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Danke, Svenja Schulze!

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Danke, Svenja Schulze!

Die Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) kriegt ja mächtig auf die Mütze im Moment. Kein Wunder, hat sie doch bei „Berlin direkt“ ein Interview gegeben, das seinesgleichen zu suchen scheint. Mit einer schier aufsehenerregenden Widerstandsfähigkeit vermied Schulze es konsequent, auf konkrete Fragen konkrete Antworten zu geben. Da war die Frage, wie sie zu einem Tempolimit stehe, der sie gekonnt und in Höchstgeschwindigkeit auswich. Und die nach einer Erhöhung der Steuern auf Sprit, die sie umtanzte wie Mario Barth den Anspruch an hochwertigen Humor. Man kann Schulze wegen des Interviews einen Vorwurf machen, denn man hat lange nicht mehr so viel reden und nichts sagen gehört wie am vergangenen Sonntag. Allzu streng sollte man mit ihr aber nicht ins Gericht gehen, oder wenn, dann sollte man sie nicht isoliert auf dem Tablett der Lächerlichkeit präsentieren.

Denn das Interview war keinesfalls Schulzes Problem, weil Interviews wie dieses täglich geführt werden, ohne dass ein Hahn danach kräht. Es war vielmehr die Leistung des Thomas Walde, der das tat, was eigentlich journalistischer Standard sein sollte: Er ließ nicht los, kam immer wieder auf den Punkt zurück, wiederholte in tapferer Verzweiflung, was er von Schulze wissen wollte.

Die Tatsache, dass sie sich trotzdem nicht aus der Reserve und hinein in die Welt der Fakten ziehen ließ, ist das eigentliche Glanzstück des Journalisten Thomas Walde, der gekonnt und (positiv) penetrant zur Entlarvung von Svenja Schulze beitrug.

Würden Journalisten – auch Walde selbst – in ihrer täglichen Arbeit einen so guten Job machen wie am letzten Sonntag im ZDF, wären – dick aufgetragen, das gebe ich zu – die vergangenen Wahlen womöglich anders ausgegangen als das der Fall ist. Denn Schulze tat nichts Besonderes, sie lavierte sich um Fragen herum, druckste hier, druckste da, lenkte ab, sprach vom großen Ganzen und wischte sich die Fakten aus den Mundwinkeln wie störenden Speichel. Das machen ihre Kollegen und Kolleginnen jeden Tag ganz genauso. Aber nicht jeden Tag erlebt man Journalisten, die sich davon nicht beeindrucken lassen, sondern immer wieder auf den Punkt, ihre eigentliche Frage zurückkommen. Svenja Schulze allerdings müssen wir auch dankbar sein, denn sie hat dieses Interview – unabhängig von der Qualität des Fragestellers – so richtig anschaulich versaut und offener denn je gemacht, wie hohl und leer Politikergequatsche ist.

Ach, wie wäre das schön, wenn wir so etwas häufiger erleben könnten! Journalisten, die so lange auf der schmutzigen Fußmatte des täglichen Politikbetriebes herumtrampeln, bis sich – für alle sichtbar – der Schmutz zeigt, den man aufwirbeln muss.

Rahmen wir uns dieses Interview ein – es dürfte für längere Zeit das letzte seiner Art sein.  [InfoBox]

Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Autor, Sprecher, Radiomoderator und Podcaster. Er führte unter anderem für den »wohlstandsneurotiker«, dem Podcast der neulandrebellen, Interviews mit Daniele Ganser, Lisa Fitz, Ulrike Guérot, Gunnar Kaiser, Dirk Pohlmann, Jens Berger, Christoph Sieber, Norbert Häring, Norbert Blüm, Paul Schreyer, Alexander Unzicker und vielen anderen. Zusätzlich veröffentlicht er Texte auf verschiedenen Plattformen und ist für unsere Podcasts der »Technik-Nerd«.

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