Die politische und wirtschaftliche Ordnung des Westens gerät an ihr Ende. Wir erleben das Ringen eines todgeweihten Imperiums. Kaum ein Intellektueller hat unsere Zeit so begriffen wie Michel Houellebecq. Und dann gibt es auch noch Norbert Häring. Beide sind die Chronisten der Endzeit.
Ich gebe zu, ich habe Angst vor der Zukunft. Während sich aber alle Welt vor dem Klimawandel fürchtet oder davor, dass irgendwann mal rechtskonservative Parteien die Oberhand gewinnen, bereitet mir eine andere Aussicht schlaflose Nächte. Ja, nicht mal ein dräuender Atomkrieg quält mich mit solcherlei Sorgen. Mir macht der sterile Überwachungsfeudalismus und der entmenschlichte Transhumanismus große Angst. Beide ziehen langsam aber sicher herauf – und mit der Pandemie scheinen sie einen breiten Zuspruch erfahren zu haben.
Wenn einem solche Ängste zusetzen, sollte man sich seine Literatur ganz genau auswählen. Etwas Lebensbejahendes kann da nicht schaden. Wer aber zu einem Houellebecq-Roman greift, ist letztlich selbst schuld. Vor einigen Wochen ist sein neuer Roman erschienen: »Vernichten« so der schlichte Titel. Die Lektüre des Franzosen kann ich mir nicht verkneifen. Es gibt keinen Romancier, der den belletristischen Soundtrack des Zeitgeistes so auf den Punkt bringt. Man merkt, es graut ihm vor dieser Epoche, er sehnt sich – auch wenn er es wohl so nie sagen würde – nach alten, nach menschlicheren Zeiten zurück. Bevor ich zu viel über das Buch verrate, liebe Leserin, lieber Leser, brechen Sie an dieser Stelle lieber ab. Kommen Sie zurück, wenn Sie »Vernichten« gelesen haben. Es eilt nicht, denn dieser Text wird auch dann noch aktuell sein, befürchte ich.