit etwaige enttäuschte Hoffnungen vermieden wären. Schulz muss man zum Vorwurf machen, dass er seine ohnehin strauchelnde Partei nur intern wachküsste. Innerhalb der Sozialdemokratie ist die Schwärmerei ausgebrochen und hat die Resignation verdrängt. Wo der Sozi vor Monaten noch mit der Republik haderte, weil er sich nicht richtig gewürdigt sah, obgleich die Politik seiner Partei Deutschland angeblich so wettbewerbsfähig machte, obwohl sie den Mindestlohn brachte, da schwärmt er heute für den Geist des Aufbruchs, packt an, glaubt an den Wahlsieg und betrachtet Schulz als einen Lebensspender. Kurz gesagt, im Schulz-Endeffekt hat der Mann seine Partei im Dämmerzustand verewigt, ihr ein Fundament in der Bedeutungslosigkeit der Bundespolitik gegossen, den Krisen-Sozis keinen Ausweg aus ihrer Misere aufgezeigt, sondern ein Arrangement mit derselben. Schulz ist als Aufbruch gescheitert und endete im Abfinden mit der Situation. Bei Gabriel wusste selbst die SPD-Basis, dass der eigene Verein in einer Krise steckt; Gabriel war die inkarnierte Krisenhaftigkeit der Sozialdemokratie. Sah man ihn, so wusste selbst der Besitzer des roten Parteibuches, dass man in schlimmen Zeiten steckte. Bei Schulz ist diese Gewissheit aufgeweicht. Zwar scheint die SPD weiter abzugleiten, einen neuen Negativrekord einzuleiten, aber irgendwie ist es, als klingen in den Ortsvereinen trotzdem die Glöckchen der Seligkeit und keiner merkt so richtig, wie die SPD mehr und mehr an Rückhalt verliert.

Über die Relativitätstheorie der Armut

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Leben wir nicht in einem goldenen Zeitalter? Arm – wer ist das heute noch? Selbst die Armen sehen aus wie »Reiche light«, wie KiK-kostengünstig eingekleidete Besserverdiener. Wer wohnt bei uns schon in Wellblechverschlägen und fischt sich Lebensmittel aus dem Abfall? Das gibt es in Deutschland gar nicht. Armut ist daher für viele Beobachter gar kein Terminus mehr, den man gebrauchen könnte. Sie ist aus der Mode gekommen, weil der heutige Wohlstand der Armut gar keinen Spielraum mehr lässt. Wer hungert denn bitte ernstlich? An einer Appendizitis verendet doch bei uns keiner. Armut ist abgeschafft – Deutschland macht weiter so. Weiterlesen beim Neuen Deutschland

