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Das Verbrechen der Ungeimpften

Es gab bereits einige Feindbilder seit dem Ausrufen der Corona-Krise. Derzeit sind es Menschen, die sich – aus welchen Gründen auch immer – nicht mit dem noch recht neuen Impfstoff gegen Covid-19 impfen lassen wollen. Doch Menschen ohne Impfung sind mehr als Feindbilder – sie unterliegen Sanktionen, die keine rechtliche Grundlage haben. Damit sind sie nicht allein. George W. Bush sollte Menschen, die über die Impfung gegen Corona nachdenken, interessieren, und zwar unabhängig davon, ob sie der Impfung zu- oder eher abgeneigt sind. Bush zeichnet nämlich verantwortlich für den „USA Patriot Act“ aus dem Jahr 2001. Bekanntlich war das das Jahr, als das World Trade Center gewaltsam zum Einstürzen gebracht wurde. Die Folgen waren nicht nur lokal, sondern weltweit gravierend. Der „USA Patriot Act“ – genauer: ein durch den Präsidenten erlassener Zusatz – führte zu einer Situation, die für die von diesem Zeitpunkt an gefangen Genommenen nahezu ausweglos war. Wer in Verdacht stand, die US-amerikanische nationale Sicherheit zu gefährden, konnte mir nichts, dir nichts festgenommen werden. Musste er aber zuvor noch innerhalb von sieben Tagen angeklagt und ihm ein konkretes Delikt zur Last gelegt werden, galt das dank des Zusatzes nicht mehr. Der Philosoph Giorgio Agamben vergleicht in seinem Buch „Ausnahmezustand“ im Jahr 2004 den Umgang mit Gefangenen von Guantanamo mit dem gegenüber der Juden in der Naziherrschaft. Die Gemeinsamkeit entnahm Agamben der Tatsache, dass beide faktisch ihrer Staatsbürgerschaft entledigt wurden. Tatsächliche Anklagepunkte gab es jedoch nicht. Juden wurden also in der Naziherrschaft verhaftet, gefoltert, vergewaltigt und letztlich getötet, einzig weil sie Juden waren. Das war ihr „Verbrechen“. Gefangene von Guantanamo ereilte nicht selten ein ähnliches Schicksal, auch in ihrem Fall ohne konkreten Anklagepunkt, also auch ohne, dass es in amerikanischen Gesetzbüchern Gesetze gab, auf die sich die amerikanische Regierung berufen konnte. Wegen des Zusatzes durch den Präsidenten war das allerdings auch gar nicht notwendig. Dieser kleine Ausflug war nötig, um das nun Kommende zu verstehen.

Zwischenbemerkung

Was nun folgt, dient dem Gegenüberstellen unterschiedlicher Ausgangslagen. Es geht – das sei hier ausdrücklich betont – nicht um eine Wertung in dem Sinne, dass diese Gegenüberstellung einer Gleichsetzung entspräche. Ich muss das an dieser Stelle schreiben, weil solche Gegenüberstellungen bzw. Vergleiche oft als Gleichsetzung interpretiert werden. Dabei ist das Wesen des Vergleichens, Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten, die Gleichsetzung geht einen großen Schritt weiter und bewertet unterschiedliche Sachverhalte als gleichbedeutend bzw. identisch oder nahezu identisch. Das ist hier nicht gemeint.

Prädikat ungeimpft

Wir alle wissen, dass es in dieser Krise schon einige Feindbilder gab: Mitarbeiter in Fleischereibetrieben, Reiserückkehrer, Kinder (mit Abstand das perfideste Mittel des Feindbildaufbaus) – und nun also Menschen, die vorsichtig gegenüber der Impfung sind. Diese Menschen sind ohne ihr Zutun in den Mittelpunkt der Gesellschaft gerückt worden. Sie werden übergriffig gefragt, ob sie geimpft sind, und wenn sie diese Frage verneinen, müssen sie eine Begründung liefern. Der Hinweis auf das Recht der persönlichen Entscheidung wird als nicht ausreichend deklariert. Der öffentliche Druck auf ungeimpfte Menschen ist in den letzten Monaten auf ein erschreckendes Maß angewachsen. Nicht nur, aber auch in den sozialen Medien finden regelrechte Hetzjagden und vernichtende verbale Angriffe statt. Der Hintergrund ist die Haltung der politischen Verantwortungsträger.

Das Böse im Ungeimpften

Die eigentlich als Garant für die wiederkehrende Freiheit angepriesene Impfkampagne der Bundesregierung hat sich als Luftnummer erwiesen, zumindest in der angekündigten Form. Zwar scheinen die neuen Impfstoffe für ältere Menschen und für solche, die unter Vorerkrankungen leiden, eine gewisse Wirksamkeit zu entfalten (aufgrund mir fehlender tiefer gehender Informationen kann ich das jedoch nur vermuten und den Betroffenen wünschen), doch viele andere Fälle zeigen auf, wie unsicher die Impfstoffe sind. Inzwischen sind wir bei der vierten Impfung, weitere deuten sich an, die Wirksamkeit ist nicht gleichmäßig verteilt, Wiederansteckungen und die Weitergabe des Virus kommen erschwerend hinzu. Zudem gibt es Nebenwirkungen, die nur spärlich dokumentiert und kommuniziert werden, Langzeitstudien kann es naturgemäß noch nicht geben, es wird letztlich in der Phase der Impfung weiter geforscht und experimentiert. Auch die Dauer einer möglichen Wirkung lässt Wünsche offen. Während man sich mit anderen Impfungen sein Leben lang oder zumindest für viele Jahre schützt, zeichnet sich bei der Impfung gegen Corona eine Art „Impf-Abo“ ab, und das mit Impfstoffen, die – vorsichtig formuliert – nicht ausgereift wirken. Da die Bundesregierung von Beginn an ausschließlich auf die Impfung als Rettung vor dem Virus gesetzt hat, steckt sie nun in der Klemme. Zuzugeben, dass die Erwartungen nicht erfüllt werden konnten, stellt sich als unmögliches Unterfangen heraus, und auch die Tatsache, dass im Falle von Schäden, welcher Art auch immer, nicht die Hersteller der Impfstoffe, sondern die Bundesregierung haften muss, macht die Sache nicht leichter. Hinzu kommen Probleme in Krankenhäusern, die über Überlastung klagen. Das ist freilich nichts Neues, denn das Gesundheitssystem hängt schon seit langer Zeit am Tropf, weit bevor es Corona in die Nachrichten geschafft hat. Auch in starken Grippephasen oder anderen Spitzenzeiten waren viele Krankenhäuser am Limit, mussten genau planen, um das Nötigste an Hilfe leisten zu können. Man könnte hier noch zahlreiche weitere Aspekte aufzählen, die zu einer aktuell schwierigen Situation beitragen. Öffentlich verantwortlich gemacht aber werden die Menschen, die sich gegen eine Impfung entschieden haben. Diesen Menschen werden – entgegen jeder Logik – die steigenden Inzidenzen zugeschrieben, die angeblich nur entstehen, weil sie sich als Minderheit nicht impfen lassen. Die Tatsache, dass inzwischen viele Menschen mit Impfung in den Krankenhäusern liegen, bleibt unerwähnt oder wird als nebensächlich abgetan. Und auch der Umstand, dass geimpfte Menschen anders behandelt und – vor allem – anders gezählt werden, wird glatt ignoriert. Menschen, die sich nicht impfen lassen, werden als bösartig bezeichnet, verantwortungslos, man nennt sie Tyrannen und schiebt ihnen mit der „Pandemie der Ungeimpften“ gleich die komplette Misere in die Schuhe. Wie gesagt: das ist unlogisch. Und es lässt sich leicht widerlegen, wurde auch des Öfteren schon widerlegt, politisch allen voran von Sahra Wagenknecht, die nicht müde wird, auf die tatsächlichen Versäumnisse hinzuweisen (und dafür mächtig öffentliche und parteiinterne Prügel bezieht).

