Noch bevor in Israel 2019 gesungen wird, ist das Land bereits in aller Munde. Im Vorfeld des Eurovision Song Contest haben sich einige Künstler zusammengetan, um zu einem Boykott der Singsang-Veranstaltung aufzurufen. Wegen der Menschenrechtsverletzungen gegen die Palästinenser. Das ist brisant, keine Frage, denn nun wird debattiert, ob es sich bei diesem Aufruf um eine antisemitische Aktion handelt. Für mich stellte sich die Frage nach einem Boykott nicht, aber das schützte mich nicht vor einer bizarren Betrachtung der Situation.
Als ich den Artikel zum Boykott an der Pinnwand eines Kontaktes entdeckte, kommentierte ich wahrheitsgemäß:
Da ich den Song Contest grundsätzlich boykottiere, bin ich – politisch auch noch korrekt – in einer ausgezeichneten Position.
Denkste! War wohl nix!
Ein weiterer Kommentator gab mir deutlich zu verstehen, dass ich so einfach nicht aus der Nummer rauskäme. Ich müsste in diesem Jahr mal eine Ausnahme machen und der Veranstaltung am Fernseher beiwohnen. Wegen der Solidarität mit Israel.
Dieser Meinung war ich überhaupt nicht und betonte, dass ich schon gerne selbst entscheiden würde, ob ich mir das antue oder nicht. Dann aber, so der Hinweis des Israel-Retters, würde ich mich mit den Boykotteuren gemein machen.
An dieser Stelle beendete ich die kleine Diskussion.
Politisch korrektes Verhalten nimmt ja nun schon eine ganze Weile merkwürdige Züge an. Es gibt nur noch Schwarz oder Weiß, man hat entweder Freunde oder Feinde. Diskurs, Streit, Debatten passen da nicht rein. Das ist anstrengend, das ist aber auch ziemlich albern.
Ob Künstler wie Roger Waters (Pink Floyd), Brian Eno oder Julie Christie mit ihrem Aufruf recht haben oder nicht, ist dabei gar nicht entscheidend. Es ist zumindest ihr Recht, das zu tun. Ich könnte das unterstützen, ich könnte mich auch dagegen aussprechen. Aber ich mache weder das eine noch das andere und nehme mir die Freiheit raus, zu diesem Aufruf mal keine Meinung zu haben.
Und ich nehme mir ein ziemlich simples anderes Recht heraus: Nämlich das, den Song Contest nicht zu gucken, weder den in Israel noch den, der danach und danach und danach stattfindet. Weil ich dieses Theater einfach schrecklich finde.
Schlimmstenfalls bin ich dann ein „Anticontestimit“. Ich muss dann halt lernen, damit zu leben. Und ich krieg das hin, ganz sicher.