Und da war es wieder: Das Gerücht, wonach eine linke Zeit angebrochen sei. Diesmal von Nikolaus Blome geäußert. Links-Grün würde nun an der Malocher-Ehre kratzen, behauptete er neulich. Links-Grün? Nichts könnte so falsch sein als die Einschätzung, dieses Land befände sich in einem wie auch immer gearteten Linksruck.
Wie ein Löwe hat Nikolaus Blome in den letzten Jahren, ja Jahrzehnten muss man fast schon sagen, für die Agenda 2010 gerungen. Jede Kritik an Hartz IV wischte er weg; als sich die Sozialdemokraten nach Schröder dann und wann schüchtern an diese »Jahrhundertreform« herantasteten, war für ihn die Verteidigung dieses monumentalen Sozialabbaus stets reine Ehrensache. Das Sanktionsmoratorium, das die Bundesregierung kürzlich beschlossen hat, um im Rahmen dieser Bestrafungsfreiheit das Bürgergeld auszuarbeiten, entzückte Nikolaus Blome erwartungsgemäß nicht gerade. Denn hier würden »links-grüne Gesellschaftsklempner das alte Malocher-Ethos der deutschen Sozialdemokratie geschichtslos abwickeln«.
Das – und die von Blome kokettierte Tatsache, dass er bei Twitter als »wohlstandsverwahrloster Arsch« tituliert wurde – soll jetzt nicht unser Thema sein. Etwas anderes stößt auf: Schon wieder entblödet sich hier jemand nicht, die aktuelle Bundesregierung als irgendwie links einzustufen. Das kommt derzeit gar nicht so selten vor. Vor einigen Wochen fragte zum Beispiel Jan Fleischhauer, ob man sich denn nicht mehr auf diese Linken verlassen könne? Schließlich sei »die Atomangst doch eine urlinke Erfindung«. Gerät jetzt alles durcheinander?, fragt er in seiner Focus-Kolumne.
Grün: Okay! Aber links?
Gut, im letzteren Fall weiß man ja, wer es gesagt hat: Fleischhauer halt – in reinster Güte. Aber es gibt ja auch andere Zeitgenossen in »kein schöner Land in dieser Zeit«, denen man da mehr zutraut und die trotzdem irgendwie das Gefühl nähren wollen, jetzt habe sich irgendwie ein großer Linksruck vollzogen. Das »Versagen links-grüner Strukturen« schwante es zum Beispiel Mario Thurnes von Tichys Einblick im Fall von Anne Spiegel. Indes fragt sich die Augsburger Allgemeine: »Hat es eine eher linke Regierung aktuell leichter?« Uwe Tellkamp, nun wahrlich kein ganz unintelligenter Kopf, glaubt überhaupt, dass bei der FAZ »viel zu viele Leute [in der Redaktion säßen], die links-grün bevorzugen« – damit zielt er auf die Empfindung etlicher Menschen im Lande an, die sich jetzt vom Linksruck überrumpelt glauben.
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