Ostdeutschland ist schuld am Rechtsruck? Nein, der Westen ist es! Nun ja, jedenfalls mindestens genauso viel wie der Osten. Darüber sollte man jetzt im dreißigsten Jahr der Wende mal zu sprechen beginnen.
Warum sind die Menschen im Osten Deutschlands eigentlich so? Das fragte man sich zum Beispiel auch letztes Jahr, als sich auf Chemnitz‘ Straßen Neonazis und das Bürgertum vermischten. In einem Radiofeature zum Thema, bei dem ich eingeladen war, schürfte man nach tiefgründigen, weit in der Geschichte der Sachsen angesiedelten Erklärungsversuchen. Schon zu Zeiten des Hauses Brandenburg habe das Sächsische ins Querulantische tendiert – so wurde diskutiert. Anders gesagt: Der Jammerossi war schon im 17. Jahrhundert Thema.
In Erinnerung geblieben ist mir, wie ich in diese Funkwellenrunde kurz einwarf, dass die Agenda 2010 durchaus auch was mit den Menschen im Osten gemacht habe. Das hat man jedoch schnell entkräftet, die These des historischen Ossis verfing bei meinen Diskussionspartnern besser. Sie schien schlüssiger. Vielleicht auch, weil man so um einen ungeliebten Punkt herumschiffen konnte: Dass das mit der Wiedervereinigung nicht ganz so richtig lief.