Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat ein ungutes Gefühl. Das hängt mit der Beschäftigung von Paketzustellern zusammen, die er meint, retten zu müssen. Es gehe um nicht weniger als um „Recht und Ordnung“, so der Heil, Hubertus.
Als Retter hat sich Heil bislang aber eher nicht präsentiert. Eher als Netter. Kerl. Ohne Wirkung und Durchschlagskraft.
Wie sieht es eigentlich mit der Respekt-Rente aus? Kommt sie? Kommt sie abgeschwächt? Wird sie komplett neu ausgedacht? Oder verschwindet sie still und leise in der Versenkung bzw. im Koalitionsvertrag?
Man muss Letzteres befürchten. Gibt man auf Google „Respekt-Rente“ ein, kommen die aktuellsten Ergebnisse aus dem Februar, hier und da ist auch mal ein kleiner Text im April dabei. Und über allem prangt eine Anzeige der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ mit dem Titel „Hat mit Respekt nichts zu tun“.
Aber gut, vielleicht wird ja auch wild in Hinterzimmern verhandelt, und dann ist sie plötzlich da, die Respekt-Rente. In voller Pracht und darauf bedacht, keinen Rentner mehr hungern zu lassen. Warten wir mal ab, wir sind ja noch jung, mehr oder weniger.
Außerdem müssen im Moment die Paketzusteller gerettet werden. Denn denen geht es schlecht, das hat der Heil, Hubertus, erkannt. Also ran an den Feind und Maßnahmen beschließen, pardon: vorschlagen. Das macht die SPD ja seit Jahrzehnten: vorschlagen. Sie fordert oder beschließt schon lange nichts mehr (wie auch, sie hinkt ja immer in großen Koalitionen der großen CDU hinterher), außer vielleicht irgendwann mal die neue Farbe im Hintergrund, mit der sie, teils mäßig gesungen, teils rührselig gehaucht, auf kunterbunten Stimmenfang gehen will.
Aber ich schweife ab, die Paketzusteller, um die ging es ja.
Heil möchte gerne die großen Paketdienste verpflichten, Sozialabgaben nachzuzahlen, wenn die nicht dafür sorgen, dass die von ihnen beauftragten Subunternehmen den Mindestlohn einhalten. Heil nennt das großspurig „Recht und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt“.
Nun. Für das Recht und für die Ordnung ist das eine schlechte Botschaft. Denn die dürften höhere Ansprüche an das haben, was sie ausmachen sollte.
Es beginnt beim Mindestlohn. Selbst wenn der eingehalten werden würde, bleiben die Paketzusteller (und alle anderen, die von den paar Kröten auskommen müssen) an der Armutsschwelle, die sie – je nach Definition des Begriffs Armut – spätestens im Rentenalter überschreiten.
An dieser Stelle könnte man übrigens auch fragen: Wie sieht es eigentlich mit dem von Olaf Scholz (SPD) geforderten, pardon: vorgeschlagenen Mindestlohn von 12 Euro aus? Aber lassen wir das, ich will nicht schon wieder abschweifen.
Und dann ist da ja noch der Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der von Heils Träumereien so gar nichts hält. Der sagte mit Inbrunst:
Den Auftraggeber haftbar zu machen, der selbst keine Möglichkeit hat, diese Dinge bei Subunternehmern zu kontrollieren, halte ich für einen bürokratischen und falschen Weg.
Das muss man kurz sacken lassen, um dann zum Schluss zu kommen: Altmaier beklagt die Unmöglichkeit, einem System beizukommen und schlägt daher vor, es gleich sein zu lassen.
Alle Achtung, Peterle!
Aber zurück zu Heil, Hubertus. Dem ist, so sagte er, durchaus klar, dass in der Branche der Paketdienste schlecht bezahlt werde (was impliziert, dass er das im Grunde zwar nicht schön, aber auch nicht so wild findet). Aber wenn jetzt auch noch (wann beginnt „Jetzt“ eigentlich genau?) der „soziale Schutz ausgehebelt“ werde, dann sei mal langsam Ende im Gelände, da rappelt‘s im Karton.
Gut so, könnte man sagen. Immerhin wird der Paketbranche zu Recht nachgesagt, dass dort mafiöse Strukturen herrschen. Und das Gehalt der Kartonschlepper ist zwischen 2007 und 2017 um durchschnittlich 13 Prozent zurückgegangen.
Allerdings vergeht die kurze Freude schnell wieder, wenn man liest, was Katja Mast (SPD), stellvertretende Fraktionschefin sagt:
Wir müssen und wir werden noch genauer hinschauen.
Das klingt in der Tat nicht unbedingt so, als könnten sich die Zusteller in nächster Zeit auf bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlung einstellen. Eher darauf, dass es noch eine Weile dauert, bis es ihnen wirklich besser geht. Zum Beispiel, wenn die Paketzustellung komplett von Drohnen übernommen worden ist (und auch dann gibt es keine Garantie auf Besserung).
Aber die SPD hat, wie immer, noch ein weiteres Problem, und das ist nicht zu unterschätzen: der Koalitionspartner. Genauer: Peter Altmaier. Denn der sorgt sich noch um etwas ganz anderes, nämlich um die Wirtschaft (wer genau diese Schlampe auch sein mag).
Altmaier schoss in Richtung Hubertus Heil:
Es ist jetzt nicht die Zeit für neue Belastungen der Wirtschaft.
Damit hat Altmaier alles gesagt. Und Heil nichts erreicht. Einmal mehr.