»Des Kaisers neue Kleider« war eine märchenhafte Skizze der Faktenresistenz der Macht — die Bundesregierung läuft seit Monaten nackt durchs Land und tut so, als hätte sie was an.
Die Hüllen sind gefallen. Wie in Hans Christian Andersens Märchen »Des Kaisers neue Kleider« steht heute die Macht — ob nun bei Corona oder im Ukrainekrieg — nackt vor den Menschen, verhält sich aber so, als sei sie noch in Kleider gehüllt. Die Menschen können mit dem Finger auf diesen Umstand zeigen, darüber spotten — es dominieren die Mitläufer und Hofschranzen in den Medien, die die Macht vor diesem Eingeständnis abschirmen. Der Weg der Macht-Agenden kann somit weiterhin unbeirrt beschritten werden, ihre Unantastbarkeit bleibt trotz der Entblößung bestehen.
An einem der letzten Sonntage fühlte ich mich nicht richtig wohl. Also beschloss ich, den Tag auf dem Sofa zu verbringen. Beim Zappen durch das Fernsehprogramm, landete ich gleich zu Beginn bei der ARD: Dort gaben sie »Des Kaisers neue Kleider«. Vor etwa zehn Jahren haben die Öffentlich-Rechtlichen allerlei Märchen neu aufgelegt: ganz so, wie es sich für Sender gehört, die ihre Rezipienten als zu betreuende Kinderlein betrachten.