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Die Nationalismus-Falle

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Es geht – so scheint es – ein Gespenst um in Europa. Es ist das Gespenst des Nationalismus. Doch was an diesem Nationalismus ist eigentlich so gefährlich?

Nationalismus ist böse, das wurde politisch entschieden. Nationalismus wird der offiziellen Erzählung nach mit Rassismus, Rechtsradikalismus, Hass und Hetze in Verbindung gebracht und ist daher zu verurteilen. Dem gegenüber stehen Weltoffenheit, Freundschaft mit anderen Nationalitäten und allgemeine Friedfertigkeit. Und all diese freundlichen Attribute kommen aus Brüssel, ausgerechnet. Es wird Zeit, dem Nationalismus ein neues Image zu verpassen.

Nationalismus im Fußball

Wo, wenn nicht beim Fußball, wäre Nationalismus, oder besser: Nationalstolz, angebrachter? In internationalen Begegnungen treffen Deutschland und Frankreich aufeinander, oder die Deutschen spielen gegen Italien, Brasilien, Argentinien, alles Klassiker der Fußballkunst. Als einst beim „Sommermärchen“ Hunderttausende von kleinen deutschen Flaggen an Fenstern, Autos, Fahrrädern und Balkonen hingen, war das kein Problem. Man hatte schließlich jede Menge Ausländer „zu Gast bei Freunden“, da war das Zeigen der Nationalflagge eine Selbstverständlichkeit und ein Ausdruck deutscher Gastfreundschaft.

Im Juli 2024 geriet dieses „Sommermärchen“ aber in den Fokus der politischen Sittenwächter der Bundeszentrale für politische Bildung. Für Pegida und alles, was danach an Radikalisierung folgte, seien womöglich Klinsi, Poldi & Co. verantwortlich gewesen, denn wenn die nicht so ein Getöse veranstaltet hätten, hätte Deutschland auch kein Problem mit dem Nationalismus. Doch die Deutschen sind empfindlich, wenn es um ihr „Sommermärchen“ geht, selbst wenn sie längst wissen, dass die Ausrichtung dieses Turniers auf Korruption basierte. Dennoch: Man ruderte zurück und behauptete einfach das Gegenteil, die WM im eigenen Land sei schon in Ordnung gewesen.

Die Sache mit der WM im eigenen Lande ging also zunächst in die Hose, aber das Thema kommt nun erneut auf. Unter der Überschrift „Der Einfluss von Fußball auf Nationalstolz und Nationalismus“ ist es nun der Deutschlandfunk, der das Thema erneut aufbringt. Gleich zu Beginn des Artikels heißt es:

„Fußballspiele sind grundsätzlich geeignet, Gruppenrivalitäten anzuheizen; und Stadien sind die Orte, an denen das besonders gilt.“

Sport ist gesund? Sport schafft Freundschaften? Sport verbindet und fördert die Toleranz? Offenbar ist das nicht mehr zeitgemäß, heute führt Sport – und insbesondere Länderspiele beim Fußball – zu Gruppenrivalitäten. Das ist im Grunde nichts Neues, die Fans der gegeneinander spielenden Mannschaften waren immer schon geprägt durch Rivalität, das ist ja das Prinzip von (sportlichen) Wettkämpfen.

Doch das ist nicht der Punkt, der im Artikel im Vordergrund steht, es geht um etwas anderes:

„Michael Mutz, Professor für Sozialwissenschaften des Sports an der Uni Gießen, erläutert: „’Im Kontext von Fußball-Länderspielen kann es auch die Nation sein, die auf diese Weise auch erlebbar wird und das führt häufig dazu, dass auch die Identifikation mit dieser Gruppe ansteigt. Das kann auch so was sein wie eine Grundlage für Zusammenhalt. Jemand hat Fußball-Länderspiele auch als das letzte Lagerfeuer der Nation bezeichnet.'“

Und genau dieses „Lagerfeuer“ ist das Problem, denn Zusammenhalt ist de facto nicht das, was in der heutigen gesellschaftspolitischen Landschaft gewünscht ist, jedenfalls nicht der Zusammenhalt einer Nation. Denn dieser – so die These – führt zu Ausgrenzung, Rassismus und Rechtsradikalismus. Die Lösung kann nur der Abschied vom Nationalismus, der Abschied von den Nationen sein. Und die Alternative steht mitten im Rampenlicht.

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Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Autor, Sprecher, Radiomoderator und Podcaster. Er führte unter anderem für den »wohlstandsneurotiker«, dem Podcast der neulandrebellen, Interviews mit Daniele Ganser, Lisa Fitz, Ulrike Guérot, Gunnar Kaiser, Dirk Pohlmann, Jens Berger, Christoph Sieber, Norbert Häring, Norbert Blüm, Paul Schreyer, Alexander Unzicker und vielen anderen. Zusätzlich veröffentlicht er Texte auf verschiedenen Plattformen und ist für unsere Podcasts der »Technik-Nerd«.

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