Angeklagt ohne Richter: der ungeimpfte Mensch

Doch zurück zu Guantanamo. Die dort Eingesperrten hatten keinerlei Möglichkeit, sich zu wehren, einen Anwalt zu bekommen oder sich zu einer Anklage äußern zu können. Der Verdacht, eine Gefahr für die nationale Sicherheit zu sein (von wem und aus welchen Gründen auch immer ausgesprochen), reichte aus, um sie auf unbestimmte Zeit in Gefangenschaft zu nehmen. Im Juli 2021 waren übrigens noch immer 39 Menschen dort, Forderungen nach Schließungen dieses faktisch illegalen Gefängnisses bleiben bis heute ungehört. Also seit 20 Jahren. Menschen, die sich der Impfung gegen Corona verweigern, werden nicht eingesperrt. Jedenfalls nicht in Gefängnissen. Sie werden auch nicht physisch gefoltert, nicht vergewaltigt, nicht getötet. Dennoch gibt es eine Parallele, denn Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, werden öffentlich, politisch und medial verurteilt. Ihnen werden Taten wie potenzieller Mord unterstellt, sie werden gewissermaßen als eine Art Aussätzige gesehen, denen gegenüber Gnade oder Verständnis unangebracht ist. Menschen, die sich gegen die Impfung entschieden haben, soll das Leben „so unbequem wie möglich“ gemacht werden, sie können an Zusammenkünften, Veranstaltungen, Weihnachtsmärkten, Kunst und Kultur und am Besuch im Restaurant nicht teilnehmen. Die „Unbequemlichkeiten“ nehmen fast täglich zu, immer mehr Einschränkungen gelten nur für Menschen ohne Impfung. Und der Druck wird stärker, sie werden inzwischen immer häufiger geächtet, als wertlos betrachtet und als gefährlich eingestuft. Der entscheidende Punkt dabei: Diese Menschen haben kein Verbrechen begangen, sich keiner Straftat schuldig gemacht, gegen kein Gesetz verstoßen. Und doch werden sie bestraft, sie werden Teile ihrer Freiheit beraubt, werden beschimpft, für die Krise verantwortlich gemacht und als „Gefährder“ eingeordnet. Jens Spahn (CDU), scheidender Gesundheitsminister, forderte kürzlich noch, die Einschränkungen für Menschen ohne Impfung auf das gesamte Jahr 2022 ausweiten zu wollen. Wie in Guantanamo gibt es dafür keine rechtliche Grundlage. Und die Verlängerung der Beraubung bestimmter Freiheiten für ungeimpfte Menschen auf das kommende Jahr auszudehnen (oder allein den Vorschlag zu machen), erinnert doch sehr an Guantanamo, wo Gefangene zeitlich unbegrenzt ihrer Freiheit beraubt werden können. Wie bereits weiter oben ausgeführt: Der Status der Menschen in Guantanamo ist nicht gleichzusetzen mit Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen. Einschränkungen in einigen (oder auch zahlreichen) Lebensbereichen kann man nicht mit Folter, Vergewaltigung und Tod gleichsetzen. Doch die Begründung ist sehr wohl vergleichbar: Während die einen eine vermeintliche Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen, müssen sich die anderen die Gefahr für das Gesundheitssystem und das Leben anderer Menschen unterstellen lassen. In beiden Fällen ohne entsprechende Gesetze, die das begründen könnten.

Im Teufelskreis

Wir befinden uns – wenn er nicht durchbrochen wird – in einem Teufelskreis, der sich zu einem andauernden Zustand entwickeln kann. Bedenklich ist schon die Begründung, man müsse eben mit den Folgen leben, wenn man die Freiheit in Anspruch nimmt, sich nicht impfen zu lassen. Eine rechtlich verbriefte Freiheit kann nicht sanktioniert werden, dann ist sie nicht mehr als Freiheit zu bezeichnen, und ein Staat, der dies dennoch tut, kann nicht mehr Rechtsstaat genannt werden. Doch im schlimmsten Fall sind ungeimpfte Menschen nur der Anfang, und das müssen sich auch all jene klarmachen, die nicht zu dieser Personengruppe zählen. Wir haben erlebt, wie schnell Feindbilder ausgetauscht werden können. Sie können aber auch – als nächste Eskalationsstufe – um weitere Feindbilder ergänzt werden, die ebenfalls mit Repressalien konfrontiert werden können. Wer also jetzt auf die „Feinde des Gesundheitssystems“ herabblickt und sie verurteilt, möge dabei im Hinterkopf haben, dass auch er zum „Feind“ werden kann. Verstöße gegen geltendes Recht sind dafür heute nicht mehr nötig.

Ihr Kriegshetzer, Russenhasser und Menschenfeinde: Ich verabscheue euch

Wir müssen verstehen, dass es beim aktuellen geopolitischen Konflikt nicht um die Ukraine geht. Es geht um die Schwächung und Zerstörung Russlands. Dieses Ziel wurde bereits vor Jahrzehnten formuliert und immer wieder auch kommuniziert. Solange wir nicht begreifen, dass es weder um Demokratie noch Werte (was auch immer das genau bedeuten mag) noch um das Recht zur Selbstverteidigung der Ukraine geht, befinden wir uns in einem Teufelskreis fehlender Logik, in dem wir nach Ansicht der Kriegshetzer auch bitte bleiben sollen. Die Positionierung für die Ukraine ist eine Positionierung für die USA, für den Westen, und zwar mit dem Ziel, die Eskalation voranzutreiben. Unsere Rolle dabei ist die des empörten Kollektivs, das den Marktschreiern und Rattenfängern glaubt. Wenn wir nicht verstehen, dass wir nützliche Instrumente einer geopolitischen Zerstörung sind, müssen wir uns fragen, welche Schuld wir auf unseren Schultern tragen, weil wir eine feindselige Politik unterstützen, eine Politik, die einzig und allein dem Zweck dient, die weltweite und ohnehin schon fragile Ordnung in 1.000 Teile zerspringen zu lassen.
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Gehorsam, Phase II: Nicht krank, aber mundtot

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Nachdem die Demo am 1. August 2020 in Berlin zuvor medial als Veranstaltung der „Corona-Leugner“, „Impfgegner“, „Nazis“ und „Verschwörungstheoretiker“ durch den Schmutz gezogen wurde, stellte sich schnell heraus, dass der Abschreckungsversuch durch Diffamierung ausblieb. Zwar sind die Angaben über die Zahl der anwesenden Demonstranten – je nach Standpunkt – eingefärbt. Doch es waren eine Menge Menschen unterwegs, daran kann es keinen Zweifel geben. Auch dass unter den zahlreichen Menschen, die am 1. August auf die Straßen von Berlin gingen, eine nur sehr übersichtliche Zahl derer zu finden war, die zum zuvor unterstellten Profil passten, das die Medien gezeichnet hatten, lässt sich anhand unzähliger Bilder und Live-Streams kaum noch leugnen. Instrumentalisiert wird die Demo von den Medien und den politisch Verantwortlichen dennoch. Doch so wäre es auch gekommen, wenn die Demo nicht stattgefunden hätte. Denn wir befinden uns in einer neuen Phase eines Manipulationsgeschehens, das seinesgleichen sucht.

