Im Springerblatt Die Welt wurde neulich gefragt, ob Frauen mit Y-Chromosom im Sport einen Vorteil haben. Die Frage ist insofern perfide, weil sie das Axiom als Fakt präsentiert. Sie tut so, als gäbe es Frauen mit Y-Chromosom. Die gibt es nicht. Menschen mit der Chromosomenkombination XY sind Männer. Die Chromosomenkombination ist das Geschlecht bestimmend. Zumindest sieht man das außerhalb einer winzig kleinen Blase, die sich zunächst an westlichen Universitäten herausgebildet hat, überall so. Da hilft auch der Verweis auf das Krankheitsbild der Androgenresistenz nichts, denn es handelt sich dabei um eine Störung. Eine seltene obendrein.
Die Vertreter dieser Blase haben die Universitäten verlassen und inzwischen Einzug in die politischen Gremien gehalten. Sie sitzen zudem in den Redaktionen westlicher Medien und in den sogenannten NGOs. Sie sind mit ihren Ansichten zwar eine absolute Minderheit, als Minderheit sind sie jedoch machtvoll, denn sie steuern die veröffentlichte Meinung.
Ihre Aufgabe ist es, begriffliche Verwirrung zu schaffen. “Frauen mit Y-Chromosom” ist dafür ein gutes Beispiel. Die Begriffe werden ihrer Bedeutung entkleidet. Es wird eine babylonisches Wortchaos gestiftet. Es wird eine Art begrifflicher Ausnahmezustand geschaffen. Wer über den Ausnahmezustand entscheidet, ist der Souverän, wusste Carl Schmitt. Genau darum geht es.
Im Rahmen der Diskussion um die Frage, ob es gerecht ist, wenn es männlichen Boxern erlaubt wird, in Frauenwettbewerben anzutreten, zwingt der Mainstream den Deutschen eine Debatte über Inter- und Transsexualität auf. Faktenchecks und Faktenfinder werden online gestellt. Wie das so ist, dienen sie nicht der Aufklärung, sondern dem Gegenteil.
Der Faktenfinder der Tagesschau stellt beispielsweise fest, dass es auch Menschen mit nur einem X-Chromosom oder der Kombination XXY geben würde. Das ist richtig. Weil es aber die Abweichungen X und XXY gibt, erfordert das nicht, den Geschlechterbegriff aufzulösen, denn es handelt sich um Störungen.
Welchen Sinn es haben soll, das biologisches Geschlecht durch ein gefühltes Geschlecht zu ersetzen, bleibt zunächst unklar. Gerechter wird es dadurch offensichtlich nicht, denn Frauen wollen aus ganz nachvollziehbaren Gründen nicht mit Männern boxen, die sich als Frauen ausgeben.
Gerecht finden das nur die Vertreter der Ideologie, die davon persönlich profitieren.
Gerecht kann man das nur empfinden, wenn man den Blick für das Gesamte, für den gesellschaftlichen Zusammenhalt völlig aus den Augen verloren hat. Identitätspolitik schafft Ungleichheit, teilt und spaltet. Sie ist ein Herrschaftsinstrument. Nirgendwo wurde das so deutlich, wie an den gerade zu Ende gegangenen Olympischen Spielen, wo der Welt die Ansichten einer kleinen Minderheit aufgezwungen wurden.
Präsident des IOC Thomas Bach sagte zum Abschluss der Spiele sinngemäß, es sei wissenschaftlich nicht möglich, Geschlecht zu bestimmen. An der Aussage wird das Ausmaß der Machtergreifung der identitätspolitischen Ideologen deutlich. Was einst Gedankenexperimente an den philosophischen und soziologischen Fakultäten begann, wäscht jetzt selbst dem Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees das Hirn.