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Noch’n Buch über Verschwörungstheorie

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Die Gates-Stiftung und Corona: Alles Verschwörungstheorie? Mit dem Urteil ist man ja schnell zur Hand. Neulich fiel mir ein weiteres Buch in eben diese Hand, das so eine Verschwörung thematisiert. Nämlich die Abschaffung von Bargeld.

Nee, nicht schon wieder, oder? Ist mir doch tatsächlich erneut ein Buch in die Hände gefallen, das sich mit einer Verschwörungstheorie befasst. Mit dem Bargeld nämlich – konkreter: Mit der Abschaffung des Bargeldes. Wie? Daran glaubt ihr nicht? Kann ich wirklich gut verstehen, mir ging das bis neulich ganz ähnlich. Dann las ich Norbert Härings »Schönes neues Geld. PayPal, WeChat, Amazon Go. Uns droht eine totalitäre Weltwährung« und ich war überzeugt, dass da eine Verschwörung am Werk ist.

Was manche für eine Verschwörungstheorie halten, zeigt Häring seinen Lesern als Praxis auf. Wäre ja schön, wenn nur theoretisiert würde. Für eine bloße Theorie hat der Volkswirt und Wirtschaftsjournalist letztlich auch viel zu viele Fakten gesammelt, die sich überprüfen lassen. Und das Motiv dahinter ist ja nun auch keine ganz große Geheimakte: Es geht um Inklusion. So nennen die Besser-als-Bargeld-Alliierten das Vorhaben, die Menschheit vom Bargeld zu befreien. Alle sollen in der Bargeldlosigkeit inkludiert sein. Das hätte angeblich nur Vorteile.

Inkludiert und im System erfasst

Denn wenn wir nur noch Buchgeld nutzten, wäre das angeblich ein Beitrag zur Armutsbekämpfung und zur Gleichstellung der Frau – so behaupten die Krieger gegen das Bargeld. Außerdem sei Bargeld ein teurer Spaß, der nicht mehr sein müsste. Die Weltbank erklärt: »Digitale Zahlungen schaffen die Gelegenheit, die Armen in ein System automatischen Sparens oder wiederkehrender Spar-Aufforderunngen einzubinden, was helfen kann, psychologische Barrieren gegen das Sparen zu überwinden.« Aha, so ist das also, die Armen dieser Welt sind nicht arm an Geld, sondern halten sich nur nicht ans Sparen.

So viel Selbstlosigkeit benötigt natürlich einen Euphemismus: Finanzielle Inklusion. Darauf hat sich die Better-Than-Cash-Alliance, die Besser-als-Bargeld-Allianz, geeinigt. Sie möchte die Menschen ins System holen. Was mehr heißt, als das, was man vermutet. Ins System holen: Damit spielt man den Geheimdiensten in die Hände, etabliert man Überwachungsstrukturen. Wer nichts mehr Cash bezahlen kann, kann lückenlos dokumentiert werden. Für Unternehmen sind Profile, die festhalten, wer was und in welcher Menge gekauft hat, geldwerter Vorteil – so können sie Vorlieben ausloten und ihre Werbung personalisieren.

An jenem Tag, da Donald Trump zum Präsidenten der moribunden Weltmacht wurde, verkündete Indien die größten Geldscheine, 500- und 1000-Rupien-Scheine ad hoc abzuschaffen. Das führte zu Panik, die Leute stürmten Banken, um es auf Konten einzuzahlen. Für ein Land, in dem 97 Prozent aller Zahlungen mit Bargeld abgewickelt werden, ein fataler Schritt. Die Demonetarisierung schritt voran, die Regierung von Ministerpräsident Modi erhielt dafür Lob von den Bargeldabschaffern. Dass sie ersatzweise 2000-Rupien-Scheine ausgeben ließ, störte da nicht mehr. Immerhin konnte man auf diesen großen Schein nicht herausgeben.