Der erste Lockdown war die Schuld des Virus‘ …

Meiner persönlichen Meinung nach kann man den politisch Verantwortlichen für den Zeitraum des Beginns der Krise nicht viele Vorwürfe machen. Man wusste nicht, womit man es zu tun hatte, und dass aus der anfänglichen Bagatellisierung kurze Zeit später die größte Seuche der Menschheit gemacht wurde – Shit Happens! Auch der Lockdown war – wenngleich der Zeitpunkt ungünstig war, aber hey, hinterher ist man immer schlauer! – in gewisser Hinsicht nachvollziehbar. Vielleicht hätte er sogar den gewünschten Effekt erzielen können, wäre die Bundesregierung nicht so heillos konfus an die Sache herangegangen. In einem Punkt aber waren sich irgendwie alle einig: Das Virus trug die Verantwortung für den Lockdown. Seine Angriffslust und seine Gier danach, Leben auszuhauchen, waren der Grund dafür, dass nicht nur das Gesundheitssystem (womöglich) an seine Grenzen stieß. Sondern auch weite Teile der Wirtschaft lahmgelegt wurden. Menschenleben gehen vor, so der Tenor. Inzwischen sind wir aber weiter. Wir wissen, dass Menschenleben wahrlich nicht ganz oben auf der Prioritätenliste der politisch Verantwortlichen standen und stehen. Der Artikel „Das größte Risiko der ‚Risikogruppen‘“ stellt eindrucksvoll und erschreckend dar, wie es speziell älteren Menschen nach dem Beginn des Lockdowns ging. Er benennt auch die Folgen für die sogenannte „Dritte Welt“ und zeichnet nüchtern und trocken ein Bild des Schreckens. Liest man diesen Text, kann man nicht umhin, sich die Frage zu stellen, die von Beginn an zwar im Raum schwebte, aber kaum eine Rolle spielte: Verhältnismäßigkeit. Ich will hier ganz sicher nicht wieder die Diskussion lostreten, wie viele Menschen an, mit oder durch Corona gestorben sind. Es macht keinen Sinn. Denn spätestens bei dieser Frage der Verhältnismäßigkeit zwischen verstorbenen Menschen hierzulande und den sozialen, psychologischen, pädagogischen, soziologischen und ökonomischen Auswirkungen kommt der Kritiker meiner Worte um die Ecke und haut mir die Zahlen in Brasilien, Italien oder New York um die Ohren. Seit Monaten versuche ich, das Argument anzubringen, dass man die nackten Zahlen anderer Länder nicht isoliert betrachten, sondern Faktoren wie Altersstruktur, Gesundheitssysteme, Armut, Krankheitsverläufe und die politischen Strukturen der genannten Länder mit einbeziehen müsste. Vergeblich. Also lass ich es. Inzwischen. Vergebliche Liebesmüh‘. Und hierzulande? Sind die psychologischen, sozialen, soziologischen, pädagogischen und wirtschaftlichen Folgen inzwischen immer besser zu erkennen. Kein Wunder, die Politik hatte Zeit, sich den Verlauf der Krise genau anzusehen. Und hätte Zeit gehabt, die Lage neu zu bewerten. Doch sie hat sie nicht genutzt. Im Gegenteil, sie hat eine Chance erkannt: Gehorsam.

… am zweiten Lockdown sind die Kritiker schuld

Was ich ebenfalls nicht aufmachen will, ist eine Debatte über die Maskenpflicht. Theoretisch könnte man zwar das Für und Wider von Masken in bestimmten Situationen besprechen. Aber die Fronten sind längst so verhärtet, dass dabei nichts Konstruktives (mehr) herauskommt. Sinn oder Unsinn der Gesichtsmasken sind also hier nicht mein Thema, sondern die Auswirkungen der Pflicht, sie zu tragen. Man muss sich das vorstellen: rund 80 Millionen Menschen wurden dazu verdonnert, Masken zu tragen. Und ein Großteil von ihnen hält sich daran. In der Zwischenzeit tauchen immer wieder Kontroversen auf, die gute Argumente für und gegen das Tragen von Masken hervorbringen. Aber die Pflicht bleibt, und (fast) alle halten sich dran. Was verständlich ist, denn der soziale Druck ist enorm. Selbst ein Wolfgang Wodarg, der nun sicher kein Masken-Fan im Supermarkt sein dürfte, sagte in einem Interview, er habe sich der Situation gefügt. Weil es auch ihm (und warum auch nicht?) unangenehm war, feindselig oder vorwurfsvoll angesehen oder angesprochen zu werden. Und damit sind wir bei den Kritikern dieser Masken. Der Masken und der zahlreichen anderen Maßnahmen, die Grundrechte beschneiden, einschränken oder aushebeln, die Überwachung leichter machen und Bewegungs- und Berufsfreiheit behindern oder vollständig unterbinden. Wir sind bei den Kritikern, die einwerfen, dass es im Vergleich zu Corona andere Krankheiten und Probleme gibt, die nicht weniger starke Auswirkungen hatten und haben, und die dennoch gesellschaftlich allgemein akzeptiert werden. Sie werden „Corona-Leugner“ genannt, gern auch – um die Sache zu untermauern, wenn auch ohne sachliche Grundlage – Nazis, Antisemiten oder Verschwörungstheoretiker. Das kennen wir ja bereits. Wer nicht zu 100 Prozent auf Regierungslinie ist, wird mit solchen Titeln belegt. Doch das ist Schnee von gestern. Jetzt geht es um die „zweite Welle“, um den nächsten Lockdown. Und natürlich um die Frage, wer dafür verantwortlich ist. Und das ist nicht mehr Corona. Das Virus hat im Grunde seine Aufgabe erfüllt. War es zu Beginn des ersten Lockdowns noch Covid-19, das als Grund genannt wurde, sind es jetzt die Kritiker, die Maskenverweigerer oder Maskenkritiker, diejenigen, die die Maßnahmen in Frage stellen und auf die Auswirkungen hinweisen, die hier bereits angedeutet wurden. Sie sind die, die verantwortungslos handeln, die also keine Rücksicht auf ihre Mitmenschen nehmen, die die Wirtschaft zerstören und weitere Tote durch ihr Denken (!) und Handeln herbeiführen. Solange man dem Virus die Verantwortung zuschieben konnte, ließ es sich auch gut mit der sogenannten „Solidarität“ leben. „Bleiben Sie gesund“, war das Motto. Und geklatscht wurde, bis der Arzt kommt. Für die vielen systemrelevanten Menschen, die sich den Arsch aufgerissen haben, aber nicht erst seit Corona, sondern schon Jahrzehnte lang zuvor. Immer unterbezahlt, immer gesellschaftlich nicht anerkannt, immer mit der privatisierten Wirtschaft im Nacken, die ihre harten Jobs noch härter machte. Da kann man in Krisenzeiten doch auch mal klatschen, erst recht dann, wenn man auch weiterhin nichts daran zu ändern gedenkt. Oder sollen einmalige Bonuszahlungen für ausgewählte systemrelevante Berufe ein dauerhaftes Zeichen der Wertschätzung sein? Wenn das so ist, habe ich einfach eine andere Definition von Wertschätzung.

Kritik wird unmöglich gemacht

Es funktioniert. Kritik kann nicht mehr geäußert werden, ohne sich des potenziellen Mordes schuldig zu machen. Jede neue Fallzahl (wobei allein dieses Wort hohl und nichtssagend ist) wird als Grund für neue Maßnahmen, strengere Strafen und härtere Vorwürfe gegen kritische Geister verwendet. Nicht mehr das Virus ist schuld, es sind die Kritiker. Und an Zuständen wie etwa in Fleischereibetrieben sind nicht mehr die politischen Rahmenbedingungen schuld, an eingesperrten oder depressiven und vereinsamten (alten) Menschen sind nicht mehr die rigiden Maßnahmen schuld, an Betrieben, die in die Insolvenz gehen, am Leid von Künstlern, die Hartz-IV beantragen müssen, ja, selbst an Hartz-IV selbst sind nicht mehr die politisch Verantwortlichen schuld. Sie weisen jede Verantwortung von sich! Somit sind sie auch nicht mehr für den privatisierten Arbeitsmarkt und all die anderen Privatisierungen, die so verheerende Auswirkungen haben, verantwortlich, nicht für die Armut, nicht für Rüstungsausgaben und Kriegshetzerei, nicht mehr an Korruption, Bestechung, Steuerhinterziehung globaler Unternehmen. Schuld tragen allein die „Corona-Leugner“. Und das lässt sich verdammt gut verkaufen.

All das klingt übertrieben?