Die Entführung von Gerhard Schröder, noch bevor er „Ich will da rein!“ rief

Kürzlich habe ich geträumt – man kann sich nicht aussuchen, was man träumt, leider -, ich sei durch irgendeine Macht in die Vergangenheit katapultiert worden. Dort hatte ich Ex-Kanzler Schröder in meiner Gewalt. Ich nutzte die Gunst der Stunde und versuchte zu verhindern, was Schröder später alles anrichten würde. Das Ende des Traums war allerdings wenig erbaulich. Selten war ich so froh, als am Morgen der Wecker klingelte. Im Jahr 2018, versteht sich. „Was wollen Sie von mir?“ fragte der gefesselte Mann, der später einmal dafür berühmt wurde, dass er am Gitterzaun des Kanzleramtes in Bonn gerüttelt und die Worte „Ich will da rein!“ gerufen haben soll. Keine Ahnung, ob es sich so zugetragen hat. Aber ich wollte das verhindern. „Ich muss Sie an dem hindern, was Sie planen“, entgegnete ich kühl. Schröder sah mich verständnislos an. Kein Wunder, ich war zurückgereist in die Zeit, als er noch nicht Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland war. Nun, eigentlich war ich nicht zurückgereist, denn das hätte einen Plan meinerseits vorausgesetzt. Doch diesen Plan hatte es nicht gegeben, und selbst wenn es so gewesen wäre, mein Aufenthalt in einem stinknormalen Leben in einer mehr oder weniger freien Welt wäre an der Stelle beendet gewesen, als ich diesen Plan irgendjemandem erzählt hätte. Irgendwer, oder irgendwas, hatte mich einfach zurückgeschickt. Und hier stand ich nun vor Gerhard Fritz Kurt Schröder und musste ihm erklären, warum er gefesselt war. Dummerweise konnte ich das nicht, denn ich hatte ihn bei meiner Ankunft bereits so vorgefunden. Schicksal, oder was auch immer das war. „So? Und was plane ich?“, wollte Schröder wissen. Er versuchte, souverän zu wirken, aber es gelang ihm nicht wirklich, so wie es wohl den wenigsten gelingt, wenn sie sich einem Kerl gefesselt gegenübersitzen sehen. Er machte sich aber recht gut, auch wenn eine Zigarre ihm sicherlich noch etwas mehr selbstbewusste Arroganz aufs Gesicht gezaubert hätte. „Du planst nicht weniger als den Verkauf der Demokratie“, sagte ich. „Duzen wir uns also?“, wollte er wissen. „Ist mir egal“, erwiderte ich. „Ich duze Dich, Du kannst mich auch duzen, wenn es Dir damit bessergeht.“ Nach einer kurzen Pause sagte er: „Ich ziehe das ‚Sie‘ vor. Die Demokratie verkaufe ich also?“ „Genau.“ „An die Wirtschaft.“ Schröder blickte nach unten. Er überlegte offenbar fieberhaft, wie er in diese Scheiße geraten war. Und wie er wieder herauskam. Er hätte jetzt auch an einem metaphorischen Zaun rütteln und rufen können: „Ich will hier raus!“ Aber da war kein Zaun. Da war nur ich. Und ich kam aus der Zukunft, das wurde dem späteren Kanzler (es sei denn, ich verhinderte es) nach und nach klar. Glauben wollte er das natürlich nicht. Wie auch? Ich würde es auch nicht glauben. „Wenn Sie wissen, was ich machen werde … vorausgesetzt, es stimmt, dass ich machen werde, was Sie mir unterstellen, dann gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten, wie das möglich ist“, sagte er. „Zwei also?“, wollte ich wissen. „Und die wären? „Erstens, Sie kommen aus der Zukunft und wissen, was ich da so machen werde. Oder, zweitens, Sie haben nicht alle Latten am Zaun.“ Das leuchtete ein. Und ich wünschte mir fast, es möge die zweite Möglichkeit sein, denn Zeitreisen waren nicht unbedingt das, was mich insgesamt beruhigte. Trotzdem musste ich den späteren Kanzler (es sei denn, ich könnte es verhindern) enttäuschen: „Gut möglich, dass ich nicht alle Latten am Zaun habe, aber in diesem speziellen Fall spielt das keine Rolle, denn ich komme tatsächlich aus der Zukunft und weiß, was Du alles anrichten wirst. Und das ist nicht gut, Mann, das ist eine totale Scheiße, glaub mir!“ „Ich werde also Kanzler?“, fragte Schröder ungläubig. „Theoretisch ja“, sagte ich, „aber nun bin ich ja da.“ „Aus welchem Jahr kommen Sie denn?“, wollte Schröder wissen. „2018“, antwortete ich. Schröder lachte laut. Dieser Mistkerl konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen. Es war echt widerlich, er krümmte sich geradezu vor Lachen. Ich wartete ab, den Grund für seine Attacke würde er mir sicher gleich nennen. Als er sich wieder einigermaßen im Griff hatte, sagte er: „Ok, mein Freund, ich steig‘ dann auch mal aufs ‚Du‘ um. Einverstanden? Ach, egal! Du willst mir wirklich sagen, ich sei 2018 noch Bundeskanzler? Das wäre dann eine Amtszeit von … warte, ich muss kurz rechnen …“ „Nein!