Indiens Frauen waren nach der Logik der Besser-als-Bargeld-Allianz befreit, endlich waren sie gleichberechtigt. In der Theorie einer Kampagne mag man dergleichen behaupten können – die Realität sah freilich anders aus. Die Frauen haderten mit dem Schritt, jetzt wollten ihre Männer über jenes Geld verfügen, das sie heimlich zur Seite geschafft haben. Dass Indiens Ärmste jetzt zuversichtlicher in die Zukunft blickten, hat man bis heute auch noch nicht gelesen.

Bargeldlos und biometrisch

Nun haben wir die Besser-als-Bargeld-Allianz mehrfach angeschnitten und noch nicht erläutert, wer sich dahinter verbirgt: MasterCard und Visa sind aufgrund ihres Geschäftsmodells natürlich gesetzt. Zu den Gründungsmitgliedern zählt Ebay-Gründer Pierre Omidyar, die Citibank, die Ford-Stiftung und selbstverständlich, wie immer wenn es um Verschwörung geht, Bill und Melinda Gates und ihre Stiftung. Die beiden haben also nicht nur Corona erfunden. Dass wir jetzt kontaktlos bezahlen sollten, in dieser Gates-Pandemie: Ist das Zufall? Ist das gesteuert? Gelegen kommt das Virus in dieser Hinsicht aber sicher.

Nebenher hat das US-Außenministerium seine Finger im Spiel. Es über die Entwicklungsbehörde USAID dabei. Das Sekretariat in New York läuft über den Kapitalentwicklungsfond der Vereinten Nationen (UNCDF). Unilever und H&M mischen ebenso mit wie Coca-Cola. Und natürlich ist auch das Silicon Valley mit von der Partie. Ohne die Siliziumtaler wäre die ganze Nummer eh unvorstellbar. Schließlich stehen die innovativen Geister von der Westküste der USA für die Handhabung, die die bargeldlose Zukunft hat.

Norbert Häring legt dar, wie Biometrie und Bargeldlosigkeit sich bedingen. Zu diesem Zweck verweist er auf die Entwicklung in China. Dort wenden die Bürger, die gleichermaßen Nutzer sind, WeChat an. Eine App, die man als Mischung zwischen Facebook, WhatsApp, Amazon und einem Bezahldienst betrachten könnte – nebenher übernimmt die App Bonitätsprüfungen vor und ist für das mittlerweile überall auf der Welt bekannte Sozialpunktesystem verantwortlich. Zwar glaubt der Autor nicht, dass dieses System auf europäische Staaten mit ihren Anspruch auf Datenschutz übertragbar ist, aber dass Bargeldlosigkeit als reiner Selbstzweck angestrebt wird, hält er auch für falsch. Natürlich sind die Absichten dahinter ganz andere, man möchte den gläsernen Bürger installieren. Über sein Konsumverhalten bekommt man ein Bild von ihm – man erkennt so zum Beispiel, wie gesund oder ungesund er lebt. Krankenkassen könnten daran reges Interesse zeigen.

Wieder mal zeigt sich, dass man nicht zu laut über Verschwörungstheorien lachen sollte. Längst sind solcherlei Theorien Realität – oder auf dem Vormarsch. Sie dem Spott zu überschreiben: Auch das ist eine Stategie, um für zielgerichtete Blindheit zu sorgen und so Kritik zu unterbinden. Man sollte sich das Buch daher kaufen – natürlich gegen Bargeld.

Roberto J. De Lapuente
Roberto J. De Lapuente
Roberto J. De Lapuente ist irgendwo Arbeitnehmer und zudem freier Publizist. Er betrieb von 2008 bis 2016 den Blog ad sinistram. Seinen ND-Blog Der Heppenheimer Hiob gab es von Mitte 2013 bis Ende 2020. Sein Buch »Rechts gewinnt, weil links versagt« erschien im Februar 2017 im Westend Verlag. In den Jahren zuvor verwirklichte er zwei kleinere Buchprojekte (»Unzugehörig« und »Auf die faule Haut«) beim Renneritz Verlag.

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