Ich fürchte, das ist es nicht. Wir leben seit Monaten in einer Ein-Thema-Republik, in der die Auswirkungen der Krise im öffentlichen Raum faktisch keine Rolle mehr spielen. Die Tatsache, dass nun – nach der Demo – auch noch das Versammlungsrecht zur Diskussion steht, passt zur allgemeinen Stimmung, wäre aber wohl auch so gekommen, wenn es die Demo nicht gegeben hätte. Dass an einem potenziellen Lockdown ausschließlich die „verantwortungslosen“ Menschen und nicht mehr das Virus und die zuvor so desaströse Politik zuständig sind, zeichnet sich schon länger ab. Wobei die Demo in Berlin das Vorhaben, weiter einzuschränken, zu drangsalieren und die Maskenpflicht auszuweiten, natürlich ein willkommener Anlass war. Und so ist es nur folgerichtig, dass jetzt härtere Strafen für all jene „Sünder“ gefordert werden, die sich nicht zu 100 Prozent regierungskonform verhalten. Die Masken selbst sind bezüglich ihrer Wirkung meiner Meinung nach ohnehin überbewertet. Viel wichtiger ist der Symbolcharakter, der, das wissen wir spätestens seit der Demo am 1. August, die „Guten“ von den „Bösen“ unterscheidet. Allein deswegen werden wir sie noch eine ganze Weile behalten. Das Deprimierende daran ist unter anderem die Tatsache, dass eine vergleichbare Demo gegen Rassismus (also eine „gute“ Demo) gänzlich anders behandelt wurde, dies aber unzähligen Menschen nicht auffällt oder sie davor die Augen verschließen. Die Strategie wäre also im Grunde recht einfach zu durchschauen, doch wir haben wohl den Punkt überschritten, an dem die Wahrnehmung zu derlei Differenzierungen in der Lage ist. Was am Ende übrig bleibt, sind die „Guten“ und die „Bösen“. Letztere erkennt man daran, dass sie, wenn möglich, die Maske verweigern, dass sie die Maßnahmen in Frage stellen, dass sie auf Konsequenzen hinweisen, die ebenfalls Folge der Krise sind. Insbesondere der letztgenannte Punkt sollte eigentlich gesellschaftlich längst für eine breite, offene und kontroverse Diskussion gesorgt haben – zum Schutz aller, um mal dieses Vokabular zu gebrauchen. Doch es geht nicht mehr um alle, es geht um Gehorsam und darum zu erkennen, wer sich querstellt. Dieses Bild ist eines von vielen, die in letzter Zeit durch die sozialen Medien gehen. Doch es drückt die allgemeine Stimmung aus:

Vermutlich wird die Demo vom 1. August künftig enorm an Bedeutung gewinnen. Sie war die Zusammenkunft einer kritischen Masse, die man – bei allen Unterschieden und in Anbetracht der Tatsache, dass sich zahlreiche Menschen darunter gemischt haben, die gänzlich andere Ziele als die Verteidigung der Demokratie verfolgen – künftig noch kritischer beobachten wird. Die man bestrafen wird, wo man Demoteilnehmer der „richtigen“ Themen belohnt. Die man diffamieren und als verantwortungslos bezeichnen wird. Die man für die „zweite Welle“, in der wir uns angeblich schon befinden, zur Rechenschaft ziehen wird, ebenso wie für den daraus folgenden Lockdown. Auch für die Kinder und Jugendlichen, die von nun an zum Tragen der Masken in der Schule gezwungen werden, werden die Kritiker herhalten müssen. Für die Traumata, die daraus hervorgehen werden, für die Schäden für Bildung und für das soziale Gefüge von Jugendlichen. Und das, obwohl diese nächste drakonische Maßnahme problemlos zu vermeiden gewesen wäre. Doch das ist nicht gewollt, weil es dem Konstruieren des gehorsamen Menschen dient. Wenn die nächsten Krankenhäuser geschlossen werden, weil das effizienter sei für die Gesundheit und den „Markt“, werden sie, die die kritische Masse bilden, auch dafür in die Verantwortung genommen werden. Das Leben dieser kritischen Menschen wird auf absehbare Zeit nicht leichter, sondern erheblich schwerer werden. Auch das ist die Folge der „Ein-Thema-Politik“. Die Schuldfrage wird neu verteilt. Und die Schuldigen sprechen sich von der Verantwortung, die sie zweifelsfrei für die Zustände vor und während Corona haben, frei. Bei vollen Bezügen.

Der Krieg ist vorbei

Der Stellvertreterkrieg in der Ukraine geht zu Ende. Alles deutet darauf hin. Die Finanzströme zu seiner Finanzierung versiegen, dem Westen geht die Munition aus, der wieder aufgeflammte Nahost-Konflikt bindet seine Kräfte und die mediale Aufmerksamkeit. Der ukrainische Präsident Wladimir Selensky, noch vor kurzem gefeiert wie ein Superstar, verliert an Rückhalt. Man ist ihm überdrüssig. Er sieht inzwischen schlecht aus. Der Krieg, die Vernichtung des eigenen Volkes auf westliche Anweisung, zehrt auch an ihm. Er könnte längst vorbei sein, hätte der Westen nicht die Friedensverhanlungen im  März 2022 sabotiert. Er hätte nie ausbrechen müssen, wäre man auf die Sicherheitsinterssen Russland eingegangen. Selenskys Auftritten haftet inzwischen etwas Verzweifeltes an, aus seinen Bitten um Unterstützung wurde Flehen. Es geht ihm dabei nicht nur um sein politisches, sondern auch um sein physisches Überleben. Seine Beliebtheit ist in der Ukraine im freien Fall, von den ukrainischen Soldaten wird er gehasst. Die Gegenoffensive ist gescheitert. Dennoch wird sie weitergeführt. Auch das ist reine Verzweiflung. Keins der Ziele wurde erreicht. Dabei klang es im deutschen Fernsehen aus den deutschen Talkshows zu einfach und zu logisch. Deutschland liefert Kampfpanzer des Typs Leopard 2 und bildet daran ukrainische Soldaten aus. Dann schaffen diese mit deutschem Gerät, aber ohne deutsche Beteiligung einen Durchstoß durch russische Linien, stoßen Richtung Asowsches Meer vor, unterbrechen die russische Versorgung und – schwupps – ist der Krieg gewonnen. Es ist dann Deutschlands Sieg über Russland, ausgeführt von der Ukraine. Ein Sieg ohne aktiv beteiligt gewesen und damit zum Ziel für Russland geworden zu sein. Ein genialer Schachzug der deutschen Sofa-Generäle und Schreibtischtäter. Daraus wurde nichts. Man wird sich gegenüber der Ukraine für den Tod einer ganzen Generation von Männern zu verantworten haben.

Die Leningrader Blockade der Gegenwart

Nichts wurde auch aus dem Plan, Russlands Wirtschaft durch Sanktionen in die Knie zu zwingen. Das Vorhaben war, Russland in den Krieg zu drängen, das Land dann durch die Sanktionen von einem Umfang, den die Welt bisher nicht gesehen hat, wirtschaftlich niederzurdrücken, die Bevölkerung zu verelenden und darüber einen Regime-Change zu bewirken. Putin muss weg, weiß man in der EU und in Deutschland. Was die Bürger Russlands wollen, interessiert hierzulande nicht nur niemanden. Man behauptet sogar ganz anmaßend, im Interesse der russischen Wähler zu handeln. Da kennt man in Deutschland keine Scham. Man weiß es besser. Auch die Zerstörung der russischen Wirtschaft ist nicht geglückt. Die russische Wirtschaft brach im vergangenen Jahr um 2,1 Prozent ein. Prognostiziert wurde ein Einbruch im zweistelligen Bereich. Wirtschaftsminister Habeck hielt an dieser Prognose am längsten fest und behauptete, die Sanktionen, die klar darauf abzielten, die russische Wirtschaft innerhalb von wenigen Wochen zu zerstören, seien mittelfristig angelegt. Man weiß immer nicht, wen Habeck wirklich täuschen möchte: sein Publikum oder schlicht sich selbst. Der Einbruch von 2,1 Prozent im Jahr 2022 war weniger stark als der Einbruch aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung von Corona. In diesem Jahr wächst Russland wieder. Am Ende des Jahres werden es wohl um die 3 Prozent Wachstum sein. Anders sieht es in Deutschland und der EU aus. Die deutsche Wirtschaft schrumpft und wird das wohl auch weiterhin tun. Die Umstellung der Wirtschaft auf erneuerbare Energien funktioniert nicht. Der verbitterte Versuch, sich von russischen Energieträgern zu lösen, sorgt dafür, dass die deutsche Wirtschaft ihre Wettbewerbsfähigkeit verliert. Kaum besser sieht es im Euroraum und in der EU aus.

