Wenn unsere Machthaber des Regimes, das sie gerne süffisant „Demokratie“ nennen, den Einladungen zu Talkshows folgen, sollte man ihre Mimik genau beobachten, insbesondere, wenn sie nicht reden. Entgegen der oft angebrachten Meinung, Talkshows seien für nichts zu gebrauchen, ist es sehr erhellend, weniger auf den Talk und mehr auf die nicht gesprochenen Worte zu achten. Lächeln die Machthaber, fühlen sie sich meistens bei einer Lüge ertappt. Wahlweise spricht ein Gegenüber aber auch gerade eine Wahrheit aus, die ihre Lüge enttarnt, auch dann ist das leicht herablassende Lächeln ein Indiz dafür, dass gerade etwas für den betroffenen Machthaber nicht optimal läuft.
Schlimmer und deutlich aussagekräftige ist das Grinsen derer, die ihre Redebeiträge gern mit der Floskel beginnen: „Also, erst einmal möchte ich feststellen, dass man ja nun auch nicht alles schlechtreden darf. Wir hatten nie so niedrige Arbeitslosenzahlen, wir waren nie so …“ – aber lassen wir das.
Wenn sie grinsen und kurz darauf poltern, lachen und „Verschwörungstheoretiker, Verschwörungstheoretiker!“ schreien, hat man sie auf dem falschen Fuß erwischt. Hin und wieder lehnt sich ein kritischer Geist einer Talkshow etwas zu weit aus dem Fenster und sprich Dinge wie den militärisch-industriellen Komplex an. Das ist ganz schlecht für den kritischen Geist, da kann er auch gleich zwei oder drei Details an 9/11 erwähnen oder die Mondlandung als Hollywood-Streifen brandmarken. Die Tatsache, dass diese drei Themen nichts miteinander zu tun haben, ist gänzlich unerheblich. Es gibt eben Themen, die mögen unsere Machthaber überhaupt nicht, und so etwas wie einen militärisch-industriellen Komplex können sie nicht ausstehen, da werden sie zu grinsenden Fratzen, die ihre ganze Mimik (und ein paar Millisekunden später auch das, was einige von ihnen an Rhetorik verinnerlicht haben) auf ein Maximum an Herablassung gegenüber dem Kontrahenten anschwellen lassen. Militärisch-industrieller Komplex, was soll das denn bitte sein? So etwas denken sich doch nur realitätsfremde Clowns aus, poltern sie dann in die Welt hinaus. „Das geht gar nicht!„, sagen sie dann, und ich denke: Geht nicht? Gibt’s nicht!
Sie machen das gut und geschickt, die Machthaber, die wir regelmäßig wählen. Das hat der US-amerikanische Präsident Dwight D. Eisenhower schon 1961 mit Sorge erkannt, als er sagte:
Wir müssen auf der Hut sein vor unberechtigten Einflüssen des militärisch-industriellen Komplexes, ob diese gewollt oder ungewollt sind. Die Gefahr für ein katastrophales Anwachsen unbefugter Macht besteht und wird weiter bestehen. Wir dürfen niemals zulassen, dass das Gewicht dieser Kombination unsere Freiheiten oder unseren demokratischen Prozess bedroht.
Eisenhower war wahrlich niemand, der nicht wusste, wovon er sprach. Immerhin war er Ex-General und bestens mit der Materie vertraut. Schon 1961 erkannte er also die Gefahr, dass es nicht nur einen militärisch-industriellen Komplex gab, sondern dass dieser eine „unbefugte Macht“ darstellen könne. Säße dieser Eisenhower heute bei Anne Will oder Maybrit Illner in einer Talkshow und würde den eben zitierten Satz äußern, wäre es unverzüglich da. Dieses fiese Grinsen der Fratzen, die genau wissen, dass er recht hätte.
Und zustimmen würden sie ihm natürlich auch nicht. Als veraltet würden sie seine Befürchtung bezeichnen, als übertrieben allemal, und außerdem würden sie in die Kameras lächeln und darauf schwören, dass sie dem Frieden dienen, der Demokratie, der Freiheit. All diesem Scheiß halt, der ihnen komplett am Arsch vorbeigeht.
