Ein neues Wort macht die Runde: Trusted Flagger sollen im Internet für Ordnung sorgen. Doch das moderne Denunziantentum ist nichts anderes als die Verwischung des Rechts.
In ihrer Sendung am 17. September 2024 hatte Sandra Maischberger den Tagesschau-Sprecher und Buchautor Christian Schreiber zu Besuch. Der stellte sein Buch „Lasst uns offen reden“ vor. Schreiber beklagt in dem Gespräch, dass das Benennen von Fakten bereits zu Feindseligkeiten führen könne. Er selbst hat in einem seiner Bücher islamische Predigten übersetzt und abgedruckt und erfuhr danach viele Anfeindungen, so sagte er bei Maischberger. Islamophob sei er, ein Populist, der Hass und Hetze verbreite.
Was hat nun aber dieses Gespräch bei Maischberger mit Trusted Flaggern zu tun? Der Zusammenhang erschließt sich, wenn man sich eine konkrete Frage der Moderatorin anschaut:
„Wo ist denn die Grenze? Wir haben hier zum Beispiel gesehen, dieses Lied, das sozusagen mit rechtsradikalen Parolen gesungen wird. Noch Meinung oder schon Hetze?“
Gemeint war das „berühmte“ Lied, das auf Sylt gesungen wurde (L’Amour toujours, gesungen als „Ausländer raus“). An dieser Stelle hätte Schreiber unter Beweis stellen können, wie wichtig ihm das freie Gespräch und die Meinungsfreiheit sind. Doch er antwortete:
„Das ist eine gute Frage, und das ist auch sicherlich in so einem Graubereich etwas, das Gerichte beschäftigen wird und sollte. Genauso wie zum Beispiel auch ‚From the river to the sea‘.“
Und Schreiber fährt fort:
„Ich würde in dem Fall zum Beispiel sagen (auch wenn es problematisch ist, auch im Falle von L’Amour toujours), dadurch, dass wir es in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mehr sehen, heißt es ja nicht, dass es nicht stattfindet.“
Maischberger wollte es genauer wissen und fragte nach:
„Also, wenn jemand sagt ‚Ausländer raus‘, ist das nun Meinung oder ist das Hetze? Soll man das dürfen im öffentlichen Raum oder dafür dann Konsequenzen (erfahren), so wie es dann eben auch passiert ist, dass man tatsächlich selber angegriffen wird, dass man den Job verliert, soll es so weit gehen?“
Und Schreibers Antwort zielte erneut darauf ab, dass etwas nicht verschwinde, wenn man es nicht sagen dürfe. Dennoch ließ er sich von der Moderatorin letztlich dazu hinreißen, zu sagen, dass man „Ausländer raus“ nicht singen dürfe, nicht singen könne und dass es Konsequenzen geben müsse.
Womit wir beim eigentlichen Thema wären.
Meldestelle für irgendwas
Trusted Flagger (den Älteren vielleicht bekannt als Denunzianten) haben einen staatlich erteilten Auftrag. Sie sollen Illegales im Netz melden, dafür werden sie von der Bundesnetzagentur und dem Bundesfamilienministerium bezahlt. Nun, die Denunzianten werden nicht direkt bezahlt, aber die Logistik, die sie nutzen können.
Der Name der Meldestelle lautet „REspect“, pro Jahr werden üppige Summen fällig, angeblich mehrere Hunderttausend Euro. Wirklich neu sind solche Meldestellen nicht, aber diese kommuniziert ganz offen die eigenen geplanten Rechtsbrüche. Denn meldefähig sind nicht nur illegale Inhalte, sondern auch das, was in Deutschland vage als „Hass und Hetze“ bezeichnet wird.
Da der Denunziant traditionsgemäß nicht zu den beliebtesten Figuren einer Gesellschaft gehört und Anglizismen ohnehin das Tagesgeschäft der deutschen Sprache geworden sind, bietet sich der Trusted Flagger an, denn man übersetzt ihn mit „vertrauenswürdiger Hinweisgeber“. Und so kann er losziehen und das Netz nach „illegalen und schädlichen Inhalten“ durchforsten. Vom Staat erhält der Hinweisgeber eine bevorzugte Behandlung, auf X, TikTok oder YouTube müssen seine Meldungen besonders schnell bearbeitet werden, um „problematische Inhalte“ in entsprechendem Tempo entfernen zu können.
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