Ein Kommentar
Wir sollten uns deutschlandweit, europaweit, besser noch: weltweit ein Beispiel an Nena nehmen. Stattdessen wird ihre angeblich kryptische Äußerung auf Instagram thematisiert, kommentiert und interpretiert, was das Zeug hält.
Moment mal! Kryptisch?
Kryptisch bedeutet laut „Oxford Languages“:
unklar in seiner Ausdrucksweise oder Darstellung und daher schwer zu deuten, dem Verständnis Schwierigkeiten bereitend
Wikipedia definiert dagegen Kryptologie so:
Die Kryptologie (griechisch κρυπτός kryptós „versteckt, verborgen, geheim“ und -logie) ist eine Wissenschaft, die sich mit der Verschlüsselung und Entschlüsselung von Informationen und somit mit der Informationssicherheit beschäftigt. Bis ins späte 20. Jahrhundert waren Verschlüsselungsverfahren der einzige Untersuchungsgegenstand.
Offenbar sprechen wir hier über eine ziemlich komplizierte Angelegenheit. Daher macht es Sinn, sich Nenas Worte noch einmal kurz anzusehen:
Ok, jetzt mal ernsthaft: Was ist an diesem Statement kryptisch? Was so schwer zu verstehen? Nena glaubt an Gott, sie hat Vertrauen ins Leben und dank ihres gesunden Menschenverstandes ist sie in der Lage, Panikmache zu erkennen, wenn sie sie sieht. Sie lässt sich nicht in die Dunkelheit ziehen, sondern sucht den Weg ins Licht. Was wir derzeit erleben, bezeichnet sie als Wahnsinn, von dem sie sich aber nicht einfangen lassen will. Weil sie an den positiven Wandel glaubt.
Und, noch mal die Frage: Was ist daran kryptisch?
Diese Worte als kryptisch zu bezeichnen, lässt darauf schließen, dass man es entweder mit einem unsensiblen Vollidioten zu tun hat, der nicht in der Lage ist, die persönliche Sicht eines Menschen auf eine außergewöhnliche Situation einzuordnen. Oder aber der Mensch, der Nenas Worte als kryptisch empfindet, ist weit davon entfernt, so etwas wie Hoffnung, Glaube oder Licht zu sehen.
Letzteres liegt nahe. Denn seit fast einem ¾ Jahr ist es ja gewissermaßen offiziell verboten, positiv ans Leben heranzugehen. Wir haben Infizierte, Fallzahlen, Hotspots, Superspreader, Lockdowns, Maskenpflicht, erzwungene Distanz, zerstörte Existenzen, Suizide, Hoffnungslosigkeit, Angst, Perspektivlosigkeit und allerlei mehr.
Alles ziemlich übel, aber so ist es eben gerade. Geht ja um die „Gesundheit der Menschen“, und wer bei solch einem Motto auf die Idee kommt, damit etwas Positives zu verbinden, kann eigentlich nicht bei Trost sein.
Oder eben kryptisch.
Mal ehrlich: Nenas Statement ist ein ziemlich persönliches. Ob sie mit ihrer Äußerung vielleicht auch auf ihr neues Album aufmerksam machen wollte, sei erstens dahingestellt. Und ist zweitens völlig wurscht. Denn authentisch ist das, was sie geschrieben hat, allemal.
Aber ja, es ist auch kryptisch für Leute, die so etwas wie positive Energie nicht kennen und nicht kennen wollen. Denn das kommt im Moment nicht so gut an, schließlich sind wir im Panikmodus, und den hat Nena offenbar erkannt. Daran ist nicht einmal etwas besonders, denn wer allen Ernstes leugnet, dass wir in diesem Modus sind, der ist ein … ja, man könnte sagen: ein Panik-Leugner. Panik-Leugner sind aber nicht so gern gesehen im Moment.
Und dann kommt da ja noch etwas hinzu. Der böse Xavier Naidoo (den Nena seit Jahren kennt) hat ihr ein Herzchen oder Like oder was auch immer für ihr Statement gegeben. Das geht natürlich nicht, das hätte sich die Nena auch früher überlegen können. Und das macht die ganze Sache gleich noch viel, viel kryptischer. Was haben die beiden miteinander? Ist Nena jetzt auch eine Verschwörungsdingsda? Leugnet sie Corona oder womöglich doch nur, dass es jetzt allen Menschen saumäßig schlecht gehen muss?
Man weiß so wenig. Aber eines ist klar: Immer mehr Menschen drehen irgendwie durch. Immer mehr Menschen wollen sich nicht mehr von einem Virus dominieren lassen, von dem nicht einmal wirklich klar ist (ja, bis heute nicht wirklich klar ist!), wie gefährlich es letztlich überhaupt ist. Immer mehr Menschen haben Angst. Angst vor der inkompetenten Politik, die die Panik schürt und die Angst regelmäßig steigert. Immer mehr Menschen haben Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, ihre Existenz als Selbstständige, Künstler oder Unternehmer. Immer mehr Menschen haben Angst davor, dass die eigentlichen Risikogruppen nach unten, in die Dunkelheit, durchgereicht werden, um einem vermeintlich größerem Ziel zu dienen, oder sich halt gleich zu opfern.
Die Angst ist – aus welchen Gründen, lasse ich an dieser Stelle unkommentiert – gewollt, und wer das leugnet, ist eben ein Angst-Leugner. Ja, wir haben es mit einer ganzen Menge von Leugnern zu tun, Leugnern des gesunden Menschenverstandes zum Beispiel, den Nena offenbar noch hat.
Ich sehe es eigentlich eher so: Wer aus einem Virus, das eines von unzähligen ist und das bislang nicht einmal zu einer spürbaren Übersterblichkeit geführt hat, eine Frage des gesamtgesellschaftlichen Überlebens macht, der argumentiert kryptisch.
Wer die weitreichenden Folgen von Maßnahmen, die erheblich mehr Menschen betreffen, als es das Virus je könnte, einfach ausblendet, der spricht kryptisch.
Wer eine Krankheit wie Covid-19 – eine von unzähligen Krankheiten, mit denen die Menschheit seit ihrem Bestehen klarkommen musste – als für die Menschheit so bedrohlich empfindet, dass er große Teile der Menschen in ihrer Existenz bedroht, während die wenigen, die ernsthaft gefährdet sind, weitgehend ignoriert werden, der denkt hochgradig kryptisch.
Und wer Nenas Worte als kryptisch bezeichnet, der hat offenbar ein paar grundlegende Prinzipien der Kryptologie, nämlich die in diesem Fall ziemlich simple Entschlüsselung ihrer Worte, noch nicht so richtig verstanden.
Also: Mach’s wie Nena, geh ins Licht, bleibe optimistisch und glaube daran, dass der Wahnsinn und die Panikmache sich auf Dauer nicht durchsetzen werden.