Immer mehr Menschen scheinen sich mit dem Gedanken auseinanderzusetzen, dieses Land zu verlassen – unter ihnen Töchter und Söhne. Sie empfinden Deutschland mehr und mehr als Falle.
Ich hatte mich mit meiner Tochter zum Abendessen verabredet. Kürzlich hat sie ihre Ausbildung erfolgreich beendet, sie steht jetzt – wie man so sagt – mit beiden Beinen im Berufsleben, hat eine eigene kleine Wohnung. Und sie fürchtet sich vor dem, was kommt. »Wenn du die Chance hast«, sagte ich ihr, vermutlich recht unvermittelt, »dann nutze deine Jugend und geh ins Ausland. Das hier, das wird nichts mehr.« Sie starrte mich an. »Und du?«, fragte sie. »Ich bin zu alt, ich bleibe hier«, antwortete ich.
Es trat Stille ein. Dieser kurze Wortwechsel ergriff mich. Waren das wir, saßen wir hier wirklich – oder war das nur ein Dialog aus einem Film? Solche Gespräche kenne ich eigentlich von der Leinwand, aus Streifen, die die kleinen Leute zeigen, wie sie gefangen in einem despotischen System versuchen, sich zu entwinden. Und nun sitzen wir da und führen exakt so ein Gespräch. Wo sind wir nur gelandet?