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Enteignet Söder!

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Die Bundesrepublik scheint eine sozialistische Republik zu sein. Ihr Grundgesetz sieht die Enteignung vor. Warum? Weil den Eltern des Grundgesetzes klar war: Gemeinwesen funktioniert nur, wenn man auch konfiszieren darf.

Ein Gespenst ging letzte Woche um in Deutschland – das Gespenst des Sozialismus. Wegen des Vorhabens, per Volksentscheid für eine Enteignung großer Wohnungsunternehmen zu sorgen. Enteignung sei nämlich, wie viele besorgte Personen der Öffentlichkeit klarstellten, ein Relikt des Sozialismus. 30 Jahre nach Ende der DDR sollte so ein sozialistischer Rückschritt doch nicht als ernster Vorschlag gemeint sein, las man. Speziell Leute aus der Union gaben sich oberlehrerhaft. Markus Söder witterte freilich auch eine »sozialistische Idee« – Söder ist übrigens der Mann, der als bayerischer Finanzminister die Gemeinnützige Bayerische Wohnungsgesellschaft (GBW) an einen Privatinvestor verkaufte. Rund 33.000 Wohnungen sind von der Privatisierung betroffen.

Privatisierung: Eigentlich ist das bloß ein anderes Wort für Enteignung. Jedenfalls für eine ganz spezielle Enteignung, die nicht »nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig« ist, wie es eigentlich im Grundgesetz (Artikel 14) vorgesehen ist. Die Privatisierungsenteignung hat das Wohl einiger Renditejäger im Auge. Dass so eine Umkehrung der grundgesetzlich zugelassenen Enteignung keinen Sozialismus darstellt, kann man schon nachvollziehen. Das ist gegenteilig purer Feudalismus. Aber den Feudalismus fürchten Söder und Kollegen bekanntlich nicht. Deswegen regt sich von denen keiner auf.

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Roberto J. De Lapuente
Roberto J. De Lapuente
Roberto J. De Lapuente ist irgendwo Arbeitnehmer und zudem freier Publizist. Er betrieb von 2008 bis 2016 den Blog ad sinistram. Seinen ND-Blog Der Heppenheimer Hiob gab es von Mitte 2013 bis Ende 2020. Sein Buch »Rechts gewinnt, weil links versagt« erschien im Februar 2017 im Westend Verlag. In den Jahren zuvor verwirklichte er zwei kleinere Buchprojekte (»Unzugehörig« und »Auf die faule Haut«) beim Renneritz Verlag.

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