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Die Rückkehr der Erbsünde

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Den Abstand einzuhalten ist gar nicht mal so einfach. Selbst im menschenleeren Alltag nicht. Mit dem Abstandsgebot kommt der alte katholische Gewissensbiss zurück ins Leben: Eine Art physischer Erbsünde.

Nun muss ich ja gestehen, dass mir dieses Abstandsgebot rein physisch betrachtet gar nicht so schwerfällt. Im Gegenteil, eigentlich kommt es mir entgegen. Enge mag ich gar nicht. Als ich mich neulich an dieser Stelle über die Beengtheit in der Stadt meiner Wahl beschwerte, rührte das natürlich auch aus diesem persönlichen Gefühl heraus. Aus der Beklemmung, die mich zuweilen plagt. Aus Lokalen, in dem die Tische nur Zentimeter auseinanderstehen, gehe ich rückwärts wieder hinaus. Mich machen Bilder vom sonnigen Paris, wo Franzosen vor den Cafés Schulter an Schulter sitzen immer ganz fassungslos: Wie kann man das mögen?

So ein bisschen Abstand nach allen Seiten: Das fand ich vor dem Infektionsschutz schon recht angenehm. Diese Distanzlosigkeit, die im öffentlichen Großstadtgetriebe zur Normalität geworden ist, kann ich einfach nicht als lebenswert empfinden. Wo Trubel ist, fand man mich schon vorher nicht. Gut, vielleicht bin ich da komisch – ich weiß es nicht.

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Roberto J. De Lapuente
Roberto J. De Lapuente
Roberto J. De Lapuente ist irgendwo Arbeitnehmer und zudem freier Publizist. Er betrieb von 2008 bis 2016 den Blog ad sinistram. Seinen ND-Blog Der Heppenheimer Hiob gab es von Mitte 2013 bis Ende 2020. Sein Buch »Rechts gewinnt, weil links versagt« erschien im Februar 2017 im Westend Verlag. In den Jahren zuvor verwirklichte er zwei kleinere Buchprojekte (»Unzugehörig« und »Auf die faule Haut«) beim Renneritz Verlag.

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