Trump gegen Clinton, Macron gegen Le Pen, Schulz gehen Merkel – das ist doch alles Käse! Und als Randnotiz die Wahl in Schleswig-Holstein, die Worthülsenbekenner Martin Schulz „höllisch geärgert“ hat. Um dann gleich präventiv darauf hinzuweisen, wie geil die Hannelore Kraft ist. Damit die nicht auch noch die Hucke voll kriegt.
Ganz ehrlich?
Ich lach mich schlapp und heule Rotz und Wasser! Aber um Schleswig-Holstein geht es gerade nicht so sehr.
Der Vergleich zwischen Pest und Cholera war wohl nie so stimmig wie jetzt. Der aggressive Neoliberalismus wird uns als „europafreundlich“ ins Ohr gehaucht , während die „Rechtspopulisten“ als Gefahr für Europa tituliert werden. Dabei ist beides Gift. Wie man zum Beispiel am Bauklotz-Experten Donald Trump sieht. Denn der ist schneller auf den Neoliberalismus-Zug aufgesprungen, als Schulz in seine Bahnpfeife hat pusten können. Wobei der Schulz-Zug in Schleswig-Holstein trotzdem krachend entgleist ist.
Halten wir fest: Es gibt die sogenannten „Europa-Freunde“ (zu denen übrigens auch Trump gehören wird, sobald er mit dem Studium der globalen Landkarte fertig ist, mit etwas Hilfe wird das recht fix gehen), es gibt die „Rechtsextremen“ und die „Linksextremen“. Letztere werden gern in einen Topf mit den „Rechtsextremen“ geworfen.
Halten wir weiter fest: „Rechtsextrem“ ist doof und gefährlich, „linksextrem“ ebenso. Dass allerdings die extremste Politik von den „Europa-Freunden“ ausgeht, das wird politisch, gesellschaftlich und medial komplett ausgeblendet.
Das bedarf einiger Worte.
Denn die „Linksextremen“ sind gar nicht extrem. Im Gegenteil sie sind – und das ist ihr Fehler – viel zu moderat. Sie bekennen sich zu Europa, wollen aber Veränderungen, sie bekennen sich zur Demokratie, wollen aber Verbesserungen. Das ist hübsch, das ist sympathisch, aber eben auch … tja, zu wenig radikal. Denn die Menschen haben nicht mehr die geringste Lust auf dieses System, das sich inzwischen nur noch „Europa“ oder „Europa-Freunde“ nennt (was für ein verbaler Beschiss!). Weil die Mehrzahl der Menschen von diesem Europa verarscht wird bis zu letzten Euro, oder auch: Cent. Denn je nachdem, wohin man guckt, ist entweder der Schein oder die Münze das Zünglein an der Überlebenswaage.
Dieses ganze Gerede, es gebe kein Links oder Rechts mehr, wenn man bloß den Menschen zugewandt ist, das ist Bullshit! Natürlich gibt es eine linke Politik. Das ist eine Politik, die sich nicht vor dem Kapital verbeugt, sondern die für die Rechte der Menschen kämpft, die sich erfolgreich gegen die Banken, Versicherungen, Autokonzerne und Pharmalobbyisten durchsetzt, die dafür kämpft, dass jeder Mensch so viel Geld hat, dass er davon gut leben kann. Das ist linke Politik, das ist nicht „extrem“, und selbst wenn es extrem ist, dann ist es extrem gut.
Linke Politik ist weichgekocht worden oder hat sich selbst weichgekocht. Bloß nicht allzu kritisch gegenüber der „Wirtschaft“, den „Märkten“ oder den „Europa-Freunden“ sein. Huhuuuuu, könnte ja Wählerstimmen kosten.
Das machen die Rechten geschickter. Sie polarisieren, provozieren, hauen eher eine aggressive These mehr als eine zu wenig raus. Und bekommen ordentlich Medienaufmerksamkeit und lächerlich viele Einladungen in Talkshows (ganz am Rande, weil das einen extra Text wert wäre: die FDP macht das mit Bravour und ARD und ZDF lechzen danach). Die Linke dagegen versucht, von weniger Ausnahmen abgesehen, nach wir vor, so seriös wie möglich daherzukommen. Kritisch, ja, aber bloß nicht zu kritisch. Provozieren schon, aber eben nicht zu viel davon, es könnte medial nach hinten losgehen. Was es auch meist tut, und womit wir bei den Medien sind.
Und – noch viel wichtiger – womit wir bei der „Unabhängigkeit“ der Medien sind (schon wieder ein Wort, für das ich wohl oder übel die Gänsefüßchen bemühen muss). Denn bei aller berechtigten Kritik an der Linken (die Sozialdemokraten lasse ich mal außen vor, da sie ihren eigenen Namen nicht mehr fehlerfrei schreiben können), der überwiegende Großteil der Medien behandelt linke Positionen wie eine unheilbare Krankheit. Linke Politiker sind in Talkshows immer die Minorität, linke Wissenschaftler oder Historiker (mir fallen da akut Daniele Ganser und Michael Lüders ein) werden als geldgeile Unternehmer oder durchgeknallte Verschwörungstheoretiker dargestellt, ihre Meinungen und Auswertungen kollektiv als nicht annehmbar analysiert. Wohlgemerkt, von den öffentlichen Medien, die wir finanzieren.
Also, was tun?
Keine Ahnung, aber die „Europa-Freunde“ sind die Feinde der Europäer. Sich das bewusst zu machen, würde zumindest den verschleierten Blick auf die Lage etwas aufhellen. Und die „Rechtspopulisten“ sind zwar rhetorisch meilenweit von den „Europa-Freunden“ entfernt, inhaltlich ist es aber eine Suppe. Beide Fraktionen streben Regierungen von oben an, beide interessieren sich für die Masse der Menschen nicht die Bohne.
Sich bewusst zu machen, dass Regierungen, die sich dem neoliberalen Geist zu widersetzen versuchen, gnadenlos durch die „Europa-Freunde“ unter Druck gesetzt werden, bis sie ächzend aufgeben und die erzwungenen „Reformen“ eben doch umsetzen – sich auch das bewusst zu machen, wäre erkenntnisreicher als sich zu fragen, ob die Macrons oder die Le Pens denn nun schlimmer sind. Denn diese Frage ist recht leicht zu beantworten: Ja, sie sind schlimmer, alle beide.
Wer weiterhin darüber nachdenkt, ob er neoliberal oder rechts wählen soll, wird über kurz oder lang an dem Punkt landen, an dem er feststellt, dass es ziemlich wurscht ist. Wer dagegen wirkliche Veränderungen will, und sei es auch nur durch eine spürbar gestärkte Opposition, der muss klar links wählen. Und sich souverän über den Vorwurf erheben, er wähle „linksextrem“. Das ist nämlich extremer Unsinn.