Der kollektive Westen unter Führung der USA hat sich gleich in mehrerer Hinsicht gründlich verrechnet. Einen Aspekt davon will ich hier näher beleuchten. Die Übernahme und Steuerung der LGBT-Bewegung durch westliche Regierungen hatte unter anderem das Ziel, ein Instrument der Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder zu etablieren. Der stereotyp vorgetragenen Sorge um die Menschenrechte in Ländern wie Russland und Weißrussland sollte Sorge um die Rechte von sexuellen Minderheiten populisitisch hinzugefügt werden. Populistisch schon allein deshalb, weil Homosexualität in Russland gar nicht unter Strafe steht. Es wird jeodch so getan, als wäre es anders.
Plakativ und populistisch sollte einerseits vorgeführt werden, zu welch enormer Freiheit die Kernländer des westlichen Imperialismus fähig sind. Andererseits sollen diese in Gay Prides und den Produkten der Kulturindustrie zur Schau gestellte Individualität benutzt werden, um den westlichen Imperialismus weltweit durchzusetzen. Das öffentliche Zeigen von sexuellen Präferenzen wurde in westlichen Gesellschaften mit dem Begriff “Freiheit” kurzgeschlossen und zum Gradmesser erhoben.
LGBT-Rechte sind Menschenrechte, sie gelten universal, ist die Behauptung, mit der westliche Länder die Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder legitimieren. Als wären LGBT-Personen einen Sonderklasse von Menschen, für die noch einmal gesonderte Menschenrechte aufgestellt werden müssten. Wer das glaubt, hat den Universalitätsanspruch der Menschenrechte nicht verstanden oder will ihn einfach nicht verstehen. Jedenfalls fördern westliche Regierungen in anderen Ländern LGBT-NGO’s und befördern darüber Proteste gegen Regierungen, die eine andere Auffassung zum Thema Lifestyle und seine Darstellung in der Öffentlichkeit vertreten.
Von diesen Regierungen gibt es viele – dass sich der Zorn der westlichen Länder über vermeintliche Repressionen gegenüber sexuellen Minderheiten mit vorhersehbarer Verlässlichkeit immer nur gegen Länder richtet, in denen einen geopolitische Gegnerschaft erkannt wird, spricht für die These, dass es eben nicht vorrangig um universelle Rechte und Freiheit, sondern um Einmischung und Imperialismus geht.
In Russland wurde die LGBT-Bewegung folgerichtig verboten. Das Geschrei im westlichen Bündnis war groß, die erhobenen Anschuldigungen in ihrer Reflexhaftigkeit vorhersehbar. Russland sei repressiv, eine Diktatur. Vor allem aber würde sich das Land mit seiner Missachtung universeller LGBT-Rechte immer weiter isolieren. Aber hier hat sich der Westen eben verrechnet.Genau das aber ist nicht der Fall. Im Gegenteil.
Mit dem Widerstand gegen die westliche LGBT-Doktrin gewann Russland international an Ansehen. Der Versuch, das öffentliche Zelebrieren der Vielfalt sexueller Identität sowie der Versuch eine Gruppe von Gleicheren unter Gleichen zu etablieren und diese neue Ungerechtigkeit zum weltweiten Maßstab für Freiheit zu machen, ist nicht geglückt. Es stieß nicht nur auf Unverständnis, sondern in zahlreichen Ländern auf harte Zurückweisung. Dazu gehören nicht nur arabische Staaten, sondern auch ehemalige Sowjetrepubliken und zahlreiche Länder Afrikas.
Russland weiß das für sich zu nutzen. Es stellt dem westlichen LGBT-Hype “traditionelle Werte” gegenüber: Familie, Religion, Tradition und Geschichte. Das richtet sich auch an die Menschen im Westen. Präsident Putin verspricht jenen, die des westlichen Desorientierung und Imbalance überdrüssig sind, einen leichteren Zugang zu einer Aufenthaltsgenehmigung für Russland. Ob das mehr ist als Populismus unter umgekehrten Vorzeichen, wird sich zeigen.
Nicht von der Hand zu weisen ist jedenfalls, dass Russland gegenüber Religion und Orthodoxie im 20. Jahrhundert eine ganz andere Auffassung vertreten hat als heute. Auch die “traditionellen Werte” unterliegen dem Wandel. Aber dieser Wandel ist eben evolutionär und nicht disruptiv, wie es das Durchdrücken der identitätspolitischen Agenda in der EU und in Deutschland ist. Dennoch ist der russischen Politik mit ihrem Bekenntnis zur “traditionellen Werten” ein beachtenswerter PR-Coup geglückt – im Inneren wie im Äußeren.
Russland setzt dem LGBT-Diktat des Westens etwas entgegen, mit dem sich eine große Zahl an Nationen deutlich stärker identifizieren kann als mit dem als obszön und nihilistisch empfundenen zur Schau Stellen sexueller Orientierung und der Instrumentalisierung dieser dionysischen Bewegung durch westliche Regierungen zu geopolitischen Zwecken.
Dass sich Regierungen an die Seite Russlands stellen, die sich der westlichen Hegemonie nicht unterordnen wollen, ist daher verständlich. Aber es sind eben nicht nur Regierungen. Auch für einen relevanten Teil der Bevölkerungen selbst in westlichen Ländern besitzt das russische Modell größere Attraktivität als das westliche, zumal das westliche mit massiver Benachteiligung und Diskriminierung der Mehrheitsbevölkerung einher geht.
Mit der Abwertung von Bildung, Arbeit, Elternschaft und den dazu notwendigen sozialen und gesellschaftlichen Strukturen hat sich der Westen auch in der eigenen Hemisphäre ein Eigentor geschossen. Jenseits der veröffentlichen Meinung und der westlichen Propaganda erzielte Russland daher auch in westlichen Gesellschaften einen Ansehensgewinn.
Selbst unter Schwulen und Lesben gibt es Verständnis gegenüber dem Verbot der LGBT-Bewegung in Russland. Man ist auch dort der Instrumentalisierung der eigenen Lebensweise durch westliche Regierungen und ihren staatlichen Vorfeldorganisationen überdrüssig. Die LGBT-Bewegung vertritt nicht die Interessen von Schwulen, Lesben und transsexuellen Menschen, sie vertritt die Interessen des westlichen Imperialismus. Man sollte sich nicht täuschen lassen. Die Interessen von Schwulen und Lesben unterscheiden sich nicht von denen der heterosexuellen Mehrheitsgesellschaft. Es geht um den Ausgleich von Interessen und nicht um die Vertiefung von Differenzen und Unglaichheit. Für die Spaltung von Gesellschaften und die Vertiefung der Differenzen aber steht die Buchstabenreihung LGBT.