Wir leben in merkwürdigen Zeiten. Ich bin kein Freund der AfD, denn ich halte die AfD für eine in Wirtschaftsfragen durchweg neoliberale Partei, die sich in ihrem wirtschaftspolitischen Kurs kaum von den etablierten Parteien unterscheidet. Ich gehe fest davon aus, dass im Fall einer Regierungsbeteiligung oder gar einer Regierungsübernahme durch die AfD die soziale Ungleichheit in Deutschland weiter zunehmen wird.
Bei der AfD gerät inhaltlich notwendige Kritik an der Migrations- und Zuwanderungspolitik der unterschiedlichen Bundesregierungen zum Islam-Bashing. Das finde ich unapetittlich, um es mal höflich auszudrücken. Die AfD bedient sich rassistischer Klischees, der Ton ist vielfach menschenverachtend. Ich halte die AfD daher für einen politischen Kontrahenten. Ich hätte daher niemals gedacht, dass ich mich für die Rechte der AfD einsetzen werde. Der demokratische Rückfbau in Deutschland macht das aber notwendig.
Die AfD ist weder eine Ossipartei noch ist sie faschistisch, wie deutsche Medien behaupten. Von ihr geht auch keine unmittelbare Gefahr für die Demokratie aus. Die Gefahr für die Demokratie geht vielmehr davon aus, die AfD verbieten und mundtot machen zu wollen. Die Tendenz in Deutschland geht eindeutig in Richtung Totalitarismus und Diktatur. Diese Tendenz kommt aber nicht von der AfD, sondern aus dem politischen Establishment und den daran angeschlossenen Medien. Verbote sollen die politische Auseinandersetzung ersetzen.
Parteiverbot statt Diskussion
Dabei muss denjenigen, die Verbote fordern, klar sein, dass auch im Fall eines Verbots der AfD die Wähler der AfD nicht einfach verschwinden. Dass es in Deutschland möglich ist, auch nur darüber nachzudenken, eine Partei, die nach den letzten beiden Landtagswahlen zu urteilen einen erheblichen Teil des Wählerwillens abbildet, ist bedenklich und hat mit dem Schutz von Demokratie nichts zu tun. Der Stimmanteil der AfD ist inzwischen so groß, dass es sich schon aus Gründen der Logik verbietet, von einer Partei am extremistischen Rand zu sprechen. Die AfD repräsentiert ganz klar die gesellschaftliche Mitte.
Demokratie ist nicht, wenn alle die gleiche Meinung haben. Die Fähigkeit, andere Meinung zu hören und auszuhalten, ist die zentrale Voraussetzung für das Funktionieren einer Demokratie. Diese Fähigkeit ist natürlich von jedem Bürger, viel stärker aber von Politik und Medien gefordert. Und genau an diesen beiden Verankerungen erodiert das Demokratieverständnis in Deutschland massiv. An den Verbotsforderungen wird deutlich, dass es in Deutschland an der Fähigkeit, andere Meinungen zu hören, sich mit ihnen auseinanderzusetzen und sie auszuhalten, völlig fehlt.
Diese Dialogverweigerung begünstigte den Prozess, dass deutsche Politik inzwischen zur Antipolitik geworden ist. Im Mittelpunkt des politischen Handelns in Deutschland stehen nicht die Interessen des Landes und seiner Bürger. Im Mittelpunkt der Interessen deutscher Politik stehen das Klima, die Ukraine und das transatlantische Bündnis. Das Wohl von Flüchtlingen und Migranten aus anderen Ländern ist den politisch Handelnden in Deutschland ganz offenkundig ein wichtigeres Anliegen als die Sorgen der eigenen Bürger. Kritik an dieser politischen Verirrung wird als rechts diffamiert und damit deutlich gemacht, dass man die Auseinandersetzung verweigert. Das ist fatal und totalitär.
Verweigerung der politischen Repräsentation
An dieser tief antidemokratischen Haltung der etablierten Parteien, die vom deutschen Mainstream gestützt wird, zeigt sich, wo in Deutschland das Problem rechter Politik tatsächlich verankert ist: Im Establishment und nicht in der AfD. Man muss die Ideen der AfD ja nicht eins zu eins umsetzen, aber man muss den Diskurs darüber zulassen. Man muss das, was sich als Wählerwille ausdrückt, ernst nehmen. Alles andere hat mit Demokratie nichts zu tun.
Die Diskussion in Deutschland muss wieder breiter werden. Die deutsche Parteienlandschaft muss sich thematisch breiter aufstellen. Vor allem aber muss es wieder eine echte linke Alternative geben, eine Partei, die sich als politische Vertreterin von Arbeitern und Angestellten sieht, eine Partei, die die Interessen der gesellschaftlich Isolierten vertritt. Das große Paradox am Erfolg der AfD als rechtskonservativer Partei ist, dass es in Deutschland keine echte linke, sozialistische Partei gibt. Ein relevanter Teil der Wählerschaft der AfD ist eigentlich das Klientel einer linken Partei. Der Erfolg der AfD geht darauf zurück, dass Sozialdemokraten und Die Linke ihrer eigenen Klientel die Solidarität verweigern.