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Corona, Drosten, Impfen und wir: Meinungsnegierung durch die Meinungsregierung

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Die Stimmen jener, die die Corona-Politik kritisieren, werden lauter und mehr. Bundesregierung und Medien fokussieren sich zwar nach wie vor auf „Verschwörungstheoretiker“ wie Attila Hildmann oder Xavier Naidoo (aktuell ist „der Wendler“ dazugestoßen), aber Kritik regt sich vor allem auf medizinischer und wissenschaftlicher Seite. Doch wir sind auf dem Weg zu einem Impfstoff, ob wir wollen oder nicht. Und dieser Weg muss gepflastert von Leichen sein, nicht von milden Krankheitsverläufen. Aus der eigentlich gültigen Meinungsfreiheit ist ganz nebenbei eine Meinungsnegierung geworden.

Die Pandemie ist vorbei. Wenn wir es denn überhaupt mit einer Pandemie zu tun hatten, was nach der „neuen Definition“ durch die WHO durchaus infrage gestellt werden kann.

Wie auch immer: Wir sind jetzt in der Zeit danach. Nur wird uns diese neue Phase als noch immer der Pandemie entsprechend verkauft. Ob es je eine Pandemie war, ist nach wie vor zumindest fraglich. Das müsste man übrigens sagen können, ohne als Corona-Leugner tituliert zu werden. Kann man aber nicht.

Der Schnitt, der durch die Gesellschaft geht, ist tief. Es gibt (in)offiziell nur noch zwei Gruppen von Menschen: die Verantwortungslosen und die Verantwortungsvollen. Dazwischen nahezu nichts. Und das liegt nicht an den Kritikern der Corona-Politik, die in der Summe nicht müde werden, darauf hinzuweisen, dass sie die Krankheit Covid-19 nicht leugnen (und die genaugenommen so etwas wie einen Minderheitenschutz genießen müssten, wenn auch nicht im völkerrechtlichen Sinne). Sie weisen aber auf die Frage der Verhältnismäßigkeit hin, hinterfragen Grundrechtseinschränkungen und machen darauf aufmerksam, welche Folgen die politischen Maßnahmen haben. Diese Folgen stehen in keinem Verhältnis mehr zur Wirkung. Die Frage der Verhältnismäßigkeit ist daher nicht nur vernünftig, sondern zwingend notwendig. Ich gehe noch weiter und behaupte: Würde es nicht eine gewisse Anzahl von Menschen geben, die die politischen Entscheidungen hinterfragen und kritisieren, wären wir wahrscheinlich längst an einem anderen, deutlich radikaleren Punkt angekommen. Die Söders und Lauterbachs hätten das Ruder längst übernommen, und Gnade uns Gott, wo wir dann jetzt stehen würden.

Worüber reden wir?

In erster Linie über den Tod. Dieses Ereignis, das uns alle irgendwann ereilt, und wer kann, zögert diesen Moment möglichst weit hinaus (wobei die Suizidrate im Zuge der Corona-Maßnahmen deutlich zunehmen wird, davon muss ausgegangen werden).

Wie viele sterben?

Hört man das Wort Pandemie, denkt man unweigerlich an unzählige Tote, die irgendwann gestapelt werden müssen, weil man nicht mehr weiß, wohin mit ihnen. Im Fall Deutschlands und dem Tod durch Covid-19 (wobei schon hier die Zählweise unzählige Möglichkeiten bietet, diese Zahl zu manipulieren) heißt das:

• 24. April 2020: 5.321 Verstorbene (+227)
• 31. Mai: 8.500 Verstorbene (+11)
• 30. Juni: 8.973 Verstorbene (+12)
• 30. Juli: 9.134 Verstorbene (+6)
• 31. August: 9.298 Verstorbene (+3)
• 27. September: 9.457 Verstorbene (+5)
• 06. Oktober: 9.546 Verstorbene (+12)

Quelle: RKI

Lassen wir einmal unberücksichtigt, dass der massive Anstieg von Testungen natürlich Einfluss auf diese Zahlen nimmt, bleibt doch am Ende nicht viel übrig, das die Maßnahmen von heute auch nur ansatzweise rechtfertigen würden.

