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Deutschland: Treffsicher auf der falschen Seite der Geschichte

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Die arabische Nachrichtenplattform Al Mayadeen veröffentlichte einen Beitrag, der Deutschland vorwirft, an den schlechtesten der deutschen Traditionen festzuhalten. Den Beitrag ziert eine Montage. Links Olaf Scholz mit Augenklappe, im Vordergrund Benjamin Netanjahu, rechts Annlena Baerbock mit militaräischer Geste. Auch Scholz salutiert.

Der Beitrag illustriert den massiven Ansehensverlust Deutschlands in der arabischen Welt. Deutschland legt das Völkerrecht nach der Maxime aus, dass durch die Interpretation die zur Staatsräson erklärte bedingungslose Solidarität mit Israel nicht infrage gestellt werden darf. So behauptete Baerbock, angesichts der zahllosen Angriffe Israels auf zivile Ziele wie Schulen, Flüchtlingsunterkünfte und Krankenhäuser, bei denen regelmäßig hohe Opferzahlen zu beklagen sind, das Völkerrecht sehe den Verlust des Schutzstatus vor, wenn sich dort Kämpfer der Hamas aufhielten und Zivilisten als Schutzschilde benutzen würde.

Die Behauptung hat eine diplomatische Schockwelle ausgelöst. Zivilisten sind zu schützen, Israel tut das nicht, Deutschland legitimiert die Kriegsverbrechen. In Deutschland bekam man nichts mit, denn die deutschen Medien berichteten faktisch nicht.

Deutschland hat zudem die Waffenlieferungen nach Israel wieder ausgeweitet. In der Folge der Klage Nicaraguas gegen Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Begünstigung von Völkermord hat Deutschland eilig die Lieferung von Rüstungsgütern an Israel zurückgefahren. Damit gelang es, zu verhindern, dass das UN-Gericht Eilmaßnahmen gegen Deutschland verhängt. Zu grundlegenden Änderung hat es jedoch nicht geführt. Der Warnschuss verhallte ohne Effekt. Man kann nur hoffen, dass das Gericht in der Hauptsache den Ablauf berücksichtigt und in sein Urteil einfließen lässt. Deutschland unterstützt Völkermord.

Auch in der Ukraine steht Deutschland wieder auf der falschen Seite. Wovon man in Deutschland aufgrund der einseitigen und koordinierten Berichterstattung ebenfallls nichts mitbekommt, sind die schweren und vor allem täglichen Kriegsverbrechen der Ukraine. Die Ukraine massakriert gezielt die Zivilbevölkerung sowohl im Donbass als auch in der russischen Grenzregion Kursk. In Deutschland hört man davon nichts, deutsche Politik schaut weg. Es gibt für die Bundesregierung gute und schlechte Kriegsverbrechen.

Dementsprechend gibt es auch guten und schlechten Terror. Während die Bundesregierung die Anschläge der Hamas verurteilt, hat man von eben jener Regierung noch kein Wort der Verurteilung des ukrainischen Terrors gehört. Die Ukraine setzt Terror als Mittel ein und verübt Anschläge in Russland. Der Anschlag auf die Konzerthalle Crocus City Hall, dem über 130 Menschen zum Opfer fielen, geht ebenso auf das Konto der Ukraine wie die Anschläge auf Journalisten und Funktionsträger. Ebenso setzt Israel Terror ein. Die Anschläge durch präparierte Pager war ein staatsterroristischer Akt. Die Bundesregierung schweigt.

Deutsche Politik misst mit zweierlei Maß. Das tut sie ganz konkret auch dann, wenn es um die Wertigkeit von Menschenleben geht. Das Leben eines Menschen aus Palästina, eines Arabers oder eines Russen ist weniger Wert als das eines Israelis oder eines Westeuropäers. Darin äußert sich ein Rassismus, der sich durch die unterschiedlichen Regierungssysteme in Deutschland erhalten hat.

Erhalten blieb auch die Überzeugung, Konflikte ließen sich militärisch und durch Gewalt lösen. Deutschland glaubt sowohl in Israel als auch in der Ukraine durch eine militärische Vernichtung des Gegners, die Vernichtung der Hamas und der Hisbollah, dadurch, dass man Russland eine strategische Niederlage beibringt, seien die Konflikte zu lösen.

Dabei sollte kein Land der Welt es besser wissen als ausgerechnet Deutschland, dass ein militärischer Sieg, der den Gegner niederdrückt und die Sieger anschließend die Bedingungen so diktieren, dass dieser sich wirtschaftlich nicht wieder aufrichten kann, die Saat für den nächsten Krieg legt. Im Versailler Vertrag war der Zweite Weltkrieg angelegt. Selenskijs „Friedensplan“ ist aus dem Geist des Versailler Vertrags geboren. Der Gegner muss auch im Frieden niedergedrückt werden.

Mit der Ablehnung von Diplomatie fällt Deutschland hinter den Gründungsgedanken der UN zurück – ausgerechnet Deutschland, dessen Verweigerung von Diplomatie zweimal zur Verwüstung Europas geführt und letztlich damit den Grundstein für die Gründing der UN gelegt hat. Deren Grundidee ist, dass es immer das Primat der Diplomatie gibt, damit die Verheerungen des zwanzigsten Jahrhunderts sich nicht wiederholen.

Deutscher Politik ist der moralische Kompass wieder einmal komplett abhanden gekommen. Es scheint, als unterliege das Land dem Zwang, alle historisch gemachten Fehler immer und immer wieder zu wiederholen. Dabei ist die Lehre, die Deutschland aus seiner eigenen Geschichte ziehen müsste, ganz einfach. Man stellt sich nicht auf die Seite der Gewalt. Man unterstützt nicht ein Land, sondern man unterstützt den Frieden. Eigentlich wurde diese Lektion Deutschland auch in den 2+4-Vertrag geschrieben. Doch Deutschland ignoriert den Inhalt des Vertrags genauso wie alle anderen völkerrechtlichen Vereinbarungen, wenn sie dem deutschen Selbstverständnis entgegen stehen.

Gert-Ewen Ungar
Gert-Ewen Ungar
Gert Ewen Ungar legte sich kurz nach dem Abi sein Anagramm zu. Er und seine Freunde versprachen sich damals bei einem Kasten Bier, ihre Anagramme immer für kreative Arbeiten zu verwenden. Dass sein Anagramm jemals mehr als zehn Leuten bekannt werden würde, war damals nicht abzusehen und überrascht ihn noch heute. Das es dazu kam, lag an seinem Blog logon-echon.com. Mit seinen Berichten über seine Reisen nach Russland stiegen die Zugriffszahlen und es entwickelte sich eine Zusammenarbeit mit RT DE. Anfang 2022 stieß er zu den neulandrebellen und berichtet über Russland, über Politik, über alles Mögliche.

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