Deutschlands Politik der verbrannten Erde

Es wäre an der Zeit zuzugeben: der Westen hat den Krieg gegen Russland verloren. Doch statt sich den Tatsachen zu stellen und sich um Schadensbegrenzung zu bemühen, setzt deutsche Politik auf die Fortführung des eingeschlagenen Kurses. Es hat inzwischen etwas von Besessenheit. Das politische Establishment ist an der Seele krank und moralisch völlig verroht. Wie im Zwang wiederholt es alle Fehler der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Immer mehr Waffen sollen die Ukraine dazu befähigen, Russland doch noch zu besiegen. Wie schon im 2. Weltkrieg setzt die deutsche Politik erneut darauf, verbrannte Erde zu hinterlassen, Elend zu erzeugen, alles zu zerstören, was sie sich nicht einverleiben konnte. Von der Ukraine bleibt absehbar nichts übrig, sie wird sinnlos geopfert. Dabei wären diplomatische Initiativen dringend erforderlich. Mit dem von Deutschland forcierten Sanktionsregime zielte man darauf, den Menschen in Russland Schaden zuzufügen. Dass sich ausgerechnet das Land daran aktiv beteiligte und die Sanktionen nicht lautstark begrüßte, sondern förderte, das für Gräueltaten wie die Leningrader Blockade verantwortlich ist, ist mehr als nur bitter. Es zeigt die Unfähigkeit des politischen Establishments in Deutschland, aus der Geschichte zu lernen.

Deutschland erneut unter internationale Kontrolle stellen

Der Krieg geht verloren und natürlich wird das für die Verlierer Konsequenzen haben. Die Fliehkräfte in der großmäuligen NATO werden zunehmen. Die NATO kann in einem regional eng begrenzten Konflikt nicht bestehen, hat sie gezeigt. Auch die EU hat sich übernommen. Sie verspricht der Ukraine gegen alle Regeln die Aufnahme und stößt die Staaten des Westbalkans vor den Kopf. Sie finanzierte mit einem “Friedensfaszilität” genannten Fond den Krieg in der Ukraine. Weder von der EU noch von Deutschland geben Impulse für eine Beilegung des Konflikts aus – immer noch nicht, muss man hinzufügen. Man wird die EU und wird vor allem Deutschland erneut einhegen und unter internationale Kontrolle stellen müssen. Deutschland hat bewiesen, es ist noch immer ein aggressives Land voller Niedertracht, in dem Vernichtungsphantasien den politischen Ton angeben. Dieser für den Westen verlorene Krieg wird seinen weiteren Abstieg beschleunigen. An seiner weiteren Vorherrschaft, seiner abgrundtiefen, menschenverachtenden Brutalität und seinem Messen mit zweierlei Maß hat niemand in der Welt ein Interesse.

Ist beim Ukraine-Konflikt alles, wie es scheint?

Vorbemerkung:

In einem Moment der Schwäche habe ich dieses Video vom Netz genommen. Der Grund dafür waren weder inhaltliche Bedenken noch die Befürchtung, nicht in allen Punkten der hier geschilderten Ansichten richtig gelegen zu haben (mit beidem kann ich leben), sondern die Tatsache, dass es immer schwerer wird, Meinungen zu vertreten, die von der allgemeinen Erzählung abweichen. In besagtem schwachen Moment erschien mir der daraus entstehende Druck zu groß für mich, ich fühlte mich dem nicht (mehr) gewachsen. Überwunden habe ich diesen Druck nicht, aber ich bin zum Schluss gekommen, dass es möglich sein muss, auch andere Perspektiven zuzulassen und andere Interpretationen in den Raum zu stellen und zu diskutieren. Seit dem Ausbruch der Corona-Krise erleben wir eine kollektive Diffamierung abweichender Meinungen, die für mein Empfinden nicht einmal entfernt etwas mit Demokratie und der freien Meinungsäußerung zu tun hat. Die Berichterstattung zur Ukraine-Krise schließt nahtlos an diese Diffamierungskampagnen an. Jeder auch nur leise Versuch, über die breitflächig formulierten Annahmen hinauszugehen und Aspekte anzusprechen, die für die gesamte Betrachtung hilfreich sein können, um einen Hauch von Verständnis, zumindest aber den Versuch nach kooperativen Lösungen zu erwirken, wird aggressiv und erbarmungslos im Keim erstickt. Dieser Zustand ist unerträglich! Es geht mir nicht darum, recht zu behalten oder die finalen Argumente zu liefern, die nur die durch mich vertretene Einschätzung als zulässig erscheinen lassen. Wäre dem so, würde ich agieren wie die, denen ich zum Vorwurf mache, den Meinungskorridor zu einem dünnen Strich verkommen zu lassen. Im Gegenteil, ich möchte offen zeigen, dass meine Meinung nicht der Weisheit letzter Schluss ist, dass ich mich irren kann, ebenso wie ich richtige Ansätze verfolge. Es ist dieses Entweder-Oder, an dem der Diskurs krankt. Was ich mir wünsche, ist, Fehler zu machen, Gedankenexperimente zu wagen und Erklärungen in Betracht zu ziehen, die zumindest eine Rolle bei der Bewertung der Lage spielen könnten oder sollten. Nicht alles, was in diesem Video gesagt wird, stimmt heute noch. Anderes bleibt als Teil der historischen Zusammenhänge bedeutsam. Der Anspruch, auf ganzer Linie richtig zu liegen, geht also mit dem Inhalt des Videos nicht einher. Aber der Anspruch, Aspekte nicht einfach vollständig auszublenden, weil sie nicht in die aktuelle Erzählung passen. Ich stelle das Video also jetzt wieder online. Die Gefahr, damit auf massive Kritik zu stoßen, nehme ich in Kauf. Mehr noch: Kritik ist erwünscht, wenn sie auf einer Basis stattfindet, die nicht auf Ausgrenzung, Verletzung und Diffamierung beruht, sondern zum Ziel hat, den eigenen Blick – auf der einen wie auf der anderen Seite – zu erweitern. An dieser Stelle möchte ich nochmals meinen herzlichen Dank an meinen Gesprächspartner Gert Ewen Ungar aussprechen, ohne den das Video in dieser Form nicht möglich gewesen wäre.

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Glaubt man unserer Berichterstattung und den Einlassungen der meisten Politiker, ist der Fall beim Ukraine-Konflikt klar: Putin hat ein freies Land angegriffen, somit einen Völkerrechtsbruch begangen und muss dafür bestraft werden. Gemeinsam mit Gert Ewen Ungar habe ich versucht, eine andere Perspektive auf den Konflikt einzunehmen und so eine Einordnung vorzunehmen, die sich von der täglich vernommenen unterscheidet.
Audioversion:

Infektionsschutzgesetz: Der 18.11.2020 könnte ein (bitterer) historischer Tag werden

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Am 18.11.2020 soll das Infektionsschutzgesetz neu gefasst werden. Dieses Gesetz rechtfertigt nicht nur die Maßnahmen der vergangenen Monate, die die Bundesregierung angeordnet hat. Es soll zudem nachträglich das bisher Verhängte „gerichtsfest“ machen, also Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen ausräumen. Was jedoch noch schlimmer ist: So lange Covid-19 nicht komplett „ausgerottet“ ist, wird das neue Gesetz wirksam sein. Und da wir davon ausgehen müssen, dass diese „Ausrottung“ nicht gelingen wird, kann das neue Infektionsschutzgesetz faktisch ohne zeitliche Begrenzung gelten. Wir sind an einem Punkt, an dem es fast egal ist, wie man zu den Maßnahmen der Bundesregierung steht – denn die im Gesetzt genannten Einschränkungen können jeden von uns treffen. Und das muss nicht einmal im direkten Zusammenhang mit einer Erkrankung, Infektion oder einem positiven Test stehen. Es gilt jetzt also, über den eigenen „Corona-Schatten“ zu springen und sich zu fragen, ob man die weitreichenden Einschränkungen auf Dauer mittragen kann.

