Es reicht! Peter Altmaier (CDU) ist sauer, und natürlich in Sorge. Die Rentenanpassungen der letzten Jahre seien oberhalb der Inflationsrate und daher „ein großes Geschenk“ gewesen. Damit muss nun aber auch mal Schluss sein. Und recht hat der Mann natürlich, denn schreitet er nicht todesmutig ein, werden uns Rentner, Arbeitslose, verarmte Kinder und Niedriglöhner noch die ganze tolle Wirtschaft um die Ohren hauen.
Mir reicht es auch, aber echt, auch wenn ich seit einiger Zeit versuche, mich nicht mehr auf einzelne Personen zu fokussieren. Aber Peter Altmaier ist von den Kandidaten, die uns derzeit regieren, an Selbstgefälligkeit und Arroganz nur schwer zu toppen, und das bei einer Konkurrenz, die sich eigentlich nicht verstecken muss. Ich meine, wer schlimmer ist als Andreas Scheuer, der hat ein Abo auf die übelste neoliberale Fratze im ganzen Land, und hinter den sieben Bergen ist auch keiner zu finden, der schlimmer ist.
In seiner unnachahmlichen Art schafft es Altmaier, immer wieder auf einen Hocker zu steigen und den Menschen, die seit inzwischen Jahrzehnten unter der gnadenlosen neoliberalen Politik zu leiden haben, den „Ich-bin-schuld-Stempel“ aufzudrücken. Das ist nicht mehr unfreundlich, das ist pervers und zeugt von einem Menschenbild, das an Herablassung und Empathielosigkeit nahezu unerreicht ist.
Altmaier & Co. tun seit Jahren nichts anderes, als den Arbeitsmarkt und die Sozialsysteme systematisch aufzuweichen, ja, es scheint, sie wollen so etwas wie soziale Sicherheit kurzerhand ausradieren, so dass am Ende eine Gesellschaft übrigbleibt, in der Armut die Regel, nicht die Ausnahme ist.
Das mag übertrieben klingen, ich höre schon die Tonlage, die kritisch anmerkt, dass es doch woanders noch viel schlimmer sei als hier, im Land des Exportweltmeisters. Aber die Entwicklung ist meiner Meinung nach brisanter, als oft angenommen wird. Selbst die Mittelschicht – zumindest das untere Drittel der Mittelschicht – ist nicht mehr sicher vor dem Abstieg. Sie sorgt sich, lässt sich anstecken von Hass und Neid, braucht inzwischen jemanden, auf den sie herabblicken kann. Nichts mehr da von der Souveränität des kritischen Mittelschichtlers, der es sich sogar leisten kann, kritisch auf die Regierenden zu blicken. Heute hält er still und stimmt mit ein in den Chor der Eliten, die schimpfen, es gäbe viel zu viele soziale Wohltaten. Die Basis dafür ist Angst, nicht mehr. Aber auch nicht weniger.
Ja, ja, das inzwischen alte Narrativ der sozialen Wohltaten, der Wohltaten, wohlgemerkt, die wir uns einfach nicht mehr leisten können. Es hat Einzug erhalten in alle Schichten, sogar in die, die eh schon fast ganz unten ist und verzweifelt auf der Suche ist nach denen, auf die sie dann doch wenigstens ein bisschen herabblicken kann. Es ist genauso, wie einst von Konstantin Wecker besungen:
Einen braucht der Mensch zum Treten
einen hat er, den er immer tritt.
Zwischendurch verbringt er seine Zeit mit Beten
und ansonsten läuft er irgendwo mit.
Peter Altmaier ist auch deshalb so unerträglich, weil er glaubt, was er sagt. Andere treten als Verkäufer auf, die genau wissen, wie schlecht ihr Produkt ist. Altmaier aber glaubt an sein Produkt, er ist so eng mit den Interessen der Wirtschaft verbunden, dass er – so mein Eindruck – wirklich nicht mehr sieht, was für einen menschenverachtenden Unsinn er absondert.
Politiker wie Altmaier sind es, die die fatale Entwicklung weiter anstacheln, Fratzen wie Altmaier sind es, die ohne Skrupel aushöhlen, was noch auszuhöhlen ist, ohne dabei auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, was sie anrichten und wohin das führen kann, was sie initiieren.
Es ist ein bisschen wie kürzlich, als Til Schweiger – seines Zeichens nicht zwingend mit außergewöhnlichen schauspielerischen Fähigkeiten ausgestattet – einem Ulrich Tukur vorwarf, dieser hätte in einem „Tatort“ auf dem Niveau der Augsburger Puppenkiste gespielt. Wenn Schweiger sich so äußert, zeigt das, dass sowohl seine Selbstwahrnehmung als auch die auf seine Kollegen durch einen dichten Schleier vernebelt wird. Schweiger wird davon ausgehen, er sei ein guter Schauspieler, der bessere im Vergleich mit Ulrich Tukur. Erhebliche Folgen hat das aber nicht.
Ganz anders bei Peter Altmaier, der es glaubt, wenn er die Meinung vertritt, die Zeit der „großen Geschenke“ sei vorbei. Diese Art von Überzeugungstätern sind die schlimmsten, mit denen man es zu tun haben kann. Man blicke nur auf Altmaiers Konkurrenten Andreas Scheuer. Auch der ist nicht nur einfach beratungsresistent. Er glaubt, er sei einer von den Guten.
Mit warmen Worten erreicht man Menschen dieser Kategorie nicht. Wobei das bei Til Schweiger auch keine Rolle spielt. Bei Altmaier und seinen Komplizen aber schon.