Doch, wie bereits erwähnt, gibt es in Deutschland zwei Lager, und eines dieser beiden Lager behauptet steif und fest, dass diese moderaten Zahlen nur zustande kämen, weil wir eben diese ganzen Maßnahmen hatten und haben. Ich könnte nun ausbreiten, dass die Zahlen der Infektionen bereits vor dem ersten Lockdown zurückgingen, aber es führt ja zu nichts. Zudem: Es ist eine theoretische Diskussion, denn wer will beweisen, dass es auch ohne die drastischen Maßnahmen rückläufige Zahlen gegeben hätte? Und wer will das Gegenteil beweisen? Es funktioniert nicht, lassen wir es also besser.
Wenden wir uns stattdessen ein paar anderen Zahlen zu. Auch hier geht es um Verstorbene, in diesem Fall betrifft es das Jahr 2018. Auf „destatis.de“ ist nachzulesen:

Im Jahr 2018 verstarben in Deutschland insgesamt 954.874 Menschen, darunter 470.032 Männer und 484.842 Frauen. Damit ist die Zahl der Todesfälle gegenüber dem Vorjahr um 2,4% gestiegen. Die häufigste Todesursache im Jahr 2018 war, wie schon in den Vorjahren, eine Herz-/Kreislauferkrankung. 36,2% aller Sterbefälle waren darauf zurückzuführen. Von den 345.274 Menschen, die an einer Herz-/Kreislauferkrankung verstarben, waren 157.282 Männer und 187.992 Frauen. Zweithäufigste Todesursache waren die Krebserkrankungen: Rund ein Viertel aller Verstorbenen (230.031 Menschen) erlag im Jahr 2018 einem Krebsleiden, darunter 124.810 Männer und 105.221 Frauen. Bei Männern war eine Bösartige Neubildung der Bronchien und der Lunge (Lungen- und Bronchialkrebs) mit 28.350 Fällen die am häufigsten diagnostizierte Krebsart. Häufigste Krebserkrankung mit Todesfolge war bei Frauen der Brustkrebs mit 18.591 Fällen.
4,4% aller Todesfälle waren auf eine nicht natürliche Todesursache wie zum Beispiel eine Verletzung oder Vergiftung zurückzuführen (41.554 Sterbefälle). In 16.201 Fällen (7.768 Männer und 8.433 Frauen) war ein Sturz die Ursache für den Tod. Durch einen Suizid beendeten 9.396 Menschen ihr Leben, wobei der Anteil der Männer mit 75,7% mehr als dreimal so hoch war wie der Anteil der Frauen mit 24,3%.

Würde man diese Zahlen mit denen der an, durch oder mit Corona Verstorbenen vergleichen, könnte man eigentlich nur zu einem Schluss kommen: Covid-19 ist definitiv kein Killervirus, und auch keins, das uns auszulöschen droht.

Aber: Auch das führt zu nichts.

Drosten, der Wächter über das Land

Christian Drosten ist schon lange nicht mehr als Virologe tätig. In seiner Funktion als Flüsterer für die Bundesregierung (dem vermutlich zunächst selbst die entscheidenden Botschaften zugeflüstert werden, die er dann weiterverbreiten kann) führt Drosten sich auf wie ein König. Er argumentiert auch schon lange nicht mehr wissenschaftlich, sondern politisch, ethisch.

Wolf Wetzel hat es gut auf den Punkt gebracht, als er kürzlich schrieb:

Der einflussreichste Berater des Kanzleramts in der Corona-Krise (oder, wie Drosten es formuliert: “Ich werde vielleicht hier und da mal gefragt, was meine Meinung ist”) gibt hier keine naturwissenschaftlichen Erkenntnisse durch. Er formuliert eine Ethik. Sie lautet so:
Elementarste Rechte dürfen nicht nur, sie müssen sogar permanent ausgesetzt werden, wenn es eine virologische Bedrohung gibt – sei es durch Corona, sei es, wie man schlussfolgern darf, durch jedes andere Virus mit ähnlicher Mortalität und Infektiosität.

Wetzel bezog sich auf die Überschrift „Ausnahmezustand für immer“ (hinter einer Bezahlschranke) in der „WELT“ vom 7. Oktober 2020. Und tatsächlich mutet es bizarr an, wenn bei „zeit.online“ Drosten sagt:

„Auch wenn wir sehen würden, dass aus einem völlig unerfindlichen Grund die Entwicklung eines Impfstoffs nicht gelingt“, so Drosten, „würde man auf Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen setzen. Das Virus würde andernfalls wieder harte Gegenmaßnahmen erzwingen, einfach weil es nicht tragbar ist, in einer Gesellschaft mit unserem Altersprofil diese Krankheit durchlaufen zu lassen. Die vergangenen und derzeitigen Maßnahmen stehen daher nicht infrage.

Wir kommen der Sache, dem Kern des Ganzen, näher.