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Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD Oder hier im Text Anwälte für Aufklärung KenFM

Sorry, das ist meine erste Diktatur!

Jetzt hat es mich erwischt. Nein, nicht Covid-19. Der Stress, der Druck: Ich bin an meine Grenzen geraten. Habe Angst entwickelt. Heute ein sehr persönlicher Beitrag über mich – und sicher etliche andere da draußen. Es ist gerade Sonntagvormittag. Jener Sonntagvormittag vor der Ministerpräsidentenkonferenz, die Diskriminierung etablieren will. Erst jetzt, da dieser Text publiziert ist, wissen wir mehr. Doch in dem Moment, da ich ihn tippe, zerreißt es mich schier. Ich habe Angst. Und hoffe inständig, dass es nicht zu dramatisch kommt. Eben habe ich gelesen, dass die Politik auch plane, eine Testpflicht in Supermärkten einzuführen. Nun hat selbst das RKI mal festgestellt, dass in Supermärkten so gut wie kein Infektionsgeschehen herrsche – aber Fakten kümmern ja auch keinen mehr. Ich stelle mir vor, wie mein Alltag aussehen wird, wenn ich nichts mehr zu Essen einkaufen kann. Muss ich vor dem Laden Leute anpumpen, ob sie mir was mitbringen? Diskriminierung hat es freilich in diesem Lande immer gegeben. Es war bisher nur die übliche Form davon. Eine, die Menschen aussperrt und zu Außenseitern macht, die Läden und Geschäfte ermuntert, bestimmte Menschen nicht mehr reinzulassen, hatten wir in diesem Land seit dem Dritten Reich nicht mehr. Das ist neu – und alt zugleich. Die Apartheid bricht aus, die Segregation bahnt sich den Weg. Und all das auf Grundlage einer Prämisse, die gar nicht zutrifft: Ungeimpfte seien ansteckender als Geimpfte. Nach allgemeiner Studienlage ist das aber Quatsch.
Ich, der letzte Dreck der Stunde
Darum soll es hier aber gar nicht gehen. Die Fakten sind ohnehin auf dem Tisch – wer sie sehen will, kann sie sich anschauen. Alle anderen haben eh keine Lust dazu, sie zu betrachten. Ich will erzählen, was das mit mir macht. Anderthalb Jahre habe ich diese Krise jetzt relativ gut über die Runden gebracht. Angefasst war ich oft. Aber meist habe ich mich da rausgezogen, mich wieder in den Sattel gesetzt. Das gelang mir zuletzt kaum noch. Ab dem Moment, da Kanzleramtsminister Braun offen die Diskriminierung ungeimpfter Menschen aussprach, bekam ich meine Angst nicht mehr in den Griff. Oh ja, ich gebe es zu: Ich habe Angst. Und die stellt was an mit mir. Ich werde zurückhaltender, weiche Diskussionen aus. In meinem bürgerlichen Arbeitsleben – genauer möchte ich das allerdings in der Folge nicht ausführen -, erlebe ich bereits erste Diskriminierungsübergriffe. Zu anderen Zeiten hätte ich interveniert. Aber jetzt? Als Ungeimpfter bin ich quasi Freiwild, ja Abschaum, kein richtiger Mensch mehr: Wenn ich da etwas in den Raum werfe, stellt sich keiner an meine Seite und spricht von Bürgerrechten. Teilweise auch aus Angst. Im Gegenteil, wahrscheinlich müsste ich gewissen Leuten gegenüber Abbitte leisten, mich erklären. Oh ja, ich bin ein Kämpfer, ich spreche Dinge an. Normalerweise. Aber ich bin auch nur ein Mensch, habe nur begrenzte Kraftreserven. Minderwertigkeitskomplexe mischen sich unter die Wut – und ein Gefühl weniger wert zu sein als andere, die geimpft sind. Sollte das Grundgesetz solche Gefühle nicht eigentlich aufheben und unmöglich machen? Grundgesetz? Was war das noch gleich? Sorry, dass ich so offen spreche, gleichwohl so unstrukturiert: Aber das ist meine erste Diktatur. Da kann man schon mal verwirrt, aufgewühlt sein, oder nicht? Ich will ja standhaft bleiben, nichts in mir zieht mich zu einer Impfung hin. Ganz am Anfang wollte ich zuwarten, mal schauen was passiert, mich überzeugen. Letzteres bin ich bis heute nicht. Ich habe mehr und mehr den Eindruck, dass die Impfkampagne mehr oder weniger der plumpe Aktionismus von Entscheidern ist, die nach anderthalb Jahren endlich mal so aussehen wollen wie Leute, die den Karren endlich aus dem Dreck gezogen haben. Aber wie es scheint kommen immer neue Probleme hinzu.
Eine Impfung gegen Arbeitslosigkeit?
Wir sprechen ja nicht von einer Impfpflicht – die es ja nicht geben soll, die man aber aus Alltagsbeschränkungen auspressen möchte. Nein, wir sprechen von einer Lebensimpfpflicht. Jede Mutante braucht einen Impfbooster – und mutiert wird ständig. Innerhalb der Impfkampagne vielleicht sogar auf eine Weise, dass Impfstoffe völlig wirkungslos werden. So ein Virus will ja auch nur überleben, es lernt sich anzupassen – im Regelfall wird es dabei harmloser: Was aber keinen interessiert, weil wir längst keinen Seuchenschutz mehr betreiben; wir sind auf einem donquichottischen Virusausrottungskurs, koste es, was es wolle. Wie gesagt, ich möchte mich auf absehbare Zeit nicht impfen lassen. Die Gefahren sind mir bewusst. Dass ich zwangsläufig erkranken muss, wie man uns das medial behauptet, glaube ich hingegen nicht. Man weiß es nicht, es gibt nur wenig Zwangsläufigkeiten in der menschlichen Medizin. Eine Infektion mit einem Coronavirus gehört nicht unbedingt dazu. Aber ich bin ehrlich, was, wenn mein Status als Ungeimpfter zu Arbeitslosigkeit führen kann? Auf Restaurantbesuche scheiße ich, die kann ich ausfallen lassen. Aber wenn es ans Existenzielle geht: Was dann? Grundsätzlich leide ich stark an Existenzängsten. Mal mehr, mal weniger. Manchmal ohne Not. Ich habe schwere Zeiten hinter mir. War früher länger arbeitslos, hatte Mitte des Monats kein Geld mehr, wusste nicht, wie ich über die Runden komme. Dorthin will ich nicht mehr. Das ist ein bisschen ein Trauma bei mir. Die Bundesregierung spielt mit diesen Ängsten. Lasse ich mich dann impfen? Eigentlich nicht! Und eigentlich doch! Mein Gott, diese Frage macht mich fertig, ich fühle mich missbraucht, vergewaltigt. Vor solchen Entscheidungen kann man nicht stehen müssen. Nicht in einem Rechtsstaat. Ich weiß, der ist bekanntlich in Quarantäne. Das bereitet mir schlaflose Nächte. Wie geht es weiter? Muss ich mit dem Schlimmsten rechnen? Wir spötteln viel über das, was uns erwartet, meine bessere Hälfte und ich. Wohin nähen wir uns den Flecken, der uns als Ungeimpfte kennzeichnet? Brauchen wir vielleicht eine Nähmaschine? Humor geht bei uns auch in so einer Phase. Er ist nur zynischer und sarkastischer als sonst. Aber wir sind hinter unseren lachenden Gesichtern traurig, sicher auch ängstlich. Ich mehr als sie, glaube ich. Lassen wir uns gegen Arbeitslosigkeit impfen?
