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Ist beim Ukraine-Konflikt alles, wie es scheint?

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Vorbemerkung:

In einem Moment der Schwäche habe ich dieses Video vom Netz genommen. Der Grund dafür waren weder inhaltliche Bedenken noch die Befürchtung, nicht in allen Punkten der hier geschilderten Ansichten richtig gelegen zu haben (mit beidem kann ich leben), sondern die Tatsache, dass es immer schwerer wird, Meinungen zu vertreten, die von der allgemeinen Erzählung abweichen.

In besagtem schwachen Moment erschien mir der daraus entstehende Druck zu groß für mich, ich fühlte mich dem nicht (mehr) gewachsen. Überwunden habe ich diesen Druck nicht, aber ich bin zum Schluss gekommen, dass es möglich sein muss, auch andere Perspektiven zuzulassen und andere Interpretationen in den Raum zu stellen und zu diskutieren.

Seit dem Ausbruch der Corona-Krise erleben wir eine kollektive Diffamierung abweichender Meinungen, die für mein Empfinden nicht einmal entfernt etwas mit Demokratie und der freien Meinungsäußerung zu tun hat. Die Berichterstattung zur Ukraine-Krise schließt nahtlos an diese Diffamierungskampagnen an. Jeder auch nur leise Versuch, über die breitflächig formulierten Annahmen hinauszugehen und Aspekte anzusprechen, die für die gesamte Betrachtung hilfreich sein können, um einen Hauch von Verständnis, zumindest aber den Versuch nach kooperativen Lösungen zu erwirken, wird aggressiv und erbarmungslos im Keim erstickt.

Dieser Zustand ist unerträglich!

Es geht mir nicht darum, recht zu behalten oder die finalen Argumente zu liefern, die nur die durch mich vertretene Einschätzung als zulässig erscheinen lassen. Wäre dem so, würde ich agieren wie die, denen ich zum Vorwurf mache, den Meinungskorridor zu einem dünnen Strich verkommen zu lassen. Im Gegenteil, ich möchte offen zeigen, dass meine Meinung nicht der Weisheit letzter Schluss ist, dass ich mich irren kann, ebenso wie ich richtige Ansätze verfolge.

Es ist dieses Entweder-Oder, an dem der Diskurs krankt. Was ich mir wünsche, ist, Fehler zu machen, Gedankenexperimente zu wagen und Erklärungen in Betracht zu ziehen, die zumindest eine Rolle bei der Bewertung der Lage spielen könnten oder sollten.

Nicht alles, was in diesem Video gesagt wird, stimmt heute noch. Anderes bleibt als Teil der historischen Zusammenhänge bedeutsam. Der Anspruch, auf ganzer Linie richtig zu liegen, geht also mit dem Inhalt des Videos nicht einher. Aber der Anspruch, Aspekte nicht einfach vollständig auszublenden, weil sie nicht in die aktuelle Erzählung passen.

Ich stelle das Video also jetzt wieder online. Die Gefahr, damit auf massive Kritik zu stoßen, nehme ich in Kauf. Mehr noch: Kritik ist erwünscht, wenn sie auf einer Basis stattfindet, die nicht auf Ausgrenzung, Verletzung und Diffamierung beruht, sondern zum Ziel hat, den eigenen Blick – auf der einen wie auf der anderen Seite – zu erweitern.

An dieser Stelle möchte ich nochmals meinen herzlichen Dank an meinen Gesprächspartner Gert Ewen Ungar aussprechen, ohne den das Video in dieser Form nicht möglich gewesen wäre.

***

Glaubt man unserer Berichterstattung und den Einlassungen der meisten Politiker, ist der Fall beim Ukraine-Konflikt klar: Putin hat ein freies Land angegriffen, somit einen Völkerrechtsbruch begangen und muss dafür bestraft werden.

Gemeinsam mit Gert Ewen Ungar habe ich versucht, eine andere Perspektive auf den Konflikt einzunehmen und so eine Einordnung vorzunehmen, die sich von der täglich vernommenen unterscheidet.

Audioversion:

Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Autor, Sprecher, Radiomoderator und Podcaster. Er führte unter anderem für den »wohlstandsneurotiker«, dem Podcast der neulandrebellen, Interviews mit Daniele Ganser, Lisa Fitz, Ulrike Guérot, Gunnar Kaiser, Dirk Pohlmann, Jens Berger, Christoph Sieber, Norbert Häring, Norbert Blüm, Paul Schreyer, Alexander Unzicker und vielen anderen. Zusätzlich veröffentlicht er Texte auf verschiedenen Plattformen und ist für unsere Podcasts der »Technik-Nerd«.

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