von Markus M.
Ein zentraler Punkt beim Kapitalismus ist die optimierte Verwendung von Mensch und Maschine. Nutzt man beides bestmöglich, sollte der Profit ansteigen.
Fraport macht das im Großen und Ganzen richtig.
Die Passagierzahlen steigen seit Jahren an. Lagen sie 2016 noch bei 60 Millionen und 2017 bei 64 Millionen, könnte es Ende 2018 auf 68 Millionen abgefertigter Fluggäste hinauslaufen. Das kommt dem Kurs der Aktie zugute. Nachdem die Fraport jahrelang in einem Bereich von 45 bis 60 Euro je Anteilsschein feststeckte, erhöhte sich der Kurs die letzten zwei Jahre. Er steht zur Zeit bei knapp 80 Euro.
Wie aber sieht die optimierte Verwendung von Arbeitskraft im kleinen und gemeinen aus?
Ich lief vor ein paar Tagen abends durch die Halle A, als mir ein Mann auffiel. Er stand einfach in der Mitte der Halle und machte überhaupt nichts. Vor seiner Brust trug er einen mit Haltegurten befestigten Monitor. Auf dem Display lief stumm das Spiel der deutschen Mannschaft.
„Hey, was machst du da?“ fragte ich.
“Das ist eine Serviceleistung der Fraport AG. Wir zeigen alle Spiele der Fußball-WM.”
“Äh. Okay. Du vergibst keine Informationen oder so?”
“Nein. Ich stehe hier nur.”
“Warum hat man den Monitor nicht einfach irgendwo montiert?”
“Weiß ich nicht.”
“Bist du der einzige, der das macht?”
“Nein, es gibt über ein Dutzend von uns im Terminal 1 und 2.”
Eine zeit lang verfolgte ich das Spiel. „Kannst du auch den Ton anmachen?“
“Nein. Die sind alle auf stumm geschaltet. Wir können nichts verändern. Der Einsatzleiter drückt bei der Geräteausgabe den Ein-Knopf. Sonst wird da nichts verstellt.”
Inzwischen hatte ihn auch eine Gruppe junger Asiatinnen und ein älteres deutsches Ehepaar entdeckt. Die Asiatinnen giggelten aufgeregt. Dann zückten sie ihre Smartphones und fotografierten ungehemmt die Service-Kraft.
„Was ist mit der DSGVO?“ fragte ich.
„Was ist mit was?“ hakte er nach.
“Dem Datenschutzding.”
“Ach, so. Das macht mir nichts aus.”
Anscheinend machte es der deutschen Frau was aus. Sie hatte auch ihr Smartphone gezückt, traute sich aber nicht den Fernsehmann abzulichten. Inzwischen waren die Asiatinnen dazu übergegangen diesen drolligen Deutschen in sozialen Netzwerken in Fernost zu posten. Ihr Ehemann verlor die Geduld. Während er ihr irgendwas eintrichterte, deutete er immer wieder abwechselnd von dem Mann zu den Asiatinnen auf ihr Smartphone. Sie gab ihre Bedenken auf und machte ebenfalls ein Bild.
„Gefällt dir der Job?“ erkundigte ich mich.
“Ja, klar. Ich muss überhaupt nichts machen und bekomme Geld dafür. Den Passagieren gefällt es auch.“ Kurz überlegte er. „Nur tut mir der Rücken vom vielen Stehen weh.”
Schließlich verabschiedete ich mich von ihm und wollte gehen.
„Hey, warte mal!“ rief er mir nach.
“Was ist?”
„Wie steht’s denn?“ Er sah auf seinen Monitor runter.
“Du kannst nichts erkennen?”
“Nein, der Winkel ist zu schlecht. Wir sehen gar nichts.”
“Sei froh.”
Markus M. ist Ende 40 und muss mehr arbeiten als ihm gut tut. Nach Meinung der Frauen in seinem Leben hat er aber mehr Freizeit als ihm gut tut.
Es geht in der-5-minuten-blog.de hauptsächlich um langfristige Trends. Bei der Reihe WER STEIGT SCHNELLER? lässt er alles mögliche gegen die Inflationsrate antreten. SPIEGEL COVER geht der Frage nach, wie sich das Thema der aktuellen Ausgabe des SPIEGEL seit 1970 entwickelt hat. Markus arbeitet zudem in der Rubrik NISCHENGENRES daran alle Filme mit ZEITSCHLEIFEN zu kategorisieren. [InfoBox]