In einem frühen Werk entwirft Friedrich Nietzsche den Gegensatz von Dionysisch und Apollinisch. Zwei widerstreitende Kräfte hätten die antike griechische Kultur bestimmt, so ist Nietzsches zentrale These. Beide sind für sich genommen schöpferisch. Das Apollinische schafft das Helle, Vernünftige und Klare, das Dionysische erschafft das Tragische.
Als Europäer stehen wir in der Tradition des Apollinischen, denken wir. Wir sind der Gegenentwurf zum Slawen, der ein anderes Verhältnis zur Gewalt und zum Tod hat, wie wir erst neulich wieder unterrichtet wurden. Diese Ansicht hat Tradition. Wir halten uns für eine rationale Gesellschaft. Unsere Wurzeln liegen in der Epoche der Aufklärung. Dort entstand die Idee des Bürgertums, der liberalen demokratischen Gesellschaft, die sich die Regeln und Gesetze nach denen sie organisiert ist, selbst gibt. Hell, klar, apollinisch.
Dialektik der Aufklärung
Doch der Weg zur Verwirklichung dieser aufgeklärten Idee von Staat und Gesellschaft trägt in sich sein eigenes Gegenteil. Die Dialektik der Aufklärung führt auch in den dunklen Rausch, den Wahn, ins Manische, in die Zerstörung und den Untergang. Von dieser Dialektik kann der europäische Kontinent gleich mehrere Lieder singen. Die Überheblichkeit mit der wieder auf Russen hinabgeblickt wird, ist Ausdruck dieser rauschhaften Lust am eigenen Untergang. Was heute in deutschen Talkshows wieder sagbar ist, ist Ausdruck von Wahn.
Das Problem am Wahnsinn, ist, dass derjenige, der davon befallen wird, sich nicht als wahnsinnig erlebt. Der Wahnsinnige hält sich für klar im Denken. Lediglich seine Umgebung, das soziale Gefüge bemerkt das Verrückte. Es ist die Sprache, die sich verschiebt. Sie verliert die Anbindung an Welt.
Auch bei uns, in der EU und in Deutschland geht die Anbindung der Sprache an die Welt verloren. Unsere Gesellschaften verfallen dem Wahn. Immer schneller. Das Dionysische hat sich durchgesetzt. Die Mänaden führen den Zug des Dionysos an. Frauen, beseelt vom Willen zur Zerstörung und Vernichtung, rasend vor Wut, alles einreißend, was Vernunft und Rationalität errichtet haben. Angeführt wird der Zug der orgiastischen Raserei von Bacchantinnen, den berauschten Dienerinnen des Gottes der Entgrenzung. Es sind Frauen wie Baerbock und von der Leyen, wie Lambrecht und Strack-Zimmermann – Protagonistinnen des Irrationalen. Sie sind Demagoginnen des Wahns, die nicht die Umwertung der Werte anstreben, das wäre noch vertretbar. Sie betreiben weit mehr die Auflösung unserer Zivilisation im Chaos. Sie errichten keine neue Ordnung, sie bauen nicht auf, sondern vernichten alles, was nach dem Zweiten Weltkrieg an diplomatischer Kultur errichtet wurde. Vernunft ist ihr Feind, der Dialog ist ihnen zuwider, der Kompromiss verhasst. Sie sind völlig entgrenzt in ihrem Furor. Der Wahnsinn gestaltet jedes ihrer Worte. Wer ihre Forderungen hört, erahnt den Blutrausch, der ihnen den ohnehin schon gering ausgeprägten Verstand zusätzlich vernebelt. Sie führen uns in den Untergang.
Am Ende des Regenbogens …
Der Weg dorthin ist bunt, wild, orgiastisch. Dionysos ist nicht nur der Gott des Rausches und der Ekstase. Er ist auch der Gott der Verkleidung, des Drag, des Täuschens. Männer in Frauenkleidern begleiten ihn, Mischwesen wie die Satyrn, deren Lebenszweck das Ausleben von Lust und Begehren ist. Sie verlachen die Vernunft und die Tradition. Dem Apollinischen, das dem Individuellen und Persönlichen den privaten Raum zugestanden hat, setzt das Dionysische die Öffentlichkeit entgegen. Jede Erregung, jede Spielart der Lust hat sich öffentlich zu präsentieren. Alles ist verpflichtet zur Sichtbarkeit, zur Selbstpräsentation, zum Exibitionismus. Es darf keine Privatheit mehr geben, keine Intimität, kein Geheimnis. Wer nicht alles von sich zeigt, hat etwas zu verbergen. Dem Dionysischen wohnt unter dem Deckmantel der Freizügigkeit der Totalitarismus inne. Unser Fokus auf Identitätspolitik ist kein Zufall, sondern die Folge einer seelischen Erkrankung an der unsere Gesellschaften leiden.
Man muss sich zeigen, man muss alles zeigen, aber man darf nicht argumentieren. Man muss auf sich selbst und die eigene Sicht bestehen. Das Ich ist alles, der andere nichts.
… liegt Elend
Das Bemühen um Verstehen ist apollinisch. Es hat in der dionysischen Welt keinen Platz. Verstehen, argumentieren, sich austauschen sind die Grenze des Dionysischen. Und das ist auch aktuell unsere Grenze. Deutschland und die EU haben die Diplomatie abgeschafft. Wie wilde Bestien haben sie jeden Gesprächsfaden zerbissen. Sie brüllen, sie fauchen, sie fletschen die Zähne, schneiden Fratzen, aber sie reden nicht. Sie berauschen sich an sich selbst, an ihren Werten und den daran angeklebten Phrasen. Sie berauschen sich an ihrer vermeintlichen Macht und ihrem Einfluss. Wer sich ihrem Rausch entgegenstellt, dem droht die Zerfleischung – allerdings nur bis die Manie abklingt. Dann kommt die Bitterkeit nach der schlichten Regel: je höher die Wogen des Rausches schlugen, desto tiefer das folgende Elend. Und mit dem Elend kehrt die Klarheit wieder. Und in den selbst verschuldeten Trümmern stehend greift sich ein Gedanke raum – Welch Tragödie! Nie wieder! Nie wieder – bis zum nächsten Mal.