“, fauchte ich ihn an. „Nein, 2018 wirst Du kein Bundeskanzler mehr sein, die Merkel ist es. Und Deine SPD dient sich ihr an, nachdem sie die Bundestagswahl mit 20,5 Prozent in den Sand gesetzt hat.“ Schröder wurde nachdenklich. „Merkel“, sagte er. „Das klingt schlüssig. Die Frau ist machtgeil. Und die SPD hat grad‘ mal 20 Prozent bekommen?“ „Genau genommen 20,5“, sagte ich, „aber das dürfte noch nicht das Ende der Fahnenstange gewesen sein.“ „Aber was hat das mit mir zu tun?“, wollte Schröder wissen. „Was kann ich dafür, dass die SPD auf 20 Prozent abgesackt ist?“ Jetzt legte ich los: „Du hast als Kanzler die Agenda 2010 durchgesetzt, hast den größten prekären Arbeitsmarkt in Deutschland und Europa geschaffen, den es je gab, Du hast Hartz-IV- beschlossen, Sanktionen, Du hast die gesetzliche Rente an die Versicherungswirtschaft verkauft, eigentlich hast Du so ziemlich alles verkauft, was die Daseinsvorsorge angeht, Du hast dieses beschissene ‚Jeder-ist-seines-Glückes-Schmied“ auf den Weg gebracht und dem Neoliberalismus jede Tür geöffnet, die man nur öffnen kann. Du hast die Altersarmut eingeläutet, die Kinderarmut, die Obdachlosigkeit in neue Sphären gehoben, Du hast Dich mit der Rüstungsindustrie angefreundet, bist mit ihr ins Bett gestiegen und hast so phantasievolle Methoden entwickelt, um die Arbeitslosenstatistiken zu beschönigen, dass am Ende alle glaubten, wir hätten Vollbeschäftigung und ein Land blühender Landschaften …“ „Moment!“, warf Schröder ein. „Das mit den blühenden Landschaften, das war doch …“ „Völlig egal!“ fuhr ich dazwischen. „Du hast den Neoliberalismus ins Land geholt, und Merkel hat ihn gehegt und gepflegt, als sei er ein seltenes Usambaraveilchen. Und Deine SPD hat nicht den Arsch in der Hose, diese ganze Scheiße beim Namen zu nennen und abzuschaffen. Deshalb macht sie zusammen mit Merkel gemeinsame Sache, und es wird schlimmer und schlimmer und schlimmer. Du, Schröder, bist der Ursprung des deutschen Neoliberalismus. Und deswegen muss ich Dich verhindern!“ Zu meiner fast grenzenlosen Enttäuschung wirkte Schröder unbeeindruckt. „Du musst mich verhindern“, sinnierte er. „Und das soll wie genau passieren?“ „Ich werde Dich privatisieren!“, jubelte ich. „Ich privatisiere Dich, Du bist ab jetzt für die nächsten Jahre mein Privateigentum. Ich lass Dich leben, keine Sorge … „ „Natürlich lässt Du mich leben!“, erwiderte er, und ich sah die Zigarre, die es nicht gab, schon fast in seinem grinsenden Mundwinkel. „Du lässt mich leben, weil Du kein Killer bist. Und wahrscheinlich nicht mal ein Zeitreisender. Ich glaube, Du bist jemand, der das falsche Zeug eingeworfen hat. Oder Du brauchst nicht mal etwas, um auf Ideen wie diese zu kommen. Aber Du lässt mich ganz sicher leben. Nur: Was meinst Du mit ‚Privatisierung‘? Wie kannst Du mich privatisieren?“ „Ich schließe Dich ein“, sagte ich ruhig. „Ich schließe Dich ein, bis Du keine Chance mehr hast, Kanzler zu werden. Dann lasse ich Dich frei. Du wirst dann nichts mehr anstellen können, weil Deine beste Zeit an Dir vorbeigerauscht ist. Denn ich hab sie verhindert. So einfach ist das.“ Man möge mir meinen Denkfehler verzeihen. Ich hatte keine Zeit, mich vorzubereiten, ich wurde auf diese Zeitreise geschickt, ohne die Chance, mir die Sache genau zu überlegen. Gut, ich bekam Schröder auf einem Silbertablett serviert, wehrlos, ohne die Möglichkeit, mich an meinem Vorhaben zu hindern, auch wenn ich nur ansatzweise wusste, wie genau ich dieses Vorhaben umsetzen sollte. Ich hatte also keine Zeit, mir jedes Detail vor Augen zu führen, jede Konsequenz, die sich aus meinem Handeln ergab, zu bedenken. Ich war für diesen Moment einfach nur geblendet von der Vorstellung, Schröder an seinem Vorhaben, das bis heute hineinreichen und wirken würde, zu hindern. Und die Metapher der Privatisierung gefiel mir ausgesprochen gut, ich fand sie originell. Und dann sagte Schröder das, was mich an meiner Zeitreise zweifeln ließ (als ob ich nicht sowieso schon die ganze Zeit daran gezweifelt hätte!), das, was endgültig alles auf den Kopf stellte. Er sagte: „Na und? Dann halt mich doch hier fest, bis meine angeblich besten Zeiten vorbei sind. Meinst Du wirklich, das würde irgendetwas ändern? Denkst Du ehrlich, dass es nicht andere geben wird, die das umsetzen, was ich umsetzen werde? Ich bin Schröder, ok, und vielleicht stimmt alles, was Du mir hier gesagt hast. Aber wenn ich es nicht mache, machen es eben andere. Zum Beispiel Martin Schulz. Was hältst Du davon?“ Wie in alles in der Welt kam er jetzt ausgerechnet auf Martin Schulz?  [InfoBox]

