Bei Lichte betrachtet hätte die Schuldenbremse nicht ins Grundgesetz, sondern wegen ihrer religiösen Anmutung in die Bibel geschrieben werden müssen. Die Rubrik der „10 Gebote“ wäre aber unpassend gewesen. Eher hätte sie zu den „sieben Todsünden“ gepasst.
Dreiviertel der Deutschen hält die Schuldenbremse für sinnvoll. Der deutsche Finanzminister betet sicher jeden Abend für sie seinen neoliberalen Gott an und die Stimmen, die sich kritisch der Schuldenbremse gegenüber äußern, sind nicht weit entfernt vom Image der Querdenker und Schwurbler. Doch das schon pathologisch wirkende Festhalten am Schuldenverbot ist hochgradig zerstörerisch.
Wo bleibt die Dummheitsbremse?
Deutschlands Wirtschaft geht am Stock, und selbst der zeigt Risse und ist brüchig. Doch die Bundesregierung schafft immer neue Mittel und Wege, um das Desaster noch eine Spur schlimmer zu machen.
Da sind zunächst einmal die Sanktionen gegen Russland zu nennen. Als Außenministerin Baerbock (die Grünen) davon sprach, Russland ruinieren zu wollen, hatte sie womöglich mal wieder einen verbal-intellektuellen Aussetzer und meinte Deutschland, nicht Russland. Einmal abgesehen davon, dass Baerbocks Ansatz ohnehin dem infantilen Wunsch einer Hüpfsportlerin entsprach, ging er auch noch komplett nach hinten los. Die Weigerung, billiges russisches Gas zu kaufen, hat die deutsche Wirtschaft in eine gefährliche Schieflage gebracht. Die wird nicht besser dadurch, dass über teure Umwege eben doch russisches Gas nach Deutschland kommt.
Eine Wirtschaft wie die deutsche künftig durch das Pusten in Pfützen (Wind- und Wasserkraft) und den Blick ins Licht (Sonnenenergie) am Laufen halten zu wollen, zeugt von Inkompetenz und Realitätsferne, sicher auch von Skrupellosigkeit.
Die steigenden Energiepreise werden ergänzt durch gestiegene Zinsen, beides in Kombination ist eine wirksame Giftpille, um Wachstum, Wohlstand und Standortstärken in die Tonne zu treten. Die Folge: Es wird gespart, bis der Arzt kommt, zumindest, wenn er die Zeit dazu findet und das Quartal noch recht jung ist, sodass er seine Behandlung sogar abrechnen könnte. Sahra Wagenknecht sagte es ja bereits vor einiger Zeit, doch man muss es wiederholen: Wir haben die dümmste Regierung in Europa, vermutlich die dümmste seit Bestehen der Bundesrepublik oder gar seit der Kreuzigung eines Mannes, der heute sicherlich einer Bande woker Wahnsinniger zum Opfer fallen würde.
Wer gibt Geld aus?
Derzeit offenbar fast niemand, alle haben Angst oder leere Portemonnaies oder beides. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts macht die Sache natürlich auch nicht leichter. Und während kurz nach deren Verkündigung bei Teilen der Bevölkerung noch eine gewisse Häme zum Vorschein kam, wird nun immer klarer, dass der Spott zu früh ausgeschüttet wurde. Denn die Verfassungsfeinde in Berlin haben nun den Taschenrechner rausgeholt und hoffen, das eine oder andere Loch (oder besser: den einen oder anderen Krater) über Einsparungen im sozialen Bereich stopfen zu können.
Allerdings hatten wir schon vorher ein massives Problem mit dem Binnenmarkt. Während Deutschland noch den Titel des Exportweltmeisters trug, konnten Politik und Unternehmen dieses jedoch elegant ignorieren, es kam ja genügend Geld vom Ausland rein. Da inzwischen aber vornehmlich Unternehmen sich selbst exportieren, weil Deutschland zu teuer geworden ist, bleiben den Hiergebliebenen zahlreiche Kunden am unteren Limit, die sich zweimal überlegen, ob sie in den Konsum investieren oder lieber nicht. Die Antwort auf diese Frage dürfte noch eindeutiger ausfallen, wenn nun auch noch im sozialen Bereich gespart wird. Der Binnenmarkt ist also auf der nächsten Stufe dessen, was man als Verödung durch Verblödung bezeichnen könnte, angekommen.
Die Not der Notlage
Laut des biblischen Grundgesetzes können staatliche Schulden nur noch in sehr übersichtlichem Maßstab gemacht werden, es sind 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Das sind ca. 13,5 Milliarden Euro. Wenn mehr Geld aufgenommen werden soll, muss eine Notlage ausgerufen werden. Klingt einfach, ist es aber nicht.
