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This is a man’s world?

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Eine Kanzlerin haben wir seit Jahrhunderten. Ursula von der Leyen rückt weiter auf und ist nicht mehr nur Mutter der Kompanie sondern des Kontinents. Unterdessen schleicht sich Kampf-Knarrenbauer heran. Mächtige Frauen: Verdammt, jetzt muss die Welt aber doch endlich mal besser werden!

Neue Zeiten brechen an. Eigentlich ziehen sie schon lange herauf. Jetzt aber hat das politische Matriachat die Zügel in der Hand. Männer besetzen keine bedeutungsvollen Posten mehr in der Politik. Frauen machen’s. Richtige Männer gibt es ohnehin keine mehr im Politbetrieb. Nur Flachpfeifen. Daher lohnt es sich auch gar nicht, ein bisschen flapsig nach einer Männerquote zu schreien. Merkel war immer schon da. Du sollst dir kein Bildnis eines anderen Kanzlers machen. Das steht schon im Buch der Bücher. Da sie aber auch nur eine Frau und daher ein Mensch ist, bringt sie ihre Nachfolgerin in Stellung.

Noch zweifeln viele, ob die wirklich kommt. Zu doof verhalte sie sich. Aber das hat noch niemanden geschadet, um in diesem Land eine politische Karriere zu machen. Wie bitte kann man sich also deshalb Sorgen machen? Die Frau hat ihr Soll erfüllt. Nun ist sie Verteidigungsministerin, steht für Kampf, steht für Knarrenbauer. Nomen, Omen und so weiter.

Die Mutter der Nation, nein, nicht die Inge Meisel, nur die, die sich ihre Haare steckt, wie jene Mimin, die dieses Label für sich in Anspruch nahm, Frau von der Leyen also, ist nun Leyarbeiterin in Brüssel, Straßburg und überall dort, wo die EU die Antwort auf all die Fragen ist, die nicht eindeutig beantwortet werden können. Ihr Aufstieg zeigt, dass es einen neuen deutschen Exportschlager gibt: Die German Powerfrau. Es hat sich ausgefräuleint – Machtmatronen sind im Aufschwung.

Wie gesagt, es brechen neue, schöne Zeiten auf. Über Jahrzehnte hat man uns eingetrichtert, dass die Frau die Politik revolutionieren könnte. Und würde. Und täte. Sie würden nämlich andere Schwerpunkte setzen, irgendwas mit mehr Warhmherzigkeit stand zwischen den Zeilen. Das Mütterliche sollte uns den Weg ins Anthropozän ebnen. Das verschmähte Geschlecht, wenn man es erst mal ranlässt, richtet all das, was der Mann verbrochen hat.

Dumm ist an der ganzen Romantik jetzt bloß, dass wir immer mehr machtvolle Politikerinnen haben, das wir sie nicht mal mehr als eine Besonderheit wahrnehmen, aber so richtig doll rattert die Maschine ja nicht. Ganz im Gegenteil. Die Stimmung ist beschissener denn je.

Mit der neuen Kommissionspräsidentin ist ja nicht etwa eine Laiin installiert worden, wie Martin Sonneborn das in einem Wortspiel im EU-Parlament kundtat, sondern eine Professionelle: Nur wenige wissen, wie man derart meisterhaft Sprechblasen fabriziert und sich von Skandal, Eklat und Scherbenhaufen zu Skandal, Eklat und Scherbenhaufen hangelt, ohne politische mausetot gemacht zu werden. Und wenn sich der Zeitgeist eben Kriegstreiberei als Karriere- und Aufstiegschance ausgedacht hat, heult jemand wie von der Leyen halt mit. Eskalation war jedenfalls nicht schlecht für ihr Business.

Unter der Regierung der Ewigen reiten wir uns seit Jahren in die wirtschaftliche Nachhut hinein. Überall verlieren wir den Anschluss, fallen Stadtteile sehen aus wie Varna oder Bukarest. Neubauten sind rar. Man kennt die Vorwürfe allesamt. Mit AKK wird diese Misere vertieft. Sie glaubt an die Macht des Marktes. Fast blind betet sie herunter, wie der große weise Gott, der im Olymp zur Rechten der großen weisen Göttin Angela thront, der Markt nämlich, die Dinge zu Besten bestellt. Den Staat hingegen hält sie für ein Teufelswerk, Regulierung für die Verführung und gesetzliche Vorgaben für den Sündenfall, außereheliche Sex und Homosexualität in Personalunion.

This is a man’s world? Ach kommt schon! Stimmt doch nur noch bedingt. In Nischen kann man das noch postulieren. Wir stehen hier im Grunde vor der Crux identitätspolitischer Einfärbung. Die Frauen haben das Zepter in der Hand – jedenfalls im politischen Betrieb. Aber da ist nichts anders. Nichts besser. Dass die Politik nicht die Entscheidungsinstanz ist, dass die Wirtschaft (ohne Frauenquote) bestimme, lasse ich nicht gelten. Nicht, weil die Aussage falsch wäre. Aber die Politik in Frauenhand bäumt sich ja noch nicht mal auf. Sie rennt derart vorauseilend vorneweg, man hat den Eindruck, sie kommt den Wirtschaftsbaronen mit Zugeständnissen zuvor, die die gar nicht eingefordert hätten. Und nein, ich behaupte nicht, dass das in Männerpranken anders laufen würde.

Das ist ja gerade mein Punkt. Seit Jahren schon. Es ist egal. Die Geschlechterfrage ist Schattenboxen. Man sieht das dieser Tage so schön, wo sie uns die mächtigen Damen dieses Landes nebeneinandersitzend präsentieren und irgendwas vom Aufbruch, Vorbild für alle Frauen, Feminismus und Emanzipation verklickern. Mensch, das ist doch Quark. Die Linien verlaufen doch nicht zwischen Mami und Papi, Minijobber und Minijobberin, FKK-Pimmelfritze und Nacktbadenixe. Männlein und Weiblein sitzen im selben Boot. Und es ist nicht das Boot, in dem Merkel, Kramp-Karrenbauer und von der Leyen sitzen.

Roberto J. De Lapuente
Roberto J. De Lapuente
Roberto J. De Lapuente ist irgendwo Arbeitnehmer und zudem freier Publizist. Er betrieb von 2008 bis 2016 den Blog ad sinistram. Seinen ND-Blog Der Heppenheimer Hiob gab es von Mitte 2013 bis Ende 2020. Sein Buch »Rechts gewinnt, weil links versagt« erschien im Februar 2017 im Westend Verlag. In den Jahren zuvor verwirklichte er zwei kleinere Buchprojekte (»Unzugehörig« und »Auf die faule Haut«) beim Renneritz Verlag.

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