Eine medial große Runde machte das, was Ralph Brinkhaus (CDU) auf der Klausurtagung der Union in Walsrode zum Besten gab, nicht.
Wissen sollte man es trotzdem, denn er zeigt den Weg auf, den die Politik schon seit Langem geht. Und der ist beschwerlich, zumindest für einen großen Teil der Bevölkerung.
Brinkhaus‘ Prioritäten
Ralph Brinkhaus hat offenbar klare Vorstellungen. Auf ndr info ist nachzulesen:
Nach Ansicht des Vorsitzenden der Unionsfraktion im Bundestag, Brinkhaus, ist die Förderung der Wirtschaft derzeit wichtiger als Sozialpolitik. Auf einer Klausurtagung der CDU Niedersachsen sagte Brinkhaus, Sozialpolitik sei nur unter bestimmten Bedingungen möglich. Dazu zählten wirtschaftlicher Erfolg, ein verlässlicher Rechtsstaat und eine intakte Umwelt. Jetzt müsse man daran denken, das Geld zu erwirtschaften, das man in zehn oder 20 Jahren brauche.
Das sollte man kurz wirken lassen. Denn Brinkhaus teilt die Wirtschaft und das Soziale in zwei Lager auf, die – so muss man annehmen – nichts miteinander zu tun haben. Letztlich sagt er, dass die Wirtschaft (wer oder was das auch immer sein mag) das Geld verdient, das man dann – wenn nichts anderes wichtiger ist – für Sozialleistungen ausgeben kann.
Nachdem man Brinkhaus‘ Aussage erneut hat wirken lassen, muss man den Eindruck gewinnen, dass die Menschen, das die Bevölkerung, mit der Wirtschaft überhaupt nichts zu tun hat. Einmal mehr werden Gräben geschaffen, indem auf Spaltung gesetzt wird, in diesem Fall: auf die Spaltung von Wirtschaft und Menschen. Wobei klar ist, dass die Menschen an zweiter Stelle kommen, die Wirtschaft dagegen definitiv notleidend ist.
Die Bedingungen für Sozialpolitik
Brinkhaus sagt also, dass es vom wirtschaftlichen Erfolg eines Landes abhängt, ob Sozialpolitik möglich ist oder nicht. Ergänzend führt er den verlässlichen Rechtsstaat und eine intakte Umwelt an. Nun könnte man zynisch erwidern, dass zumindest der verlässliche Rechtsstaat und die intakte Umwelt Sozialpolitik bis auf Weiteres unmöglich machen. Denn die Verlässlichkeit des Rechtsstaates krankt an allen Ecken und Enden, was nicht zuletzt auch an zu wenig Stellen liegt. Und die intakte Umwelt? Sprechen wir doch am besten 2030 oder besser 2050 noch mal drüber.
Ist Sozialpolitik also nur ein „Goodie“, wenn es gut läuft?
Wenn wir die Wikipedia bemühen, finden wir unter „Sozialstaat“ folgende Definition:
Ein Sozialstaat ist ein Staat, der in seinem Handeln als Staatsziele soziale Sicherheit und soziale Gerechtigkeit anstrebt, um die Teilhabe aller an den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen zu gewährleisten. Bezeichnend ist auch die konkrete Gesamtheit staatlicher Einrichtungen, Steuerungsmaßnahmen und Normen, um das Ziel zu erreichen, Lebenskrisen und soziale Folgewirkungen abzufedern. Der Staat verpflichtet sich, in Gesetzgebung und Verwaltung für einen sozialen Ausgleich der Gesellschaft zu sorgen.
Vermutlich hat Ralph Brinkhaus das nicht gelesen, nicht verstanden oder einfach komplett ausgeblendet. Andererseits darf man nicht zu hart über ihn urteilen, denn soziale Sicherheit gibt es nur noch für wenige, und nahezu täglich werden es weniger. Dazu passt, was Brinkhaus an anderer Stelle sagte.
Brinkhaus, der Nackensteak-Esser
Ralph Brinkhaus weiß genau, für wen sein Herz schlägt: Für die Nackensteak-Esser und die Leute, die Verbrennungsmotoren fahren. Und wer arbeitet, bis er umfällt, ist ihm auch nicht suspekt, sondern sympathisch:
Ich schäme mich nicht dafür, dass ich die Leute vertrete, die mit einem Verbrennungsmotor unterwegs sind, Nackensteak essen und fleißig sind. Diese Leute sind das Rückgrat unserer Gesellschaft. Und mit ihnen zusammen und nicht gegen sie möchten wir als Union in die Zukunft gehen.
Nun muss man fairerweise einräumen, dass dieser Satz eine Retourkutsche auf Hamburgs Ex-Bürgermeister Ole von Beust war. Aber offenbar eine, die für Brinkhaus wie gerufen kam, um noch mal zu zeigen, wo der Hammer hängt.
Sei Herrn Brinkhaus sein Nackensteak gegönnt, soll er weiter Verbrennungsmotoren fahren und arbeiten, bis er umfällt. Aber die Sache mit der Sozialpolitik, die muss er noch mal üben. Vielleicht bei einem guten Big Mac auf der Autobahn, während er sich den einen oder anderen Vortrag über das Prinzip des Sozialstaates anhört.