Mindestlohn und DAX-Gehälter: In Häppchen serviert

Vor einigen Tagen versorgte man uns mit Nachrichten vom Aufschwung. 2018 war ein gutes Jahr, eines mit satten Zuwächsen beim Verdienst. Jedenfalls für DAX-Vorstände. 3,6 Prozent oder 7,5 Millionen Euro mehr als 2017 wurden ausgeschüttet – für eine kleine Riege von 23 Männern. Für 2018 und 2019 werden bereits weitere Steigerungen erwartet. Erst 2020 soll es wieder ein Minus geben. Bis dahin stellt die letztjährige Ausschüttung gewissermaßen den Mindestlohn für die illustre Riege potenter Firmenchefs dar. Über den Mindestlohn gab es gleichzeitig übrigens auch eine Nachricht. Ob das eine aus dem Aufschwungsrepertoire ist, ganz so wie die freudige Botschaft der Bereicherung an sich ohnehin schon reicher Männer, ist da freilich Ansichtssache. Für die Betroffenen ist es aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erfreulich, dass sie um ihren Mindeststandard gebracht werden. Der Zoll hat 2018 nämlich mehr Mindestlohnverstöße aufgedeckt als im Jahr zuvor. Ja, ganz richtig gelesen, im selben Zeitraum, in dem die Vorstandslöhne florierten, brachte man mehr Mindestlohnabhängige denn je um ihren verdienten, aber dann eben doch nicht verdienten (und eigentlich ohnehin zu niedrigen) Lohn. Weiterlesen beim Neuen Deutschland