Keine Perspektiven mehr, alles in der Schwebe
Ich war so lange arbeitslos in meiner Vergangenheit, war Hartz-IV-Empfänger – und nun gibt es vielleicht bald die Impfung gegen Erwerbslosigkeit. Was für verrückte, was für scheißekranke Zeiten das doch sind! Von daher kannte ich es ja schon, wie es sich anfühlt, diskriminiert zu werden. In der Zeitung stand doch täglich, was ich für ein Schmarotzer bin. Dennoch war das ganz was anderes als der Grad der Diskriminierung, den mir jetzt jeden Tag irgendein politischer Wichtigmacher unter die Nase reibt. Sie war viel indirekter, war oft nicht mehr als Maulheldentum. Wenn wir über die nächste Zukunft sprechen, über Pläne oder Vorhaben, geschieht das mittlerweile sehr vorsichtig. Wissen wir, was in zwei Monaten ist? Alles, wirklich alles, was unser Leben ausmacht, ist in Gefahr. Nichts hat Bestand. Alles scheint in der Schwebe zu sein. Und das nur, weil wir uns (zu diesem Zeitpunkt) nicht für die Impfung entscheiden wollen. Vielleicht bin ich ein antiquierter Mensch, denn ich stehe auf Sicherheiten. Ich mag es zu wissen, wie mein Leben in den nächsten Wochen aussieht. Diese Sicherheit ist verflogen, Gewissheit gibt es nicht mehr. Ich bin ruheloser geworden. Was ich stattdessen habe: Angst. Ich weiß, ich wiederhole mich. Aber so ist es. Erstmals in diesen anderthalb wahnsinnigen Jahren habe ich Angst entwickelt. Was dem Virus nicht gelang, nämlich mich ausreichend in Angst zu versetzen, um jede noch so sinnlose Maßnahme, einen völlig fehlgeleiteten Lockdown beispielsweise für richtig zu erachten, das gelingt jetzt denen, die vorgeben das Virus zu bekämpfen. Aber sie bekämpfen keine Viren. Sie können sie nicht sehen, wissen nur bedingt wie sie wirken, sind teilweise so ahnungslos wie am Pandemiebeginn. Daher bekämpfen sie Menschen. Leute wie mich. Denn uns kann man sehen. Es ist absehbar, wie wir reagieren. Wie kann man da keine Angst entwickeln, wenn man plötzlich zur eigentlichen Seuche erklärt wird? Nachdem Helge Braun ankündigte, dass wir in eine Apartheid gedrückt werden, hatte ich zwei Tage später eine schlaflose Nacht. Das war, als ich im Urlaub an der Nordsee war. Ich hatte erstmals in meinem Leben eine Panikattacke – bewusst wurde mir das erst danach. Ich hatte Angst davor einzuschlafen, weil ich glaubte, ich würde im Schlaf sterben, einen Schlaganfall erleiden. Allerlei Gedanken gingen mir im Kopf um, ich konnte mich vor der Todesfurcht nicht befreien. Irgendwann war ich so erschöpft, ich schlief wohl ein. Die Nacht habe ich überlebt, wie ihr lesen könnt.
Die Regierung ist dabei, mich zu zerstören
Ich wollte die Berichterstattung in den kommenden Urlaubstagen ein wenig  von mir fernhalten, was mir allerdings nur schlecht gelang. Faktisch geht das gar nicht, der Zugriffsstaat ist total. Er ist totalitär in seiner Bereitschaft, die letzten zvilisatorischen Regeln eines friedlichen Zusammenlebens aufzulösen. Und er ist zerstörerisch. Er nimmt psychische Krisen seiner Bürgerinnen und Bürger in Kauf. Er stürzt sie in die Sinnkrise, macht sie mürbe – und treibt sie in eine ungeahnte Radikalität. Letztere spüre ich zeitgleich auch an mir. Es ist nicht nur so, dass ich schwächle, ich entwickle auch Unmengen an Verachtung. Mir ist klar, wenn es zum Äußersten kommt, wenn ich mich gegen meinen Willen, aufgrund des sozialen Drucks, impfen lassen muss, dann werde ich den Rest meines Lebens daran mitwirken, diese Gesellschaft und diesen Staat zu untergraben wo es nur geht. Wahrscheinlich kommt dieser Fall ohnehin, man wird mich dazu nicht brauchen. Mit mir ist dann kein Staat mehr zu machen. Wahrscheinlich jetzt schon nicht mehr. Leute wir Brinkhaus, Spahn oder Braun sind nicht resozialisierbar, wenn dieser Wahnsinn je enden sollte. Man muss gegen sie kämpfen, den sozialen Druck gegen sie erhöhen, wo immer es geht. Vor längerer Zeit habe ich getwittert, dass sich so eine Zwangsimpfung, mit der man sich mental auseinandersetzt, wie ein Missbrauch anfühlt. Es gab natürlich Stimmen, die mich belehrten, dass man das nicht vergleichen dürfe. Aber warum eigentlich nicht? Nein heißt doch eigentlich Nein. Der Körper ist die Grenze des Nächsten. Wenn es zum Äußersten kommt, ich denke, dass wird bei mir – und bei anderen – eine Krise auslösen. Auch deshalb ist eine Impfpflicht nicht empfehlenswert. Ich gebe zu, dieser Text ist ein bisschen konfus. Würde ich behaupten, dies sei absichtlich so gehalten, weil ich damit die Konfusion skizzieren will, die in mir herrscht, wäre das gelogen. Aber letztlich ist dieses leichte Durcheinander ganz gut so. Denn so fühle ich mich. Aus der Fassung gebracht. Das ist der Stand am Sonntagnachmittag – denn mittlerweile sind einige Stunden vergangen, seitdem ich den Text zu schreiben begonnen habe. Zwischendrin machte ich Pausen. Die letzten Stunden schwirrten um die Imfpung, um meine Empörung in so totalitären Zeiten leben zu müssen. In diesem Augenblick, da der Text Leser findet, an diesem Donnerstag, einige Tage nachdem ich ihn getippt habe, mag es mir anders gehen. Besser vielleicht. Oder doch schlechter? Wer kann das heute schon wissen?

