@HeikoMaas twittert löblich über die #GroKo. Stimmungsmache für ein Ja, denn nur ein Ja verbessere die Lebenssituation der Menschen im Lande. Dass er bei seiner ganzen Maasarbeit einfach mal ausblendet, dass es eben jene SPD war, die die angesprochene Lebenssituation zunächst verschlechterte, zeigt eines an: Die Sozis bauen auf Vergesslichkeit – und das vergessen die Wähler ihnen nicht.
Maasarbeit. Erinnert sich noch jemand an jenes Weblögchen, das Heiko Maas vor vielen Jahren für »Focus Online« mit seinen Ansichten füllte? Nicht? Schade eigentlich! Das Ding hieß »Maasarbeit«. Superoriginell halt. Ebenfalls schade ist außerdem der Umstand, dass der Blog unwiderruflich aus dem Archiv von »Focus« getilgt wurde. Das Miniwahr der Schnelllebigkeit hat mal wieder zugeschlagen. Zusammen mit Oswald Metzger – erinnert sich eigentlich noch jemand an den Typen? – war Heiko Maas die Sperrspitze der jungen wilden Politiker, die glaubten, sie könnten das seriöse Geschäft eines politischen Bloggers gleich noch nebenbei zur windigen Politikerkarriere verrichten. Auch Metzgers Elaborate sind übrigens verschwunden. Wer schreibt, der bleibt, heißt es ja gemeinhin. Leider blieb uns nichts, denn beide Blogger wären ein schönes Dokument jener Reformjahre, ein Beleg dafür, wie hier der ideologische Wahnsinn steppte. Metzger ist heute keine öffentliche Gestalt mehr; Maas hingegen ist Bundesjustizminister geworden. In dieser Rolle wirbt er nun für die GroKo. Das ist seine neue Maasarbeit – mit seiner alten hat sie nichts mehr gemein.
Damals war der Mann ein Anhänger der Agenda 2010 – mit eigenem, von einer Zeitung mit Reformtrieb zur Verfügung gestelltem Blog. Mehr oder weniger wöchentlich beackerte er verschiedene Themen. Oft ging es um die Folgen der Reformen, um Hartz IV, Kündigungsschutz, Arbeitsmarktflexibilisierungen und dergleichen mehr. Richtig und wichtig sei das alles gewesen. Richtig und wichtig: Diesen kürzesten aller Schüttelreime vernahm man damals oft von den sozialdemokratischen Verfechtern des Kurses. Heiko Maas war ein 2010er, ein Freund der Reformen und des New Labour-Kurses. Schröders Haltung sah er nicht besonders kritisch. Er stand ihm publizistisch bei. Die Sozialdemokraten hätten durch ihn und mit ihm und in ihm Mut bewiesen – außerdem hätten sie jedem gezeigt, dass sie verlässliche Partner seien. Eben weil sie es anpackten und ideologiefrei seien. Aha …
Leider lässt sich den O-Ton der damaligen Einträge nicht mehr beweisen. Sie sind in den Orkus der digitalen Vergänglichkeiten entwichen. Quellen zu dem, was Maas in seinem politischen Wirken schon so alles verlautbaren ließ, gehen irgendwann ab 2012/13 los – es ist, als habe der Mann kein Leben vor seinem Ministeramt gehabt. Hatte er aber. Bei »Focus Online« nämlich. Bosbach tingelte durch die Talkshows, Maas bloggte. Jeder Hinterbänkler hatte nun mal sein Format.
Jetzt mikrobloggt er bloß noch, präsentiert er Gezwitscher zu den Vorteilen, die die Große Koalition mit sich bringe. Sachgrundlose Befristungen fielen da zum Beispiel weg, für 400.000 Menschen sei das eine gute Sache, twitterte er neulich. Schon wahr, wenn es so kommt, dann ist das eine Verbesserung. Wenn! Noch ist das ja eine Koalitionsvereinbarung, eine Absichtserklärung – nichts ist sicher. Vielleicht kommt es auch ganz anders. Was Heiko Maas dann nicht als Tweet bringt: Diese ganzen kleinen, schwer erkämpften Zurücknahmen, die hie und da stattfinden, hat seine Partei vor anderthalb Jahrzehnten ohne viel Emotionen erst abgebaut. Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, das beliebte Credo der Agenda 2010, beinhaltete ja eben auch, dass Leih- und Zeitarbeit gefördert wurde. Und nun tut Maas, der Mann, der über den Schröderianismus voll des Lobes bloggte, als habe man der Union da mächtig was abgerungen.
Wenn Pyromanen sich einen Eimer voller Wasser greifen und ihn auf jenes Haus kippen, das sie gerade angezündet haben, dann sieht das ungefähr so aus. Wer zu spät dazu kam, wer nur die Szene mit dem Wassereimer sieht, der denkt sich vielleicht, dass der Kerl es wirklich probiert hat mit der Löschung, er habe wohl versucht, was ihm gerade möglich war. Wer aber schon vorher in der Nähe stand, für den sieht die Rettungsaktion lächerlich aus. Der langfristige Beobachter käme nie auf die Idee, dem pyromanischen Löschzug Verantwortungsgefühl nachzusagen. Das kann nur jemand, der die Vorgeschichte nicht kennt.
Die Sozialdemokraten hoffen irgendwie, dass dieses Land nur noch mit 15-Jährigen bevölkert ist. Oder mit Menschen, die an Alzheimer erkrankt sind. Anders kann man das nicht erklären. Sozialdemokratische Politik meint heute: Kurzzeitgedächtnis. Heiko Maas ist da ein prominentes Beispiel, er gibt den Sozi, der die Hoffnung hat, man möge sich nicht mehr an das erinnern, was er einst verzapft hat. Das Problem ist nur: Die meisten Menschen erinnern sich sehr wohl, was die Sozialdemokraten damals angerichtet haben. Sie sind nicht so jung, nicht so blöd, nicht so vergesslich, wie es die SPD-Meinungsmacher gerne hätten. Es ist ja nicht so, dass man keine Fehler machen kann. Und auch Parteien begehen welche. Aber so zu tun, als sei da nichts gewesen, keine Entschuldigung, kein Eingeständnis, keine personellen Konsequenzen: Das vergessen einem die Wähler nicht. Da kann man noch so sehr auf ihre Vergesslichkeit hoffen. Da wird man eben vergessen: An den Wahlurnen.
Dass GroKo unter diesen Bedingungen eben nicht nur ein Abwägen zwischen potenziellen Verbesserungen und sachpolitischen Veränderungen ist, sondern eben auch eine Gefühlslage, eine emotionale Schiene, das vergessen die Verantwortlichen der SPD eindeutig. Und dieses Gefühl sagt den Wählern, noch bevor die realisieren, dass die SPD vielleicht tatsächlich einige Krumen durchboxt: Das sind doch die Typen, die damals genau den Mist umgesetzt haben, den sie heute der Merkel aus der Raute reißen wollen. Halten die uns für blöd?
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