Der Klassenkampf ist längst Geschichte — so tönte es vor der Covid-19-Pandemie, die jedoch zeigt, dass das Gegenteil der Fall ist.
Nicht wenige waren im März und April begeistert von der Situation. Zuhause bleiben, den Stress rausnehmen: Das hatte was. Der dringend empfohlene Rückzug ins eigene Refugium wurde als Entspannungskur verkauft. Via Cam forcierten nicht wenige Stubenhocker die Erbauung: Es sei doch eigentlich mal ganz schön, die heimische Ruhe zu genießen. Your Home is your Castle. Also bitte seid so gut: Stay at Home. Daheim sei es doch irgendwie immer auch am besten.
Diese sorgenvolle gute Laune kam ganz gern aus der oberen Mittelschicht, aus Eigentumshäusern oder Villen. Aus einem geräumigen Arbeitszimmer heraus verbreitete man per Livestream Durchhalteparolen in den Netzwerken. Dass alle Menschen aber nicht in so einer Geräumigkeit leben, manche mit 25 Quadratmetern auskommen müssen, noch nicht mal einen Balkon haben, unter einer erdrückenden Dachschräge wohnen: Das wurde freilich galant übersehen. Wer denkt, dass die halbe Menschheit fürstlich residiert, kann selbstverständlich leicht Empfehlungen aussprechen.