Machen wir uns nichts vor. Es gibt den militärisch-industriellen Komplex, und es gibt ihn längst nicht mehr nur in den USA. Deutschland steht in Sachen Rüstungsexporte auf Platz vier in der Welt, und wenn es nach unseren Machthabern geht, ist da noch Luft nach oben. Doch es wird ja längst „europäisch“ gedacht, eine Europa-Armee ist im Gespräch, gemeinsame Entwicklungen für Panzer, Waffen und Flughäfen … pardon: Flugzeugträger.
Geht es da um Verteidigung? Um einen Feind, der uns angreifen könnte? Aber mitnichten! Wer ernsthaft glaubt, „der Russe“ würde über uns herfallen, der denkt auch, dass Flugtaxis die Besteigung des Mount Everest erleichtern würden. Geht es um Terroristen? Aber auf keinen Fall, denn allein die Tatsache, dass der böse Russe als Feindbild Hochkonjunktur hat, zeigt ja schon, wie untauglich die Bedrohung durch Terroristen ist. Hand in Hand funktioniert das schon eher: also, der Russe als Feindbild Nummer 1, der Terrorist als Feindbild Nummer 2. Und dann noch die abstrakte Gefahr einer Gefahr, die man nicht benennen kann, die aber als Grund für die Unterstützung des militärisch-industriellen Komplexes herhalten muss.
Ursula von der Leyen ist ein Paradebeispiel für eine Marionette des militärisch-industriellen Komplexes, auch wenn Namen hier eigentlich Schall und Rauch sind. Die Wummen-Wuchtbrumme mit dem Hang zu Beraterintimitäten ist zwar ein schlimmer Finger, aber innerhalb des Komplexes eher bedeutungslos, auch wenn sie brav macht, was ihr aufgetragen wird. Merkel findet sowieso alles gut, was irgendwie mit Verteidigung begründet werden kann und hat auch ein Herz für Länder, in denen wir (und die) gut und gerne sterben.
Wir sind im Krieg. Weil wir im Krieg sein müssen, um den militärisch-industriellen Komplex zu befrieden. Denn der hat Ansprüche, an uns, an das, was er als notwendig erachtet. Und die müssen erfüllt werden. Wenn ein Donald Trump sagt, dass die Europäer ihre Militärausgaben erhöhen müssen, dann tun sie das. Nicht, weil Trump das sagt, sondern weil ganz andere Leute das Sagen haben. Ob Trump kapiert, wie offensichtlich er den militärisch-industriellen Komplex unterstützt, sei einmal dahingestellt. Ich tippe auf: nein. Aber ich könnte auch auf „Ja“ tippen, es wäre unerheblich. Weil es ja in der Natur des Systems liegt, dass die Kasperle, die gerade öffentlich das Sagen haben, sowieso nur ihre Lippen bewegen. Wie gesagt: Namen sind da Schall und Rauch.
Ich weiß, ich weiß, ich bin jetzt auch so einer. So ein Verschwörungstheoretiker, der, würde er in eine Talkshow eingeladen und dieses unangenehme Thema ansprechen, von grinsenden Fratzen umgeben wäre, von Fratzen, die nach dem Grinsen in die Empörung wechseln. Aber, ehrlich, ich komme damit klar, und das mag auch daran liegen, dass mich kein Schwein in eine Talkshow einlädt, aber es ist, wie es ist.
Wie auch immer, achtet mal drauf, wenn Ihr Euch eine Talkshow anschaut (wenn Ihr Euch das nicht antun wollt, verstehe ich das aber auch). Achtet weniger auf die Worte und mehr auf die Mimik. Ein Lächeln der Machthaber ist schon ein Signal, doch wenn sie grinsen, wird es spannend. Dann hat irgendwer in ein Wespennest gestochen. Die Reaktionen der Entlarvten sprechen Bände.
Und Ihr müsst nicht einmal warten, bis das Thema Rüstung auf den Tisch kommt. Das gleiche Prinzip funktioniert auch bei anderen Themen, zum Beispiel: Sozialpolitik. Bei der muss halt hier und da ein wenig nachjustiert werden, ein grundsätzliches Problem gibt es aber nicht. Und wenn Ihr etwas anderes behauptet, seid Ihr schnell von grinsenden Fratzen umgeben.