Meine Lebenserwartung, deine Lebenserwartung

Rente mit 70: Das sei jetzt opportun, wegen der erhöhten Lebenserwartung – findet die Bundesbank. Aber die Lebenswartung gibt es gar nicht. Es kommt immer drauf an, wen man meint. Es ist schon unglaublich, wieviel Lebenszeit wir mittlerweile haben. Während unsere Großeltern nicht mal 67 Jahre alt wurden, sind heute 81 Lenze durchaus drin. Wenn man den geriatrischen Hochglanzmagazinen Glauben schenken darf, ist 81 noch nicht mal unbedingt gebrechlich, denn die aktiven Alten, die man uns präsentiert, kokettieren damit, dass 81 das neue 65 sei. Die Alten sind so jung wie nie – die pflegebedürftigen Senioren bekommen wir in der Regel ja auch nicht zu Gesicht. Sie sind ja nicht aktiv und drängen nicht in den Fokus. Nicht wenige Prognosen erwarten außerdem einen weiteren Altersanstieg. Bis ins Jahr 2060 soll die Lebenserwartung in Deutschland sage und schreibe bei 87 Jahren liegen. Vor einigen Jahren meldeten Berechnungen eines Wirtschaftswissenschaftlers, dass alle 2016 geborenen Menschen je nach Geschlecht zwischen 90 oder 93 Jahre alt würden. Als ob es immer weiter und weiter gehen und man die Biologie austricksen könnte. Prognosen über zukünftige gefühlte Lebensalter gibt es hingegen nicht. Da wir aber angeblich immer besser medizinisch betreut werden, kann man schon vermuten, dass 87 dann das neue 61 sein wird. Weiterlesen beim Neuen Deutschland

Entschuldigen Sie, ist das der Sonderzug …

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Ab 2020 wird die Deutsche Bahn Kartenzahlung in ihren Bordrestaurants ermöglichen. Jetzt geht es Schlag auf Schlag mit der Zukunft. Mittlerweile hört sich das Unternehmen an wie das ZK von einst: Von gestern, aber siegesgewiss. So lange ist das noch nicht her, da hat sich die Deutsche Bahn ein bisschen großzügig vor die Öffentlichkeit gestellt und verkündet, dass in ihren Intercity-Express-Zügen künftighin auch kostenfreies Internet geboten sein wird. Anfang 2017 war das. Vorher hat man für eine nicht sonderlich stabile Verbindung richtig Geld hinlegen müssen. Teilweise musste man für zwei Stunden mobile Zeit acht Euro berappen. Was Reisende im Laufe vieler Jahre da in ihre Erreichbarkeit gesteckt haben, kann man sich ausrechnen. Aber vor knapp drei Jahren war das alles vorbei, da kam die Bahn an. Nicht immer am Bahnhof zwar, aber wenigstens in der Zukunft, im technologischen Utopia. Damit warb sie dann auch großkotzig, als ob ein Internetzugang 2017 noch etwas war, was man sonst nirgends bekam. Weiterlesen beim Neuen Deutschland

Vertrauen ist gut, Whistleblowing ist besser

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Der Whistleblower ist kein verschlagener Typ, kein linkischer Verräter. Man muss ihn natürlich auch nicht als Helden betrachten. Er ist ganz schlicht eine Kontrollinstanz. Daher wäre es so wichtig, Whistleblowing gesetzlich zu schützen. Nie wieder! Ich finde, diese Forderung, die wir beim Gedenken an den Nationalsozialismus im Munde führen, muss unbedingt auf heutige Missstände angewandt werden. Zum Beispiel beim internationalen Umgang mit Whistleblowern, also aktuell mit Julian Assange, um mal den prominentesten Namen zu nennen. Ach so, bevor jetzt wieder jemand was falsch versteht: Nein, die Haftbedingungen Assanges sind nicht gleichzusetzen mit den Verbrechen der Faschisten. Insofern ist das hier weder ein Vergleich noch eine Banalisierung. Eigentlich will ich aber auf was ganz anderes hinaus, mal ganz unabhängig vom Fall Assange: Whistleblowing ist nämlich ohnehin kein klassisches Verbrechen. Für viele Hinweisgeber stellt sich dieser Prozess als Gewissensfrage. Oder ihr Gerechtigkeitssinn wähnt sich verletzt. Ganz sicher spielt hin und wieder auch bei manchem ein verletztes Ego mit hinein, Ärger mit dem Vorgesetzten zum Beispiel. Weiterlesen beim Neuen Deutschland