Es geht nicht (mehr) um Corona

Die Befürworter der Corona-Politik können sich drehen und wenden, wie sie wollen. Unser Gesundheitssystem droht nicht zusammenzubrechen, es erwarten uns auch keine unzähligen Toten, und der Anstieg der Infektionszahlen ist nur dann bedeutsam, wenn man diese Zahlen ins Verhältnis mit anderen Zahlen setzt, also mit Erkrankten (hier muss zudem bei der Schwere der Erkrankung unterschieden werden), der Verstorbenen (die Zahlen laut RKI sind weiter oben zu finden) und der Genesenen.

Wie heißt es doch so schön? Eine Infektion ist keine Krankheit. Doch genau so wird es uns verkauft. Und das muss einfach aufhorchen lassen.
Denn wie heißt es so bitter? Die Pandemie ist erst vorbei, wenn es einen Impfstoff gibt. Für Drosten, wie gerade beschrieben, kommt das Scheitern eines erfolgreichen Impfstoffs nur aus einem „völlig unerfindlichen Grund“ in Betracht. Das ist im Wesentlichen eines: völliger Blödsinn!
Denn es besteht nun einmal die Möglichkeit, dass es zu keiner erfolgreichen Entwicklung eines Impfstoffes gegen Covid-19 kommt. Zumal diese Entwicklung in einem Zeitfenster stattfindet, durch das wohl nicht einmal ein schlanker Spatz passen würde. Insofern ist Drostens Aussage auch eine Ansage: Es wird diesen Impfstoff geben. Punkt. Basta.

Drosten ist es auch, der – ähnlich wie Wieler das ja vor einiger Zeit ebenfalls getan hatte – gedanklich nicht zulässt, dass die bisherigen oder zukünftigen Maßnahmen infrage gestellt werden. Drosten sagt das. Drosten, der Virologe, der von sich sagt, die Bundesregierung würde ihn hin und wieder mal um seine Meinung fragen.

Gedanken impfen

Nochmals sei Wolf Wetzel zitiert:

Elementarste Rechte dürfen nicht nur, sie müssen sogar permanent ausgesetzt werden, wenn es eine virologische Bedrohung gibt – sei es durch Corona, sei es, wie man schlussfolgern darf, durch jedes andere Virus mit ähnlicher Mortalität und Infektiosität. Das ist immerhin eine ehrliche Ansage: Ein weitgehend freies, ungestörtes Leben mit dem Virus, wie Schweden es anstrebt, ist für Drosten “nicht tragbar” – ein dauerhaftes Leben in einer kontaktbeschränkten, verängstigten, unfreien Gesellschaft offenbar schon, mit allen fatalen Folgen für Kinder und Familien, Selbstständige und Künstler, Jugendliche und Einsame.

Ich kann nur empfehlen, sich Drostens Aussagen in aller Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen, und zwar auch und in erster Linie, wenn man der Corona-Politik aufgeschlossen gegenübersteht. Hier entscheidet ein Wissenschaftler über eine komplette Gesellschaft, über das Leben von über 80 Millionen Menschen, völlig losgelöst von individuellen, politischen, wirtschaftlichen, pädagogischen, soziologischen, psychologischen oder gar philosophischen Aspekten. Er betrachtet die Welt durch seine Brille, und das ist – man muss es so drastisch sagen – eine „Labor-Brille“, die die Peripherie der eingeengten Perspektive einfach ausblendet.
Aber Drosten entscheidet doch gar nicht, mag man einwenden. Im Falle dieses Einwandes mögen geneigte Leser einmal beobachten, was die Politik tut. Sie macht das, was Drosten und seine engsten Mitstreiter empfehlen. Und zwar aus einem einfachen Grund: Sie liegen gemeinsam im Bett.

Das alternativlose Impfen

Drosten hat nichts zu sagen, zumindest nicht in der Politik. Und dennoch tut er es, und die meisten Verantwortungsträger folgen ihm. Bitte lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen: Ein Virologe entscheidet maßgeblich darüber, wann, wie und in welchem Maße die Gesellschaft wieder zu einer Form des Zusammenlebens zurückkehren kann, die es vor der Krise gab.

Es verwundert nicht, dass Drosten inzwischen einem gewissen Größenwahn unterliegt, das liegt schon fast in der Natur der Sache, wenn man plötzlich so populär und wichtig erscheint. Äußerst verwunderlich dagegen ist die Tatsache, dass ein Großteil der Politik sich von Drosten leiten lässt und Entscheidungen fällt, die auf einer sachlich und fachlich viel zu schmalen Datenlage getroffen werden.
Doch Drosten ist nicht nur kein Politiker und hat entsprechend keine Fähigkeiten, die gemeinhin notwendig erscheinen, um politische Entscheidungen treffen zu können. Er ist auch als Wissenschaftler nicht (mehr) glaubwürdig, wenn er die Entwicklung eines Impfstoffes als einziges Mittel betrachtet, mit der Krise fertig zu werden.
Wenn es nur Hendrik Streeck wäre, der darauf hinweisen würde, dass die erfolgreiche Entwicklung eines Impfstoffes nicht zwingend funktionieren muss, könnte man sogar noch über Drostens Ignoranz hinwegsehen. Doch neben Streeck gibt es zahlreiche Fachleute, die betonen, dass ein Impfstoff nicht unbedingt irgendwann zur Verfügung stehen muss.