Denn was genau soll das eigentlich sein, eine Notlage? Corona? Der Ukraine-Krieg? Ein inkompetenter Wirtschaftsminister oder ein hilfloser Bundeskanzler? Antisemitismus? Kopfschmerzen? Ohne Frage zeichnet sich Deutschlands größte Notlage dadurch aus, von der jetzigen Bundesregierung gequält zu werden. Doch kein Verfassungsrichter wird dies akzeptieren, um neue Schulden aufzunehmen.
Eindeutig befindet sich die Wirtschaft in einer Notlage, aber ist das auch eine, die das Aufnehmen neuer Schulden rechtfertigen kann? Schließlich wurde diese Situation politisch herbeigeführt. Dennoch ist die Aussicht auf den Weg in eine Rezession von großer Tragweite, die dazu führen kann, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland sich in eine Ruine verwandelt, auf deren Baracken arme Bürger krabbeln, um die Reste ihres Wohlstands zu suchen, faktisch eine Notlage, und zwar eine sehr ernste.
Weg mit der Schuldenbremse!
Wissen Sie, warum Christian Lindner (FDP) an der Schuldenbremse festhält? Er wird Ihnen etwas von nachfolgenden Generationen erzählen, die die Schulden von heute bezahlen müssen. Das stimmt, aber nicht in Euro und Cents, sondern in Form maroder Infrastruktur, zusammenbrechender Schulen und dem Abschmieren der Daseinsvorsorge. Wenn wir in Zukunft lauter Dummköpfe von kaputten Brücken stürzen sehen wollen, können wir die Praxis mit der Schuldenbremse so weiterführen. Wenn nicht, sollte sie dringend weg.
Das kostet auch weniger als uns täglich eingetrichtert wird, zumindest wenn die Europäische Zentralbank (EZB) mal vom wahnsinnig gewordenen Pferd der hohen Zinsen absteigt. Wir hatten ja sogar eine Nullzinsphase, in der man hätte investieren können wie verrückt. Allein die Instandhaltung oder -setzung maroder Brücken hätte dem Arbeitsmarkt gutgetan, Unternehmensgewinne generiert und daraus folgend zu Steuereinnahmen geführt.
Das Brücken-Beispiel lässt sich auf zahlreiche andere Bereiche übertragen, etwa den Wohnungsbau oder auch den Umwelt- und den Klimaschutz. Unterm Strich führen Investitionen durch Schulden also zu Mehreinnahmen, steigenden Unternehmensgewinnen und Wohlstandssteigerung.
Und überhaupt: Was hat die Schuldenbremse im Grundgesetz zu suchen?
Die Idee, per Grundgesetz Schulden zu verbieten oder zu begrenzen, ist an Absurdität kaum zu überbieten. Um sich das bewusst zu machen, reicht ein Blick ins „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ (BAMF):
Das Grundgesetz ist die Verfassung von Deutschland. Dort stehen die Grundrechte für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Das Grundgesetz regelt die wichtigsten Rechte und Pflichten von Bürgerinnen und Bürgern. Zum Beispiel: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Was zum Teufel hat also die Schuldenbremse im Grundgesetz zu suchen? Ist sie ein Grundrecht für die Bürger? Sind alle Schulden vor dem Gesetz gleich? Was für ein Unsinn!
Die Tatsache, dass den Menschen die Schuldenbremse als Segen verkauft wird, der die folgenden Generationen schützt, ist schon dumm genug. In einer Phase, in der fast alle sparen, in diesen Chor mit einzustimmen, ist Doppel Wumms-dumm, denn wenn alle sparen, rutscht man in die Krise.
Doch das Schlimmste an dieser ganzen Debatte ist die Inkompetenz der Bundesregierung, die zu einem Debakel für Deutschland führt und fast nebenbei den Euroraum spaltet. Denn die Freude am besinnungslosen Sparen wird in den wenigsten Ländern geteilt. Zumal ein Blick in die USA zeigt, dass massives Investieren auch massive Auswirkungen positiver Art hat. Die Amerikaner können sich zusätzlich darüber freuen, dass Deutschland seine Abhängigkeit zu den USA auf geradezu suizidale Art und Weise gesteigert hat, nachdem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Nord Stream-Pipelines unter US-amerikanischer Regie in die unterirdische Luftlosigkeit gejagt wurden.
Vermutlich würde selbst die vielzitierte schwäbische Hausfrau unter den derzeitigen Bedingungen sagen: Schluss mit der Schuldenbremse!