Die Leute im Park haben jedes Recht!

Die Leute, die in Eisdielen gehen und in Parks hocken, obwohl heimischer Rückzug empfohlen wird, haben durchaus Recht. Das ist ja das Problem. Zum Thema Ausgangssperre. Oh, was haben die Leute das junge Liebespaar böse angeguckt, das da in einer Ecke der S-Bahn stand, engumschlungen und ab und an knutschend. Mein Gott, was waren die verliebt. In Zeiten wie diesen ist das eine Bürde. Da darf man das nicht nach Außen zeigen. Die Leute betrachten einen dann offenbar als Biowaffe oder sowas. Gesagt hat keiner was, nur böse geglotzt. Normalerweise beachte ich solche Akte körperlicher Zuneigung nicht, aber diese beiden von letzter Woche fand ich gut. Liebe ist vielleicht nicht stärker als Corona – aber sie ist menschlich. Und um Menschlichkeit geht es uns doch, oder? Weil! Ich! Es! Kann! Dachte man anfangs, als es losging mit dieser Krise. Mittlerweile sind wir im bekannten unmenschlichen Moralismusbetrieb angekommen. In den Netzwerken geht es weniger um Besonnenheit oder Information als um Sündenböcke. Das braucht die Bubble, sonst stockt und stottert sie. Egal in welcher Krise wir auch stecken: Ohne Moralin und Empörung geht nichts mehr. Letztes Jahr um diese Zeit starben wir am Klimawandel und Autofahrer waren Monster, Flugreisende Umweltsäue und das CO2 Knigge. Jetzt sind es Leute in Lokalen und Parks oder Liebespaare wie jenes, von dem ich berichtete. Als ich letzte Woche in einem Nebensatz fallen ließ, dass ich am Vortag mit meiner Tochter in einer Eisdiele saß, gaffte man mich auch empört an. »Wie – Eisdiele?« Es sollten doch alle daheim bleiben, gerade ich, der in einem Krankenhaus arbeitet, sollte das besser wissen. Gegen Klischees habe ich was, mein Job macht mich nicht zum verfluchten Heiligen, ich habe offen gesagt was gegen diese Form moralischen Rigorismus‘. Meine Antwort war sehr deutlich: »Warum ich in einem Lokal saß? Weil! Ich! Es! Kann!« So einfach ist die Nummer. Es ist mein Recht. Ganz rechtens und so gewollt. Warum sonst hatten Gastronomiebetriebe denn da noch auf? Damit man sie besuchen kann. Alles andere wäre Quatsch. Aber die Vernunft sollte mich zu einer besseren Entscheidung bringen? Darum geht es aber doch nicht. Wenn man will, dass die Leute nicht mehr in Parks und Lokale gehen sollen, dann sollte man nicht bitten und empfehlen, dann sollte man vorschreiben. Die Vernunft, der alte Bleifuß Klar ist auch, dass man das alles sehr verlernt hat. In unserer liberalen Alles-kann-nichts-muss-Kultur tut man ja gerne so, als regelte die unsichtbare Hand alles. Sie sei die Extremität der Vernunft gewissermaßen. Wobei Vernunft in dieser ganzen Angelegenheit ja auch nicht so eindeutig ist. Es gibt sicherlich mehr als die medizinische, die virologische Vernunft im menschlichen Kosmos – auch dieser Tage. Eine schlecht besuchte Eisdiele beehren: Auch das ist ein Akt von Vernunft, genauer gesagt von ökonomischer Vernunft. Darauf will ich heute aber gar nicht hinaus. Was mich ärgert ist, dass man Leute moralische Vorwürfe macht, obgleich sie nur das tun, was ihr gutes Recht ist. Ob das Recht in diesem Augenblick so richtig ist, darüber kann man diskutieren. Dass sie nicht aus eigenen Antrieb ohne Vorgaben tun, was keiner ihnen befehlen und anschaffen will, darüber allerdings nicht. Dieses liberale Gewichse war ja vor dieser Situation schon unerträglich. Ich habe es oft kritisiert und mich gefragt, ob ich mich vielleicht nicht hineinsteigere, es dramatisiere. Momentan ist allerdings gut zu sehen: Nein – die intellektuelle Zerrüttung ist ein massives Problem, ein nicht virologischer Virus, könnte man sagen. Freiwillige Selbstverpflichtungen sind ja sehr beliebt. Ich schrieb desöfteren darüber. Klöckner ist Spezialistin auf dem Gebiet. Und Autobahnen kennen bei uns zwar eine Richtgeschwindigkeit und sind mit »Fuß-vom-Gas«-Schildern gesäumt. Höchstgeschwindigkeit geht aber nicht: Man soll langsam fahren – muss aber nicht. Jedenfalls dann nicht, wenn Schilder nichts anderes vorschreiben. Angemessene Geschwindigkeit sei dennoch vernünftig. Wie vernunftbegabt die Leute sind, sieht man dann in den Unfallberichten dieser Republik. Ob indes eine Ausgangssperre probates Mittel und kontrollierbar ist, um auf unser Thema zurückzukommen, darf natürlich auch hinterfragt werden. Denn eines reglementiert der Seuchenschutz nämlich nicht – auch wenn viele es offensichtlich so sehen: Meinungsverschiedenheiten und andere Betrachtungsweisen. Man darf sie haben – auch in der Krise. Gerade dann.

Frohe Cry-nachten und happy flu year!

Meine Güte, was war das für ein Jahr. Nach 2020 dachten wir uns, es könne gar nicht mieser laufen. Weit gefehlt: 2021 war eine Katastrophe. Für die Menschlichkeit. Für die Gesellschaft. Trotzdem wünschen wir Ihnen und Euch: Besinnliche Tage. So weit das geht. Was? Ist schon wieder ein Jahr vorbei? Wann hat das eigentlich angefangen damit, dass die Jahre immer schlechter wurden? Nicht, dass ich Ende 2020 zuversichtlich gewesen wäre. So eine Haltung verstößt gegen meinen Lebenskodex. Aber ich dachte mir schon: Schlechter geht es kaum noch. Ich habe mich, wie so oft in den letzten Monaten, bitterlich getäuscht. Steinigt mich nicht deswegen, ich bin auch nur ein Mensch, irre mich öfter mal. Letztes Jahr war Weihnachten in Gefahr, weil Söder und Lauterbach das so beschlossen hatten. Mancher Geistlicher hat damals noch darauf erwidert, dass Weihnachten immer sei – Politiker entscheiden dergleichen nicht. In diesem Jahr will Malu Dreyer, dass es für bestimmte Menschen gar kein Weihnachten geben sollte – und die Geistliche Käßmann hat schon mal vorauseilend erklärt, dass es an sich kein Recht auf dieses Fest gäbe. Man sieht schon, wie sich in einem Jahr die Dynamiken verschoben haben. Ich bin ja von meiner Konstitution her ein Pessimist. Das habe ich schon mehrfach erwähnt. So bin ich eben, so habe ich mich entwickelt. Aber das alles konnte ich nun wirklich nicht erahnen. Als Pessimist bin ich doch kein Sadist, kein Masochist und kein Terrorist. Und genau das hätte man sein müssen, eine Mischung aus alledem, um die ganzen Entwicklungen so vorausgesehen haben zu können. Trotzdem möchte ich einfach mal anmerken: 2022 wird alles besser. Nicht, weil es wirklich so kommt. Ja noch nicht mal, weil ich wirklich daran glauben würde. Aber an irgendwas muss man sich doch klammern. Wenigstens für einige Stunden. Für einen Abend. Für das eigene Gemüt. Man braucht doch Perspektiven. Also lasst es uns heute ein bisschen einreden, ein bisschen so tun, als wird es besser. Für die eigene Stimmung. Wir wünschen euch, liebe Leserinnen und Leser, einige – wenn schon nicht frohe, so wenigstens – ruhige Tage. Klinkt euch aus, hört ihnen nicht zu. Trefft stattdessen eure Liebsten, auch wenn man es euch in Abrede stellen will. Feiert Weihnachten oder Crynachten – wie ihr wollt. Aber feiert. Wenn schon nicht aus Zuversicht, dann weil es vielleicht unsere letzte Chance auf Ausgelassenheit sein könnte. Trinkt. Raucht. Tanzt. Und überhaupt happy flu year, ihr Lieben. Auf das die Krankheiten und die Angst nie ein Ende finden. Wie sollen wir denn ohne diese Kombination überhaupt je noch leben können? Wir sehen uns dann 2022. In dem Jahr, in dem alles besser wird. Bis auf das, was schlechter wird. Und das wird wohl eine Menge sein. Wir danken euch für alles was war – und für alles was sein wird. Bleibt uns gewogen.

Wir werden alle sterben oder: Nichts vor dem Reichstag war spontan!

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Den „Sturm“ auf den Reichstag haben wir am 29.8.2020 nicht miterlebt. Wir waren aber einige Stunden vorher auf dem Platz, auf dem sich später die Tumulte ereignen sollten. Das ist durchaus von Bedeutung, denn die Veranstaltung, die dort stattfand, war ausgerechnet von denen organisiert worden, die später dazu benutzt wurden, eine Demo mit 200.000 Menschen (das dürfte eine realistische Zahl sein, spielt aber letztlich keine Rolle) zu diskreditieren. Was am Nachmittag vor dem Reichstag stattfand, war nicht spontan, sondern zuvor angemeldet und offenbar genehmigt worden. Die allgemeine Empörung über einen „Angriff auf unsere Demokratie“ könnten geheuchelter nicht sein in Anbetracht der Tatsache, dass diese ganze Nummer stinkt, und zwar gewaltig. Ich habe in diesem Video den Tag und die Ereignisse vor dem Reichstag aus meiner Sicht beschrieben. Und irgendwann war ich so „warmgelaufen“, dass ich auch noch ein paar Worte zum Unterschied zwischen „Infektionen“ und „Krankheit“ loswerden musste.
Uli Gellermann – die Reichstags-Sturm Inszenierung Sturm auf Reichstagsgebäude – Demo behindert und aufgelöst | Das 3. Jahrtausend SPEZIAL