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G20: Alle Volksgewalt geht vom Staate aus

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Das wäre doch gelacht! Seit Tagen geht das nun so. Die G20-Gegner wollen nicht so richtig in die Gänge kommen. Die erwarteten Ausschreitungen waren kaum ausschreitend, die Eskalation durch die Demonstranten war einfach schwach. Hier ein bisschen Ärger, da ein wenig Stress. Für einen amtlichen Polizeieinsatz mit Knüppeln und Wasserwerfern reichte das nicht. Aber das wäre doch gelacht!

Was die Polizei mit ihrer „Hamburger Linie“ in der Hansestadt seit Tagen abzieht, ist nicht nur gelebter Rechtsbruch – wir erinnern uns an das Camp, das vom Verwaltungsgericht genehmigt und von der Polizei dennoch kurzerhand aufgelöst wurde -, es ist tatsächlich der Abschied von demokratischen Prinzipien. Da werden nicht begangene Straftaten mit Polizeigewalt „bekämpft“, da wird provoziert und eskaliert, dass sich die Balken biegen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist der Plan, der offenbar dahinter steckt. So ging die Demo „Welcome to Hell“ ohne Auflagen durch. Da es sich bei den Teilnehmern um genau die Leute handelte, vor denen die staatliche Gewalt seit Wochen warnt, ist das doch mehr als irritierend und lässt nur einen Schluss zu: Niemand ist davon ausgegangen, dass die Demo tatsächlich bis zum Ende stattfinden kann. Wenn man also sowieso im Vorfeld plant, eine Demo zu beenden, dann braucht es auch keine Auflagen, klingt logisch. Und ist ein Tritt in die Eier der Demokratie.

Es ist nicht übertrieben, wenn man feststellt, dass in Hamburg die Demokratie aus den Angeln gehoben wurde. Wenn polizeiliche Gewalt die Ursache für weitere Ausschreitungen ist, wenn die absurde Annahme, Angriff sei die beste Verteidigung, seit Tagen Praxis ist, wenn bis zur Unkenntlichkeit vermummte Polizisten auf das Vermummungsverbot pochen und massiv gegen jeden vorgehen, der gerade im Weg steht, dann lässt sich das sachlich nicht mehr begründen. Und dann lässt sich das eben nicht als demokratisches Verhalten einordnen.

Ich hatte damit gerechnet, dass es zu Ausschreitungen kommen würde. Und ich hatte befürchtet, dass sie in Kauf genommen werden, um drastische Polizeipräsenz einerseits und womöglich in der Folge militärische Einsätze im Inland zu rechtfertigen. Dass jedoch die Eskalation von vornherein von staatlicher Seite aus initiiert wird, damit hatte ich nicht gerechnet. Und die Woche dauert noch ein paar Tage. Da kann – und wird – noch einiges passieren. Von wem dann die Eskalation ausgeht, spielt schon fast keine Rolle mehr. Denn dafür, dass die Luft brennt und es mächtig brodelt, trägt die Polizei die Verantwortung, und somit zu großen Teilen auch an dem, was uns jetzt noch erwartet.

Nachtrag: Die Bilder, die vermummte Demonstranten zeigen, wie sie wahllos Autos in Brand setzen, machen trotz des bisherigen Verlaufes und trotz der bewussten Eskalation seitens der Polizei fassungslos.  [InfoBox]

Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Autor, Sprecher, Radiomoderator und Podcaster. Er führte unter anderem für den »wohlstandsneurotiker«, dem Podcast der neulandrebellen, Interviews mit Daniele Ganser, Lisa Fitz, Ulrike Guérot, Gunnar Kaiser, Dirk Pohlmann, Jens Berger, Christoph Sieber, Norbert Häring, Norbert Blüm, Paul Schreyer, Alexander Unzicker und vielen anderen. Zusätzlich veröffentlicht er Texte auf verschiedenen Plattformen und ist für unsere Podcasts der »Technik-Nerd«.

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