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Auf ein kriegerisches, neues Jahr!

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Es war der 20. Dezember 2019, kurz vor Weihnachten also, als Ulrich Ladurner in der „Zeit“ einen Kommentar mit dem Titel „Manchmal muss man Krieg führen“ ins Netz rotzte. Neu ist es ja nicht, dass unsere Edelfedern, die sich mit der Nähe zur Macht brüsten, kriegshetzerisch schreiben.

Aber Ladurner hat noch eine Schippe draufgelegt und gleich noch vermeintlich „gute“ Gründe fürs Krieg führen formuliert. Diese Gründe sind nicht nur ungeheuerlich, sie sind auch selbstentlarvend.

Er hat ja nichts gegen Krieg, aber …

… Ladurner ist der Meinung, dass es falsch ist, wenn diesen nur andere führen. In Syrien beispielsweise hätten wir Europäer faktisch überhaupt keinen Einfluss mehr. Stattdessen hat so eine Figur wie Baschar al-Assad in Syrien das Sagen. Was natürlich eine Frechheit ist, denn wo kämen wir hin, wenn in allen möglichen Ländern plötzlich die gewählten Vertreter des Volkes etwas zu melden hätten!

Trotzdem ist Ladurner im Grunde ein richtig Netter:

Die EU will nicht sein wie die anderen großen Mächte. Dafür hat sie gute Gründe. Ihre eigene von Kriegen gezeichnete Geschichte hat sie in ihrem Verständnis nach zu dem gemacht, was sie ist: eine alles in allem freundliche Macht, die anderen zwar drohen kann, mit Gesetzen, Zöllen und Vorschriften, aber niemals mit Soldaten, Panzern und Flugzeugen. Zum Glück ist das so. Aber kann es so bleiben?

Kann es natürlich nicht, versteht sich. Immerhin müssen wir Europäer doch den Frieden sicherstellen, überall auf der Welt, oder?
Nein, ganz so ist es auch wieder nicht. Denn was den Kommentator antreibt, ist nicht der Wunsch nach Frieden.

Unsere Interessen sind Krieg

Ladurner bezieht sich wohlweislich auf Emmanuel Macron, wenn er kommentiert:

Die EU müsse über militärische Mittel verfügen, um ihre Interessen durchsetzen können. Das sei eine Frage der Souveränität und am Ende auch eine Frage der Freiheit. Tatsächlich ist in der vergangenen Zeit auf europäischer Ebene einiges geschehen. Die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Armeen ist verbessert worden, die EU-Kommission hat einen Fond eingerichtet, der den Aufbau einer europäischen Rüstungsindustrie begünstigen soll. Es herrscht alles in allem ein Konsens darüber, dass Europa verteidigungsfähiger werden muss.

Von Frieden ist da schon nicht mehr die Rede, sondern einfach nur ganz unverblümt vom Durchsetzen der EU-Interessen. Zudem sei es ein gutes Zeichen, wenn der Aufbau einer europäischen Rüstungsindustrie begünstigt werde. Europa, so der krönende, nun doch wieder etwas blumige Abschluss dieser Passage, müsse verteidigungsfähiger werden.

Nur: Wer genau bedroht Europa militärisch? Wer steht in den Startlöchern, um uns anzugreifen, zu Land, zu Wasser und aus der Luft? Die Russen, die Syrer oder gar Libyen? Wohl kaum.

Angriff ist die beste Verteidigung

Letztlich weiß wohl auch der „Zeit“-Autor nicht genau, wer uns anzugreifen vermag, zumindest nennt er keine Macht, die uns gefährlich werden könnte. Und ein kriegerisches Europa wünscht er sich auch nicht, zumindest nicht so richtig:

Das ist hier kein Plädoyer für einen (vom „Zeit“-Autor 1:1 übernommen) kriegerisches Europa, es ist auch kein grundsätzliches Plädoyer für Interventionen in anderen Ländern. Es geht um einen Sinn für die Wirklichkeit. Diese mahnt die Europäer zu militärischer Entschlossenheit, gleichzeitig aber zur Vorsicht. Es ist ja nicht so, dass Europa sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht an Kriegen beteiligt hätte. Aber jeder Krieg ist anders und bringt andere Ergebnisse hervor.

Das ist so hohl wie inhaltsleer, denn was mag Ladurner meinen, wenn er von militärischer Entschlossenheit auf der einen und Vorsicht auf der anderen Seite spricht? Kriegstote – ja, aber nur wenn sie nicht lange leiden müssen?
Und ist die Tatsache, dass Europa schon seit Jahren an Kriegen beteiligt ist, ein guter Grund, um damit weiterzumachen oder gar die Aktivitäten auszubauen?

Ladurner fragt nicht nach dem Sinn von Kriegen, nicht nach den damit verbundenen Interessen (und schon gar nicht, nach wessen Interessen!) und dem menschlichen Leid, das aus Kriegen hervorgeht.
Er kümmert sich nur um „europäische Interessen“ und sorgt sich darum, dass diese ohne militärische Einsätze womöglich nicht durchgesetzt werden könnten. Immerhin, die Überschrift seines Kommentars wird nun erklärbarer, zumindest, wenn man ihn mit einem kleinen Zusatz ergänzt : „Manchmal muss man Krieg führen … um zu bekommen, was man haben will.“

Der Text dieses Mannes – der ja leider in der Tendenz keine Ausnahme ist – ist einfach nur widerwärtig, die Grundhaltung, die sich dahinter verbirgt, könnte hetzerischer und kälter kaum sein.

Aber wen mag das wundern? Auf der Profilseite von Ulrich Ladurner findet man die Frage, welchem Thema der Autor am meisten Zeit widmet. Die Antwort lautet: Krieg.

Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrock
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Autor, Sprecher, Radiomoderator und Podcaster. Er führte unter anderem für den »wohlstandsneurotiker«, dem Podcast der neulandrebellen, Interviews mit Daniele Ganser, Lisa Fitz, Ulrike Guérot, Gunnar Kaiser, Dirk Pohlmann, Jens Berger, Christoph Sieber, Norbert Häring, Norbert Blüm, Paul Schreyer, Alexander Unzicker und vielen anderen. Zusätzlich veröffentlicht er Texte auf verschiedenen Plattformen und ist für unsere Podcasts der »Technik-Nerd«.

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