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Die beste Altersvorsorge ist die gesetzliche Rente

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Das Trauerspiel hat System. Der Abgesang auf die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) dauert nun schon so lange an, dass die meisten Menschen tatsächlich daran glauben, dass der Tod der GRV nur eine Frage der Zeit ist. Gleichzeitig ist es inzwischen längst kein Geheimnis mehr, dass es bei der Kritik an der gesetzlichen Rentenversicherung vornehmlich um die Unterstützung der privaten Versicherungswirtschaft geht, die mit privaten Finanzprodukten statte Gewinne und üppige Provisionen einfahren. Auf der Strecke bleiben „nur“ die Kunden, die nicht nur keine Rendite erzielen, sondern oft sogar mit einem Minus in den verdienten Ruhestand gehen. Dabei liegt die Lösung so nah: die GRV.

Zwei bis drei Prozent Rendite gibt es wohl nur bei der GRV

Wer heute 55 Jahre alt ist und zusätzlich etwas für die Rente tun möchte, hat die Wahl zwischen Pest und Cholera. Der Finanzmarkt ächzt und keucht, wirft kaum etwas ab, und wenn, dann ist der Kunde der Letzte, der davon etwas sieht. Dabei können Einzahler ganz leicht etwas fürs Portemonnaie tun, indem sie zusätzlich in die GRV einzahlen. Ein bisschen tricky ist das zwar, aber völlig legal. Und das geht so:

Ein 55-jähriger Mann meldet der GRV, dass er mit 63 in den Ruhestand gehen möchte. Er möchte nun wissen, mit was für Abschlägen er rechnen muss. Das teilt ihm die Rentenversicherungsanstalt mit. Ergibt sich beispielsweise, dass durch den früheren Renteneintritt die monatliche Auszahlung um 36,- Euro niedriger ausfällt, kann der Einzahler die Differenz, die sich auf den gesamten Zeitraum bezieht, einmalig in die GRV einzahlen. So hat er das Minus, das sich durch den früheren Renteneintritt ergibt, ausgeglichen und hat einen Anspruch auf die volle Rente der GRV.

Unser 55-jähriger Mann möchte aber gar nicht mit 63 Jahren aufhören zu arbeiten, sondern bis 65 weiterarbeiten. Das ist kein Problem. Alles, was er in den zwei Jahren vom 63. bis zum 65. Lebensjahr in die GRV einzahlt, erhöht seine Rente entsprechend. Er muss also weder etwas zurückzahlen noch muss er mit Abzügen leben. Denn was zählt, ist nicht die Umsetzung, sondern das Vorhaben an sich.

Ab 1.7.2017 ist es übrigens auch Menschen ab 50 Jahre möglich, diesen eleganten Weg der potenziellen Rentenerhöhung zu gehen.

Zahlen Sie in die GRV ein!

Neben der schlechten Presse, interessengesteuerter Politiker und der Konkurrenz zur privaten Versicherungswirtschaft leidet die GRV an zu wenig Einzahlern. Nun kann man nächtelang darüber streiten, ob Beamte, Selbstständige oder bestimmte Berufsgruppen in die GRV einzahlen sollten oder nicht. Ich persönlich wäre ganz klar dafür, dass wirklich alle in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen. Aber auch so, wie es heute ist, steht es gar nicht so schlecht um die GRV. Im Falle unseres oben genannten Einzahlers kommt immerhin eine Rendite von zwei bis drei Prozent heraus.

Gerade in Zeiten wie diesen zeigt sich einmal mehr, dass Totgeglaubte einfach länger leben. Die GRV hat im Laufe der Zeit zahlreiche Krisen weitgehend unbeschadet überstanden, während private Alternativen regelmäßig scheitern. Am bürokratischen Monster, an falscher Geldanlagepolitik, an der Gier seitens der Finanzwirtschaft und an ungünstigen Rahmenbedingungen an den Finanzmärkten. Das Umlagesystem zeigt sich hier unbeeindruckt. Es funktioniert einfach. Und es könnte noch besser funktionieren, wenn noch mehr Menschen einzahlen würden. Das ist eine individuelle Entscheidung, das freiwillige Einzahlen in die GKV ist (fast) allen möglich.

Es wird Zeit für ein wenig Imagepflege

Lassen Sie sich nicht einreden, die GRV seit tot oder so schwer verletzt, dass sie nicht mehr leistungsfähig ist. Sie ist angeschlagen, aber daran weitgehend schuldlos. Es waren die Politik und die Finanzwirtschaft, die die GRV ins Wanken gebracht haben. Umgefallen ist sie jedoch nicht, selbst unter widrigen Bedingungen hält sie sich tapfer und produziert weiter Renten. Natürlich gibt es Möglichkeiten, die gesetzliche Rente weiter zu stabilisieren, das Rentenniveau muss steigen, vor allem aber die Löhne müssen das. Wenn wir zudem die zwei Prozent des Bruttoeinkommens, die jetzt in teure und unnütze Riesterprodukte fließen, in die GRV einzahlen würden, wäre ein weiterer Schritt in die richtige Richtung getan.

Statt aber die gesetzliche Rente zu sichern, zu unterstützen und zu stärken, zielen Politik und Wirtschaft mit schweren Geschützen auf sie und verkaufen uns diese Killer-Aktion als weise Einsichten. Das ist absurd und schadet heutigen und zukünftigen Rentnern.
Spielen Sie das Spiel nicht mit!

Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Autor, Sprecher, Radiomoderator und Podcaster. Er führte unter anderem für den »wohlstandsneurotiker«, dem Podcast der neulandrebellen, Interviews mit Daniele Ganser, Lisa Fitz, Ulrike Guérot, Gunnar Kaiser, Dirk Pohlmann, Jens Berger, Christoph Sieber, Norbert Häring, Norbert Blüm, Paul Schreyer, Alexander Unzicker und vielen anderen. Zusätzlich veröffentlicht er Texte auf verschiedenen Plattformen und ist für unsere Podcasts der »Technik-Nerd«.

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