Seit diese Regierung ihre Arbeit aufgenommen hat (klingt irgendwie merkwürdig, wenn man bedenkt, was bisher dabei herausgekommen ist), frage ich mich beinahe permanent, ob ich lachen oder weinen soll. Den Kabarettisten gönne ich das Futter, das sie nahezu täglich erhalten. Aber als Blogger und politischer Mensch frage ich mich, wo wir jetzt eigentlich genau angekommen sind.
Und ich neige zur Antwort: Im unpolitischen Politikbetrieb, der die Wirtschaft nicht mehr nur zärtlich streichelt, sondern ihr gleich vollständig das Zepter in die Hand legt.
Wir sprechen über Jörg Kukies, einen neuen Namen im Bundesfinanzministerium unter der Federführung von Olaf Scholz, der seinerseits so eine Art SPD-Mitglied ist, auch wenn man vermuten darf, dass das nur Tarnung ist. Kukies war, oder ist, oder war, oder wird sein, man wird sehen, Deutschlandchef der humanistischen Bank Goldman Sachs. Jetzt wechselt er auf Wunsch von Olaf Scholz ins Bundesfinanzministerium. Warum auch nicht? Geld ist Geld, oder?
Ist es eben nicht. Denn wenn der Deutschlandchef von Goldman Sachs ins deutsche Finanzministerium wechselt, hat jemand den Schuss nicht gehört. Oder selbst abgefeuert. Wobei ich zu Tor B neige.
Eigentlich muss man nicht wirklich darüber sprechen, dass es fatal ist, wenn Kukies für die deutschen Finanzen mitverantwortlich ist. Weil er sich ganz sicher nicht berufen fühlt, für die deutschen Finanzen verantwortlich zu sein. Der Mann ist Banker, und zwar bis aufs Blut, könnte man sagen. Wer will ihm also glauben, dass er sich dem Wohle des deutschen Volkes verpflichtet fühlt (oder auch nur der Bundesregierung), so wie es doch eigentlich für jeden gewählten Politiker gilt?
Aber da geht es ja schon los. Kein Mensch hat Kukies gewählt. Das war der Scholz, der Olaf. Und auch der wurde ja irgendwie gar nicht richtig gewählt, aber lassen wir das, das ist zu kompliziert.
Jens Berger fragt auf den NachDenkSeiten, was als Nächstes kommt. Lutz Bachmann als Integrationsbeauftragter? Der Chef von Jägermeister als Drogenbeauftragter? Gute Fragen, aber wenn man bedenkt, wer für die Digitalisierung zuständig ist und wer für die Bildung, wenn man bedenkt, dass ein kranker Kopf wie Jens Spahn die gesundheitlichen Geschicke lenken wird und Horst Seehofer der neue Chef des „Heimatmuseums“ ist, dann braucht es gar keine Metaphern mehr.
Die Personalien sind alles in allem sowieso nicht mehr als ein echt schlechter Witz, wobei der schlechteste von allen – sieht man mal von der Rauten-Trulla ab, die es irgendwie doch wieder geschafft hat, sich zur Bundeskanzlerin zu schweigen – eigentlich Ursula von der Leyen ist, die es gepackt hat, ihren Job desaströser zu machen als ihre Vorgänger (allein das ist aller Ehren wert!).
Aber hey, auch das … na ja, wir wussten es doch, oder?
Der eigentliche Punkt ist, dass diese Bundesregierung letztlich nicht einmal den Versuch unternimmt, uns zumindest das Gefühl zu vermitteln, Politik zu machen, die in unserem Sinne ist. Im Sinne also der Wähler und Wählerinnen. Durch den Stuhl, der jetzt Kukies zur Verfügung gestellt wird, erbringt sie den Beweis, dass sie sich der Wirtschaft verpflichtet fühlt, und zwar der ganz großen, die global am großen Rad dreht. Und sie knickt – auch das ist eine neue Qualität – nicht nur für die Global-Player ein und zeigt sich hilf- und ratlos im Umgang mit ihnen. Nein, sie holt sie kurzerhand an Bord und lässt sie – neudeutsch gesprochen – mitgestalten.
Man kann es aber auch anders ausdrücken: Die Bundesregierung hat nun endlich den Beweis erbracht, dass Politik ihre Sache nicht ist. Zumindest keine, die zur Verbesserung der Menschen beiträgt. Das überlässt sie Leuten, die sich damit auskennen. Also mit Verbesserungen, und zwar ihren eigenen. Da gehen beide Hand in Hand.
Dann wissen wir das jetzt also auch. [InfoBox]