Diese Sachsen, ja die Ostdeutschen überhaupt, sind Nörgler und rechtsoffen? Von wegen: Sie scheinen der letzte kritische Menschenschlag im Lande zu sein. Eine kleine Liebeserklärung.
Kaum hatte sich der Sänger Gil Ofarim über ein soziales Netzwerk an seine Anhängerschaft gewandt, rollte der Shitstorm auch schon an. Ofarim soll in einem Leipziger Hotel antisemitisch abgekanzelt worden sein. Sein Vorwurf hat sich später nicht bestätigt, im Gegenteil, an seinen Schilderungen gibt es starke Zweifel. Aber in diesen ersten Stunden formierte sich die Wut, beschwor erneut den Rechtsruck in der Gesellschaft – und ja, viele waren sich ganz sicher, dass es so passiert sein muss, denn immerhin habe sich die ganze Affäre in Sachsen abgespielt.
In jenem Freistaat, in dem es vor Nazis nur so wimmelt, kann es gar nicht anders geschehen sein. Sachsen sind uns doch bekannt. Ihr Dialekt, ihre Montagsdemos, Pegida, und dann wählen sie, wie andere Ostdeutsche auch, bevorzugt die AfD. Immer meckern sie, haben Einwände, fühlen sich nicht gehört und um ihre Lebensleistung getrogen. Sachsen leben im Gestern. Das sage nicht ich, das ist die gefühlte Wirklichkeit einer Republik, die Ostdeutschland – trotz ostdeutscher Ex-Bundeskanzlerin, trotz eines ehemaligen ostdeutschen Bundespräsidenten – immer noch kolonialistisch die Sichtweise auf die Geschichte vorgibt. Es wird Zeit, dass wir dieses Sächsische als Segen betrachten.