Hinzu kommt der zeitliche Ablauf, der faktisch a) nicht einzuhalten ist (siehe den Artikel von Jens Berger „Corona-Impfstoffentwicklung – zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie lieber erst gar nicht“) und b) die dritte und so wichtige Phase der Entwicklung von Impfstoffen radikal verkürzt.

Hört man Drosten zu, muss man zum Schluss kommen, dass er gleich zwei gravierende Fehler gemacht hat:

1. Er ist hauptberuflich in die Politik gewechselt
2. Er hat die wissenschaftliche Unvoreingenommenheit verlassen (wenn er sie je hatte).

Das Impfen ist nicht alternativlos, es darf es auch nicht sein. Man muss immer das Scheitern der Impfstoffentwicklung berücksichtigen, zumindest als denkbares Szenario. Wer das nicht tut, handelt verantwortungslos und – vermutlich – interessengeleitet.

Die „Meinungsregierung“

Erschwerend hinzu kommt die allgemeine Entwicklung, die nicht nur zu einer Ein-Themen-Gesellschaft führt, sondern darüber hinaus abweichende Meinungen diffamiert und (siehe soziale Medien) zensiert.

Denn wenn jede kritische Meinung als Leugnung abgetan und jede Demonstration als Versammlung von Antisemiten diffamiert wird, kann von Meinungsfreiheit nicht mehr die Rede sein. Das ist Meinungsnegierung. Und die „Meinungsregierung“ sitzt nicht nur in Berlin, sondern darüber hinaus in unzähligen Wohn- und Arbeitszimmern, in Redaktionsstuben, an Rechnern und Smartphones und Handys.

Die prominenten Beispiele wie Attila Hildmann, Xavier Naidoo oder jüngst „der Wendler“ mögen Anlass zu lustigen Posts und bissigen Satiren sein (wobei das Thema Satire in der Corona-Krise ein weiteres, umfassendes Thema ist), doch wer sich über diese Menschen in diffamierender Form auslässt, sollte bedenken, dass es nicht nur „ein paar Durchgeknallte“ sind, die am Pranger stehen. Es sind auch die vielen Menschen, die auf Demonstrationen gehen, weil sie die Maßnahmen der Politik für nicht verhältnismäßig empfinden. Auch mit ihnen wird nicht diskutiert, sie werden nicht gehört und auch medial nicht korrekt wiedergegeben.

Zudem: Selbst, wenn man unterstellt, dass es sich bei den genannten Persönlichkeiten um „Durchgeknallte“ handelt, steht ihnen das Recht auf die freie Meinungsäußerung zu. Es ist eine Tragik, dass man darauf hinweisen muss (und bevor das Gegenargument kommt: Wer etwa den Holocaust infrage stellt oder gar leugnet, muss dafür natürlich belangt werden). Das Recht auf eine eigene Meinung ist nicht an bestimmte Vorgaben geknüpft, es sei denn, diese Meinung ist justiziabel. Ist sie es nicht, kann es nicht sein, dass sie durch den Schmutz gezogen wird, und zwar in einer Form, die einer Hexenjagd gleicht.

Wir haben in der Tat ganz andere, deutlich schwerwiegendere Probleme:

Wir werden seit Monaten von ein paar Wissenschaftlern regiert, von der Politik drangsaliert, von den Medien in die Irre geführt und/oder diffamiert und von sozialen Netzwerken manipuliert. Das ist ein Problem, das größer ist als Corona. Denn es ist aktuell nicht abzusehen, dass sich daran bis auf Weiteres etwas ändern wird.

Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Autor, Sprecher, Radiomoderator und Podcaster. Er führte unter anderem für den »wohlstandsneurotiker«, dem Podcast der neulandrebellen, Interviews mit Daniele Ganser, Lisa Fitz, Ulrike Guérot, Gunnar Kaiser, Dirk Pohlmann, Jens Berger, Christoph Sieber, Norbert Häring, Norbert Blüm, Paul Schreyer, Alexander Unzicker und vielen anderen. Zusätzlich veröffentlicht er Texte auf verschiedenen Plattformen und ist für unsere Podcasts der »Technik-Nerd«.

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