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Amazon und Co.: Boykottierte Mündigkeit

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Amazon und andere »nicht ganz saubere« Konzerne boykottieren? Bringt das was? Muss man solche Unternehmen moralisch an die Kandare nehmen? Amazon und Co. erlauben sich nur, was ihnen erlaubt wird. Boykotte führen ins Leere.

Karl Lauterbach empfiehlt den Boykott. Weil Bentley glaubt, Luxuswagen hätten auch in der Zukunft (und das trotz Klimawandel) gute Chancen, das städtische Straßenbild zu prägen, legte er den Verbrauchern via Twitter neulich nahe, Bentley zu boykottieren. Das hat gesessen, denn mit ziemlicher Sicherheit hat kaum einer seiner Follower seither einen Schlitten bei der Nobelmarke bestellt. Auch ich habe meine Kaufentscheidung überdacht, fahre auch weiterhin lieber mit dem öffentlichen Nahverkehr und kaufe mir dann doch keinen Flying Spur. Lauterbach beweist somit: Boykottaufrufe funktionieren.

Nun ja, das tun sie bloß, wenn man einem finanziell nicht grenzenlos potenten Publikum vom Kauf eines Produktes abrät, welches sich dieses ohnehin nicht leisten kann. Ansonsten scheint der Boykottaufruf ein Akt der Hilflosigkeit zu sein, der resignative Aufschrei einer Kundschaft, die sich sonst nicht zu helfen weiß und auch keinerlei Hilfe seitens der Politik erwarten kann. Überdies verlagern solche Aufrufe die Verantwortlichkeit, denn nicht das kollektive Bewusstsein »des Kunden« ist das zentrale Entscheidungsgremium: Die Steuer- und Wirtschaftspolitik ist eigentlich verantwortlich.

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Roberto J. De Lapuente
Roberto J. De Lapuente
Roberto J. De Lapuente ist irgendwo Arbeitnehmer und zudem freier Publizist. Er betrieb von 2008 bis 2016 den Blog ad sinistram. Seinen ND-Blog Der Heppenheimer Hiob gab es von Mitte 2013 bis Ende 2020. Sein Buch »Rechts gewinnt, weil links versagt« erschien im Februar 2017 im Westend Verlag. In den Jahren zuvor verwirklichte er zwei kleinere Buchprojekte (»Unzugehörig« und »Auf die faule Haut«) beim Renneritz Verlag.

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